© Urheber: Ideenkoch – Fotolia.com
Egal, welche Änderung des Mobilfunkparagrafen – wann (?) – kommt (vgl. Mobilfunkparagraf III, oder: Dobrindtscher Irrsinn passiert nicht den Bundesrat – Entwarnung?: Es wird weiterhin das Problem mit und die Probleme in der Beweiswürdigung geben, über die die Kollegen derzeit immer wieder klagen. Dass es nämlich ohne Bedeutung ist, wenn die Polizeibeamten längere Zeit nach dem potentiellen Verstoß als Zeugen vernommen werden und die AG dann „ohne viel Federlesens“ einfach davon ausgehen, dass die Polizeibeamten sich noch erinnern können und es reicht, wenn sie sich auf ihre damaligen Feststellungen beziehen. Etwas anders jetzt das AG Dortmund, Urt. v. 13.06.2017 – 729 OWi-261 Js 625/17-114/17.
Dem Betroffenen war vorgeworfen worden, am 17.02.2017 um 12.37 Uhr in Dortmund auf dem Körner Hellweg in Höhe Haus 113 in Fahrtrichtung Osten als Führer eines PKW ein Mobiltelefon verbotswidrig benutzt zu haben, indem er es aufnahm und hielt. Das AG hat festgestellt, dass der Betroffene zu der fraglichen Zeit das Kraftfahrzeug an der fraglichen Stelle führte. Ob er jedoch ein Mobiltelefon verbotswidrig benutzte, konnte das AG nicht mehr feststellen. Der von der Erscheinenspflicht entbundene Betroffene hatte durch schriftliche Erklärung seine Fahrereigenschaft zugestanden. Die Benutzung eines Mobiltelefons zur Tatzeit war jedoch in Abrede gestellt worden. Dazu hat das AG drei Polizeibeamte A, B und C vernommen. A war Anhalteposten und B und C hatten „aus dem ersten Obergeschoss des an der Tatörtlichkeit sich befindenden Polizeigebäudes aus dem Fenster die vorbeifahrenden Fahrzeuge beobachtet „. Allein das würde bei mir schon die Alarmglocken schrillen lassen und zu einigen Rückfragen in der Beweisaufnahme führen: Wie weit weg von der Straße? Durch offenes Fenster beobachtet. Was kann man eigentlich sehen, usw.?
Das AG hat dann aus einem anderen Grund frei gesprochen:
Das Gericht hat alle drei an der Feststellung des Verstoßes beteiligten Polizeibeamten hierzu vernommen, konnte jedoch keine tragfähigen Feststellungen treffen. Das Gericht konnte durch Vernehmung der Zeugin A, B und C klären, dass der Zeuge A zur Tatzeit ausschließlich als Anhalteposten und Protokollführer/Anzeigenverfasser fungierte und die beiden anderen Zeugen aus dem ersten Obergeschoss des an der Tatörtlichkeit sich befindenden Polizeigebäudes aus dem Fenster die vorbeifahrenden Fahrzeuge beobachtet hatten. Keiner der drei Beamten konnte von sich aus aus seiner Erinnerung noch etwas zu dem Vorfall sagen. Lediglich der Zeuge A konnte ausführen, dass er als Anhalteposten auch nachträglich für die Anzeigenerstattung zuständig gewesen war. Er erklärte insoweit, er übernehme die Gewähr für die Richtigkeit seiner Aufzeichnungen. Insofern nehme er Bezug auf das von ihm gefertigte Beiblatt zum Datenerfassungs- beleg, in dem der Handyverstoß näher verzeichnet sei. Dieser Verstoß werde – dies erklärten auch die anderen beiden gehörten Zeugen – immer mit den beobachtenden Polizeibeamten per Funk abgeglichen. Die Bezeichnung der Halteposition eines Handys in der Anzeige oder beigefügten Blättern beruhe so mittelbar auf den Angaben der jeweiligen Kollegen.
In dem Beiblatt zur Anzeige heißt es unter dem Punkt „Mobiltelefon“, dieses sei rechts halbhoch in der Hand gehalten worden; es habe sich um ein silberfarbenes Handy gehandelt habe; eine Tippbewegung sei festgestellt worden, aber keine Sprechbewegung. Das Handy sei bei der Kontrolle auf dem Beifahrersitz verblieben.
Das Gericht konnte durch Vorhalt und Vorlage dieses Datenblattes feststellen, dass der Zeuge A auch das fragliche Datenerfassungsblatt, Bl. 3 d.A., unterzeichnet hatte. Er konnte so durchaus die Gewähr für die Richtigkeit von ihm festgestellter und dokumentierter Wahrnehmungen/Ermittlungshandlungen übernehmen. Der Zeuge A konnte aber auch nur die Gewähr für seine eigenen Feststellungen übernehmen, nicht für die Richtigkeit von Feststellungen anderer Kollegen. Die Übernahme kann nach Ansicht des Gerichts auch nicht mittelbar stattfinden. Sie kann bei einer dokumentierten Erklärung über die Wahrnehmung anderer Polizeibeamter nur dahin gehen, dass deren Mitteilung als solche richtig dokumentiert ist.
Die vorgenannten Dokumentationen sind so angesichts der Arbeitsaufteilung der involvierten Beamten derart zu verstehen, dass der unterzeichnende Beamte A die Gewähr für das Anhalten und den Verbleib des Handys beim Anhalten übernimmt.
Anders als in dem Fall, in dem der beobachtende Polizeibeamte auch die Anzeige gefertigt und die Richtigkeit des Anzeigetextes selbst auch für den Verstoß übernimmt, war im vorliegenden Fall somit keine Verstoßfeststellung möglich, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die beiden anderen Polizeibeamten erklärten, dass stets der Anzeigetext von ihnen auch üblicherweise noch einmal durchgeschaut werde. Das Gericht hielt ein derartiges Vorgehen nicht für ausreichend, um eine Verurteilung tragen zu können.
Zutreffend, allerdings habe ich auch in dem Fall, den das AG offenbar „anders…“ entscheiden würde, so meine Bedenken und würde schon nachfragen, was denn nun eigentlich noch „Erinnerung“ des Polizeibeamten ist. Allein die wäre für mich entscheidend. Ich weiß, dass die OLG es teilweise – gestützt auf BGH-Rechtsprechung – „anders“ sehen. Aber man muss ja nicht auf jeden Zug aufspringen…..
Jedenfalls aber eine Entscheidung, mit der man argumentieren kann.