Archiv der Kategorie: Straßenverkehrsrecht

Datenlöschung aus dem Hinweis-/Informationssystem, oder: Löschung, wenn unrechtmäßig verarbeitet

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Und dann als zweite Entscheidung heute das AG München, Urt. v. 26.07.2023 – 322 C 3109/23 (2). Es geht noch einmal um die Löschung von Daten aus dem Hinweis- und Informationssystem (HIS).

Der Kläger erlitt mit seinem Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer pp., welches bei der Beklagten versichert ist, am 28.03.2022 einen Schaden. Die Beklagte bearbeitete und regulierte diesen Schaden als eintrittspflichte Versicherung unter der Schadensnummer A08 aufgrund eines vom Kläger vorgelegten Kostenvoranschlags. Die kalkulierten Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer betrugen 3.351,93 EUR. Anschließend gab die Beklagte folgende Informationen an die Firma Informa HIS GmbH weiter, welche folgende Einmeldung in das HIS-Verzeichnis vornahm:

Fiktive Abrechnung vom 28.03.2022
Meldende Stelle: Sparte: Kraftfahrt
Referenznummer der meldenden Stelle:

Die Beklagte nahm trotz Aufforderung des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten keine Löschung des Eintrags vor bzw. veranlasste keine derartige Löschung.

Der Kläger behauptet, die Eintragungen im HIS Verzeichnis seien falsch, da das klägerische Fahrzeug repariert worden sei und insofern keine fiktive Abrechnung des Schadens vorliege. Überdies bestünde aufgrund der durchgeführten Reparatur kein Bedürfnis für eine Speicherung.

Das AG hat die Klage abgewiesen:

„Fehlender Anspruch auf Löschung

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus Artikel 17 Abs. 1d) DSGVO, darauf hinzuwirken, dass der streitgegenständliche Eintrag im HIS gelöscht wird.

Gemäß Art. 17 Abs. 1 d) DSGVO sind personenbezogene Daten zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

Zwar handelt es sich bei den gemeldeten Daten wohl um personenbezogene Daten im Sinne der Verordnung, da über eine einfache Abfrage zu der FIN ein Zusammenhang mit dem Kläger als Person hergestellt werden kann.

Entgegen der Auffassung der Klägerseite liegt jedoch keine unrichtige Eintragung im HIS-Verzeichnis und damit keine unrechtmäßige Verarbeitung der Daten vor. Denn das Gericht sieht es als ausreichend nachgewiesen an, dass der streitgegenständliche Schaden am Klägerfahrzeug von der Beklagten aufgrund einer fiktiven Abrechnung reguliert wurde. Der Kläger hat unstreitig bei der Beklagten einen Kostenvoranschlag eingereicht. Anhand dieses Kostenvoranschlags hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2022 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.05.2023) den Schaden reguliert und dem Kläger die ermittelten Reparaturkosten netto erstattet. Auch wenn der Kläger anschließend sein Fahrzeug tatsächlich repariert haben sollte, ändert dies an der zunächst vorgenommenen fiktiven Abrechnung durch die Beklagte nichts. Es wurde auch nicht vorgetragen, dass der Kläger nachträglich seine Abrechnungsmodalität umgestellt hätte und nunmehr anhand konkret angefallener Reparaturkosten abgerechnet hätte.

Darüber hinaus war die Verarbeitung der Daten über die fiktive Abrechnung im HIS rechtmäßig, da ein berechtigtes Interesse der Versicherung gegeben ist.

Seitens der Versicherungswirtschaft besteht ein Interesse daran, Versicherungsmissbrauch bei der mehrfach Abrechnung im Falle fiktive Schadensberechnung zu verhindern. Durch die Speicherung der Daten kann die Aufdeckung missbräuchlichen Verhaltens durch eine wiederholte Geltendmachung desselben Schadens an einem Fahrzeug, erleichtert werden. Dabei kann es dahinstehen, ob die Betreibergesellschaft ein eigenes berechtigtes Interesse an der Speicherung hat, da es genügt, Belange Dritter wahrzunehmen. Denn bei diesen Fällen besteht die Möglichkeit eines Missbrauchs dadurch, dass ein Fahrzeug, dass fiktiv abgerechnet wurde, zum Schrottpreis von einem Dritten übernommen, von diesem erneut in einem Unfall verwickelt und dann der Schaden erneut abgerechnet wird.

