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Bewährung II: Viele Vorstrafen, schneller Rückfall pp., oder: Anforderungen an die sog. Legalprognose

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Auch die zweite Entscheidung des Tages, der OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.08.2022 – 1 OLG 53 Ss 65/22 – war schon einmal Gegenstand der Berichterstattung, und zwar hier bei: Rechtsmittel III: Berufungsbeschränkung wirksam?, oder: Trennbarkeitsformel. Ich komme jetzt auf die Entscheidung noch einmal wegen der Bewährungsfrage zurück. Das OLG nimmt Stellung zur sog. Begründungstiefe.

Das LG hatte noch einmal Bewährung gewährt. Dagegen hatte die StA Revision eingelegt, die Erfolg hatte:

„2. Die Revision der Staatsanwaltschaft Potsdam hat auch in der Sache Erfolg.

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht – in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung – die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung begründet hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand; die Urteilsgründe erweisen sich in wesentlichen Aspekten als lückenhaft.

a) Die Frage, ob zu erwarten ist, dass sich der Angeklagte schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB), hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller dafür bedeutsamen Umstände im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu entscheiden. Bei dieser Prognose steht ihm ein weiter Bewertungsspielraum zu (BGH, Urteil vom 10. Juni 2010, 4 StR 474/09, Rz. 34, Juris; NStZ 2007, 303, 304; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. Januar 2008, 1 Ss 19/07, Rz. 5, Juris; NStZ-RR 2005, 200, 201; Fischer, StGB, 69. Auflage, zu § 56, Rz. 11). Die Prognoseentscheidung des Tatrichters ist vom Revisionsgericht grundsätzlich bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (BGH a. a. O.; OLG Karlsruhe a. a. O.) und nur darauf zu überprüfen, ob sie rechtsfehlerhaft ergangen ist, der Tatrichter also Rechtsbegriffe verkannt oder seinen Bewertungsspielraum fehlerhaft ausgefüllt hat (BGHSt 6, 298, 300; 6, 391, 392, OLG Düsseldorf NStZ 1988, 325, 326; KG a. a. O.).

Um dem Revisionsgericht diese Prüfung zu ermöglichen, muss der Tatrichter seine Erwägungen im Urteil in einem die Nachprüfung ermöglichenden Umfang darlegen (OLG Düsseldorf a. a. O.; KG a. a. O. m. w. N.; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., zu § 337, Rz. 34). Seine Feststellungen müssen eine tragfähige Grundlage für die Überprüfung der Rechtsanwendung bilden (Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., zu § 337, Rz. 21).

Der Umfang der Darlegungen und deren Begründungstiefe hängt maßgeblich davon ab, ob und ggf. in welchem Umfang der Angeklagte strafrechtlich vorbelastet ist. Bei einem mehrfach und einschlägig vorbestraften Angeklagten, der ggf. schon frühere Bewährungschancen nicht bestanden hat, setzt eine günstige Legalprognose bzw. die Strafaussetzung zur Bewährung eine besonders eingehende und vertiefte Begründung voraus.

b) Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der erforderlichen Begründungstiefe zu berücksichtigen, dass der Angeklagte ganz erheblich vorbestraft ist. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister weist 19 Eintragungen aus. Der Angeklagte ist elf Mal, teilweise in Tatmehrheit mit anderen Delikten, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis einschlägig vorbestraft. In der Vergangenheit hat der Angeklagte bei sämtlichen ihm eingeräumten Bewährungschancen versagt; fünf Mal musste eine ihm gewährte Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung widerrufen werden. Erst sechs Monate vor der ersten im hiesigen Verfahren festgestellten Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (21. April 2020) war der Angeklagte durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Brandenburg am 29. Oktober 2019 (24 Ds 22/19) ebenfalls wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung bis zum 28. Oktober 2021 ausgesetzt wurde. Selbst diese nach § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB kürzest denkbare Bewährungszeit hat der Angeklagte nicht ohne Begehung neuer, einschlägiger Straftaten überstanden. Er ist Bewährungsversager. Zur Tatzeit stand der Angeklagte zudem infolge des Urteils des Amtsgerichts Brandenburg a.d.H. vom 25. März 2014 (21 Ls 7/14) unter Führungsaufsicht, die noch bis zum 20. November 2022 fortdauert. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte den Gründen des angefochtenen Urteils zu Folge bereits im März 2022 wegen einer am 23. Juli 2021 erneut begangenen einschlägigen Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde (S. 3 UA). Zwar ist dieses Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen, es kann aber dennoch zur Prognoseentscheidung berücksichtigt werden, da diese Verurteilung ausweislich der Urteilsgründe auf einem Geständnis des Angeklagten beruht. Der Angeklagte hat die erneute Straftat am 23. Juli 2021 begangen, obwohl die ihm im hiesigen Verfahren am 27. Oktober 2020 förmlich zugestellte Anklageschrift vom 7. November 2020 eine deutliche Appellfunktion entfaltete.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten zahlreichen einschlägigen Verurteilungen, dem häufigen und ausschließlichen Bewährungsversagen, der hohen Rückfallgeschwindigkeit und der erneuten einschlägigen Straffälligkeit nach den im hiesigen Verfahren begangenen Straftaten sind an die Begründungstiefe für eine positive Legalprognose nach § 56 Abs. 1 StGB hohe Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

Soweit das Tatgericht die positive Legalprognose damit zu begründen versucht, dass der Angeklagte bereits seit 2017 in der Gastronomie beruflich eingebunden und sich zum Schichtleiter hochgearbeitet hat (S. 10 UA), vermag dies schon deswegen nicht zu verfangen, da ihn die berufliche Einbindung vor der Begehung neuer einschlägiger Straftaten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis – jedenfalls bis zum Juli 2021 – nicht abhalten konnte. Das Argument, dass der Angeklagte seinen Wohnsitz an den Ort seines Arbeitsplatzes, nach Berlin, verlegt hat, um den Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen zu können (S. 10 UA), überzeugt ebenfalls nicht. Dies könnte nur dann maßgeblich sein, wenn Motiv des Fahrens ohne Fahrerlaubnis die Bewältigung der Strecke zum Arbeitsplatz gewesen wäre. Dies scheint aber nach den Urteilsgründen nicht gegeben zu sein. Danach arbeite der Angeklagte regelmäßig von 16 Uhr nachmittags bis 4 Uhr nachts. In den beiden hier festgestellten Fällen wurde das Fahren ohne Fahrerlaubnis um 10:29 Uhr und um 10:06 Uhr festgestellt und dürfte gerade keinen Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Angeklagten gehabt haben. Dass der Angeklagte in einer stabilen Beziehung lebt, ist nach den Urteilsgründen nicht hinreichend unterlegt. Zum einen wird nur die Heirat im Jahr 2020 erwähnt, ohne dass erkennbar ist, wie lange die Beziehung zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hat. Zum anderen hat der Angeklagte die Straftaten gerade während des Bestehens der genannten Beziehung begangen, so dass nicht nachvollziehbar ist, worin der Wechsel in der Einstellung des Angeklagten nach Tatbegehung begründet sein kann. Dass der Angeklagte im Verfahren vom Juli 2021 „auf die Herausgabe des beschlagnahmten Autos verzichtet“ hat (S. 4 UA), kann nicht entscheidend zu seinen Gunsten gewertet werden, da es ohnehin der Einziehung unterlegen hätte. Dasselbe gilt für den vom Tatgericht hervorgehobenen Umstand, dass der Angeklagte sich kein neues Auto mehr angeschafft habe (S. 9 UA), was bei Fehlen einer Fahrerlaubnis eher selbstverständlich sein dürfte.

Zu Gunsten des Angeklagten spricht, dass er eigeninitiativ eine Verhaltenstherapie aufgenommen und „fünf Probestunden“ absolviert hat. Die Urteilsgründe verhalten sich jedoch nicht zu den Inhalten und einem möglichen (Zwischen-) Ergebnis der bisherigen Therapie, so dass sie sich insoweit als lückenhaft erweisen.

