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OWi IV: Neuer Grenzwert in Altfällen der Drogenfahrt, oder: Freispruch, auch durch das BayObLG

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Und dann noch zum Abschluss eine weitere Entscheidung zum Umgehen mit Altfällen wegen Nichterreichens des neuen gesetzlichen THC-Nachweisgrenzwerts nach § 24a Abs. 1a StVG n.F. Dazu hatte ja bereits das OLG Oldenburg Stellung genommen (vgl. hier OWi I: Neuer Grenzwert in Altfällen der Drogenfahrt, oder: Freispruch, ggf. durch das OLG).

Das BayObLG macht es im BayObLG, Beschl. v. 10.10.2024 – 202 ObOWi 989/24 – wie das OLG Oldenburg. Es spricht frei. Daher hier nur der Leitsatz:

Beruht die vor Inkrafttreten des § 24 Abs. 1a StVG n.F. am 22.08.2024 erfolgte Verurteilung wegen (vorsätzlichem oder fahrlässigem) Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung von THC auf der Feststellung eines den neuen gesetzlichen Wirkungsgrenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum nicht erreichenden sog. analytischen Nachweisgrenzwert, ist der Betroffene auf die Rechtsbeschwerde hin neben der Aufhebung des angefochtenen Urteils in Anwendung von § 4 Abs. 3 OWiG durch das Rechtsbeschwerdegericht freizusprechen, sofern auch eine verfolgbare Bußgeldahndung nach § 24c StVG n.F. ausscheidet.

OWi I: Neuer Grenzwert in Altfällen der Drogenfahrt, oder: Freispruch, ggf. durch das OLG

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Heute gibt es hier dann OWi-Entscheidungen. Das Besondere: Es sind vier Postings. Die Beiträge waren vorbereitet, jetzt ist aber noch eine Entscheidung veröffentlicht worden, über die ich unbedingt berichten wollte. Diese kommt hier vorab.

Es handelt sich um den OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.04.2024 – 2 ORbs 95/24 (1537 Js 37043/23) – zur Anwendung des neuen § 24a Abs. 1a StVG – Stichwort: Neuer Grenzwert für THC.

Durch Urteil vom 09.202.204 hat das AG den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG zu einer Geldbuße von 1000 € und einem 3-monatigen Fahrverbot verurteilt. Das OLG hat jetzt auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufgehoben und frei gesprochen:

„Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der Betroffene ist freizusprechen:

Zwar war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Papenburg noch davon auszugehen, dass der Betroffene mit einem THC-Wert von 1,3 ng/ml im Blut gegen § 24a StVG verstoßen hat. Durch das am 22. August 2024 in Kraft getretene 6. Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, ist allerdings § 24a StVG durch die Einfügung von Absatz 1a) dahingehend geändert worden, dass der maßgebliche Wert nunmehr 3,5 ng/ml beträgt.

Zwar beruhte der bisherige analytische Grenzwert von 1,0 ng/ml nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, sondern war von der Rechtsprechung -entsprechend eines Beschlusses der „Grenzwertkommission“- als maßgeblich angesehen worden. Gleichwohl ist zumindest der Rechtsgedanke des § 4 Abs. 3 OWiG heranzuziehen, wonach in dem Fall, in dem ein Gesetz, dass bei der Beendigung der Handlung gilt, vor der Entscheidung geändert wird, das mildeste Gesetz anzuwenden ist. Nachdem nunmehr der maßgebliche Wert in § 24a StVG über dem Wert liegt, den der Betroffene im Blut hatte, hätte er bei einer Tatbegehung nach Inkrafttreten des Gesetzes den Bußgeldtatbestand nicht verwirklicht.

Das Verfahren ist nicht entsprechend des Antrages der Generalstaatsanwaltschaft einzustellen, sondern der Betroffene ist vom Rechtsbeschwerdegericht unter Anwendung des § 354a StPO freizusprechen.“

Wohl dem, der sein Verfahren „offen gehalten“ hat.

StGB AT II: Neuregelung/neues Recht des § 64 StGB, oder: OLG Saarbrücken zum anwendbaren Recht

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Und dann etwas aus dem Vollzugs-/Vollstreckungsbereich, nämlich zu §§ 64 ff. StGB, und zwar zur Anwendung des neuen Rechts. Dazu hatte ich ja u.a. – neben dem BGH – bereits den OLG Celle, Beschl. v. 20.11.2023 – 2 Ws 317/23 – vorgestellt (vgl. Unterbringung III: Neuregelung des § 64 StGB, oder: Neufälle/Altfälle – OLG Celle zum anwendbaren Recht). Dazu hat sich jetzt auch das OLG Saarbrücken im OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.01.2024 – 1 Ws 298/23 – geäußert.