Die Speicherung der Daten des Versicherten sind auch zur Wahrung der Vermeidung von Straf-taten bzw. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit – zu der eben auch Individualrechtsgüter gehören – erforderlich, da keine milderen gleich effektiven Mittel als zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus ist die Eintragung auch deshalb gerechtfertigt, um die Höhe eines bei einem weiteren Verkehrsunfall entstandenen Schadens zutreffend zu beurteilen und die Abrechnung eines zu hohen Schadensersatzanspruchs zu Lasten der Versichertengemeinschaft verhindern zu können. Dabei können auch andere Personen außerhalb der Versichertengemeinschaft von einer solchen Meldung profitieren, da sich auch ein Geschädigter als Eigentümer des Fahrzeugs über einen Vorschaden aus der Vorbesitzzeit informieren und gegebenenfalls Informationen zu dem Vorschaden erhalten kann.

Demgegenüber ist die Beeinträchtigung des Klägers durch Speicherung der Daten im Rahmen einer Gesamtgüterabwägung als geringfügig einzustufen.

a) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Löschung der gemeldeten Daten aus Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO.

Gern. Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald diese nicht mehr für die Zwecke notwendig sind, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet worden sind. Dies ist namentlich dort der Fall, wo ein der Datenerhebung bzw. -speicherung zu Grunde liegendes Prüfverfahren hinsichtlich der aufgenommenen Daten endgültig abgeschlossen worden ist (EuGH, NJW 2018, 767).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat weiterhin ein schutzwürdiges Interesse an einer Speicherung, während schutzwürdigen Belange des Klägers nicht beeinträchtigt werden.

Zwar ist die Klägerseite der Auffassung, es läge eine schutzwürdige Beeinträchtigung der Belange des Klägers vor, da das Klägerfahrzeug mittlerweile repariert worden sei.

Allerdings trägt die Klägerseite nicht vor, dass das Klägerfahrzeug entsprechend dem vorgelegtem Kostenvoranschlag sach- und fachgerecht repariert worden sei. Auch wird nicht dargelegt, welche konkreten Schäden vorhanden waren und welche Reparaturmaßnahmen mit welchen Ersatzteilen und welchen Arbeitsschritten durchgeführt wurden. Trotz eines entsprechenden Vortrags der Beklagtenseite und eines Hinweises des Gerichts hat die Klägerseite lediglich Lichtbilder eines instandgesetzten Klägerfahrzeugs vorgelegt. Ein weiterer Vortrag erfolgte nicht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist nicht veranlasst, weil ein solches Gutachten mangels weiterer Angaben des Klägers auf eine reine Ausforschung hinausliefe.

Darüber hinaus ist selbst im Falle einer sach- und fachgerechten Reparatur bei einer Güterabwägung nach Art. 6 der DSGVO ein fortbestehendes Interesse der Versicherung an der Meldung bzw. den entsprechenden Daten zu bejahen.

Denn auch bei einer fachgerechten und umfassenden Reparatur bleibt der Umstand erhalten, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit einen nicht unerheblichen Schaden erlitten hatte, was im Verkaufsfall eine aufklärungspflichtige Information darstellt und in der Regel zu einem dauerhaft verbleibenden Minderwert des Fahrzeugs führt, insbesondere wenn keine konkreten Nachweise über eine Reparatur vorliegen. Um eine solche Bewertung vornehmen zu können, bleibt ein Interesse an der Speicherung der Daten in HIS vorhanden, unabhängig von der Qualität der durchgeführten Reparatur (so auch AG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2023, 40 C 226/22).

Insofern ist die Einmeldung auch deshalb gerechtfertigt, um die Höhe eines bei einem weiteren Verkehrsunfall entstandenen Schadens zutreffend beurteilen und die Abrechnung eines zu hohen Schadensersatzanspruchs zu Lasten der Versichertengemeinschaft verhindern zu können. Es geht also nicht nur um Fälle einer gezielten Täuschung, sondern es sind auch Konstellationen denkbar, bei denen der Anspruchssteller selber keine Kenntnis von einem Vorschaden hat oder den Umfang des Schadens bzw. die Qualität der durchgeführten Reparaturmaßnahmen selber nicht richtig beurteilt – auch in diesen Fällen muss zugunsten der Versichertengemeinschaft eine Prüfung ermöglicht werden, ob und in welchem Umfang ein neuer Schaden eingetreten ist und welche Reparaturkosten zu seiner Beseitigung erforderlich sind. Auch die Höhe eines Wiederbeschaffungswertes wird dadurch beeinflusst.