Das erst zwei Wochen vor der Berufungshauptverhandlung eröffnete Insolvenzverfahren dokumentiert die Höhe der mit den Betrugsstraftaten einhergehenden Schäden. Die Hintergründe des damit zusammenhängenden Verhaltens des Angeklagten, auch die Frage, ob möglicherweise damit prozesstaktische Ziele erreicht werden sollten, erörtert das Berufungsgericht nicht.

Am Rande sei bemerkt, dass sich das Berufungsgericht – wie von der Staatsanwaltschaft zutreffend beanstandet – nicht hinreichend mit den strafrechtlichen Vorbelastungen und auch nicht mit § 56 Abs. 3 StGB auseinandergesetzt hat (vgl. BGHSt 24, 40, 46; BHG wistra 2000, 96 f.; BGH NStZ 1985, 165; BGH NStZ 2018, 29); für die Prognoseentscheidung nicht uninteressant könnte auch die Frage sein, in welchem Zusammenhang das Fahren ohne Fahrerlaubnis auf einer Autobahn festgestellt worden war.

Nach alledem werden die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zur positiven Legalprognose sowohl jeweils für sich betrachtet als auch in einer Gesamtbetrachtung, der im vorliegenden Fall erforderlichen besonderen Begründungstiefe nicht gerecht, so dass das Urteil insoweit der Aufhebung unterliegt.“

Bewährung I: Drohender Bewährungswiderruf, oder: Bewusster Bewährungsbruch

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Zum Wochenstart dann heute zwei OLG-Entscheidungen zu Bewährungsfragen.

Ich beginne mit dem KG, Beschl. v. 11.02.2022 – (3) 121 Ss 170/21 (62/21), den ich schon einmal wegen der materiellen Frage – Beleidigung eines Poliziebeamten – vorgestellt habe (vgl. hier: StGB III: Zur Beleidigung eines Polizeibeamten, oder: “Du Opfer.”)

Heute geht es um die vom KG im Beschluss auch angesprochene Frage der Erörterung der Möglichkeit eines Bewährungswiderrufs im Rahmen der Strafzumessung. Dazu das KG:

„b) Ferner ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung den infolge der erneuten Verurteilung drohenden Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nicht erörtert hat.

Ob der drohende Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ein bestimmender Strafzumessungsgrund und daher zu erörtern ist, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2021 – 2 StR 129/20 -, juris).

Ein (möglicher) Bewährungswiderruf als Folge eines bewussten Bewährungsbruchs durch den Täter ist regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen strafmildernd zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2021 – 2 StR 294/20 -; OLG Hamm, Beschluss vom 3. Januar 2013 – III-1 RVs 90/12 -, beide juris). Auf der Hand liegt ein bewusster Bewährungsbruch etwa bei einem unter Bewährung stehenden Täter, der die Ausführung der neuen Tat bereits länger geplant hatte; von bewusster Inkaufnahme solcher Nachteile ist regelmäßig auch bei Intensiv- und Serientätern auszugehen. Einem bewussten Bewährungsbruch könnte entgegenstehen, wenn sich der unter Bewährung stehende Täter alkoholbedingt oder aufgrund unmittelbar vorangegangener Provokation spontan zur Tat entschlossen hatte und somit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er sich der über die Bestrafung hinausgehenden weiteren Nachteile zum Tatzeitpunkt nicht bewusst gewesen ist.

Für die Frage, ob der drohende Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ein bestimmender Strafzumessungsgrund und daher zu erörtern ist, ist zudem zu berücksichtigen, dass der Widerruf gemäß § 56f Abs. 2 StGB keine zwingende gesetzliche Folge darstellt. Die abschließende Entscheidung darüber ist dem Tatgericht entzogen (§ 462a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 453 Abs. 1 Satz 1 StPO). Schon deswegen ist es nicht verpflichtet, die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Widerrufs im Rahmen der Strafzumessung näher zu prognostizieren. Daraus folgt, dass der Umstand eines bloß möglichen Bewährungswiderrufs – anders als zwingend an eine strafgerichtliche Verurteilung knüpfende Folgen – von vornherein eine Nebenfolge der strafrechtlichen Verurteilung mit nur geringerem Gewicht ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2021 a.a.O.).

