Archiv der Kategorie: Strafvollzug

Kein USB-Anschluss im Strafvollzug

© strixcode – Fotolia.de

Ein Gefangener in Hessen wurde im Jahre 2010 vorübergehend in die JVA A verlegt worden. Dort ist ihm auf seinen entsprechenden Antrag  der Kauf und Besitz eines LCD-TV-Gerätes mit USB und SD-Memory-Card-Anschluss genehmigt worden. Anschließend schaffte er sich ein solches Gerät an. Nach seiner Rückverlegung in die JVA B beantragte er die Aushändigung des Gerätes. In dem TV-Geräte betreffenden Antragsformular der JVA heißt es dazu, dass Ergänzungsgeräte wie z.B. Zusatzlautsprecher, Geräte mit Aufnahmefunktion (Festplatte), externe DVBT-Empfänger nicht zugelassen sind und USB-Anschlüsse abgeklemmt werden. Diesen Passus strich der Gefangene aus dem von ihm unterzeichneten Antrag. Die JVA baute gleichwohl die USB/SD Aufnahmevorrichtung wegen bestehender Missbrauchsmöglichkeiten aus und versiegelte die Öffnung. In diesem Zustand wurde dem Gefangenen das TV-Gerät ausgehändigt. Er hat Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Ohne Erfolg.

Das OLG Frankfurt am Main hat im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 19.04.2013 – 3 Ws 87/13 StVollz dazu ausgeführt, dass der Besitz eines Fernsehgerätes mit USB- und/oder SD-Memory-Card-Anschlüssen durch einen Gefangenen in seinem Haftraum Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet ; der Gefahr eines unkontrollierten Datenaustausches könn mit zumutbarem Kontrollaufwand (etwa Versiegelung oder Verplombung der Anschlüsse) seitens der Anstalt nicht begegnet werden. Sie dürfe daher  die Genehmigung vom Ausbau der Anschlüsse abhängig machen. Der Gefangene könne sich auch nicht auf das Bestehen eines Vertrauens- oder Bestandsschutzes berufen, wenn ihm unter Geltung des § 20 Abs. 1 Satz 2 HStVollzG der Erwerb und Besitzes des Gerätes durch eine andere Justizvollzugsanstalt lediglich mit der Auflage, die Anschlüsse zu verplomben, genehmigt worden sei.

 

Im wahrsten Sinn: Kommst du wieder rein, kommst du wieder rein

© Andy Dean – Fotolia.com

Für den OLG Hamm, Beschl. v. 18.06.2013 – 1 VAs 32713 gilt im wahrsten Sinn des Wortes: Kommst du wieder rein, kommst du wieder rein, was bedeutet: Eine Wiedereinreise nach einer Aussetzung der Vollstreckung führt zur Fortsetzung des Strafvollzugs. Im Verfahren ging es um einen Ausländer, der zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war. Deren Vollstreckung wurde nach 10 Jahren wegen der Ausweisung des Ausländers ausgesetzt. Der Ausländer ist jedoch nicht endgültig ausgereist bzw.  wieder eingereist. Er wurde verhaftet. Er hat dann bei der StA erneut die Aussetzung der Haftstrafe und seine erneute Ausweisung beantragt mit der Begründung, er sei unwissentlich nach Deutschland eingereist. Er sei mit seinem Arbeitgeber in den Niederlanden unterwegs gewesen. Sein Chef, der von seiner Haftstrafe nichts gewusst hatte, sei mit ihm nach Deutschland zu Kunden gefahren. Er habe davon aber nichts mitbekommen, da er während der Fahrt geschlafen habe.

