Archiv des Autors: Detlef Burhoff

Über Detlef Burhoff

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D. ist Autor und Herausgeber mehrerer Werke zum Straf- und Owiverfahrensrecht sowie Herausgeber der Zeitschriften StrafRechtsReport (StRR) und VerkehrsRechtsReport (VRR).

StPO III: Abgelehnte Terminverlegung ==> Befangen?, oder: Ja, wenn die Richterin unverständlich stur ist

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Und als drittes dann der – wenigstens für mich – Aufreger des Tages. Es handelt sich um den AG Wuppertal, Beschl. v. 21.11.2024 – 24 Cs 224/24. Allerdings ist nicht der Beschluss, durch den einem Befangenheitsantrag eines Verteidiger statt gegeben worden ist, der Aufreger, sondern das Verhalten der im Verfahren agierenden Amtsrichterin.

Es geht um die Frage der Besorgnis der Befangenheit wegen Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags. In dem Verfahren, in dem dem Angeklagten unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) zur Last gelegt wird, hat der Verteidiger im Namen des Angeklagten die zuständige Amtsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dies hat er u.a. damit begründet, dass eine abgelehnte Terminverlegung gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoße, die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus der Beschlussbegründung.

Das Ablehnungsgesuch hatte Erfolg:

„Allgemein sind Gründe für ein solches Misstrauen gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter oder die Richterin nicht unvoreingenommen entscheiden werde, mithin eine innere Haltung eingenommen hat, die ihre Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könnte. Dabei kommt es darauf an, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung dieses objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten. Dementsprechend dient das Verfahren allein dazu, die Beteiligten vor der Unsachlichkeit der Richterin oder des Richters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren.

Die Ablehnung einer beantragten Terminverlegung, um die es hier geht, begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Brandenburg, 07. Juli 2017, 10 WF 34/14 in Juris m.w.N., OLG Rostock, Beschluss vom 20.05.2022, NJOZ 2022, 978)

So liegt der Fall hier.

Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 23.10.2024 ist Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung auf Dienstag, den 12.11.2024 bestimmt worden. Hierbei hat die Abteilungsrichterin das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet. Erst am 04.11.2024 ist ihm auf seinem Antrag vom 23.09.2024 Akteneinsicht in die seinerzeit über 250-seitige Akte gewährt worden. Mit Schriftsatz vom 04. November hat der Verteidiger sodann beantragt, den Termin zu verlegen. Zur Begründung hat er vorgetragen und anwaltlich versichert, die Ehefrau des Angeklagten habe ihm mitgeteilt, Ihr Mann befinde sich seit dem 03.11.2024 im Klinikum in stationärer Behandlung. Wann er entlassen werde, sei unklar. Zugleich wies der Verteidiger darauf hin, dass eine angemessene Vorbereitung der Akte und eine Besprechung mit dem Mandanten vor dem Termin nicht möglich sei. Dem Schriftsatz war eine Bescheinigung des Krankenhauses über die stationäre Aufnahme des Angeklagten zum 03.11.2024 beigefügt.

Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 05.11.2024 wurde dem Verteidiger mitgeteilt, dass der Termin bestehen bleibe. Eine Verlegung könne nur erfolgen bei Vorlage eines Attestes über die Verhandlungsfähigkeit am Terminstage.

Ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle vom 06.11.2024 hat der Verteidiger mitgeteilt, dass die Klinik auf seine Anfrage mitgeteilt habe, dass diese keine Bescheinigung über die Verhandlungsunfähigkeit ausstellen würde. Eine vom Verteidiger angekündigte Rücksprache kam in der Folge nicht zustande, da die Abteilungsrichterin nicht erreichbar war.

Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 08.11.2024 bat er um Aufhebung des Termins mit dem Hinweis, dass eine Entlassung des Angeklagten bis zum Terminstage nicht erfolgen könne. Hierzu reichte er eine weitere Bescheinigung des Heliosklinikums ein, aus der sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass eine rechtzeitige Entlassung vor dem Termin nicht erfolge. Auch wies er in diesem Schriftsatz auf den Grundsatz des fairen Verfahrens hin, da er den Sachverhalt mit dem Mandanten vor dem Termin nicht besprechen könne. Mit Beschluss der Abteilungsrichterin vom 08.11.2024 wies die Abteilungsrichterin den Verlegungsantrag zurück. Im Wesentlichen erfolgte die Begründung dahingehend, es liege immer noch kein Attest für den Terminstag vor.

Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 11.11.2024 lehnte dieser sodann im Namen des Angeklagten die zuständige Abteilungsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Nachdem er den bereits skizzierten Sachverhalt erneut zusammenfassend vorträgt, führt er umfangreich und sachlich aus, dass die abgelehnte Terminverlegung gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoße. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Schriftsatz sowie die weitere Verteidigerschrift vom 13.11.2024 Bezug genommen. Die dienstliche Äußerung der Abteilungsrichterin vom 12.11.2024, in der keine Stellungnahme zur Frage der Besorgnis der Befangenheit formuliert worden ist, ist dem Angeklagten übermittelt worden.

Bei einer Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung dieses Sachverhaltes liegt ein oben beschriebener Ausnahmefall vor, bei dem wegen verweigerter Terminverlegung die Besorgnis der Befangenheit der Abteilungsrichterin zu bejahen ist.

Der Verteidiger hat erhebliche und nachvollziehbare Gründe für seinen Terminverlegungsantrag vorgetragen und die Tatsachen anwaltlich versichert. Es ist nach Akteninhalt zweifelsfrei, dass der Angeklagte ab dem 03.11.2024 in stationärer Behandlung im Krankenhaus lag. Auch hat die Klinik mitgeteilt, dass eine rechtzeitige Entlassung nicht erfolgen könne. Hinzukommt, dass der Verteidiger erst nach über 6 Wochen am 04.11.2024 Akteneinsicht bekommen hat. Eine Besprechung mit dem Mandanten, dessen persönliches Erscheinen durch die Abteilungsrichterin angeordnet war, war vor dem Termin daher nicht möglich. Unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens und des Rechts des Betroffenen, sich von einem Verteidiger sachgemäß vertreten zu lassen, war die Zurückweisung des – erstmaligen – Antrags auf Terminverlegung für den Angeklagten schlechthin unzumutbar, wodurch sein Grundrecht auf rechtliches Gehör und das auf ein faires Verfahren verletzt worden ist.

Dies begründet die Besorgnis der Befangenheit der zuständigen Abteilungsrichterin.“

Was soll man dazu sagen? Besser schweigt man zu einem so unverständlichen Richterverhalten und schüttelt nur den Kopf über so viel Unverständnis und Gezerre um das Attest, und zwar auch noch, nachdem die Klinik erklärt hatte, dass sie ein Attest über die Verhandlungsfähigkeit nicht ausstellen werde. Und das alles, nachdem der Verteidiger auf eine 250 Blatt starke Akte sechs Wochen hat warten müssen bei einem erstmaligen Terminsverlegungsantrag. Gründe, die die Amtsrichterin zu diesem sturen Verhalten nachvollziehbar veranlasst haben könnten, sind nicht erkennbar und sind von ihr offenbar auch nicht geltend gemacht worden.

Es wäre sicherlich zu begrüßen gewesen, wenn die Amtsrichterin mal in einen gängigen Kommentar geschaut und sich über die Rechtsprechung zu den Terminsverlegungsfragen informiert hätte (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl., 2025, Rn 43 u. 4597 ff. und Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Aufl., 2025, Rn 107 u. 3159 ff.). Dann hätte sie unschwer festgestellt, dass die Rechtsprechung gerade bei erstmaligen Terminsverlegungsanträgen „großzügig“ ist, vor allem, wenn eine Terminsabsprache nicht erfolgt ist (s. LG Wuppertal, Beschl.- v. 24.11.2023 – 23 Qs 130/23). Das gepaart mit der hier viel zu späten Übersendung der 250 Blatt starken Akte hätte dann dazu führen müssen, dem Antrag aus Fairnessgründen statt zu geben. Von daher ist zu Recht Besorgnis der Befangenheit angenommen worden.