Im Hinblick auf § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB und den Strafzweck der Resozialisierung wird indes der Umstand drohenden Bewährungswiderrufs regelmäßig dann an Gewicht gewinnen und zu erörtern sein, wenn auf Grund eines möglichen Widerrufs die gesamte Länge der zu verbüßenden Haft diejenige der neu verhängten Strafe beträchtlich übersteigt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 – 5 StR 243/09 – und vom 13. September 2001 – 4 StR 322/01, beide juris; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2011, 105); die Dauer der zu erwartenden Gesamtvollstreckung wäre dann im Rahmen der Strafzumessung in den Blick zu nehmen. Eine Erörterung oder gar strafmildernde Bewertung eines möglicherweise drohenden Bewährungswiderrufs im Einzelfall kann dann unterbleiben, wenn ein übermäßiges Gesamtvollstreckungsübel namentlich aus spezialpräventiven Gründen nicht naheliegt (vgl. auch OLG Hamburg, NStZ-RR 2017, 72), etwa bei Intensiv- oder Serientätern, bei hoher Rückfallgeschwindigkeit oder bei einer Tat kurz nach der Haftentlassung, nachdem die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 03. August 2021 a.a.O.).

Den vorstehenden Anforderungen wird die Strafzumessungsentscheidung des angefochtenen Urteils gerecht.

Das Landgericht geht erkennbar…..“

StPO I: BVV wegen verbotener Vernehmungsmethoden, oder: Das Beweisverwertungsverbot gilt absolut

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Heute geht es in den „Regendienstag“ mit StPO-Entscheidungen.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 07.06.2022 – 5 StR 332/21 – zur Reichweite des Verwertungsverbotes des § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO. Der BGh sagt: Das Verwertungsverbot gilt absolut und auch zugunsten von Mitbeschuldigten. Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Angeklagte hat gegen seine Verurteilung Revision eingelegt. Die hatte keinen Erfolg:

„Der näheren Erörterung bedarf nur die Aufklärungsrüge, mit der die Revision beanstandet, das Landgericht habe es unterlassen, über den ihn begünstigenden Inhalt der Angaben des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren Beweis zu erheben, nachdem es deren Unverwertbarkeit auf Antrag der Verteidigung wegen eines Verstoßes gegen § 136a Abs. 1 StPO bejaht hatte.

Dieser Beanstandung liegt zugrunde:

Der Angeklagte hatte im Ermittlungsverfahren eine Einlassung abgegeben. Die Strafkammer hat diese – wie vom Angeklagten beantragt – wegen eines Verstoßes gegen § 136a StPO für unverwertbar gehalten. Soweit seine Einlassung auch Angaben zu anderen Tatbeteiligten enthielt, die möglicherweise eine Aufklärungshilfe im Sinne von § 31 BtMG darstellen könnten, hat sie erwogen, die Einlassung insoweit „vor dem Hintergrund des ‚Fair Trial‘-Grundsatzes“ gleichwohl zu verwerten, sich hieran jedoch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 5. August 2008 – 3 StR 45/08, NStZ 2008, 706) gehindert gesehen.

1. Die Verfahrensrüge erweist sich als unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil jeglicher Vortrag dazu fehlt, wie sich im Zeitpunkt der Einlassung des Angeklagten die Erkenntnislage hinsichtlich der von ihm belasteten Tatbeteiligten für die Ermittlungsbehörden darstellte. Da eine zulässige Aufklärungsrüge auch die Darlegung der Umstände und Vorgänge voraussetzt, die für die Beurteilung der Frage, ob sich dem Gericht die vermisste Beweiserhebung aufdrängen musste, bedeutsam sein können (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 1993 – 5 StR 180/93, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6 mwN; vom 13. Dezember 2016 – 3 StR 193/16, NStZ-RR 2017, 119; Urteile vom 18. Juli 2019 – 5 StR 649/18 Rn. 12; vom 29. Juni 2021 – 1 StR 287/20 Rn. 14), wären hier solche Angaben erforderlich gewesen. Denn nur so konnte beurteilt werden, ob durch die Angaben des Angeklagten überhaupt ein für die Anwendung des § 31 BtMG erforderlicher wesentlicher Aufklärungserfolg hätte herbeigeführt werden können. War ein solcher nicht feststellbar, bedurfte es einer weiteren inhaltlichen Aufklärung der Angaben des Angeklagten schon deshalb nicht, weil das Landgericht aufgrund der Aussage eines Tatbeteiligten ohnehin die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe bejaht und betreffend die nicht verwertbaren Angaben des Angeklagten bei der Strafzumessung zu seinen Gunsten Aufklärungsbemühungen berücksichtigt hat.

