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beA II: Diverses zum beA, oder: eigenhändiger Versand, Eingang mit „Ü“, Glaubhaftmachung, Behördennutzung

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Und im zweiten „beA-Posting“ eine kleine Zusammenstellung von Entscheidungen. Alles, was sich so in den letzten Tagen angesammelt hat. Das sind:

Ein über das beA bei Gericht eingereichter Schriftsatz ist mit der Speicherung auf dem Intermediär-Server des Gerichts eingegangen, auch wenn die Weiterleitungsfähigkeit gerichtsintern am Umlaut „ü“ im Dateinamen scheitert. Zwar muss ein eingereichtes elektronisches Dokument nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Diese Frage bestimmt sich aber allein nach den Regelungen, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffen hat. § 2 ERVV sieht aber ein  Verbot von Umlauten nicht vor.

1. Ein mittels beA gestellter Antrag zur Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familienstreitsache muss von dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen eingereicht werden.

2. §§ 130a Abs. 3, 4 Nr. 2, 130d ZPO erfordert, dass ein elektronisches Dokument eigenhändig vom Verfahrensbevollmächtigten versandt wird.

1. Zur Glaubhaftmachung gemäß § 55d Satz 4 Halbsatz 1 VwGO, dass die Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments auf technischen Gründen im Sinn von § 55d Satz 3 VwGO beruhte, gehört die belastbare Angabe, dass die formgerechte (elektronische) Übermittlung aus technischen Gründen nur vorübergehend nicht möglich war.

2. Eine solche Unmöglichkeit ist nicht glaubhaft gemacht, wenn die Angaben auch den Schluss zulassen, dass der Verwender generell versäumt hat, sich rechtzeitig und mit der gebotenen Sorgfalt um die Herstellung der erforderlichen technischen Voraussetzungen zu bemühen.

Die durch § 55d VwGO vorgesehene aktive Nutzungspflicht der elektronischen Form für professionelle Prozessteilnehmer gilt auch für Behörden.

beA II: Rechtsanwalt in eigener Sache „Rechtsanwalt“, oder: Es gilt die „aktive Nutzungspflicht“

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Im zweiten beA-Posting dann eine Entscheidung zum „Nutzungsverpflichteten“, und zwar der VG Berlin, Beschl. v. 05.05.22 – VG 12 L 25/22. Gestritten worden ist dort um die Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das hatte der antragstellende Rechtsanwalt in einem vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin betriebenen Zwangsvollstreckungsverfahren beantragt. Das VG hat den Antrag als unzulässig angesehen, da der Antragsteller § 55d Satz 1 VwGO nicht beachtet habe:

„1. Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, da der Antragsteller ihn entgegen § 55d Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – nicht als elektronisches Dokument eingereicht hat.

Nach § 55d Satz 1 VwGO haben u.a. Rechtsanwälte vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.

a) Der zeitliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet. Sie ist nach Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) am 1. Januar 2022 in Kraft getreten, der hiesige Antrag ist am 24. Januar 2022 bei Gericht eingegangen.

b) Auch der personelle Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet, weil der Antragsteller Rechtsanwalt ist. Der Behandlung des Antragstellers als Rechtsanwalt steht nicht entgegen, dass er vorliegend nicht als Prozessvertreter für einen Dritten, sondern in eigener Angelegenheit auftritt.

Dem Wortlaut von § 55d VwGO ist nicht zu entnehmen, ob der Begriff des Rechtsanwalts status- oder rollenbezogen verwandt wird, ob also der Status als Rechtsanwalt genügt, um den Pflichten des § 55d VwGO zu unterliegen oder ob darüber hinaus zu fordern ist, dass der Rechtsanwalt im konkreten Fall auch tatsächlich als solcher auftritt. Letzteres Verständnis hätte zur Folge, dass eine Person dann nicht als Rechtsanwalt zu behandeln wäre, wenn sie zwar als solcher zugelassen ist, jedoch in einer eigenen Angelegenheit nicht als solcher, sondern als Privatperson auftritt. Eine solche Auslegung könnte im Lichte der Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -) und Justizgewährung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) geboten sein, da es zweifelhaft erscheint, ob es sich rechtfertigen lässt, dass einem Rechtsanwalt wegen der Verletzung beruflicher Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr auch in privaten Angelegenheiten der Zugang zu den Gerichten verwehrt bleibt.