StPO II: Ist/War das Urteil vollständig begründet?, oder: Berufungsverwerfung trotz Vertretungsvollmacht?

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Und dann als zweite Entscheidung ein Beschluss des OLG Köln, der zu zwei Fragen Stellung nimmt. Nämlich: Wann liegt ein vollständig begründetes Urteil vor? und: Wann darf eine Berufung trotz Erscheinens eines Verteidigers mit Vertretungsvollmacht verworfen werden?

Dazu das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v.26.09.2024 – III-1 ORs 162/24:

„1. Das Rechtsmittel führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§§ 353, 354 Abs. 2 StPO).

Das angefochtene Urteil hält materiell-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn es trägt keine richterliche Unterschrift.

Damit fehlt es bereits an der notwendigen Prüfungsgrundlage.

Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben (vgl. SenE v. 05.03.2010 – III-1 RVs 26/10; SenE v. 28.03.2024 – III-1 ORs 51/24; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 337 Rdn. 22 m.w.N.).

Ein vollständiges schriftliches Urteil liegt erst vor, wenn sämtliche an ihm beteiligten Berufsrichter seinen Inhalt gebilligt und dies mit ihrer Unterschrift bestätigt haben (BGH StV 2010, 618; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2010, 250; SenE v. 13.09.2005 – 83 Ss 47/05; SenE v. 22.02.2011 – III-1 RVs 35/11; SenE v. 27.11.2012 – III-1 RVs 215/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 275 Rdn. 4).

Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Umstand, dass die Vorsitzende der Berufungsstrafkammer im Zusammenhang mit dem Urteil eine Zustellungsverfügung unterzeichnet hat. Die Unterschrift unter den Urteilsgründen als letzter Akt der Urteilsfällung kann nicht durch eine solche auf einer von dem erkennenden Richter unterzeichneten gesonderten Verfügung ersetzt werden (vgl. BGH StV 2010, 618; SenE v. 19.11.2002 – Ss 479/02 B – m.w.N.; SenE v. 13.09.2005 – 83 Ss 47/05; SenE v. 19.07.2011 – III-1 RVs 166/11 = NStZ-RR 2011, 348; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 275 Rdn. 6).

Der vorbezeichnete Mangel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (SenE v. 11.01.2013 – III-1 RVs 1/13; SenE v. 28.10.2014 – III- RVs 199/14; SenE v. 17.10.2017 – III-1 RVs 237/17; SenE v. 11.04.2018 – III-1 RVs 76/18; SenE v. 27.07.2021 – III-1 RBs 214/21; SenE v. 01.02.2024 – III-1 ORbs 12/24; Meyer-Goßner/Schmitt, SPO, 67. Aufl., § 338 Rdn. 52 m.w.N.), wenn – wie hier – die Unterschrift nicht mehr nachgeholt werden kann (vgl. SenE v. 20.08.2010 – III-1 RVs 166/11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. § 275 Rdn. 6 m.w.N.).“

Insoweit waren die Gründe tragend. Nicht tragend sind die Ausführungen des OLG zur Frage der Voraussetzungen der Verwerfung, wenn ein mit Vertretungsmacht ausgestatteter Verteidiger erscheint:

„Hinsichtlich der Verfahrensrüge, die Berufung hätte wegen wirksamer Vertretung durch einen mit einer schriftlichen Vertretungsvollmacht ausgestatteten Verteidiger nicht verworfen werden dürfen, merkt der Senat allerdings – ungeachtet der Frage, ob diese Rüge in zulässiger Weise erhoben wurde – Folgendes an:

Ein Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO setzt neben der Säumnis des Angeklagten voraus, dass kein mit einer nachgewiesenen Vertretungsvollmacht ausgestatteter Verteidiger erschienen ist.