2. Es bedarf deshalb keines vertieften Eingehens auf die von der Revision unter Berufung auf Literaturmeinungen vertretene Auffassung, nach der auch im Fall eines Beweisverwertungsverbots gemäß § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO die entlastenden Angaben des Beschuldigten gleichwohl verwertbar sein sollen (vgl. dazu etwa Roxin/Schäfer/Widmaier, StV 2006, 655; Roxin, StV 2009, 113; MüKo-StPO/Schuhr, § 136a Rn. 90 mwN; vgl. auch KMR/Kulhanek, StPO, 105. EL, § 136a Rn. 52: zur Vermeidung der Verurteilung von Unschuldigen; offen gelassen von LR/Gleß, StPO, 27. Aufl., § 136a Rn. 71a; aA BGH, Beschluss vom 5. August 2008 – 3 StR 45/08, NStZ 2008, 706; SSW-StPO/Eschelbach, § 136a Rn. 63; Radtke/Hohmann/Kretschmer, StPO; § 136a Rn. 40; SK-StPO/Rogall, 5. Aufl., § 136a Rn. 105, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 136a Rn. 27; BeckOK-StPO/Monka, 43. Ed., § 136a Rn. 29; KK-StPO/Diemer, 8. Aufl., § 136a Rn. 38). Die in diesem Zusammenhang beiläufig vertretene Auffassung der Verteidigung, dass die – zu den Schuldspruch betreffenden Entlastungsbeweisen entwickelten – Grundsätze der Mindermeinung gleichermaßen Geltung beanspruchten, wenn – wie hier – nur der Rechtsfolgenausspruch betroffen ist, nimmt jedenfalls die Besonderheiten, die mit der Anwendung des § 31 BtMG verbunden sind, nicht hinreichend in den Blick:

Der gesetzliche Milderungsgrund kommt nur zur Anwendung, wenn das Gericht sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass die Darstellung des Täters über die Beteiligung anderer an der Tat zutrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 – 3 StR 561/08, NStZ 2009, 394 mwN), er mithin über den eigenen Tatbeitrag hinaus einen erheblichen Aufklärungsbeitrag geleistet hat. Der Zweifelsgrundsatz kommt ihm dabei nicht zugute (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. Juli 1988 – 4 StR 154/88, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 7; Beschlüsse vom 28. August 2002 – 1 StR 309/02, NStZ 2003, 162; vom 27. November 2014 – 2 StR 311/14, NStZ-RR 2015, 77, 78). Wie aber ein Gericht unter (teilweiser) Verwertung einer an sich unverwertbaren Einlassung zu einer vollen tatgerichtlichen Überzeugung von deren Richtigkeit gelangen soll, soweit sie allein weitere Tatbeteiligte betrifft, erschließt sich nicht. Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass das Verwertungsverbot des § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO absolut und auch zugunsten von Mitbeschuldigten (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1970 – 2 StR 239/70; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 136a Rn. 33; HK-GS/Jäger, 5. Aufl., StPO § 136a Rn. 43) gilt, sodass selbst bei einer den Angeklagten begünstigenden Berücksichtigung seiner Angaben ein Aufklärungserfolg im Sinne des § 31 BtMG über den eigenen Tatbeitrag hinaus grundsätzlich nicht bewirkt werden könnte. Auch die von der Verteidigung zitierte Literatur geht davon aus, dass mit unverwertbaren Beweismitteln kein „positiver Nachweis“ zu führen sei und sie nur die Überzeugungskraft anderer (belastender) Beweismittel erschüttern können sollen (MüKo-StPO/Schuhr, § 136a Rn. 90). Dann sind in solchen Fällen aber regelmäßig allenfalls Aufklärungsbemühungen strafmildernd zu berücksichtigen; genau dies hat die Strafkammer getan.“