Das OLG hat das nicht geglaubt und eine erneute Aussetzung abgelehnt:

Gemessen daran, sind die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft und des Generalstaatsanwalts nicht zu beanstanden. Der Betroffene ist in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, obwohl er über die Folgen einer Wiedereinreise belehrt worden war. Eine schuldhafte Wiedereinreise oder ein erneuter Verstoß gegen ausländerrechtliche Bestimmungen ist nicht erforderlich. Die Einreise muss lediglich von einem natürlichen Willen des Betroffenen getragen sein (KG Berlin NStZ-RR 2004, 312, 313 ). Schon der Wortlaut des § 456a Abs. 2 StPO verlangt kein schuldhaftes Verhalten, sondern nur den faktischen Umstand der Wiedereinreise. Die Norm ist allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass die Rückkehr von einem natürlichen Willen getragen sein muss, da man ihm eine ohne oder gegen seinen Willen erfolgte Rückkehr nicht zurechnen kann, so dass die daran anknüpfende Rechtsfolge einer weiteren Vollstreckung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde. Es wäre nämlich nicht erforderlich, durch die weitere Strafverfolgung die Strafzwecke zu verfolgen, wenn der Betroffene gewillt ist, sich an das Rückkehrverbot zu halten und so dem Zweck des § 456a Abs. 1 StPO (s.o.) Rechnung zu tragen. Hier ist eine solche von einem natürlichen Willen getragene Wiedereinreise gegeben. Dies schließt der Senat aus folgenden Umständen: In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Krefeld (32 Cs 7 Js 798/12 – 592/12) vom 08.03.2013 wegen des Vorwurfs der illegalen Einreise hat der Betroffene sich dahin eingelassen, dass er zwar geschlafen habe, als sein Chef aus den Niederlanden kommend nach Bielefeld gefahren sei. Er wusste auch von deutschen Kunden. Wörtlich hat er geäußert: „Ich habe das Risiko auf mich genommen“. Diese Äußerung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Betroffene über die Folgen einer Wiedereinreise belehrt worden war. Nach der Aussage des vor dem Amtsgericht vernommenen Zeugen S. (des Chefs des Betroffenen) war zudem auch Zweck der Fahrt, Aufträge einzuholen. Man sei zunächst bei Firmen in Holland gewesen. In Hengelo, also nur wenige Kilometer von der deutsch-niederländischen Grenze entfernt, habe der Zeuge das Fahrzeug als Fahrer übernommen und sei dann nach Bielefeld gefahren. Ob der Betroffene geschlafen habe, könne er nicht sagen, dieser habe aber die Augen geschlossen gehabt.

Sehr schön: Die Fürsorgepflicht des Gerichts

© Gina Sanders – Fotolia

Sehr schön, habe ich gedacht, als ich den KG, Beschl. v. 22.07.2013 – 2 Ws 363/13 VollZ – gelesen habe, der sich u.a. mit der Fürsorgepflicht des Gerichts bei Anträgen forensisch nicht erfahrener Gefangener in Strafvollzugssachen befasst. Da hatte ein Gefangener persönlich einen Antrag verfasst, der zunächst nicht den (strengen) Anforderungen des § 109 Abs. 2 StVollzG entsprach. Der Gefangene hat dann nachgebessert, war damit dann aber nicht mehr in der zweiwöchigen Antragsfrist. Die StVK hat seinen Antrag verworfen. Das KG sagt „Halt, geht nicht“ und erinnert an die Fürsorgepflicht des Gerichts:

2. Dies berechtigte die Strafvollstreckungskammer jedoch nicht dazu, diesen Antrag ohne weiteres als unzulässig zu verwerfen.

Hat ein – forensisch nicht erfahrener – Gefangener persönlich den Antrag verfasst und hält das Gericht den mitgeteilten Sachverhalt nicht für ausreichend, um zu erkennen, welche Rechtsverletzung er behaupten möchte, so gebietet es die Fürsorgepflicht, ihn auf diesen Mangel hinzuweisen und ihm zu gestatten, die fehlenden Erklärungen nachzuholen (vgl. HansOLG Hamburg ZfStrVO 1979, 56; Senat NStZ-RR 1997, 154 mit weit. Nachw.).