Ein solcher Verteidiger muss bereit sein, den Angeklagten aufgrund der Vollmacht zu vertreten (vgl. KG 18.4.1985 – 1 Ss 329/84 – JR 1985, 343; OLG Oldenburg StV 2018, 148; SenE v. 27.08.1991 – Ss 399/91 = StV 1992, 567; SenE v. 31.01.1992 – Ss 22/92 – 20 = StV 1993, 292; SenE v. 09.04.2013 – III-1 RVs 62/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 329 Rdn. 16). Zur „Vertretung“ gehört dabei in der Regel nur, dass der bevollmächtigte Verteidiger für den Angeklagten anwesend ist. Eine weitere Mitwirkung an der Verhandlung obliegt ihm ebenso wenig wie dem Angeklagten, wenn dieser selbst anwesend wäre (vgl. SenE v. 31.01.1992 – Ss 22/92 – 20 = StV 1993, 292; OLG Oldenburg StV 2018, 148). Auch der Verteidiger muss keine Erklärungen zur Sache abgeben oder Anträge stellen.

Eine Verwerfung trotz Erscheinens eines Verteidigers mit Vertretungsvollmacht kommt vor diesem Hintergrund nur unter besonderen Umständen in Betracht, etwa wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Verteidiger es gar nicht zu einer Sachverhandlung kommen lassen will bzw. nicht gewillt ist, den Angeklagten in einer solchen zu vertreten (vgl. OLG Hamm StV 2018, 150 m.w.N.; OLG Oldenburg StV 2018, 148; SenE v. 27.08.1991 – Ss 399/91 = StV 1992, 567; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 329 Rdn. 4 u. 16; vgl. amtl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/3562, S. 69).

Der Rechtsansicht des Landgerichts, auch der Verteidiger vertrete nicht, der geltend mache, nicht über ausreichende Informationen zu verfügen, vermöchte der Senat hingegen nicht zu folgen. Sie wird auf eine Kommentarstelle gestützt, die ihrerseits ausschließlich auf Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Neufassung des § 329 StPO verweist (MüKo-StPO-Quentin, 2. Aufl. 2024, § 329 Rdn. 27 m. w. N. in Fn. 72). Indessen ist – wie dargelegt – auch der mit Vertretungsvollmacht ausgestattete Verteidiger zu Angaben nicht verpflichtet. Die Erklärung des Verteidigers, ihm fehlten Informationen, erlangt daher vor allem im Hinblick auf § 349 Abs. 4 StPO Bedeutung: Nach dieser Vorschrift hat das Gericht den Angeklagten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zu laden und dessen persönliches Erscheinen anzuordnen, wenn es die Anwesenheit des Angeklagten in der auf seine Berufung hin durchgeführten Hauptverhandlung trotz der Vertretung durch einen Verteidiger für erforderlich hält. Je weniger Informationen aber dem mit Vertretungsvollmacht ausgestatteten Verteidiger vorliegen, desto eher wird sich für das Gericht die Frage stellen, ob nicht die Anberaumung eines Fortsetzungstermins unter Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten erforderlich ist.

Aus dem bloßen Umstand, dass sich ein Verteidiger für eine Aussetzung der Hauptverhandlung bzw. für die Anberaumung eines Fortsetzungstermins im Sinne von § 329 Abs. 4 StPO ausspricht, kann nicht hergeleitet werden, dass dieser nicht bereit wäre, im Falle der Ablehnung seines Begehrens den Angeklagten in der Sachverhandlung zu vertreten (vgl. SenE v. 27.08.1991 – Ss 399/91 = StV 1992, 567). „

StPO I: Aussetzung des Strafverfahrens gegen Mauss, oder: Verfahren bleibt bis Klärung durch FG ausgesetzt

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Machen wir heute mal ein wenig StPO, und zwar aus der Instanz.

Ich beginne mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 08.10.2024 – 4 Ws 143/24 – zur Aussetzung eines (Steuer)Strafverfahrens, und zwar des Verfahrend gegen den Geheimagenten Werner Mauss. Dem wird in dem Verfahren Steuerhinterziehung in zehn Fällen und versuchte Steuerhinterziehung in zwei Fällen vorgeworfen. Er soll gegenüber dem zuständigen Finanzamt erhebliche Vermögensanlagen auf ausländischen Konten nicht angegeben haben. Der Angeklagte beruft sich darauf, dass es sich bei den fraglichen Geldern um einen Treuhandfonds westlicher Sicherheitsbehörden handele, der von dem Auslandsgeheimdienst eines anderen Staates verwaltet werde. Der Fonds sei absprachegemäß zur Finanzierung seiner operativen Einsätze als Geheimagent genutzt worden. In dem Zusammenhang wird über die steuerrechtlichen Fragen derzeit ein Klageverfahren vor dem FG Düsseldorf geführt.

