Wir haben gerade am 04.09.2010 über den Dauerbrenner „Abrechnung der Gebühren des Zeugenbeistandes“ berichtet (vgl. hier). In der Frage geht es hin und her. M.E. lässt sich eine eindeutige h.M. nicht feststellen. Dem Verteidiger bleibt nichts anderes übrige, als sich vor seiner Abrechnung darüber kundig zu machen, welche Auffassung das OLG vertritt, in dessen Bezirk er gerade tätig geworden ist. Und er muss noch tiefer schürfen: Teilweise sind bei den OLG die Senate auch noch untereinander zerstritten, mit der Folge, dass es – je nachdem, wie die Zuständigkeiten verteilt werden – auch noch darauf ankommen kann, in welchem LG-Bezirk verteidigt wird. Zu den „zerstrittenen OLG“ zählt das OLG Düsseldorf, dessen 4. Strafsenat Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG anwendet (vgl. Beschl. v. 22.10.2010 – III 4 Ws 94/10). Andere Senate desselben Hauses sehen das anders – Rechtsprechung dazu findet man auf meiner Homepage www.burhoff.de.
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Schon wieder die Gebühren für den Zeugenbeistand – hier mal ein neuer Aspekt
Wir haben ja schon häufiger über die Abrechnung der Tätigkeit des (beigeordneten) Zeugenbeistandes (§ 68b Abs. 2 StPO) berichtet. Es stellt sich die Frage: Teil 4 Abschnitt 1 oder Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG. Darüber tobt ein bitterer Kampf zwischen den OLG.
In dem Streit hat jetzt das OLG Hamburg in seinem Beschl. v. 02.08.2010 – 2 Ws 95/10 seine Auffassung, dass nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abgerechnet wird, bestätigt. Insoweit ist der Beschluss nichts Neues. Er hat allerdings einen interessanten Aspekt: Der Rechtsanwalt hatte drei Zeugen vertreten. Das OLG schreibt dazu:
„Der Beschwerdeführer ist für drei Einzeltätigkeiten nach Nr. 4301 (4) VV RVG zu vergüten. Die von dem Beschwerdeführer vertretenen Zeugen sind in dem Strafverfahren dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge zu verschiedenen Anklagevorwürfen gehört worden. Die Beiordnung des Beschwerdeführers erfolgte daher vorliegend nicht in „derselben Angelegenheit“ im Sinne des § 7 RVG. § 7 RVG findet als allgemeine Vorschrift auch im Rahmen von Nr. 4301 VV RVG Anwendung.“
Wenigstens etwas 🙂
Dauerbrenner: Abrechnung der Tätigkeit des Zeugenbeistandes
Eines der am meisten umstrittenen Themn im Gebührenrecht Teil 4 und 5 VV RVG ist derzeit sicherlich immer noch und immer wieder die Frage der Abrechnung der Tätigkeit des Zeugenbeistandes: Also die Frage Teil 4 Abschnitt1 Vv RVG oder Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG. Zwischen diesen beiden Modalitäten leigen schnell mal 200 – 300 €, je nachdem, welche Gebühren aus Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG man anfallen lässt.
In dem Zusammenhang weise ich jetzt hin auf eine Entscheidung des LG Chemnitz v. 10.08.2010 – 2 Qs 129/10, die zwar zu dem m.E. nicht zutreffenden Ergebnis kommt: Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG, die aber den derzeitigen Streitstand sehr schön zusammenfasst und darstellt.
Im Übrigen: Auf meiner HP stehen eine ganze Reihe von Entscheidungen sowohl für die eine als auch für die andere Auffassung. Da kann man sich schön bedienen, wenn man gegen Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG anargumentieren muss.
Zivilrecht meets Strafrecht – tiefstes Sachen- und ZV-Recht – nur: Wie bekomme ich es bezahlt?
Nach Einführung der §§ 111 b ff. StPO kommt man auch im Strafverfahren zumindest in Wirtschaftsstrafverfahren und BtM-Verfahren kaum noch ohne zivilrechtliche und Kenntnisse im ZV-Recht aus. Die tiefste ZPO lässt grüßen. Ein gutes Beispiel ist dafür der Beschl. des OLG Naumburg vom 10.05.2010 – 1 Ws 228/10, den der Verfahrensbevollmächtigte eines Drittbeteiligten erstritten hat. § 771 ZPO im Strafverfahren. Wer hätte das gedacht?
Aber, was viel interessanter ist: Wie bekommt der Verfahrensbevollmächtigte des Eigentümer der von der Arrestpfändung betroffenen hochwertigen Pkws seine Tätigkeit bezahlt bzw., was kann er festsetzen lassen? Eine interessante Frage, an der ich gestern lange für einen Kurzbeitrag für den RVGreport herumgebastelt habe. Ich habe eine Lösung, aber Anregungen werden gerne noch entgegen genommen. So viel kann ich schon mal sagen: Es geht nach Teil 4 VV RVG. Nur: Welche Vorschriften? Der Verfahrensbevollmächtigte hat natürlich besonderes Interesse an einer Wertgebühr. Denn die Gegenstandswerte sind hoch :-), damit aber auch die Haftungsgefahr.
Kleiner Grundkurs: Abrechnung des Antrags auf Sperrfristverkürzung
Eine Kollege hatte mal wieder sehr kreativ gedacht und überraschte mich mit folgender Anfrage zu einem Abrechnungsproblem:
„In einem Strafverfahren wegen fahrlässiger Trunkenheit habe ich nach der Hauptverhandlung Antrag auf Sperrzeitverkürzung von drei Monaten gestellt. Das AG hat einen Monat bewilligt, ich habe deshalb sofortige Beschwerde eingelegt, so dass das LG zwei Monate bewilligt hat und von den Kosten des Beschwerdeverfahrens die Staatskasse und der Beschwerdeführer jeweils die Hälfte tragen.
Mein Problem ist nun die Abrechnung sowohl in der ersten Instanz als auch für die sofortige Beschwerde. Kann ich für den Antrag auf Sperrzeitverkürzung die Nr. 4142 VV RVG mit einem Auffangstreitwert von 5000 € geltend machen und für die sofortige Beschwerde die Nr. 4302 VV RVG?“
Ich habe ihm etwa wie folgt geantwortet:
Die von Ihnen vorgesehene Abrechnung ist so nicht möglich. Der Antrag auf Abkürzung der Sperrfrist hat nichts mit den in Nr. 4142 VV RVG geregelten Fällen zu tun. Und die sofortige Beschwerde ist auch keine Einzeltätigkeit: Sie waren offensichtlich als Verteidiger tätig, so dass die Subsidiaritätsklausel der Vorbem. 4.3 Abs. 1 VV RVG eingreift.
Sie können vielmehr wie folgt abrechnen:
Sie rechnen nach Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG ab, da es sich um Strafvollstreckung handelt. Für die Tätigkeit beim AG nach Nr. 4204 VV und für die Beschwerde nach Vorb. 4.2 VV i.V.m. Nr. 4204 VV jeweils eine Verfahrensgebühr. Eine Grundgebühr entsteht allerdings nicht. Es entsteht zudem mindestens eine Postentgeltpauschale für das Verfahren beim AG, ob eine weitere für das Beschwerdeverfahren entsteht, ist umstritten.
ich hoffe, er war zufrieden.