Nichtraucherschutz auch in der U-Haft

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Der Beschuldigte ist Nichtraucher Er wird am 27.02.2010 als Untersuchungsgefangener in der JVA Stralsund in einem Drei-Personen-Haftraum mit zwei rauchenden Mitgefangenen untergebracht. Am 03.03.2010 wurden die beiden rauchenden Gefangenen in einen anderen Haftraum verlegt, und der Beschwerdeführer wurde gemeinsam mit einem Nichtraucher untergebracht. Unter dem 29. 11.2010 stellte der Beschuldigte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim LG Stralsund. Er beantragte unter anderem die Feststellung, dass die „Zulassung der Zufügung von körperlichen Schmerzen durch gesundheitsgefährdende Stoffe“ rechtswidrig gewesen sei. Die beiden Mitgefangenen hätten stark geraucht, sogar mehrmals während der Nacht. Aufgrund des Rauches habe er bereits nach der ersten Nacht starke Kopfschmerzen bekommen, die trotz Schmerztabletten angehalten hätten. Auf seinen Hinweis, dass die Zustände im Haftraum für ihn unhaltbar seien, sei zunächst nichts unternommen worden. Er sei genötigt worden, gesundheitsgefährdende Stoffe zu inhalieren, wodurch ihm körperliche Schmerzen zugefügt worden seien. Eine Zustimmung zu einer gemeinsamen Unterbringung habe er nicht erteilt. Mit seinem Antrag hat er weder beim LG noch beim OLG Erfolg.

Dann aber beim BVerfG mit dem BVerfG, Beschl. v. 28.10.2012 – 2 BvR 737/11, auf den ich erst jetzt gestoßen bin: Zusammengefasst heißt es dort: Die Unterbringung eines nichtrauchenden Untersuchungsgefangenen gegen seinen Willen für mehrere Tage mit zwei stark rauchenden Mitgefangenen in einem Haftraum, ohne die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu prüfen, verletze den Untersuchungsgefangenen in seinem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Angesichts der jedenfalls bei unentrinnbarem gemeinsamen Aufenthalt auf engem Raum nicht nur erheblich belästigenden, sondern auch – zumindest nicht ausschließbaren – gesundheitsgefährdenden Wirkungen des Passivrauchens könne darin, dass ein Gefangener auf seinem Haftraum ohne seine Zustimmung dem Rauchen eines Mitgefangenen ausgesetzt werde, ein Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht liegen. Der Gefangene habe Anspruch auf Schutz vor Gefährdung und erheblicher Belästigung durch das Rauchen von Mitgefangenen und Aufsichtspersonal.

Und: Schon der Frage, ob der Eingriff erforderlich war, sei das LG nicht in der gebotenen Weise nachgegangen. Es habe sich zudem einer näheren Prüfung der Zumutbarkeit des Eingriffs in der unzutreffenden Annahme verschlossen, Grundrechtseingriffe, die durch die faktischen Verhältnisse in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt bedingt seien, seien vom Gefangenen ohne weiteres hinzunehmen. Die Art und Weise der Unterbringung des Beschwerdeführers habe es mit der Begründung gebilligt, dass eine solche Unterbringung möglich sein müsse, wenn aufgrund der gegebenen Belegungssituation eine von Rauchern getrennte Unterbringung nicht sofort zu realisieren sei.

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