Archiv der Kategorie: Untersuchungshaft

BGH: Es gibt keinen aufschiebend bedingten Haftbefehl…

© gunnar3000 – Fotolia.com

Darauf muss man ja erst mal kommen, nämlich einen aufschiebend bedingten Haftbefehl zu beantragen. Die Idee hatte kein geringerer als der GBA.  Der führt gegen den ausländischen Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 129b Abs. 1 Satz 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 52 StGB. In dem Verfahren beantragt er den Erlass eines Haftbefehls.

Der BGH lehnt das im BGH, Beschl. v. 02.07.2012 – 2 BGs 152/12 – ab, da das dem Beschuldigten angelastete Verhalten nicht dem deutschen Strafrecht unterfällt. Nach Begründung dieser Ablehnung setzt sich der BGH dann mit dem Antrag auf Erlasse eines aufschiebend bedingten Haftbefehls auseinander:

Der hilfsweise beantragte Erlass eines aufschiebend bedingten Haftbefehls ist rechtlich nicht zulässig. Der Strafprozessordung sind richterliche Anordnungen strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen unter einer aufschiebenden Bedingung fremd. Das in den § 112 ff. StPO abschließend geregelte Untersuchungshaftrecht kennt eine solche Möglichkeit nicht. Die Vorschrift des § 456a Abs. 2 Satz 3 StPO, die die Vollstreckungsbehörde ermächtigt, bereits bei der Zurückstellung der Strafvollstreckung für den Fall der Rückkehr des Verurteilten die Nachholung der Vollstreckung anzuordnen und einen Vollstreckungshaftbefehl zu erlassen, beinhaltet eine allein auf die Vollstreckungssituation zugeschnittene Ausnahmeregelung. Zudem wäre eine aufschiebend bedingte Untersuchungshaftanordnung vergleichbaren verfassungsrechtlichen Einwänden ausgesetzt, wie sie gegen auf „Vorrat“ erlassene richterliche Beschlüsse zur Anordnung strafprozessualer Grundrechtseingriffe bestehen (vgl. BVerfGE 96, 44; BGH, Beschlüsse vom 23. Dezember 1999, 2 ARs 487/99, NStZ 2000, 212; vom 11. September 2002 – 2 ARs 257/02, NStZ-RR 2003, 289). Die durch den strikten Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 und 3 GG gewährleistete vorgängige richterliche Kontrolle jeder Freiheitsentziehung bietet nur dann einen wirksamen Grundrechtsschutz, wenn der Richter seine Prüfung der Voraussetzungen eines Eingriffs in die Freiheit der Person auf der Grundlage der zum Entscheidungszeitpunkt tatsächlich gegebenen Sachlage vornimmt.
Für den Erlass eines für den Fall der Wiedereinreise des Beschuldigten aufschiebend bedingten Haftbefehls fehlt schließlich ein sachliches Bedürfnis, da über eine gegebenenfalls notwendige Haftanordnung gegen den Beschuldig-ten ohne weiteres nach einer tatsächlich erfolgten Wiedereinreise entschieden werden kann. Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift vom 22. Juni 2012 einen bedingten Haftbefehl unter Hinweis auf beabsichtigte nationale Fahndungsmaßnahmen für geboten hält, ist anzumerken, dass eine aufschie-bend bedingte Haftanordnung bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung ohne Rechtswirkungen bliebe und damit vor Bedingungseintritt auch nicht Grundlage einer Ausschreibung nach § 131 Abs. 1 StPO sein könnte.

 

„Herr Verteidiger, merken Sie sich: Keine Akteneinsicht = kein Haftbefehl“

© gunnar3000 – Fotolia.com

Auf die (einfache) Formel/Gleichung/Aussage „“Herr Verteidiger, merken Sie sich: Keine Akteneinsicht = kein Haftbefehl“ bzw. (= Aufhebung des Haftbefehls) kann man den AG Halle/Saale, Beschl. v. 26.06.2012 – 395 Gs 275 Js 16282/12 (300/12) – bringen und damit einen Gegenpunkt setzen zu den Erlebnissen der Kollegen vom strafblog, über die diese gestern berichtet haben (vgl. „Herr Verteidiger, merken Sie sich mal endlich: Ich bin Haftrichter, nicht Ent-Haftrichter!“ – Schlusspunkt eines Lebens mit der Dienstpistole„.