Vorliegend kann jedoch dahinstehen, welches Begriffsverständnis § 55d VwGO zugrunde liegt. Selbst wenn § 55d VwGO verlangt, dass ein Rechtsanwalt als solcher vor Gericht auftritt, so ist auch diese Voraussetzung vorliegend erfüllt. Der Antragsteller ist ausweislich des Briefkopfes seiner Schriftsätze stets als „Rechtsanwalt O. T.“ aufgetreten und hat daher bewusst diese Rolle angenommen. Es ist daher – ohne dass der Antragsteller dies gesondert hervorheben müsste – davon auszugehen, dass er sich im hiesigen Verfahren als Rechtsanwalt selbst vertritt, was bei seinem Obsiegen gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 3 Zivilprozessordnung – ZPO – zur Folge hätte, dass er vom Antragsgegner seine Gebühren und Auslagen erstattet verlangen könnte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 19. Februar 2018 – 17 W 198/17BeckRS 2018, 6561, Rn. 10). Auch der sich selbst vertretende Rechtsanwalt ist als Rechtsanwalt zu behandeln, da die Personenverschiedenheit von Anwalt und Mandant kein kennzeichnendes Merkmal einer anwaltlichen Tätigkeit ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2010 – IV ZR 188/08NJW 2011, 232, 234, Rn. 21; Toussaint in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 78 Rn. 29).

c) § 55d VwGO ist schließlich auch sachlich anwendbar. Bei dem Antrag nach § 123 VwGO handelt es sich um einen schriftlichen Antrag, der nunmehr nach § 55d VwGO durch einen Rechtsanwalt elektronisch einzureichen ist (zum Schriftlichkeitserfordernis siehe Puttler in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, VwGO § 123 Rn. 65).

d) Eine schriftliche Antragstellung war auch nicht ausnahmsweise nach § 55d Satz 3 VwGO möglich. Nach dieser Vorschrift bleibt eine Übermittlung nach allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist nach § 55d Satz 4 VwGO glaubhaft zu machen. Dies hat der Antragsteller nicht getan. Er hat vielmehr lediglich pauschal behauptet, dass es bei der Nutzung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches zu Zugangsstörungen komme. Art und Häufigkeit der Zugangsstörungen hat der Antragsteller ebenso wenig dargelegt und glaubhaft gemacht wie etwaige Bemühungen, diese Störungen zu beseitigen.

Dass der Antragsteller die bisherigen Schriftsätze einscannen müsste, um sie elektronisch einreichen zu können, begründet entgegen seiner Ansicht keine technische Unmöglichkeit i.S.v. § 55d Satz 3 VwGO.

e) Der Formmangel nach § 55d VwGO führt zur Unwirksamkeit der Antragstellung und somit zur Unzulässigkeit des Antrags (vgl. die Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 130d ZPO BT-Drs. 17126/24, S. 27).“

 

 

beA I: Sog. „vorübergehende Unmöglichkeit“ hilft ggf., oder: Aber nicht mehr nach mehr als vier Jahren

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Im Kessel Buntes heute dann noch einmal ein wenig beA bzw. aktive Nutzungspflicht. Das gibt es ja inzwischen immer wieder Entscheidungen.

Hier dann zunächst das ArbG Frankfurt a. M., Urt. v. 01.04.2022 – 24 Ca 7293/21. Das ArbG hat  einen durch einen Rechtsanwalt eingelegten Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, der auf dem normalen Postweg übermittelt worden war, als unzulässig verworfen:

„Der Einspruch der Klägerin vom 20. Februar 2022 gegen Versäumnisurteil vom 21. Januar 2022 war nach Gewährung rechtlichen Gehörs als unzulässig zu verwerfen, da er innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist gemäß § 59 Satz 1 ArbGG seit Zustellung des Versäumnisurteils nicht in der gesetzlichen Form eingelegt worden ist (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Klägerin hat ihren Einspruch nicht in der gesetzlichen Form eingelegt.

1. Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind gemäß § 46g Satz 1 ArbGG seit dem 1. Januar 2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (Satz 3). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (Satz 4 Halbs. 1).

Bestimmende Schriftsätze, Anträge und Erklärungen, die nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, sind unwirksam. Die Einreichung ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten. Der Gegner kann auf die Einhaltung weder verzichten noch sich rügelos einlassen (BT-Drs. 17/12634, 27 zu § 130d ZPO; BeckOK ArbR/Hamacher, 63. Ed. 1.3.2022, ArbGG § 46g Rn. 4, mwN.).

