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Da sag noch mal einer, dass Internet mache dumm. Mitnichten. Jedenfalls hat es mir auf die Sprünge geholfen bzw. eine Diskussion, die wir in der der Facebook-Gruppe „Verk-Forum“ „VerkR-Forum“ unter Verkehrsrechtlern geführt haben. Es ging um die Frage der Anwendbarkeit der Neuregelungen in der StPO durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3202)“ auf Altfälle. Und zwar konkret um die Anwendbarkeit der Änderungen in § 81a Abs. 2 StPO – Stichwort „Richtervorbehalt“ bei Verkehrsdelikten. Ja, es ist Verfahrensrecht und damit auch in laufenden Verfahren anwenden. Das hatte ich auf dem Schirm: Aber: Ich hatte die Auffassung vertreten, dass „Altfälle“, in denen Fehler gemacht worden sind oder sein können, nicht mit der Neuregelung gesund gebetet werden können.
Nun, ein Kollege hat sich da gestern von einem AG eines Besseren – zumindest eines anderen – belehren lassen müssen. Dort ist ihm nämlich der OLG Rostock, Beschl. v. 03.11.2017 – 1 Ss 94/17 – entgegengehalten worden. In dem hat das OLG zu der Frage Stellung genommen und sie anders – siehe den letzten Absatz – beantwortet:
„Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Rüge, das Ergebnis der Blutalkoholbestimmung hätte nicht zum Nachteil der Angeklagten verwertet werden dürfen, weil diese seinerzeit nicht wirksam in die Blutentnahme eingewilligt habe und diese Maßnahme auch nicht richterlich angeordnet worden sei, wäre auch unbegründet.
Nach § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO in der ab dem 24.08.2017 geltenden Fassung von Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202) bedarf die Entnahme einer Blutprobe ohne Einwilligung des Betroffenen dann keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 316 StGB begangen worden ist. So ist es hier.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte die Angeklagte auf die sie kontrollierenden Polizeibeamten wegen ihres „albernen“ und immer wieder von Lachen begleiteten Verhaltens einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Zudem hatte sie selbst angegeben, vor Fahrtantritt Alkohol zu sich genommen zu haben. Die noch vor Ort durchgeführte Vorprobe mittels eines Atemalkoholmessgeräts hatte eine BAK von 1,3 Promille ergeben. Damit lag zum Zeitpunkt der Blutentnahme ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat nach § 316 StGB vor. Die Anordnung zur Blutentnahme durfte deshalb nach dem nunmehr geltendem Recht durch die Staatsanwaltschaft oder durch ihre Ermittlungspersonen erfolgen, wobei kein Anordnungsvorrang der Staatsanwaltschaft vor den Polizeibeamten besteht (so schon zum bisherigen Recht König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 81a StPO, Rdz. 5 m.w.N.).
Bei § 81a StPO handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift, die mit ihrem Inkrafttreten sofortige Geltung beansprucht, wenn keine abweichende Übergangsregelung getroffen wurde. Das ist hier nicht der Fall. Das strafrechtliche (materiell-rechtliche) Rückwirkungsverbot gilt in diesen Fällen nicht.
Selbst wenn die Anordnung der Blutentnahme durch die Polizeibeamten seinerzeit nicht rechtmäßig gewesen sein sollte, könnte dieser Verfahrensfehler deshalb im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr zu Urteilsaufhebung führen, weil die Maßnahme dem jetzt geltenden Recht entspricht (BayObLG NJW 2005, 1592; OLG Hamburg NJW 1975, 988; vgl. für die Verwertbarkeit von TKÜ-Maßnahmen auch BGH NJW 2009, 791, 792).“
Ich habe inzwischen das BayObLG und die BGH-Entscheidung nachgelesen – das ist BGHSt 53, 64. Und ich muss einräumen: Leider so etwas von deutlich, dass man daran wohl nicht vorbei kommt. Es werden also „falsche Altfälle“ „gesund gebetet“. Ich sehe es nach wie vor anders, weil es es sich um abgeschlossene Sachverhalte handelt, die m.E. nach dem zum Zeitpunkt des Handelns gültigen Recht beurteilt werden müssen. Das hat m.E. nichts damit zu tun, das im Verfahrensrecht das Rückwirkungsverbot grundsätzlich nicht und neues Verfahrensrecht auch in laufenden Verfahren anzuwenden ist. Eben: „Laufende“ Verfahren. Zudem wendet man ja z.B. auch nicht auf abgeschlossene Fälle, in denen der neue § 141 Abs. 3 Satz 4 StPo gelten würden, nun diese Neuregelung an und ordnet nachträglich einen Pflichtverteidiger bei. Aber die Rechtsprechung sieht es wohl anders, was ich – räume ich ein – übersehen habe. Also: Asche auf mein Haupt.
In der Sache: Man kann den autofahrenden Mandanten als Verteidiger nur raten: Bloß nicht bei einer Polizeikontrolle lachen und „albern“ sein. Das könnte dann für „bestimmte Tatsachen“ i.S. des § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO reichen. M.E. ein wenig weit her geholt. Allein würde mir das nicht reichen. Die Frage stellte sich hier aber nicht. Denn die Angeklagte hatte Alkoholkonsum vor Fahrtantritt eingeräumt. Das reicht dann….
Also: Beide etwas gelernt…. 🙂 .