Da es das OLG Saarbrücken ebenso macht wie das OLG Celle, reichen m.E. die Leitsätze der Entscheidung. Die lauten:

1. Auf die Vollstreckung einer vor dem 1. Oktober 2023 rechtskräftig angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist über § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB die Vorschrift des § 64 Satz 2 StGB in der seit dem 1. Oktober 2023 geltenden Fassung anzuwenden (Anschluss an OLG Celle, Beschl. v.20.11..2023 – 2 Ws 317/23).
2. Der Begriff des „Hangs“ im Sinne des § 64 Satz 2 StGB in der seit dem 1. Oktober 2023 geltenden Fassung entspricht dem des § 64 Satz 1 Halbsatz 2 StGB in derselben Fassung.
3. Ein „Hang“ des Untergebrachten im Sinne des § 64 Satz 1 Halbsatz 2 StGB in der seit dem 1. Oktober 2023 geltenden Fassung liegt nur vor, wenn bei ihm eine Substanzkonsumstörung besteht, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist oder fortdauert.
4. Eine vor dem 1. Oktober 2023 rechtskräftig angeordnete Unterbringung ist nach § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB für erledigt zu erklären, wenn bei dem Untergebrachten zwar weiterhin eine Substanzkonsumstörung besteht, diese aber zu keinem Zeitpunkt zu einer dauernden und schwerwiegenden Beeinträchtigung seiner Lebensgestaltung, Gesundheit oder Arbeits- oder Leistungsfähigkeit geführt hat.

Fahrverbot nach neuem Recht, oder: Günstige Abgabefrist auch im Altfall

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Und als dritte Entscheidung aus dem Bereich des Verkehrsstrafrecht, na ja aus dem Bereich der Entscheidungen mit verkehrsrechtlichem Bezug, das AG Dortmund, Urt. v. 25.05.2018 – 729 Ds-250 Js 2008/17 -92/18. Das hat den Angeklagten wegen zwei im Straßenverkehr begangenen Nötigung nahc § 240 StGB verurteilt. Es hat gegen den Angeklagten ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt und dazu ausdrücklich in den Tenor aufgenommen, das auch für diesen „Altfall“ für dieses Fahrverbot auch die für den Täter günstige Abgabefrist des § 44 Abs. 2 StGB gilt:

„Zur Klarstellung hat das Gericht die Abgabefrist des § 44 Abs. II StGB in den Urteilstenor aufgenommen, obgleich es sich hierbei um eine eigentlich nicht „tenorierungspflichtige“ Vollstreckungsregelung handelt. Auch wenn die Reform des § 44 StGB erst nach den hier in Rede stehenden Taten stattgefunden hat, so musste nach Ansicht des Gerichtes die seit dem 24.8.2017 geltende tätergünstige Vollstreckungsregelung des § 44 Abs. II StGB auch auf Taten wie die vorliegende, die nach altem Recht begangen und geahndet wurden, Anwendung finden.“

Blutentnahme nach altem Recht – „gesund gebetet“ nach neuem Recht, oder: Asche auf mein Haupt

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Da sag noch mal einer, dass Internet mache dumm. Mitnichten. Jedenfalls hat es mir auf die Sprünge geholfen bzw. eine Diskussion, die wir in der der Facebook-Gruppe „Verk-Forum“ „VerkR-Forum“ unter Verkehrsrechtlern geführt haben. Es ging um die Frage der Anwendbarkeit der Neuregelungen in der StPO durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3202)“ auf Altfälle. Und zwar konkret um die Anwendbarkeit der Änderungen in § 81a Abs. 2 StPO – Stichwort „Richtervorbehalt“ bei Verkehrsdelikten. Ja, es ist Verfahrensrecht und damit auch in laufenden Verfahren anwenden. Das hatte ich auf dem Schirm: Aber: Ich hatte die Auffassung vertreten, dass „Altfälle“, in denen Fehler gemacht worden sind oder sein können, nicht mit der Neuregelung gesund gebetet werden können.