Das LG Bochum hat dann mit Beschluss vom 28.08.2023 das Strafverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens vor dem FG ausgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Bochum Beschwerde eingelegt. Die hatte jetzt beim OLG Hamm keinen Erfolg:

„Die Zulässigkeit der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum kann dahingestellt bleiben, denn die Beschwerde ist jedenfalls in der Sache unbegründet.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und mit zutreffender Begründung beschlossen, das Strafverfahren gemäß § 396 AO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Besteuerungsverfahrens auszusetzen.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Vorliegend hängt die Beurteilung der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten als Steuerhinterziehung davon ab, ob ein Steueranspruch besteht und ob Steuern verkürzt worden sind. Auch ist das anhängige – sich mittlerweile im Klageverfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf befindliche – Besteuerungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Bei der Beurteilung der Taten als Steuerhinterziehung kommt es vorliegend auf die vom Landgericht aufgeworfene entscheidungserhebliche steuerrechtliche Vorfrage an, inwieweit die – vom Landgericht mit Recht so bezeichnete – Einzigartigkeit der beruflichen Tätigkeit des Angeklagten als Geheimagent sowie auch die Einzigartigkeit des ihm hierfür überlassenen „Geheimfonds“ sich auf die Frage des Bestehens eines Steueranspruchs des Staates und eine entsprechende Erklärungspflicht des Angeklagten auswirken. Es handelt sich insoweit um eine Rechtsfrage und nicht um Rechtsanwendung bestehender steuerrechtlicher Vorschriften.

Der Angeklagte lässt sich – detailreich sowie unter Benennung zahlreicher Beweismittel – dahingehend ein, es handele sich bei dem in Rede stehenden Vermögen um einen Treuhandfonds („Kapitalstock“) westlicher Sicherheitsbehörden. Treugeber sei ein ausländischer Staat, ausgeübt werde die treugeberische Verwaltung durch den Auslandsgeheimdienst dieses Staates. Der Fonds sei – mit Kenntnis deutscher Sicherheitsbehörden – zum Zwecke der Tarnung auf seinen – des Angeklagten – Namen angelegt worden. Er habe den Fonds absprachegemäß zur Finanzierung seiner operativen Einsätze als Geheimagent genutzt und die Existenz des Fonds Dritten gegenüber nicht offenlegen dürfen. Die Tarnung habe dem Schutz staatlicher Institutionen sowie dem Schutz von Leib und Leben des Geheimagenten nebst seiner Familie und weiterer geheimer Mitarbeiter gedient. Die Sicherheitsbehörden hätten den Fonds bei den Finanzbehörden angemeldet, eine Versteuerung der Mittel sei nicht erfolgt.

Hiernach handelt es sich vorliegend um einen Fall, in dem einerseits staatliche Geheimhaltungsinteressen betreffend Geldflüsse im Zusammenhang mit geheimdienstlicher Tätigkeit und andererseits der staatliche Steueranspruch miteinander in Konflikt stehen.

Die Auswirkungen übergeordneter staatlicher Geheimhaltungspflichten gegenüber Steueransprüchen sind in anderen Bereichen teilweise geregelt. So ist etwa in § 1 Abs. 1 S. 3 der Verordnung über Mitteilungen an die Finanzbehörden durch andere Behörden und öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten (Mitteilungsverordnung – MV) vorgesehen, dass für grundsätzlich mitteilungspflichtige Behörden eine Verpflichtung zur Mitteilung an die Finanzbehörden dann entfällt, wenn die Gefahr besteht, dass das Bekanntwerden des Inhalts der Mitteilung dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Auch gibt es Vereinbarungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder aus dem Jahr 1963, zuletzt bestätigt im Jahr 1998 (zitiert in BT-Drucksache 16/8447 S. 16), die regeln, dass Beträge, die an Informanten des Bundesnachrichtendienstes für die Übermittlung steuerrelevanter Daten aus Liechtenstein gezahlt werden, steuerlich so behandelt werden, dass staatliche Stellen in diesen Fällen einen pauschalen Einkommensteuerbetrag in Höhe von 10 Prozent der Prämiensumme an die Finanzkassen der einzelnen Bundesländer abführen. Auf eine Erklärung durch die Informanten selbst gegenüber Finanzbehörden wird aus Geheimhaltungsgründen verzichtet.