Beweiwürdigung bei Vorliegen einer DNA-Spur, oder: nicht tragfähige Erwägungen relativieren Beweiswert

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Die zweite Entscheidung kommt mit dem BGH, Urt. v. 24.08.2022 – 6 StR 109/22 – auch vom BGH.

In dieser Entscheidung geht es (mal wieder) um die Beweiswürdigung in Zusammenhang mit einem DNA-Gutachten. Die Strafkammer hat den Angeklagten zum zweiten Mal vom Vorwurf des schweren Raubes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen erneut die Revision des Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte:

„1. Mit der zugelassenen Anklage legt die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last, sich gemeinsam mit einem rechtskräftig freigesprochenen Mitangeklagten Zutritt zu der Wohnung der Zeugin K. verschafft, diese mit einem Messer bedroht und ihr Mobiltelefon entwendet zu haben.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts drangen zwei Männer in die Wohnung der Zeugin K. ein, drohten ihr unter Vorhalt eines Messers an, ihr Schmerzen zuzufügen, wenn sie nicht ruhig sei, und durchsuchten ihre Wohnung nach Wertgegenständen. Schließlich verließen beide Männer die Wohnung fluchtartig, wobei sie das Mobiltelefon der Geschädigten mitnahmen und das Messer im Eingangsbereich der Wohnung verloren.

An der Schneide des Messers wurde eine vom Angeklagten stammende DNA-Spur sichergestellt, die wegen der Erkennbarkeit einer Hauptkomponente und ihrer Peakhöhen im Verhältnis zur Nebenkomponente wie eine Einzelspur bewertet worden ist. Sowohl am Griff des Messers als auch an dem Griff einer Schublade, die in einer Regalwand im Wohnzimmer der Geschädigten eingebaut war, wurde eine DNA-Mischspur gesichert, die der Angeklagte mitverursacht hatte.

b) Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte an der Tat beteiligt war. Dem liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Die Geschädigte habe den Angeklagten nicht als Täter wiedererkannt, und dessen Täterschaft werde auch durch die DNA-Spuren nicht belegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei zwar bewiesen, dass der Angeklagte die drei DNA-Spuren mitverursacht habe. Daraus allein könne aber nicht auf eine Tatbeteiligung des Angeklagten geschlossen werden. Es sei möglich, dass die Spuren an der Klinge und am Griff des Messers bereits vor der Tat von dem Angeklagten aufgebracht worden seien, aber eine völlig fremde Person das Messer als Tatmittel eingesetzt habe, und in Bezug auf die Spur am Griff der Schublade sei eine „Sekundärübertragung“ den Ausführungen des Sachverständigen zufolge zwar „nicht unbedingt wahrscheinlich“, könne aber auch „nie ausgeschlossen“ werden.

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die dem Freispruch des Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn es überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt und eine nach den Feststellungen naheliegende Schlussfolgerung nicht gezogen hat, ohne konkrete Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen können. Das Tatgericht darf bei der Überzeugungsbildung Zweifeln keinen Raum geben, die lediglich auf einer abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen bzw. alternativen, für den Angeklagten günstigen Geschehensabläufen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2020 – 3 StR 288/19 Rn. 19 mwN). Dies gilt auch für die Bewertung von DNA-Spuren (BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 – 3 StR 31/17).