Der Sachverhalt – wenn nicht alltäglich – so aber sicher doch häufiger in der Praxis: Der Mandant ist in Haft, der Verteidiger beantragt Akteneinsicht, die ihm bis zu einem Haftprüfungstermin nicht gewährt wird. Im Termin wir dem Verteidiger Akteneinsicht (im Termin) angeboten, die der Verteidiger ablehnt. Das AG hat den Haftbefehl aufgehoben:

Aus dem Recht des Beschuldigten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt ein Anspruch des inhaftierten Beschuldigten auf – zumindest teilweise — hinsichtlich der für die Haftentscheidung relevanten Tatsachen und Beweismittel — Einsicht seines Verteidigers in die Akten, wenn und soweit er die darin befindlichen Informationen benötigt, um auf die gerichtliche Haftentscheidung effektiv einwirken zu können (vgl. BVerfG, NJW 1994, 3219). Diese Akteneinsicht ist dem Verteidiger, der einen entsprechenden Antrag mit Schriftsatz vom 30.05.2012 per Telefax am 06.06.2012 bei der Staatsanwaltschaft Halle gestellt hat (vgl. BI. 25 Bd. 2 HSH III), bis zum Haftprüfungstermin am 22.06.2012 — wie auf telefonische Nachfrage durch die zuständige Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft Halle am 25.06.2012 bestätigt wurde — nicht gewährt worden. Unter dem 11.06.2012 wurde dem Verteidiger lediglich mitgeteilt, dass die angeforderten Akten zur Zeit nicht verfügbar seien und nicht übersandt werden könnten. Die vom Gericht im Haftprüfungstermin angebotene Akteneinsicht hat der Verteidiger, nach Auffassung des Gerichts durchaus gerechtfertigt, als ungeeignet abgelehnt (vgl. Protokoll).

Aufgrund der nicht gewährten Akteneinsicht, die durch die Fertigung einer ausreichenden Anzahl von Haftsonderbänden hätte gewährleistet werden können, kann das Gericht auf die Tatsachen und Beweismittel, die deshalb nicht zur Kenntnis des Beschuldigten gelangten, seine Entscheidung nicht stützen und sieht sich daher veranlasst, den Haftbefehl aufzuheben (vgl. BVerfG, NJW 1994, 3219).

M.E. zutreffend. Denn das Gericht kann auf die Tatsachen und Beweismittel, die nicht zur Kenntnis des Beschuldigten gelangten, eine Haftentscheidung nicht stützen. So der Rechtsgedanke des § 147 Abs. 2 Satz 2 StPO, das BVerfG, einige OLG und in der Vergangenheit auch schon das AG Halberstadt. Das wird nur nicht immer konsequent umgesetzt.

Interessant auch der Hinweis des AG, dass die Akteneinsicht im Haftprüfungstermin „durchaus gerechtfertigt als ungeeignet abgelehnt“ worden ist.

Abschließend: Es geht also auch anders als es der Kollege vom Strafblog erlebt hat.

Das BVerfG und die widerrufene Haftverschonung…so geht es…

© gunnar3000 – Fotolia.com

Ob das BVerfG in den nächsten Monaten noch dazu kommt, andere Fragen als die der „Euro-Rettungs-Schirms“ zu entscheiden, muss man mal sehen. Allerdings: der 2. Senat ist damit ja nicht befasst, es sei denn, er müsste den 1. Senat wegen Überlastung vertreten (habe jetzt nicht nach gesehen, ob es eine solche Regelung im BVerfGG überhaupt gibt). Vom 2. Senat stammen nun auch die Haftentscheidungen, mit denen wir es in den letzten Jahren vermehrt zu tun hatten. So auch der BVerfG, Beschl. v.11.06.2012 – 2 BvR 720/12 – – 2 BvR 835/12 -, den mir von meinem Kollege, der ihn  von dem Kollegen, der ihn erstritten hat, bekommen hat, zugegangen ist.