Soweit das LG Schweinfurt in seiner Entscheidung vom 12.04.2021, Az. 23 O 809/20 einen Löschungsanspruch bejaht, ist diese Entscheidung nicht auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Denn entgegen dem der Entscheidung des LG Schweinfurt zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Kläger im vorliegenden Fall keine Reparaturbestätigung vorgelegt. Auch kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht allein darauf an, dass eine doppelte Abrechnung vermieden wird, sondern dass ein selbst reparierter Vorschaden sich möglicherweise auf die Bemessung weiterer Schäden und insbesondere des Wiederbeschaffungswertes auswirken kann. Dieses Interesse besteht weiter fort.“

Parken eines E-Scooters mit Behinderung anderer, oder: Halterhaftung?

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Und als zweite Entscheidung heute dann den AG Berlin-Tiergarten, Beschl. v. 06.09.2023 – (297 OWi 812/23). In ihm hat das AG zur Aufhebung eines Kostenbescheides (§ 25a StVG) Stellung genommen. Der insoweit gestellte Antrag des Betroffenen hatte keinen Erfolg:

„Nach der maßgeblichen Aktenlage ist bei der gebotenen summarischen Prüfung (vgl. BayVGH DAR 2010, 638; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 25a StVG Rn. 15) davon auszugehen, dass mit dem Kraftfahrzeug der Betroffenen am 27.02.2023 ein Parkverstoß im Sinne von § 25a StVG begangen wurde. Die von der Betroffenen zur Nutzung nach dem Carsharing-Modell angebotenen E-Scooter unterfallen aufgrund ihrer Leistungsmerkmale gerichtsbekanntermaßen der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) und stellen daher Kraftfahrzeuge im Sinne von § 25a StVG dar. Ein beim Halten oder Parken begangener Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO stellt einen Halt- oder Parkverstoß im Sinne von § 25a Abs. 1 StVG dar (AG Hamburg-Altona BeckRS 2023, 564 mit zust. Anm. Sandherr NZV 2023, 333; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 25a StVG Rn. 5 m.w.N.). Das Parken eines E-Scooters quer auf der Mittelfläche des Gehwegs – wie auf dem Tatfoto ersichtlich –, wodurch es zur Behinderung von Fußgängern kommt, verstößt gegen § 1 Abs. 2 StVO. Da diese Vorschrift auch für Radfahrer gilt – denn sie richtet sich nicht nur an Führer von Kraftfahrzeugen, sondern an alle Verkehrsteilnehmer –, erstreckt sie sich gemäß §§ 9, 11 Abs. 5 eKFV auch auf die Führer von Elektrokleinstfahrzeugen und damit auch des hier verfahrensgegenständlichen E-Scooters.

Dies gilt übrigens entsprechend – wie das Gericht bereits mehrfach entschieden hat – auch für andere Verstöße gegen diejenigen Halt- oder Parkvorschriften, die nicht nur für Führer von Kraftfahrzeugen gelten, sondern für alle Fahrzeugführer. Beispielhaft seien hier genannt das Parken in einem Bereich der Fahrbahn, auf dem durch Zeichen 283 das Halten verboten ist; in einem durch Zeichen 250 gesperrten Bereich; in einem verkehrsberuhigten Bereich außerhalb gekennzeichneter Parkflächen (Zeichen 325.1); auf einer Sperrfläche (Zeichen 298) oder im Bereich eines Parkscheinautomaten ohne gültigen Parkschein. Auch diese Regelungen gelten jeweils nicht nur für Kraftfahrzeuge, sondern für alle Fahrzeuge, damit auch für Radfahrer und gemäß §§ 9, 11 Abs. 5 eKFV auch für Führer von Elektrokleinstfahrzeugen.