b) Das Landgericht hat „das DNA-Spurenbild“ zwar zutreffend als „besonders gewichtiges Indiz“ für die Tatbeteiligung des Angeklagten angesehen (UA S. 38). Denn schon bei einem Seltenheitswert im Millionenbereich kann wegen der inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchung das Ergebnis der DNA-Analyse für die Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin, dass die am Tatort gesicherte DNA-Spur vom Angeklagten herrührt, ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 – 1 StR 722/08, NStZ 2009, 285, 286; zum weiterentwickelten Forschungsstand vgl. Vennemann/Oppelt/Grethe/Anslinger/H. Schneider/P.M. Schneider, NStZ 2022, 72). Diesen Beweiswert hat das Landgericht aber durch nicht tragfähige Erwägungen relativiert. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die DNA-Spuren des Angeklagten an dem Messer nicht im Zusammenhang mit dem Tatgeschehen und diejenigen an dem Schubladengriff im Wege einer Sekundärübertragung entstanden, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Das Landgericht hat insoweit vielmehr Zweifeln Raum gegeben, die lediglich auf einer abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen.“

Beweiswürdigung beim Vergewaltigungsvorwurf, oder: Gesamtwürdigung bei Aussage-gegen-Aussage

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In die neue Woche starte ich dann mit zwei BGH-Entscheidungen zur Beweiswürdigung.

Den Opener mache ich mit dem BGH, Urt. v. 07.07.2022 – 4 StR 28/22 – zur Beweiswürdigung in einem Verfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung. Das LG hat den Angeklagten freigesprochen. Hiergegen die Revision der die Nebenklägerin, die Erfolg hatte.

„…. Die gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 401 Abs. 1 Satz 1 StPO zulässige Revision der Nebenklägerin hat Erfolg. Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16 Rn. 20; Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Vielmehr hat es die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die auf die Sachrüge gebotene revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, weil die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. März 2022 – 2 StR 292/21 Rn. 7; Urteil vom 23. Juni 2021 – 2 StR 337/20 Rn. 6; BGH, Urteil vom 1. Juni 2016 – 1 StR 597/15 Rn. 27 je mwN). Der Tatrichter hat alle wesentlichen, für und gegen den Angeklagten sprechenden Tatsachen und Beweisergebnisse, die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, erschöpfend zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2022 – 2 StR 292/21 Rn. 9); dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern sind in eine umfassende Gesamtwürdigung einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 4 StR 360/12 Rn. 17). Gesteigerte revisionsgerichtliche Anforderungen an die Sachdarstellung und Erörterung der Beweislage bestehen in Fällen von „Aussage gegen Aussage“, wenn sich die Unwahrheit eines Aussageteils herausstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 5 StR 585/07 Rn. 9; Beschluss vom 12. September 2012 – 5 StR 401/12 Rn. 8).

2. Hieran gemessen kann das Urteil keinen Bestand haben.

a) Die Beweiswürdigung ist lückenhaft, weil die Strafkammer Beweisanzeichen, die für die Annahme eines nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs, einen erkennbar entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin und einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten sprechen, lediglich isoliert bewertet und nicht in eine Gesamtwürdigung eingestellt hat.

So hat das Landgericht dem Umstand, dass die Nebenklägerin einen in ihre Scheide eingeführten Tampon nicht für den Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten entnahm, nur dahingehend bewertet, dass dies nicht „eindeutig“ gegen einen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr spreche. Die im Dammbereich der Nebenklägerin festgestellten flächigen Fissuren könnten auch bei einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr entstanden sein. Allein ihr Bestehen müsse damit nicht auf Unfreiwilligkeit hindeuten. Die kurz nach dem Geschehen abgegebenen Erklärungen der Nebenklägerin (mehrfache Angabe, vergewaltigt worden zu sein), ihr Erscheinungsbild (verstört, zitternd) und ihr weiteres Verhalten (Vorstellung in einer Frauenklinik zur anonymen Untersuchung) ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass der Angeklagte den von ihm eingeräumten Geschlechtsverkehr vorsätzlich gegen ihren erkennbaren Willen vollzogen habe. Schließlich erlaube auch der Umstand, dass sich die Nebenklägerin in eine Therapie begeben habe und sie nach den glaubhaften Angaben ihrer Therapeutin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, „nicht den zwingenden“ Schluss, dass sich das Geschehen entsprechend ihren Angaben abgespielt und der Angeklagte gegen ihren erkennbar entgegenstehenden Willen gehandelt habe.

