Und dann am Ende der Berichterstattung noch einen OLG-Beschluss, und zwar den OLG Hamm, Beschl. v. 07.04.2022 – 5 RVs 35/22. Es handelt sich nicht um Verkehrsrecht i.e.S., aber immerhin um Verkehrsrecht i.w.S. Das OLG nommt nämlich Stellung zum Umfang der Feststellungen betreffend den Vermögenschaden bei einer Verurteilung wegen Betruges (§ 263 StGB) aufgrund Verheimlichens von Vorschäden beim Gebrauchtwagenkauf.
AG und LG haben den Angeklagten wegen Betruges verurteilt. Dem OLG reichen die Feststellungen nicht und es hebt auf:
„Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift wie folgt ausgeführt:
„Die auf die Sachrüge hin vorzunehmende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils der Kammer deckt Rechtsfehler im Bereich der Urteilsfeststellungen auf, da diese den Schuldspruch wegen Betruges gemäß § 263 Absatz 1 StGB nicht tragen.
Es fehlt insbesondere an der Feststellung eines Vermögensschadens des Geschädigten. Der Betrug ist kein bloßes Vergehen gegen die Wahrheit und das Vertrauen im Geschäftsverkehr, sondern eine Vermögensstraftat. Nicht die Täuschung an und für sich, sondern die vermögensschädigende Täuschung ist strafbar. Demgemäß erleidet der Kunde, der beim Kauf eines Gebrauchtwagens über Umstände, die den Verkehrswert (Marktwert) des Fahrzeugs maßgeblich mitbestimmen, getäuscht und dadurch zum Kaufabschluss bewogen wird, einen Schaden regelmäßig nur dann, wenn das Fahrzeug objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist (Senatsbeschluss vom 05.05.2020 – III-5 RVs 31/20 -, zitiert nach juris). Für die Schadensbewertung ist grundsätzlich die objektive Sicht eines sachlichen Beurteilers maßgebend, die sich nicht an der Schadensbewertung des Getäuschten, sondern an den Marktverhältnissen auszurichten hat. Für einen Vermögensschaden reicht es nicht aus, dass der Käufer ohne die Täuschung durch den Verkäufer den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Durch den Betrugstatbestand wird lediglich das Vermögen, nicht aber die Verfügungsfreiheit geschützt (Senatsbeschluss, a.a.O.).
Die hiernach gebotenen tatsächlichen Feststellungen enthält das angefochtene Urteil nicht. Das Urteil führt nicht aus, welchen objektiven Wert das von dem Angeklagten verkaufte Fahrzeug hatte. Somit ist nicht feststellbar, dass der von dem Geschädigten gezahlte Kaufpreis objektiv nicht marktgerecht war. So ergibt sich aus den Feststellungen lediglich, dass das Fahrzeug zunächst einen gutachterlich festgestellten Restwert von 9.900,00 Euro hatte und schließlich zu diesem Preis weiter veräußert wurde, bis der Angeklagte das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 10.500,00 Euro erwarb. Aus den Feststellungen ergibt sich ferner, dass der Angeklagte das Fahrzeug reparieren ließ und schließlich zu einem Kaufpreis in Höhe von 17.250,00 Euro an den Zeugen Z veräußerte. Nach den Feststellungen zur Beweiswürdigung hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er Ersatzteile für 3.500,00 Euro bis 4.000,00 Euro erworben und sein Bruder das Fahrzeug innerhalb von drei Wochen repariert habe (UA S. 7). Es erscheint daher nicht fernliegend, dass das Fahrzeug den geleisteten Kaufpreis nach Vornahme der Reparaturen wert war.
Sind bei objektiv-abstrakter Betrachtung Leistung und Gegenleistung gleichwertig, so kann im Sinne des sog. persönlichen Schadenseinschlages ein Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes nur vorliegen, wenn die Leistung für den Getäuschten bei objektiver Beurteilung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck brauchbar ist und er sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 02. Juni 1992 – 3 Ss 203/92 -, zitiert nach juris). Solche speziellen individuellen Bedürfnisse des Zeugen Z sind jedoch nach den Urteilsfeststellungen nicht ersichtlich. Das bei jedem Gebrauchtwagenverkäufer vorhandene allgemeine Interesse, ein möglichst unfallfreies Fahrzeug zu erwerben, reicht für die Annahme eines persönlichen Schadeneinschlages nicht aus. Darüber hinausgehende Feststellungen hat das Landgericht jedenfalls nicht getroffen.
Die für die Annahme eines Vermögensschadens gebotenen tatsächlichen Feststellungen enthält das angefochtene Urteil daher nicht. Das Urteil führt nicht aus, welchen objektiven Wert das von dem Angeklagten verkaufte Fahrzeug hatte. Somit ist nicht feststellbar, dass der von dem Geschädigten gezahlten Kaufpreis objektiv nicht marktgerecht war. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall eine Vermögensschädigung entsprechend den obigen Ausführungen auch unabhängig von dem Marktwert des Fahrzeugs für den Geschädigten gegeben war, liegen nach den bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht vor.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.“