Sehr schön: Die Fürsorgepflicht des Gerichts

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Sehr schön, habe ich gedacht, als ich den KG, Beschl. v. 22.07.2013 – 2 Ws 363/13 VollZ – gelesen habe, der sich u.a. mit der Fürsorgepflicht des Gerichts bei Anträgen forensisch nicht erfahrener Gefangener in Strafvollzugssachen befasst. Da hatte ein Gefangener persönlich einen Antrag verfasst, der zunächst nicht den (strengen) Anforderungen des § 109 Abs. 2 StVollzG entsprach. Der Gefangene hat dann nachgebessert, war damit dann aber nicht mehr in der zweiwöchigen Antragsfrist. Die StVK hat seinen Antrag verworfen. Das KG sagt „Halt, geht nicht“ und erinnert an die Fürsorgepflicht des Gerichts:

2. Dies berechtigte die Strafvollstreckungskammer jedoch nicht dazu, diesen Antrag ohne weiteres als unzulässig zu verwerfen.

Hat ein – forensisch nicht erfahrener – Gefangener persönlich den Antrag verfasst und hält das Gericht den mitgeteilten Sachverhalt nicht für ausreichend, um zu erkennen, welche Rechtsverletzung er behaupten möchte, so gebietet es die Fürsorgepflicht, ihn auf diesen Mangel hinzuweisen und ihm zu gestatten, die fehlenden Erklärungen nachzuholen (vgl. HansOLG Hamburg ZfStrVO 1979, 56; Senat NStZ-RR 1997, 154 mit weit. Nachw.).

Das gilt zwar nicht für Antragsschriften, die von Rechtsanwälten verfasst sind und auch nicht für solche von forensisch erfahrenen Gefangenen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Juni 2001 – 1 Vollz (Ws) 138/01 –; Senat, Beschlüsse vom 12. März 2013 – 2 Ws 42/13 Vollz – und vom 18. Mai 2009 – 2 Ws 8/09 Vollz –), weil insoweit nicht die Fürsorgepflicht besteht, die den Gerichten gegenüber solchen juristischen Laien zukommt, die sich im Verkehr mit den Gerichten nicht oder nur wenig auskennen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1986 – 5 Ws 262/86 Vollz – mit weiteren Nachw.).

Der Beschwerdeführer ist jedoch kein forensisch erfahrener Gefangener. Die Strafvollstreckungskammer hätte ihn daher zunächst auf die Begründungsmängel des Antrags hinweisen und ihm eine Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen.

Die in § 109 Abs. 2 StVollzG geforderten ergänzenden Angaben kann ein forensisch nicht erfahrener Gefangener auch noch nach dem Ablauf der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG machen. Würde man verlangen, dass die Behebung der Begründungsmängel noch innerhalb der Antragsfrist zu erfolgen hat, so würde die Hinweispflicht in Anbetracht der Kürze der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ansonsten häufig ins Leere gehen (vgl. Senat, Beschluss vom 3. März 1995 – 5 Ws 40/95 Vollz –).

Gilt natürlich nur für den „forensisch nicht erfahrenen Gefangener “ – wer und was immer das auch ist. Es gilt nicht für den „forensisch nicht erfahrenen Rechtsanwalt“. Der muss es können

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