Die Bußgeldbehörde hat durch das Absenden eines Anhörungsschreibens am 05.05.2023 an die Betroffene als Halterin des Fahrzeugs den Anforderungen an eine rechtzeitige Anhörung noch genügt. Zwar liegen hier zwischen der Tat und der Anhörung fast 10 Wochen. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall darauf zurückzuführen, dass aufgrund einer fehlerhaften Auskunft der Betroffenen zunächst eine andere Person als vermeintlicher Halter angehört wurde. Nach gerichtlicher Erfahrung liegt die Zeitspanne in derartigen Fällen regelmäßig im Bereich von etwa 5 Wochen. Ein solcher Zeitablauf ist nach Ansicht des Gerichts jedenfalls noch ausreichend, um dem für das Fahrzeug verantwortlichen Halter die Benennung des Fahrers zur Tatzeit zu ermöglichen. Dies gilt erst recht, wenn es sich – wie hier – bei dem Halter um ein gewerblich tätiges Carsharing-Unternehmen handelt, das im Rahmen ordnungsgemäßer Buchführung Aufzeichnungen über die Mietvorgänge und Mieter führen wird und von dem deshalb auch nach längerem Zeitablauf als bei einem privaten Halter noch konkrete Angaben zu den Daten des Mieters erwartet werden können; in derartigen Fällen ist daher auch eine Zeitspanne von 10 Wochen nicht zu beanstanden. Das Gericht teilt ausdrücklich nicht die häufig zitierte frühere Ansicht einer anderen Abteilung des hiesigen Gerichts (vgl. zuletzt AG Tiergarten DAR 2018, 398 m.w.N.) sowie einiger anderer Amtsgerichte (vgl. z.B. AG Straubing DAR 2022, 48), wonach der Zeitraum zwischen der Tat und dem Erhalt des Anhörungsschreibens höchstens zwei Wochen betragen darf. Eine derart kurze Fristbestimmung findet weder eine Stütze im Gesetz noch ist sie für die Bußgeldbehörde angesichts des massenhaften Aufkommens derartiger Verfahren praktisch umsetzbar (so auch AG München NZV 2019, 597). Sie überspannt die Anforderungen an die Bußgeldbehörde zur Ermittlung des Fahrzeugführers in derartigen Bagatellverfahren.

Die auf das Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde durch die Betroffene erfolgte Nennung eines Vor- und Nachnamens, einer Mobilfunknummer und einer E-Mail-Adresse des Nutzers genügt nicht, um diesen mit vertretbarem, der Sache angemessenem Aufwand zu ermitteln. Nötig gewesen wäre die Angabe des Geburtsdatums und der Wohnanschrift des Nutzers, damit dieser eindeutig identifiziert werden könnte (so auch AG Stuttgart BeckRS 2023, 15556). In Anbetracht der Geringfügigkeit des Tatvorwurfs ist regelmäßig jeder weitere Ermittlungsaufwand der Bußgeldbehörde unangemessen. Soweit in Teilen der Rechtsprechung erwartet wird, dass die Bußgeldbehörde mit diesen knappen Angaben weitere Ermittlungen (z.B. Bestandsdatenauskunft bei der Bundesnetzagentur oder dem jeweiligen Telekommunikations-Dienstanbieter, ggf. auch im Wege internationaler Rechtshilfe) anstellen müsse, wird verkannt, dass diese massenhaften Verfahren lediglich Bagatellverstöße betreffen und es dabei nicht um einen Schuldspruch im strafrechtlichen Sinne geht, sondern lediglich um die Frage, ob die Allgemeinheit oder ob der für sein Fahrzeug verantwortliche Halter die Kosten des durch das Fehlverhalten des Fahrzeugnutzers verursachten Verfahrens tragen soll. Zudem stünden einer Übermittlung von verfahrensbezogenen Daten an eine nicht verifizierbare E-Mail-Adresse auch datenschutzrechtliche Erwägungen entgegen.

Die Bußgeldbehörde hat daher hier mangels ausreichender Angaben zum verantwortlichen Mieter zu Recht das zu Grunde liegende Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt und hatte gemäß § 25a Abs. 1 StVG gegen die Betroffene als Halterin des Fahrzeugs einen Kostenbescheid zu erlassen, weil der Fahrer zur Tatzeit innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist mit vertretbarem Aufwand und Aussicht auf Erfolg nicht festgestellt werden konnte. Ein zur Unbilligkeit im Sinne von § 25a Abs. 1 Satz 3 StVG führender Härtefall liegt hier nicht vor (vgl. die Beispiele bei Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 25a StVG Rn. 9).

Die Ausführungen des Verteidigers in der Antragsbegründung führen zu keiner abweichenden Bewertung, die dort zitierte Rechtsprechung betrifft zum Teil andere Fallkonstellationen und wird im Übrigen vom Gericht nicht geteilt.“

Haftung, wenn umfallender E-Scooter Pkw beschädigt, oder: Gefährdungs- und/oder Verschuldenshaftung?

entnommen wikimedia.org – gemeinfrei

Im Kessel Buntes heute dann zwei AG-Entscheidungen aus Berlin, einmal Zivilrecht und einmal OWi-/Verwaltungsrecht. Die Klammer? In beiden Entscheidungen geht es um einen E-Scooter.