Auch wenn Finanzbehörden an das Steuergeheimnis gebunden sind, zeigen die vorgenannten Regelungen, dass diese Schweigepflicht zum Schutz eines überragenden staatlichen Geheimhaltungsinteresses als nicht ausreichend angesehen wird. Vielmehr überwiegt in solchen Fällen das Geheimhaltungsinteresse derart, dass der staatliche Steueranspruch bzw. das staatliche Interesse an ordnungsgemäßer Erklärung steuerrechtlich relevanter Sachverhalte dahinter zurücktreten müssen.

Für das vorliegende Strafverfahren ist nach alledem die Frage maßgeblich, ob entsprechend diesem Rechtsgedanken wegen übergeordneter staatlicher Geheimhaltungspflichten auch im Falle eines Geheimagenten eine Steuerschuld bzw. eine entsprechende steuerrechtliche Erklärungspflicht des Agenten von vornherein zu verneinen ist. Hierbei handelt es sich aus Sicht des Senats um eine entscheidungserhebliche abstrakte Rechtsfrage, die durch die Fachgerichte der Finanzgerichtsbarkeit zu beantworten ist.

Fehler des Landgerichts bei der Ermessensausübung sind auch ansonsten nicht ersichtlich.“

Haft III: Haftbefehl durch unzuständiges Gericht, oder: Grds. keine Nichtigkeit des Haftbefehls

Und dann als dritte Entscheidung hier eine weitere OLG-Entscheidung, nämlich der OLG Jena, Beschl. v.16.08.2024 – 1 Ws 290/24. Auch hier geht es um die Frage: Welche Auswirkungen haben Verfahrensfehler. Entschieden hatte hier nämlich ein unzuständiges Gericht. Das OLG sagt: Das führt nicht zur Nichtigkeit des Haftbefehls, es muss aber i.d.R. ein neuer Haftbefehl ergehen.

Dazu hier auch nur der Leitsatz:

1. Hat das Gericht bei der Neufassung eines Haftbefehles seine geschäftsplanmäßige Unzuständigkeit übersehen. führt das nicht zur Nichtigkeit des Haftbefehles, macht jedoch eine neue Entscheidung durch das geschäftsplanmäßig zuständige Gericht erforderlich. Eine solche neue Entscheidung liegt nicht in einem Haftfortdauerbeschluss, wenn dieser sich ausdrücklich nur mit der Verfahrensbeschleunigung befasst, jedoch keine eigene Begründung in der Sache enthält und damit den Verfahrensfehler nicht heilen kann.

2. Gleichwohl erfolgt eine Haftvollstreckung ggf. nicht rechtsgrundlos. Denn soweit ein unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ergangener Beschluss zugleich einen amtsgerichtlichen Haftbefehl aufgehoben hat, schlägt der Verfahrensmangel auch hierauf durch, sodass der amtsgerichtliche Haftbefehl nach wie vor Bestand hat.

Haft II: JVA arbeitet bei der Briefkontrolle nach, oder: Doppelte Briefkontrolle rechtswidrig

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Im zweiten Posting stelle ich den LG Ingolstadt, Beschl. v. 14.10.2024 – 1 KLs 34 Js 3277/23 – der sich mit doppelter Briefkontrolle befasst vor.

Der Beschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft in der JVA Augsburg-Gablingen. Für den Vollzug der Untersuchungshaft hat der Ermittlungsrichter beim AG mit Invollzugsetzung des Haftbefehls einen Beschränkungsbeschluss erlassen, wonach u. a. gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind. Diese Überwachung wird nach Anklageerhebung durch Richter der zuständigen Strafkammer durchgeführt.