Es geht (mal wieder) um die an sich ausgeschriebene Frage des Widerrufs einer Haftverschonung. Damit hat sich das BVerfG in den letzten Jahren häufiger befasst. Der Beschluss bringt auf seinen 27 Seiten m.E. auch nichts wesentliche Neues, er fasst nur die Rechtsprechung des BVerfG in der Frage noch einmal schön zusammen und ist daher lesenswert. Und als Argumentationshilfe – wenn es um den Widerruf einer Haftverschonung geht – ist er immer geeignet.

Dem Beschluss könnte man etwas folgende Leitsätze voran stellen:

  1. Entscheidend für den „Widerruf“ einer Haftverschonung (§ 116 Abs. 4 StPO) ist, ob die Vertrauensgrundlage, auf die sie gestützt ist, entfallen ist.
  2. „Neu“ im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO sind nachträglich eingetretene oder nach Erlass des Aussetzungsbeschlusses bekannt gewordene Umstände nur dann, wenn sie die Gründe des Haftverschonungsbeschlusses in einem so we­sentlichen Punkt erschüttern, dass keine Aussetzung bewilligt worden wäre, wenn sie bei der Entscheidung bereits bekannt gewesen wären.
  3. Neu hervorgetretene Umstände können sich nicht auf den (dringen­den) Tatverdacht beziehen. Dieser ist bereits Grundvoraussetzung für Erlass und Aufrechterhaltung jeden Haftbefehls (vgl. § 112 Abs. 1 StPO).
  4. Vor der Rücknahme ist immer zu prüfen, ob nicht ggf. mildere Mittel der Verfahrenssicherung – namentlich eine Verschärfung von Auflagen – in Betracht kommen.

Also: Nichts wesentlich Neues: Aber: Der Punkt 4 ist interessant. Wenn der doch nur häufger von den Instanzgerichten beachtet würden. Die anderen natürlich auch.

 

Nur Anbahnung? – dann wird dein Schriftwechsel mit dem Mandanten (noch) überwacht…

© chris52 – Fotolia.com

Mal wieder einer dieser „Anbahnungsfälle“ (wirklich“), der das OLG München beschäftigt hat. Das OLG hat seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt:

F. H. G. befindet sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt K.. Er hatte den Antragsteller angeschrieben und gebeten, ihn in einer Frage des Strafvollzugs bzw. der Strafvollstreckung zu vertreten.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 3.11.2011 dem Strafgefangenen zurückgeschrieben, ihm eine grobe Einschätzung des Sachverhalts sowie die Modalitäten zur Mandatsübernahme mitgeteilt. Diesen Brief hat der Antragsteller als Verteidigerpost auf dem Briefumschlag deutlich gekennzeichnet. Die Justizvollzugsanstalt K. hat diesen ungeöffneten Brief auf dem Briefumschlag mit dem Stempelaufdruck:
„Return
An Absender zurück
Verteidigereigenschaft nicht nachgewiesen.“
versehen und an den Antragsteller zurückgeschickt, wo er am 14.11.2011 einging.
Der Antragsteller hat seinen Schriftsatz vom 3.11.2011 erneut an den benannten Strafgefangenen verschickt und hierbei auf dem Briefumschlag im Anschluss an „Verteidigerpost“ handschriftlich „zur Mandatsübernahme/-anbahnung“ angebracht. Die Justizvollzugsanstalt K. hat diesen Brief auf dem Briefumschlag erneut mit dem oben benannten Stempelaufdruck versehen und an den Antragsteller zurückgeschickt, wo er am 18.11.2011 in Einlauf kam.“

Dagegen die Rechtsbeschwerde, die das OLG mit dem OLG München, Beschl. v. 30. April 2012, 4 Ws 74/12 – verworfen hat. Begründung:

„a) Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Zurückschickung der Briefe nicht Verteidiger des Gefangenen, so dass die Ausnahme der Überwachung des Schriftverkehrs gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayStVollzG keine Anwendung findet.
Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayStVollzG enthält die Regelung:
„Der Schriftwechsel der Gefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht.
Art. 29 BayStVollzG enthält die Regelung:
„Besuche von Verteidigern, Angehörigen der Gerichtshilfe, der Bewährungshilfe und der Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht sowie von Rechtsanwälten oder Notaren in einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache sind zu gestatten.

Art. 27 Abs. 3 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger oder der Verteidigerin mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. Art. 32 Abs. 1 Sätze 2 und 3 bleiben unberührt.“ Wie die Strafkammer zu Recht ausgeführt hat, unterscheidet das Strafvollzugsgesetz zwischen Verteidigern und Rechtsanwälten. Die Verteidigungseigenschaft im Sinne dieser Vorschriften, wie im Übrigen auch im Sinne des § 140 StPO, setzt ein bereits durch gerichtliche Beiordnung oder durch Annahme des Verteidigungsauftrags bestehendes Verteidigungsverhältnis voraus (Lutz Meyer-Gossner, Strafprozessordnung 54. Auflage, Rdn. 4 zu § 148). Zur Begründung der Verteidigerstellung ist neben der Wahl durch den Gefangenen die Annahme der Wahl durch den gewählten Verteidiger gegenüber dem Gefangenen erforderlich. Nicht ausreichend ist lediglich die Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde durch den Gefangenen (Lutz Meyer-Gossner, StPO, 54.Aufl., Rdn. 4 vor § 137 StPO). Vorliegend bestand ein Verteidigungsverhältnis zum Zeitpunkt der Versendung der Briefe zwischen dem Antragsteller und dem Adressaten des Briefes nicht. Der im Zeitpunkt der Zusendung der Briefe bestehende sogenannte Anbahnungsfall stellt kein erforderliches Verteidigungsverhältnis dar und ist auch einem solchen nicht gleichzustellen. Denn dem Missbrauch wäre Tür und Tor geöffnet, wenn die Justizvollzugsanstalt verpflichtet wäre, den Schriftverkehr für eine Vielzahl von Anbahnungsgesprächen ohne Kontrolle zuzulassen. Der Gesetzgeber hat hier bewusst den Bereich des unüberwachten Schriftverkehrs aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt auf Verteidiger beschränkt. Der Antragsteller hätte somit beide Briefe nicht als Verteidigerpost kennzeichnen dürfen (Lutz Meyer-Goßner, Strafprozessordnung 54.Aufl. § 148 StPO Rdn. 4).

Soweit im Rahmen des Anbahnungsverhältnisses Rechtsmittelfristen von Bedeutung sein sollten (die hier jedoch vom Antragsteller nicht vorgetragen wurden), hätte der Antragsteller zudem die Möglichkeit des sofortigen Besuches des Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt. Weiterhin könnte er den an den Gefangenen gerichteten Brief an die Justizvollzugsanstalt senden mit der Bitte um Aushändigen dieses Briefes nach vorheriger Unterzeichnung einer mitgeschickten Vollmacht durch den Gefangenen.

b) Aus dem Gesetz selbst ergibt sich keine Verpflichtung des Antragstellers, dass er seine Verteidigereigenschaft gegenüber der Justizvollzugsanstalt nachzuweisen und die Post durch Kennzeichnung auf dem Umschlag als Verteidigerpost auszuweisen hat. Der in VV Nr. 1 geforderte Nachweis der Verteidigereigenschaft wie auch die in VV Nr. 2 geforderte Kennzeichnung haben keine Geltung gegenüber dem Antragsteller, denn es handelt sich nicht um eine gültige Rechtsnorm im Verhältnis zu diesem.