Ich beginne hier mit dem AG Berlin-Mitte, Urt. v. 09.05.2023 – 151 C 60/22. Gestritten wird um Schadensersatz nach dem Umsturz eines E-Scooters auf einer Straße in Berlin. Die Beklagte hatte den E-Scooter auf dem Gehweg der pp. Straße abgestellt. Unter im Einzelnen zwischen den Parteien streitigen Umständen kam es gegen 19:30 Uhr durch den Umsturz des E-Scooters zu einer Kollision mit dem Klägerfahrzeug. Dabei wurde das fahrzueg beschädigt. Der Kläger verlangt Ersatz der Reparaturkosten u.a.

Der Kläger hat behauptet, durch den Umsturz des von der Beklagten unsachgemäß abgestellten E-Scooter sei es zu Beschädigungen seines Fahrzeugs gekommen, was die Beklagte gegenüber einer auch eingeräumt habe. Er ist der Ansicht, die Beklagten treffe bereits eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Die §§ 7, 18 StVG seien auf Elektrokleinstfahrzeuge jedenfalls entsprechend anzuwenden, da der Gesetzgeber ihre Erfassung offensichtlich vergessen habe. Anderenfalls liefe die Haftung von Versicherungen für die bei ihnen versicherten Elektrokleinstfahrzeugen faktisch ins Leere.

Die Beklagten haben behauptet, die Beklagte habe den E-Scooter ordnungsgemäß am Rand des Gehwegs abgestellt, sodass weder Fußgänger noch andere Verkehrsteilnehmer durch den E-Scooter behindert oder gefährdet worden seien. Die Beklagten sind ferner der Ansicht, die §§ 7, 18 StVG seien aufgrund der Regelung des § 8 Nr. 1 StVG nicht anwendbar, sodass der Kläger ein Verschulden der Beklagten positiv darlegen und beweisen müsse. Dieser Nachweis sei dem Kläger nicht gelungen.

Das AG hat die Klage abgewiesen:

„1.) Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 und 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG. Ein solcher Anspruch scheitert im vorliegenden Falle bereits an der fehlenden Anwendbarkeit der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach § 7 StVG.

Gemäß § 8 Nr. 1 StVG gilt die Vorschrift des § 7 StVG nicht, wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Der an dem Unfall beteiligte E-Scooter verfügte aber unstreitig über eine Zulassung nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV). Gemäß § 1 eKFV sind Elektrokleinstfahrzeuge Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h. Dass der am Unfall beteiligte E-Scooter entgegen seiner Zulassung (etwa aufgrund sog. Tunings) schneller als 20 km/h fahren konnte ist von der Klägerseite weder dargelegt, noch bewiesen. Entsprechend findet § 7 StVG auf den am Unfall beteiligten E-Scooter keine Anwendung (ebenso LG Münster, Urt. v. 09.03.2020 – 8 O 272/19; AG Frankfurt, Urt. v. 22.04.2021 – 29 C 2811/20; Höke in Buschbell/Höke, MAH Straßenverkehrsrecht, 5. Aufl., 2020, § 59, Rn. 10).

Entgegen der Ansicht des Klägers kommt auch keine analoge Anwendung des § 7 StVG in Betracht (im Ergebnis ebenso AG Frankfurt, a.a.O., Rn. 19, zitiert nach juris). Nach allgemeiner Ansicht wäre hierfür das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage Voraussetzung. Dies scheitert nach der Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Falle aber bereits an der Planwidrigkeit einer etwaigen Regelungslücke. Denn die entscheidungserhebliche Reglung in § 8 Nr. 1 StVG wurde durch den Gesetzgeber zuletzt durch das Gesetz zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10.07.2020 (BGBl. I S. 1653) sowie das Gesetz zum autonomen Fahren vom 12.07.2021 (BGBl. I S. 3108) geändert. Die eKFV dagegen wurde bereits am 06.06.2019 (BGBl. I S. 756) erlassen und trat am 15.06.2019 in Kraft. Dem Gesetzgeber waren die mit dem Betrieb von E-Scootern einhergehenden besonderen Gefahren und deren Auswirkungen in Praxis also durchaus bewusst. Dennoch hat er es – anders als etwa im Bereich des autonomen Fahrens – nicht für erforderlich erachtet, vom der Regelung des § 8 Nr. 1 StVG zugrunde liegenden Gedankens einer geringeren Betriebsgefahr bei langsamen Kraftfahrzeugen (BT-Drucks. 14/7752, S. 31) für den Fall von Elektrokleinstfahrzeugen abzuweichen. Die Frage, ob dieser Gedanke insgesamt überholt ist oder nicht (vgl. zur Kritik m.w.N. etwa Walter in BeckOGK BGB, 2022, § 8 StVG, Rn. 2 ff.), obliegt dagegen der Beurteilung durch den Gesetzgeber und nicht der Gerichte.

Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch gemäß § 18 Abs. 1 StVG gegen die Beklagte zu 1) als Fahrerin des E-Scooters. Auch insoweit steht § 8 Nr. 1 StVG einer Haftung entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 17.06.1997 – VI ZR 156/96).

2.) Dem Kläger steht auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu.

Ihm ist es nicht gelungen den ihn obliegenden Beweis für eine mindestens fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten, die die Beklagte zu 1) in der konkreten Situation getroffen hätten, zu führen. Insbesondere die Vernehmung der vom Kläger angebotenen Zeugin […] blieb im Ergebnis unergiebig. Sie gab an den Umsturz des E-Scooters selbst nicht wahrgenommen, sondern diesen bereits auf bzw. an dem Klägerfahrzeug liegend aufgefunden zu haben. Auch ihre Schilderung eines Gesprächs mit der erst nachträglich eingetroffenen Beklagten zu 1) gibt für ein etwaiges Schuldanerkenntnis keine Anhaltspunkte. Die Beklagte zu 1) soll gegenüber der Zeugin lediglich angegeben haben, den E-Scooter an dieser Stelle abgestellt zu haben. Die Möglichkeit, dass es sich bei dem am Unfall beteiligten E-Scooter um denselben handeln könnte, den die Beklagte zu 1) zuvor auf dem Gehweg abgestellt hatte, räumte auch die Beklagte zu 1) in ihrer informatorischen Anhörung ein. Sie schilderte aber glaubhaft, zumindest von einem ordnungsgemäßen Abstellen ausgegangen zu sein; der Ständer sei sicher eingerastet.

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers, spricht für ein Verschulden der Beklagten zu 1) auch nicht der Beweis des ersten Anscheins. Voraussetzung hierfür wäre ein sog. typischer Geschehensablauf, also ein sich aus der Lebenserfahrung bestätigender gleichförmiger Vorgang, durch dessen Typizität es sich erübrigt, die tatsächlichen Einzelumstände eines bestimmten historischen Geschehens nachzuweisen (unter vielen BGH, Urt. v. 10.04.2014 – VII ZR 254/13, juris, Rn. 9; BGH, Urt. v. 26.03.2013 – VI ZR 109/12, juris, Rn. 26 ff.; m.w.N. auch Prütting in MünchKomm ZPO, 6. Aufl., 2020, § 286, Rn. 50; Sanger in Saenger, ZPO, 9. Aufl., 2021, § 286, Rn. 41 ff.; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., 2023, § 286, Rn. 23 ff.). Erforderlich ist indes, dass die Typizität gerade so wahrscheinlich ist, dass sie die (volle) richterliche Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO tragen kann (vgl. etwa BGH, Urt. v. 107.06.1997 – X ZR 119/94, juris, Rn. 12); dass von mehreren alternativen Ursachen eine wahrscheinlicher ist, reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises nicht aus (BGH, Urt. V. 17.02.1988 – IV a ZR 277/86 = NJW-RR 88, 789).

Gemessen an diesen Grundsätzen kann im Falle des Umfallens eine E-Scooters nicht im Wege eines Anscheinsbeweises der Rückschluss auf ein unsachgemäßes Abstellen oder sonstiges Verschulden des Abstellenden geschlossen werden (ebenso LG München, Beschluss v. 19.07.2021 – 17 S 14062/20, juris, Rn. 6). Sofern ein solcher Anscheinsbeweis im vorliegenden Falle nicht ohnehin schon allein durch die Standzeit bis zum Eintreffen des Klägerfahrzeugs widerlegt sein sollte, scheidet seine Annahme jedenfalls aus dem Grunde aus, dass das Umfallen eines E-Scooters – insbesondere in Großstädten – nach der Lebenserfahrung gerade nicht zwingend auf ein unsachgemäßes Abstellen hinweist. Vielmehr kommen aus Sicht des Gerichts mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit auch das fahrlässige oder vorsätzliche Umstoßen durch Dritte sowie der Einfluss starker Witterungsverhältnisse in Betracht. Hierbei hält das Gericht im Übrigen auch die zum ungeklärten Umkippen von ordnungsgemäß abgestellten Motorrädern ergangene und eine Haftung überwiegend ablehnende Rechtsprechung für übertragbar.