Die JVA Augsburg-Gablingen führt nun aber ebenfalls eine Brief- und Postkontrolle für den gesamten Brief- und Postverkehr durch. Sie stützt sich dabei auf Art. 19 Abs. 1, 23 Abs. 2 BayUVollzG. Der Beschuldigte hat beantragt, die Doppelkontrolle seiner Post durch die Anstalt in Gablingen aufzuheben. Der Antrag hatte Erfolg:

„Die von der JVA Augsburg-Gablingen ohne konkreten Anlass ein weiteres Mal durchgeführte Briefkontrolle ist rechtswidrig.

1. Der Antrag des Untersuchungsgefangenen pp. ist als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a Abs. 1 S. 1 StPO auszulegen. Zur Entscheidung ist nach Anklageerhebung die 1. Strafkammer des Landgerichts Ingolstadt als erkennendes Gericht zuständig.

2. Der Antrag ist begründet, soweit die JVA nach durchgeführter richterlicher Kontrolle und Genehmigung der Aushändigung die Text- und Inhaltskontrolle des Briefverkehrs ohne konkreten Anlass ein zweites Mal durchführt.

a) Seit der Föderalismusreform erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG auf das gerichtliche Verfahren ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs. Dabei kommt es durch die bundesgesetzliche Regelung in § 119 StPO und die Regelungen in BayUvollzG zu Überschneidungen.

Nach überwiegend vertretener, enger Auslegung des Begriffs „Untersuchungshaftvollzug“ steht dem Bundesgesetzgeber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Befugnis zu, Regelungen zu treffen, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert, die mithin der Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahren dienen; hiervon hat er mit der Vorschrift des § 119 StPO Gebrauch gemacht (Karlsruher Kommentar/Gericke zur StPO, 9. Aufl., § 119 Rn. 2 mwN). Die Kompetenz des Bundes umfasst nicht nur die Regelungsbefugnis für die Anordnung der Untersuchungshaft und deren Außervollzugsetzung, sondern auch alle Bestimmungen, die die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sichern. Hierzu gehören auch Befugnisse, die zur Durchsetzung des Zwecks der Untersuchungshaft – Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahren – erforderlich sind, ebenso. Sie dienen gleichfalls der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens.

Das Recht des Untersuchungshaftvollzugs fällt dagegen in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder. Der Freistaat Bayern hat von dieser Zuständigkeit Gebrauch gemacht und das BayUvollzG geschaffen. Zum Schriftwechsel regelt Art. 19 Abs. 1 BayUvollzG, dass ein- und ausgehende Schreiben überwacht werden. Nach Abs. 2 kann von der Überwachung des gedanklichen Inhalts ein- und ausgehender Schreiben (Textkontrolle) abgesehen werden, wenn eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht zu befürchten ist. Die Regelungskompetenz der Länder und in deren Folge die Anordnungskompetenzen nach den landesrechtlichen Untersuchungshaftvollzugsgesetzen beschränkt sich auf Bereiche, die die Ordnung und Sicherheit der Anstalt betreffen oder die Ausgestaltung der Untersuchungshaft in allgemeiner Weise wie etwa Aufnahmeprozedere, Unterbringung, Versorgung usw. (Karlsruher Kommentar/Gericke zur StPO, 9. Aufl., § 119 Rn. 2 mwN).

Die Regelung des § 119 StPO bildet daher eine Rechtsgrundlage für alle Haftzwecke betreffenden Einschränkungen. Wie diese umzusetzen sind, ist indes wiederum regelmäßig Gegenstand der Vollzugsgestaltung (Karlsruher Kommentar/Gericke zur StPO, 9. Aufl., § 119 Rn. 2; KG StV 2014, 229 = BeckRS 2013, 17993; LG Kiel BeckRS 2019, 16070).

b) Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO sind zulässig, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine reale Gefahr für die darin genannten Haftzwecke (Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr) besteht. Bei einem auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl kann eine mögliche Verdunkelungsgefahr berücksichtigt werden, wenn konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinen Gesprächspartnern Absprachen über Verdunkelungshandlungen getroffen werden könnten (vgl. KG BeckRS 2013, 17993 mwN. und OLGSt StPO § 119 Nr. 40; KG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 3 Ws 17/10 -; OLG Köln StV 2011, 35 und 743; Meyer-Goßner a. a. O.).