Um die in Art. 31 Abs. 1 Satz1 BayStVollzG normierte Ausnahme von der Briefkontrolle effektiv bei dem erheblichen Umfang der in den Justizvollzugsanstalten eingehenden Briefsendungen durchführen zu können, ist die (vom Antragsteller auch vorgenommene) Kennzeichnung als Verteidigerpost notwendig. Nur dadurch ist die Justizvollzugsanstalt in der Lage, die ausnahmsweise einer Briefkontrolle nicht unterliegenden Briefsendungen täglich unverzüglich aussortieren und so die nähere Kontrolle durchführen zu können, ob die Ausnahme des Art. 32 Satz 1 Satz 1 BayStVollzG tatsächlich vorliegt.

Genauso verhält es sich aber auch mit dem zwar nicht im Gesetz festgelegten Erfordernis des Nachweises der Verteidigereigenschaft gegenüber der Justizvollzugsanstalt.

Um die vom Gesetzgeber besonders geschützte ungestörte Kommunikation zwischen dem Gefangenen und seinem Verteidiger und zudem das Gebot des Art. 33 BayVollzG, der unverzüglichen Weiterleitung von ein- und ausgehenden Briefsendungen, gewährleisten zu können, ist es notwendig, dass die Justizvollzugsanstalten schnell und zuverlässig auch die bestehende Verteidigereigenschaft nachprüfen können.

Hat ein Verteidiger seine Eigenschaft durch Vorlage entsprechender Unterlagen gegenüber der Justizvollzugsanstalt nachgewiesen, ist diese in kürzester Zeit in der Lage die entsprechend als Verteidigerpost gekennzeichneten Briefsendungen an den Adressaten weiterzuleiten. Dies ist gerade in Bezug auf Rechtsmittelfristen von erheblicher Bedeutung.“

Na ja, alter Wein in neuen Schläuchen.

 

 

Nicht Rosen, sondern Kündigung für den Staatsanwalt

© Frankonius – Fotolia.com

Ich war ein paar Tage unterwegs, daher komme ich erst heute dazu auf die PM_StA_Muenster_27_06_12 hinzuweisen, die sic auch noch einmal mit der Verhaftung eines Verteidigers im Gerichtssaal beim LG Münster befasst (hier dazu unser Beitrag mit weiteren Hinweisen). In der PM heißt es u.a.:

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Münster in diesem Fall ist skandalös und rechtsmissbräuchlich, denn sie verletzt in eklatanter Form die für Rechtsanwalt R. streitende Unschuldsvermutung. Die Festnahme in einer eigens dafür beantragten Unterbrechung der Gerichtsverhandlung vor den Augen aller Anwesenden und der anwesenden Presse erweckt den Eindruck einer mediengerechten Inszenierung. Ein sachlicher Grund für die Festnahme in dieser Form ist nicht erkennbar. Da Fluchtgefahr nicht bestand, wäre es ein leichtes gewesen, Rechtsanwalt R. vor oder nach der Verhandlung ohne großes Aufsehen im Gerichtsgebäude festzunehmen. Wenn dies dennoch im Gerichtssaal unter den Augen der Öffentlichkeit und der Presse geschah, ist nur so zu erklären, dass den verantwortlichen Staatsanwälten darum ging größtmögliche öffentliche Wirkung zu erzielen. Dabei ist die Staatsanwaltschaft nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren gehalten, alles zu vermeiden, »was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann.« (RiStBV Nr. 4a Keine unnötige Bloßstellung des Beschuldigten).

Diese Art publicityträchtiger staatsanwaltschaftlicher Öffentlichkeitsarbeit ist schon im Fall Zumwinkel kritisiert worden. Diese Art der medialen Exekution verletzt die Unschuldsvermutung und das Gebot der Verhältnismäßigkeit in
unerträglicher Form.

Die Strafverteidigervereinigungen fordern daher die Ablösung des verantwortlichen Abteilungsleiters der Staatsanwaltschaft. Ursache und Hintergrund des »Presselecks« sind lückenlos aufzuklären.“

Also nicht Rosen, sondern „Kündigung für den Staatsanwalt“.