Das gilt zwar nicht für Antragsschriften, die von Rechtsanwälten verfasst sind und auch nicht für solche von forensisch erfahrenen Gefangenen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Juni 2001 – 1 Vollz (Ws) 138/01 –; Senat, Beschlüsse vom 12. März 2013 – 2 Ws 42/13 Vollz – und vom 18. Mai 2009 – 2 Ws 8/09 Vollz –), weil insoweit nicht die Fürsorgepflicht besteht, die den Gerichten gegenüber solchen juristischen Laien zukommt, die sich im Verkehr mit den Gerichten nicht oder nur wenig auskennen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1986 – 5 Ws 262/86 Vollz – mit weiteren Nachw.).

Der Beschwerdeführer ist jedoch kein forensisch erfahrener Gefangener. Die Strafvollstreckungskammer hätte ihn daher zunächst auf die Begründungsmängel des Antrags hinweisen und ihm eine Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen.

Die in § 109 Abs. 2 StVollzG geforderten ergänzenden Angaben kann ein forensisch nicht erfahrener Gefangener auch noch nach dem Ablauf der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG machen. Würde man verlangen, dass die Behebung der Begründungsmängel noch innerhalb der Antragsfrist zu erfolgen hat, so würde die Hinweispflicht in Anbetracht der Kürze der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ansonsten häufig ins Leere gehen (vgl. Senat, Beschluss vom 3. März 1995 – 5 Ws 40/95 Vollz –).

Gilt natürlich nur für den „forensisch nicht erfahrenen Gefangener “ – wer und was immer das auch ist. Es gilt nicht für den „forensisch nicht erfahrenen Rechtsanwalt“. Der muss es können

25 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama – wohl keine Entlassung von D.Degowski

© chris52 – Fotolia.com

Es gibt Ereignisse, bei denen viele noch wissen, was sie gemacht haben, als die Meldung zu dem Ereignis über die Ticker oder früher über das Radio lief. So geht es mir z.B. mit dem Attentat auf John F. Kennedy am 22.11.1963, aber auch mit dem Gladbecker Geiseldrama vor 25 Jahren – 16. – 18.08.2013. Bei letzterem befand ich mich auf der nächtlichen Rückfahrt aus einem Italienurlaub und habe das Drama daher nachts im Radio – es wurde ja quasi live berichtet – verfolgen können. Deshalb werde ich bei den vielen Berichten, die es anlässlich des 25. Jahrestages derzeit gibt, immer wieder an diese Fahrt erinnert und u.a. deshalb verfolge ich auch die Berichterstattung zur vorzeitigen Entlassung von D. Degowski, über die heute bei der StVK des LG Arnsberg verhandelt worden ist, mit besonderem Interesse.

Wenn man den im Moment eingehenden Meldungen trauen kann, dann wird es wohl für D.Degowski keine vorzeitige Entlassung geben, so berichtet u.a. auch die FAZ. Bei SPON ist man schon etwas weiter und berichtet über eine Ablehnung des Antrags. Näheres soll morgen bekannt gegeben werden. Die Aussichten auf eine vorzeitige Entlassung standen für D. Degowski aber m.E. auch von vornherein nicht gut. Der Sachverständige hatte sich wohl dagegen ausgesprochen, und: Degowski war wohl bislang auch nicht ausreichend auf eine Freilassung vorbereitet, so kann man es der Meldung bei SPON entnehmen.

Nichtraucherschutz auch im Knast

© K.-U. Häßler – Fotolia.com

Der Nichtraucherschutz gilt auch im Knast. So kann man den BVerfG, Beschl. v. 20.03.2013, 2 BvR 67/11 – kurz zusammenfassen, mit dem das BVerfG noch einmal zu der Frage Stellung genommen hat. Während es im BVerfG, Beschl. v. 28.10.2012 – 2 BvR 737/11, um die U-Haft ging (vgl. dazu: Nichtraucherschutz auch in der U-Haft) ging, hatte dieses Mal ein Strafgefangner gegen die gemeinsame Unterbringung mit drei Mitgefangenen, von denen einer Raucher waren, u.a. wegen des Rauchens einen Antrag auf Einzelunterbrinugng gestellt. Darüber hat dann in letzter Instanz das BVerfG entschieden und dem Strafgefangenen insoweit Recht gegeben: Das LG, das entschieden hat, habe seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.