Eine hiernach gebotene Erörterung, welche Bedeutung dem Vorliegen dieser verschiedenen Umstände insgesamt und in ihrer Häufung für die Überzeugung vom Vorliegen eines entgegenstehenden Willens und seiner Erkennbarkeit zukommt, hat die Strafkammer nicht vorgenommen. Die von der Strafkammer gewählten Formulierungen („nicht eindeutig“, „allein ihr Bestehen“, „nicht den zwingenden Schluss“) deuten vielmehr darauf hin, dass sie eine solche Gesamtwürdigung auch nicht erforderlich ansah.

b) Die Beweiswürdigung hinsichtlich eines entgegenstehenden Willens der Nebenklägerin und dessen objektiver Wahrnehmbarkeit ist auch deshalb lückenhaft, weil das Landgericht nicht die gesamte Aussage der Nebenklägerin bewertet und nicht mitgeteilt hat, welche ihrer Angaben zum äußeren Tatgeschehen von ihm für glaubhaft erachtet werden.

aa) Das Landgericht hat insoweit lediglich in den Blick genommen, dass die Nebenklägerin nicht anzugeben vermochte, wie laut sie nein gesagt habe, und dass sie hierzu weiter erklärte, es komme manchmal kein Ton raus, wenn man unter Schock stehe. Ein Ausweichen und Wegdrücken des Angeklagten habe die Nebenklägerin nicht näher zu beschreiben vermocht, als dass sie auf dem Bett nach hinten gerutscht sei und sich klein gemacht habe. Dem Umstand, dass die Nebenklägerin angeben habe, selbst nicht zu wissen, wie laut sie nein gesagt habe und in welcher Form sie sich konkret gewehrt habe, hat das Landgericht dabei besondere Bedeutung beigemessen, weil die Nebenklägerin bemüht gewesen sei, ihr Verhalten im Vorfeld des Geschlechtsverkehrs in tadellosem Licht erscheinen zu lassen. So habe sie die Unwahrheit gesagt, als sie sowohl einen Flirt auf dem Schützenfest mit einem Freund des Angeklagten als auch den Kuss mit dem Angeklagten auf der Couch im Wohnzimmer explizit ausgeschlossen habe.

bb) Diese Würdigung schöpft die Angaben der Nebenklägerin nicht aus. Vielmehr hätte die Strafkammer auch mitteilen müssen, ob und inwieweit sie die weiteren Angaben der Nebenklägerin für glaubhaft erachtet.

Die Nebenklägerin hat nämlich u. a. angegeben, in seinem Zimmer habe der Angeklagte eine Hand um ihre Taille gelegt und sie zu sich gezogen. Er habe versucht, sie zu küssen, wozu sie nein gesagt habe. Als er seinen Griff gelockert habe, sei sie vor dem Angeklagten zurückgewichen und auf das Bett gefallen. Als sich der Angeklagte auf sie gesetzt habe, habe sie ausweichen wollen. Als der Angeklagte ihre Hose geöffnet habe, habe sie ihre Gürtelschnalle festhalten wollen, was nicht funktioniert habe. Nachdem er die Hose heruntergezogen hatte, habe sie versucht, sich körperlich zu wehren, indem sie versucht habe, den Angeklagten wegzudrücken. Der Angeklagte sei mit Fingern und danach mit seinem Penis vaginal eingedrungen. Die Nebenklägerin habe die Beine aufgestellt und versucht, sich wegzudrehen. Der Angeklagte habe ihr Bein wie einen Hebel genutzt und sie in die Bauchlage umgedreht, bevor er von hinten vaginal in sie eingedrungen sei.

Damit hat die Nebenklägerin weitere Handlungen geschildert, die angesichts der Gesamtumstände – insbesondere auch des Geschlechtsverkehrs mit eingeführtem Tampon – als Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen herangezogen werden können. Ohne eine Bewertung des Wahrheitsgehaltes auch dieser Angaben ist die Wertung der Strafkammer, der Angeklagte habe einen entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin nicht erkennen können, revisionsrechtlich nicht überprüfbar.