Die Anordnung der inhaltlichen Überwachung des Schriftwechsels des Untersuchungsgefangenen einen ganz erheblichen Eingriff in den persönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Lebensbereich des Untersuchungsgefangenen dar. Daher ist stets zu prüfen, ob im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Haftzwecks durch den unkontrollierten Kontakt des Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt vorliegen (vgl. KG BeckRS 2013, 17993 Rn.10 mwN.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Letzteres wird durch den Antragsteller auch gar nicht in Frage gestellt, weshalb auf weitere Darlegungen hierzu verzichtet wird.

c) Für die Überwachung des Schriftwechsels des Untersuchungsgefangenen durch die JVA gilt dasselbe. Zwar ist nach Art. 19 Abs. 1 BayUvollzG eine Text- und Inhaltskontrolle ein- und ausgehender Schreiben grundsätzlich zulässig. Der ganz erhebliche Eingriff in den persönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Lebensbereich des Untersuchungsgefangenen erfordert es aber, stets zu prüfen, ob nach einer aufgrund eines Beschränkungsbeschlusses nach § 119 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO durchgeführten Briefkontrolle eine weitere, nochmalige Kontrolle erforderlich ist oder ob von einer nochmaligen Kontrolle abzusehen ist, weil bereits eine Kontrolle stattgefunden hat. Eine zusätzliche Überwachung durch die Anstalt sollte sich in dieser Konstellation auf begründete Einzelfälle beschränken (BeckOK Strafvollzugsrecht Bayern Arloth-Bratke/Krä, Art.19 BayUvollzG Rn. 3a). Sofern eine zusätzliche Überwachung durch die Anstalt erfolgt, sollten Gericht/ Staatsanwaltschaft im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit eingebunden werden (BeckOK Strafvollzugsrecht Bayern aaO). Es begegnet deshalb grundsätzlichen Bedenken, dass die JVA Augsburg-Gablingen die durch den Richter durchgeführte Text- und Inhaltskontrolle generell, also aufgrund einer allgemeinen Anordnung, ohne einen besonderen Anlass wiederholt, dass sie also, nachdem der zuständige Richter die Briefkontrolle durchgeführt, den Brief in einen verschlossenen Umschlag gegeben und die Aushändigung des Briefes an den Untersuchungsgefangenen genehmigt hat, den Brief erneut öffnet, um eine weitere Text- und Inhaltskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Prüfungszwecks, denn auch der Richter wird den Schmuggel von Kassibern, gefährlichen Gegenständen oder Betäubungsmitteln nicht genehmigen und ist aufgrund des Zusammenwirkungsgebots nach Art. 7 Abs. 2 BayUvollzG gehalten, bei Hinweisen auf eine Suizidgefahr oder andere vollzuglich relevante Umstände die JVA hierauf aufmerksam zu machen. Stellt der Richter im Zuge der Durchführung der Kontrolle Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt fest, so ist die Anstalt unter Beachtung des Zusammenwirkungsgebots nach Art. 7 Abs. 2 BayUvollzG hierüber zu unterrichten, um weitere Anordnungen und Maßnahmen ihrerseits treffen zu können (BeckOK Strafvollzugsrecht Bayern Arloth-Bratke/Krä, Art.19 BayUvollzG Rn. 3a).

Die anlasslose doppelte Briefkontrolle ist deshalb unzulässig. Dass beim Angeschuldigten pp. ausnahmsweise die Voraussetzungen dafür vorliegen, den ganz erheblichen Eingriff in den persönlichen grundgesetzlich geschützten Lebensbereich des Untersuchungsgefangenen ein weiteres Mal durchzuführen, hat die JVA nicht behauptet und auch nicht dargelegt.“