„Für den in der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem Raucher liegenden Eingriff fehlt bereits eine gesetzliche Grundlage. Auf die Frage, ob und inwieweit es mit den Grundrechten eines Gefangenen, der Tabakrauch in seinem Haftraum nicht ausgesetzt werden will, vereinbar sein könnte, ihm durch Gesetz gewisse diesbezügliche Duldungspflichten aufzuerlegen, kommt es daher nicht an.

Das nordrhein-westfälische Nichtraucherschutzgesetz verbietet darüber hinaus ausdrücklich das Rauchen in einem Haftraum, wenn eine der darin untergebrachten Personen Nichtraucher ist (§ 3 Abs. 5 Satz 2 NiSchG NW). Die Durchsetzung dieses auf den Schutz des Nichtrauchers zielenden Gebots kann schon im Hinblick darauf, dass er sich damit der Gefahr von Repressalien seitens der Mitgefangenen aussetzen würde, nicht dem nichtrauchendem Gefangenen – sei es auch auf dem Weg über auf Verbotsdurchsetzung zielende Beschwerden an die Anstalt – überlassen bleiben. Das gesetzliche Verbot schließt daher die Unzulässigkeit der gemeinsamen Unterbringung nichtrauchender mit rauchenden Gefangenen ein, sofern nicht die Anstalt durch geeignete, von Beschwerden des betroffenen Nichtrauchers unabhängige Vorkehrungen, wie zum Beispiel Rauchmelder, für eine systematische Durchsetzung des gesetzlichen Verbots sorgt. Dass das Verbot des § 3 Abs. 5 Satz 2 NiSchG NW im vorliegenden Fall wirksam durchgesetzt worden sei, ist im fachgerichtlichen Verfahren von der Justizvollzugsanstalt nicht geltend gemacht worden.

Der Beschluss des Landgerichts enthält auch keine tragfähige Begründung dafür, dass eine den grundrechtseingreifenden Charakter der Maßnahme ausschließende Einwilligung des Beschwerdeführers vorlag. Schon mit der Frage, ob eine Einwilligung hier überhaupt eingriffsausschließende Wirkung – insbesondere auch eingriffsausschließende Wirkung über die Dauer des Einverständnisses hinaus – entfalten konnte, setzt sich das Landgericht nicht auseinander. Auch dazu, ob eine Einwilligung überhaupt erteilt worden war, fehlt jede Feststellung. Ein Einverständnis des Beschwerdeführers mit einer vorübergehenden gemeinschaftlichen Unterbringung, von dessen Vorliegen das Landgericht ausging, kann offenkundig nicht mit einer Einwilligung in die gemeinschaftliche Unterbringung mit einem Raucher gleichgesetzt werden. Auch wenn der Vortrag der Justizvollzugsanstalt, dass der Beschwerdeführer Umschluss mit einem rauchenden Mitgefangenen in Anspruch genommen habe, zutreffend gewesen sein sollte, könnte hieraus nicht auf ein Einverständnis auch mit der kontinuierlichen gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem Raucher geschlossen werden. Unabhängig davon konnte die Annahme der Rechtmäßigkeit dieser Unterbringung auf das den Umschluss betreffende Vorbringen der Justizvollzugsanstalt schon deshalb nicht gestützt werden, weil der Beschwerdeführer mit einer abweichenden Sachverhaltsschilderung bestritten hatte, dass er es jemals in Kauf genommen habe, während eines Umschlusses Tabakrauch ausgesetzt zu sein. Das Gericht verletzt seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung, wenn es bei umstrittenem Sachvortrag ohne weitere Ermittlungen und ohne jede Begründung für deren Entbehrlichkeit von der Richtigkeit des Vortrags einer Seite ausgeht (vgl. BVerfGK 9, 460 <464 f.>; 13, 137 <146>).“