Schließlich stellt auch das Abstellen eines E-Scooters auf dem Gehweg an sich keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht dar. Unabhängig davon, dass ein Parkverbot auf dem Gehweg ohnehin nicht den parkenden Verkehr, sondern den ungehinderten Fußgängerverkehr auf dem Gehweg schützt (m.w.N. LG München, a.a.O., Rn. 5), gelten für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gemäß § 11 Abs. 5 eKFV die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend. Das Abstellen des E-Scooters auf dem Gehweg ist damit für sich betrachtet nicht pflichtwidrig. Darüber hinaus kann aber auch keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht dahingehend angenommen werden, E-Scooter stets so abzustellen bzw. zu sichern, dass auch bei einem Umstoßen durch Dritte keinerlei Schäden entstehen können. Denn dann bestünden im innerstädtischen Raum nahezu keine Abstellmöglichkeiten mehr, da selbst beim Abstellen direkt an einer Hauswand natürlich Schäden an der Fassade nicht ausgeschlossen werden können (AG München, Urt. v. 09.10.2020 – 345 C 4693/20, juris, Rn. 37). Insbesondere bestand für die Beklagte zu 1) im hiesigen Fall gerade keine Pflicht, neben der Prüfung des ordnungsgemäßen Einrastens ihres Ständers, auch eine Prüfung aller nur denkbaren Fallradien vorzunehmen, um so eventuelle Schäden an erst künftig neben dem abgestellten E-Scooter geparkten Fahrzeugen sicher auszuschließen.

OWi III: Handynutzung durch einen Busfahrer, oder: „Lebenslange Sperre“ ist unzulässig

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Und als drittes Posting dann auch noch einmal etwas zum Handyverstoß. Nun ja, nicht direkt, aber zumindest hat das  OLG Düsseldorf , Urt. v. 21.08.2023 – 6 U 1/23 (Kart) – seinen Ursprung in einem Bußgeldverfahren wegen einer Handynutzung während der Fahrt, und zwar durch einen Busfahrer.

Der klagende Busfahrer war bei einem privaten Busunternehmen angestellt, das als Subunternehmerin für eine GmbH tätig war, die ihrerseits von der Verkehrsgesellschaft beauftragt worden war. Bei einer Fahrt hatte ein Fahrgast den Kläger bei der Handynutzung gefilmt und die Verkehrsgesellschaft darüber informiert. Diese hat daraufhin den Busfahrer für die Zukunft auf allen ihren Linien gesperrt. Das Busunternehmen kündigte aufgrund der Sperre dem Kläger. Dagegen wurde geklagt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat die lebenslange Sperre dann als unzulässig angesehen.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den Volltext. Hier nur so viel:

Das OLG hat die lebenslange Sperre als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gewertet. Die Beklagte habe in dem räumlich und sachlich relevanten Markt für Busfahrer im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr in dem entsprechenden Kreis eine marktbeherrschende Stellung. Die Sperrung des Klägers auf den Linien der Beklagten behindere ihn auf diesem Markt unbillig. Das Verhalten des Busfahrers sei nicht so schwerwiegend, dass eine lebenslange oder eine Sperre von fünf Jahren, wie sie vom LG in der 1. Instanz als angemessen angesehen worden war, gerechtfertigt seien. Auch wenn die Nutzung des Handys während der Fahrt ein erheblicher Verkehrs- und Pflichtenverstoß gewesen sei, seien beide Maßnahmen nicht angemessen und daher unverhältnismäßig. Der Kläger habe seinen Arbeitsplatz aufgrund der unbefristeten Sperre verloren. Ferner sei es ihm bis heute unmöglich, im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr im Rhein-Erft-Kreis einen neuen Arbeitsplatz zu finden, weil er die Linien der Beklagten nicht befahren dürfe. Auch führe eine verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt nach den Vorschriften der StVO selbst in besonders schwerwiegenden Fällen nur zu einem mehrmonatigen, nicht aber zu einem lebenslangen oder mehrjährigen Fahrverbot. Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen wäre voraussichtlich nur eine Abmahnung in Betracht gekommen.

OWi II: Es war kein Handy, sondern ein Kühlakku, oder: „etwas unglückliche“ Beweiswürdigungsformulierung

Kühlakku

Und dann als zweite Entscheidung dann der OLG Hamm, Beschl. v. 29.08.2023 – III-5 ORbs 70/23 – zur Beweiswürdigung bei einem Handyverstoß.

Das AG hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1 StVO verurteilt. Hier das AG Iserlohn, Urt. v. 15.11.2021 – 18 OWi 271/21 -, das ich mit einstelle, da man sonst den OLG Beschluss nicht versteht. Darin führt das AG aus:

„Der Betroffenen hat das Tatgeschehen bestritten. Er hat angegeben, immer Probleme mit seinen Zähnen gehabt zu haben und ein Kühlakku, welches von einem anthrazitfarbenen Handtuch umwickelt war, an seine linke Wange gehalten zu haben. Diesen Kühlakku brachte er zum Hauptverhandlungstermin mit.