2. Hiernach war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Unabhängig von der Frage einer ausreichenden unverzüglichen Glaubhaftmachung fehlt es bereits an einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen – hierunter fällt etwa ein Serverausfall (BT-Drs. 17/12634, 27) – als elektronisches Dokument. Das beA wurde bereits im Jahr 2016 in Betrieb genommen. Die passive Nutzungspflicht für Rechtsanwälte gemäß § 31a Abs. 6 BRAO besteht bereits seit dem 1. Januar 2018. Durch die Einschränkung „aus technischen Gründen“ und „vorübergehend“ wird klargestellt, dass professionelle Einreicher hierdurch nicht von der Notwendigkeit entbunden sind,‘ die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen (BR-Drs. 812/12, 36). Die pauschale Darlegung des Klägervertreters, der Einspruch erfolge nicht per beA, da er, obwohl rechtzeitig beantragt, bis heute nicht von der Zertifizierungsstelle freigeschaltet worden sei, genügt diesen Voraussetzungen offenkundig nicht. Ihr lässt sich überdies bereits nicht entnehmen, wann die „rechtzeitige“ Beantragung erfolgt sein soll.“

Fahrerlaubnis auf Probe nach Entziehung der FE, oder: Auffälligkeiten in der Probezeit

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Im „Kessel Buntes“ an diesem Samstag mal wieder zwei verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Zunächst hier – kurz – der VG Düsseldorf, Beschl. v. 05.04.2022 – 6 L 55/22 –, also in Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis auf Probe. Es geht in dem umfangreich _ VG eben 🙂 – um den § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG. Danach muss die Behörde in den Fällen der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach Entziehung in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen, sobald der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der neuen Probezeit erneut eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Dazu das VG in dem entschiedenen Fall mit folgendem Leitsatz:

§ 2a Abs. 5 Satz 5 StVG ist nicht auf eine einmalige Anwendung beschränkt. Er greift vielmehr auch dann ein, wenn zuvor bereits ein positives MPU-Gutachten vorgelegt wurde und der Fahrerlaubnisinhaber danach während der laufenden verlängerten Probezeit eine bzw. zwei Zuwiderhandlungen im Sinne des § 2a Abs. 2 Satz 1 StVG begangen hat.

Rest bitte selbst lesen. Ist aber eine ganze Menge 🙂 .

StPO III: Befangenheit nur bei „objektiven“ Gründen, oder: Terminsfragen und dienstliche Äußerung

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Und weil es so schön war mit einer Entscheidung aus einem Zivilverfahren, dann hier gleich noch eine weitere, und zwar der KG, Beschl. v. 25.04.2022 – 2 U 69/19. In dem (Ablehnungs)Verfahren geht es u.a. um einen Terminsverlegungsantrag und Fragen der Begründung des Ablehnungsantrags. Die Ausführungen des KG dazu kann man ggf. auch im Strafverfahren verwenden:

„Die Ablehnungsersuchen des Klägers sind nicht begründet, weil kein Grund vorliegt, der nach § 42 Abs. 2 ZPO geeignet wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen. Solche Gründe folgen weder aus der Zurückweisung des Terminverlegungsantrags (1.) noch aus der nach dem Empfinden des Klägervertreters menschenverachtenden und behindertenfeindlichen Einstellung des abgelehnten Richters (2.). Schließlich gibt auch der Inhalt der dienstlichen Erklärungen des Richters keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit (3). Eine Kostenentscheidung ist ebenso wenig veranlasst wie eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (4.).

1. Die Zurückweisung des Antrags, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. März 2022 kurzfristig wegen der krankheitsbedingten Verhinderung des Klägervertreters aufzuheben, rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit nicht. Alleiniger Gegenstand eines Ablehnungsverfahren nach §§ 42 ff. ZPO ist eine mögliche Parteilichkeit des Richters und nicht die inhaltliche Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein den Rechtsmittelgerichten vorbehalten ist. Ein Ablehnungsersuchen kann daher grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61; OLG Dresden, Beschluss vom 19. Mai 2020 – 4 W 300/20, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. November 2013 – 17 U 221/12, MDR 2014, 242; MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, § 42 Rn. 28). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen – insbesondere verfassungsrechtlichen – Grundsätzen entfernen, dass sie aus Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 8. Juni 2006 – 15 W 31/06, NJW-RR 2006, 1577; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 42 Rn. 11).

Nach diesen Grundsätzen vermag der Umstand, dass der abgelehnte Richter dem Terminverlegungsantrag einer Partei nicht entsprochen hat, die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht zu rechtfertigen, weil eine Aufhebung oder Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 6. April 2006 – V ZB 194/05, NJW 2006, 2492 [2494]; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. Mai 2021 – 9 W 25/21, NJW-RR 2021, 1077; OLG Brandenburg NJ 2019, 390; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 5 Aufl. 2020, § 42 Rn. 20 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 42 Rn. 14 m. w. N. in Fn. 81). Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Verlegung oder Aufhebung des Termins offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte (BGH, Urteil vom 28. April 1958 – III ZR 43/56, BGHZ 27, 163 [167] = NJW 1958, 1186; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. Juli 2020 – 3 W 41/20, NJW-RR 2020, 1325; OLG Brandenburg, Beschluss vom 30. September 1998 – 1 W 32/98, NJW-RR 1999, 1291 [1292]) oder sich aufgrund der Ablehnung des Verlegungsantrags der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Dresden, Beschluss vom 22. November 2016 – 18 WF 985/16, NJ 2017, 29; KG Berlin, Beschluss vom 7. Juli 2006 – 15 W 43/06, NJW 2006, 2787).