Nun, ein Kollege hat sich da gestern von einem AG eines Besseren – zumindest eines anderen – belehren lassen müssen. Dort ist ihm nämlich der OLG Rostock, Beschl. v. 03.11.2017 – 1 Ss 94/17 – entgegengehalten worden. In dem hat das OLG zu der Frage Stellung genommen und sie anders – siehe den letzten Absatz – beantwortet:

„Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Rüge, das Ergebnis der Blutalkoholbestimmung hätte nicht zum Nachteil der Angeklagten verwertet werden dürfen, weil diese seinerzeit nicht wirksam in die Blutentnahme eingewilligt habe und diese Maßnahme auch nicht richterlich angeordnet worden sei, wäre auch unbegründet.

Nach § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO in der ab dem 24.08.2017 geltenden Fassung von Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202) bedarf die Entnahme einer Blutprobe ohne Einwilligung des Betroffenen dann keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 316 StGB begangen worden ist. So ist es hier.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte die Angeklagte auf die sie kontrollierenden Polizeibeamten wegen ihres „albernen“ und immer wieder von Lachen begleiteten Verhaltens einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Zudem hatte sie selbst angegeben, vor Fahrtantritt Alkohol zu sich genommen zu haben. Die noch vor Ort durchgeführte Vorprobe mittels eines Atemalkoholmessgeräts hatte eine BAK von 1,3 Promille ergeben. Damit lag zum Zeitpunkt der Blutentnahme ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat nach § 316 StGB vor. Die Anordnung zur Blutentnahme durfte deshalb nach dem nunmehr geltendem Recht durch die Staatsanwaltschaft oder durch ihre Ermittlungspersonen erfolgen, wobei kein Anordnungsvorrang der Staatsanwaltschaft vor den Polizeibeamten besteht (so schon zum bisherigen Recht König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 81a StPO, Rdz. 5 m.w.N.).

Bei § 81a StPO handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift, die mit ihrem Inkrafttreten sofortige Geltung beansprucht, wenn keine abweichende Übergangsregelung getroffen wurde. Das ist hier nicht der Fall. Das strafrechtliche (materiell-rechtliche) Rückwirkungsverbot gilt in diesen Fällen nicht.

Selbst wenn die Anordnung der Blutentnahme durch die Polizeibeamten seinerzeit nicht rechtmäßig gewesen sein sollte, könnte dieser Verfahrensfehler deshalb im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr zu Urteilsaufhebung führen, weil die Maßnahme dem jetzt geltenden Recht entspricht (BayObLG NJW 2005, 1592; OLG Hamburg NJW 1975, 988; vgl. für die Verwertbarkeit von TKÜ-Maßnahmen auch BGH NJW 2009, 791, 792).“

Ich habe inzwischen das BayObLG und die BGH-Entscheidung nachgelesen – das ist BGHSt 53, 64. Und ich muss einräumen: Leider so etwas von deutlich, dass man daran wohl nicht vorbei kommt. Es werden also „falsche Altfälle“ „gesund gebetet“. Ich sehe es nach wie vor anders, weil es es sich um abgeschlossene Sachverhalte handelt, die m.E. nach dem zum Zeitpunkt des Handelns gültigen Recht beurteilt werden müssen. Das hat m.E. nichts damit zu tun, das im Verfahrensrecht das Rückwirkungsverbot grundsätzlich nicht und neues Verfahrensrecht auch in laufenden Verfahren anzuwenden ist. Eben: „Laufende“ Verfahren. Zudem wendet man ja z.B. auch nicht auf abgeschlossene Fälle, in denen der neue § 141 Abs. 3 Satz 4 StPo gelten würden, nun diese Neuregelung an und ordnet nachträglich einen Pflichtverteidiger bei. Aber die Rechtsprechung sieht es wohl anders, was ich – räume ich ein – übersehen habe. Also: Asche auf mein Haupt.

In der Sache: Man kann den autofahrenden Mandanten als Verteidiger nur raten: Bloß nicht bei einer Polizeikontrolle lachen und  „albern“ sein. Das könnte dann für „bestimmte Tatsachen“ i.S. des § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO reichen. M.E. ein wenig weit her geholt.  Allein würde mir das nicht reichen. Die Frage stellte sich hier aber nicht. Denn die Angeklagte hatte Alkoholkonsum vor Fahrtantritt eingeräumt. Das reicht dann….

Also: Beide etwas gelernt…. 🙂 .