Diese Angaben waren nach der durchgeführten Beweisaufnahme und Inaugenscheinnahme des besagten Akkus als Schutzbehauptung widerlegt.

Zum einen konnte schon eine Ähnlichkeit zwischen einem Handy und dem umwickelten Kühlakku nicht festgestellt werden. Die Einlassung des Angeklagten war schon wenig nachvollziehbar und plausibel. Gleichzeitig ist nicht nachvollziehbar weil widersprüchlich, aus welchen Gründen der Betroffene im Rahmen der anschließenden Verkehrskontrolle den einschreitenden Polizeibeamten gar nichts hinsichtlich seines vermeintlich genutzten Kühlakkus erwähnt hat. Erschwerend und mitentscheidend für die mangelnde Glaubhaftigkeit der Einlassung des Betroffenen sind die glaubhaften Angaben der Zeugin pp.. Diese gab an, dass sie sich vage erinnern könne. Sie wisse noch, dass es sich um eine gezielte Verkehrsüberwachung gehandelt habe und sie gefahren sei, der Kollege habe hinten und die Kollegin neben ihr im Fahrzeug gesessen. Sie hätten alle den Verstoß gesehen. Es habe sich 100 %-ig um ein Mobiltelefon gehandelt, keinesfalls um den mitgebrachten Kühlakku oder Ähnliches. Daran erinnere sie sich genau, da der Betroffene das Handy sofort heruntergenommen habe, als er von ihnen —den Zeugen- entdeckt worden sei. Die Angaben sind glaubhaft, weil lebensnah, plausibel und im Wesentlichen widerspruchsfrei. Es bestehen weder Zweifel an der Wahrnehmungsfähigkeit noch an der Wahrnehmungsbereitschaft der Zeugin. Insbesondere hat die Zeugin den Betroffenen nicht übermäßig belastet und hat auch eingeräumt, dass sie sich an die zeitliche Abfolge, wie lange sie n.eben dem Betroffen hergefahren seien, nicht genau erinnern könne. Auch ist keinerlei Motivation einer Falschbelastung auf Seiten der Zeugin erkennbar. Maßgeblich für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin war, dass diese das Geschehen in sich konstant wiedergegeben hat. Die Angaben standen auch nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen pp. Der Zeuge gab sofort an, sich nicht mehr genau an das Tatgeschehen erinnern zu können. Ob er oder seine Kollegin gefahren sei, wisse er nicht mehr genau. Er konnte sich lediglich an die Verkehrsüberwachung erinnern und daran, dass der Betroffene im Gespräch angegeben habe: „Eine Sauerei, dass aus einem Zivilfahrzeug heraus kontrolliert wird!“ Insoweit wertet das Gericht die Angaben des Betroffenen lediglich als reine Schutzbehauptung.

Dagegen die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die das OLG verworfen hat, und zwar mit folgendem Zusatz:

„Die Erwägungen in dem Schriftsatz des Verteidigers vom 25.08.2023 rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Zwar ist die Formulierung des Tatgerichts in der Beweiswürdigung betreffend das Verhalten des Betroffenen im Rahmen der Verkehrskontrolle (vgl. UA S. 3) etwas unglücklich. Gleichwohl lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, das Amtsgericht habe das Schweigerecht des Betroffenen bzw. den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ verletzt. Zum einen kann auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Betroffener zur Sache einlässt, ein Umstand sein, der im Rahmen der Gesamtwürdigung die Glaubhaftigkeit der Einlassung beeinflussen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 22.02.2001 — 3 StR 580/00 = BeckRS 2001, 30163532, beck-online). Zum anderen hat der Betroffene ausweislich der Urteilsgründe gar nicht vollständig von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht, sondern geäußert, es sei eine Sauerei, dass aus einem Zivilfahrzeug heraus kontrolliert werde (vgl. UA S. 4). Darüber hinaus ist die tragende Erwägung im Rahmen der — nur eingeschränkt überprüfbaren — Beweiswürdigung des Tatgerichts die Aussage der Zeugin.“

Als ich die Einlassung gelesen habe, musste ich mich an meine Fortbildungen im Verkehrsrecht erinnern 🙂 . Lang, lang ist es her, aber wird offenbar immer noch gern genommen die Einlassung. 🙂 .