Ausgehend von diesem Maßstab sind für eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit in dem hier vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Dies folgt bereits daraus, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Aufhebung des Termins wegen der fehlenden Glaubhaftmachung der eingetretenen Erkrankung tatsächlich nicht vorlagen. Zwar ist eine Partei zur Glaubhaftmachung der geltend gemachten Hinderungsgründe gemäß § 227 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nur auf Aufforderung des Gerichts bzw. des Vorsitzenden verpflichtet. Wird ein Terminänderungsantrag – wie in dem hier vorliegenden Fall – allerdings erst unmittelbar vor dem anberaumten Termin unter Hinweis auf eine Erkrankung gestellt und bleibt dem Vorsitzenden daher keine Zeit, die Partei zur Glaubhaftmachung der Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit aufzufordern, müssen die Gründe für die Verhinderung bereits in dem Verlegungsantrag so angegeben und untermauert werden, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (BGH, Beschluss vom 12. März 2015 – AnwZ (Brfg) 43/14, juris Rn. 5; OVG Münster, Beschluss vom 13. April 2021 – 6 A 2041/18, juris Rn. 12, VGH München, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 11 ZB 16.30121, NJW 2017, 103; Prütting/Gehrlein/Kazele, ZPO, 13. Aufl. 2021, § 227 Rn. 2; Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 227 Rn. 8).

…..

2. Die Besorgnis der Befangenheit ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der abgelehnte Richter nach dem Empfinden des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten von einem „aggressiven Zynismus“, einer „noch nicht erlebten Variante richterlicher Selbstherrlichkeit“ sowie einer „Menschen-Verachtung und speziell Behinderten-Feindlichkeit“ geprägt sei und nicht über ein „Minimum an menschlichem Einfühlungsvermögen“ verfüge.

Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters vermögen nur objektive Gründe zu rechtfertigen, welche vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2011 – II ZB 2/10 – Rn. 13, NJW 2011, 1358; BGH, Beschluss vom 02. Oktober 2003 – V ZB 22/03 –, BGHZ 156, 269 = NJW 2004, 164; BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2000 – 1 BvR 539/96 –, BVerfGE 102, 122 (125) = NJW 2000, 2808). Es gilt somit ein objektiver Maßstab, der allerdings durch die Bezugnahme auf den Standpunkt der ablehnenden Partei einen gewissen subjektiven Einschlag erhält (Musielak/Voit/Heinrich, 18. Aufl. 2021, § 42 ZPO Rn. 6; Conrad, MDR 2015, 1048 f.). Ein erfolgreiches Ablehnungsersuchen setzt danach nicht voraus, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist vielmehr, ob aus Sicht der ablehnenden Partei objektiv nachvollziehbare Gründe vorliegen, welche an seiner Unparteilichkeit zweifeln lassen (vgl. auch MüKoZPO/Stackmann, a. a. O., Rn. 4). Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge der ablehnenden Partei reichen hingegen grundsätzlich nicht aus, um ein Ablehnungsersuchen zu rechtfertigen (Wieczorek/Schütze/Gerken, a. a. O., § 42 Rn. 5; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl. 2021, § 42 Rn. 9).

Nach diesen Maßstäben vermag die Befürchtung des Klägers, aufgrund einer negativen Einstellung des abgelehnten Richters gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten unfair behandelt zu werden, die Besorgnis der Befangenheit nicht zu rechtfertigen. Denn diese subjektive Befürchtung beruht nicht auf auch nur annähernd objektiv nachvollziehbaren Erwägungen. Die Verfügung vom 25. März 2022, mit dem der abgelehnte Richter die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 28. März 2022 aus – wie bereits dargelegt – rechtlich zutreffenden Gründen abgelehnt hat, ist in einem höflichen und gegenüber den Parteien respektvollen Ton verfasst. Darüber hinaus ist der abgelehnte Richter dem Prozessbevollmächtigten des Klägers dadurch entgegenkommen, dass er ihm eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung im Wege der Ton- und Bildübertragung angeboten hat.

3. Schließlich begründen auch die von dem abgelehnten Richter abgegebenen dienstlichen Erklärungen vom 28. März 2022 – entgegen der mit dem Schriftsatz vom 29. März 2022 geltend gemachten Auffassung des Klägers – nicht die Besorgnis der Befangenheit…..“