In die 31. KW. starte ich dann mit zwei Entscheidungen zur StPO, eine kommt vom BGH und eine vom OLG Celle.
Den Opener mache ich mit dem BGH, Beschl. v. 25.06.2025 – StB 27/25. In der Entscheidung geht es „quer durch den Durchsuchungsgarten der StPO“, und zwar: Der BGH hat die Beschwerde einer Drittbetroffenen in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2, Abs. 2 und 5 StGB i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, § 331 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 VAG, § 370 Abs. 1 AO erlassen Durchsuchungsanordnung von Geschäftsräumlichkeiten und Büroräume der Drittbetroffenen verworfen. Er führt dazu aus:
„Das zulässige Rechtsmittel der Drittbetroffenen bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung gegen die Drittbetroffene (§§ 103, 105 StPO) waren gegeben.
1. Der Wirksamkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Rechtsmittel von einer bevollmächtigten Person eingelegt worden ist, die kein Rechtsanwalt ist (vgl. Schmitt/Köhler/Schmitt, StPO, 68. Aufl., § 297 Rn. 7).
2. Gegen den Beschuldigten S., der für die Firma R. und den Verlag J. tätig ist, und die weiteren Beschuldigten lag ein die Durchsuchung nach § 102 StPO rechtfertigender Anfangsverdacht vor, sich an einer kriminellen Vereinigung, die auf die Begehung von unerlaubten Bank- und Versicherungsgeschäften nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, § 331 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 VAG sowie Steuerhinterziehungen gerichtet ist, als Mitglied beteiligt zu haben.
a) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen durchzuführenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05, BVerfGK 9, 149, 153; BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 – StB 26/08, BGHR StPO § 102 Tatverdacht 2 Rn. 5; vom 12. August 2015 – StB 8/15, BGHR StPO § 102 Tatverdacht 3 Rn. 4).
b) Gemessen hieran lagen sachlich zureichende Gründe für die Anordnung einer Durchsuchung der von der Firma R. und dem Verlag J. genutzten Geschäftsräumlichkeiten und Büroräume – einschließlich Nebengelasse, Kellerräume, Garagen und Briefkästen – vor.
Es bestand der Anfangsverdacht, dass sich die Beschuldigten seit dem 16. September 2012 in W. und anderenorts als Mitglieder der von den Beschuldigten F., M. und S. am 16. September 2012 gegründeten kriminellen Vereinigung „K.“ (K. ) betätigt haben, die darauf gerichtet war, unerlaubte Bank- und Versicherungsgeschäfte nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, § 331 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 VAG sowie Steuerhinterziehungen zu begehen. Zweck der Vereinigung war es, das Gebiet des „K.s“ auf die Bundesrepublik Deutschland und danach die Grenzen des Deutschen Reichs (Jahre 1871 bis 1918) auszudehnen und die gültige Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland durch ein eigenes System mit pseudostaatlichen Strukturen zu ersetzen, in dem demokratische Grundsätze und bundesdeutsche Gesetze keine Geltung haben. Zur Kerngemeinschaft zählen nach derzeitigen Erkenntnissen etwa 40 bis 60 Personen.
Zu den Einzelheiten der den Anfangsverdacht gegen die Beschuldigten begründenden Umstände wird auf die Ausführungen in den Durchsuchungsbeschlüssen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2025 verwiesen.
c) Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts und damit auch diejenige des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs war gegeben. Gegen die Annahme der besonderen Bedeutung im Sinne des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GVG in Verbindung mit § 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 GVG ist mit Blick auf die konkreten Umstände des Tatgeschehens nichts zu erinnern.
3. Es lagen auch hinreichende Tatsachen dafür vor, dass bei der Beschwerdeführerin bestimmte Beweismittel im Sinne des § 103 Abs. 1 Satz 1 StPO aufgefunden werden konnten.
a) Eine Durchsuchung, die eine nichtverdächtige Person betrifft, setzt nach § 103 Abs. 1 Satz 1 StPO Tatsachen dahin voraus, dass sich das gesuchte Beweismittel in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Es müssen konkrete Gründe dafür sprechen, dass der gesuchte Beweisgegenstand in den Räumlichkeiten des Unverdächtigen gefunden werden kann. Dies unterscheidet die Durchsuchung beim Unverdächtigen nach § 103 StPO von einer Durchsuchung bei einer verdächtigen Person nach § 102 StPO, bei der es bereits nach der Lebenserfahrung in gewissem Grade wahrscheinlich ist, dass Beweisgegenstände zu finden sind, die zur Prüfung des Tatverdachts beitragen können, und bei der durch die Verknüpfung des personenbezogenen Tatverdachts mit einem eher abstrakten Auffindeverdacht ein hinreichender Eingriffsanlass besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2016 – 2 BvR 1361/13, NJW 2016, 1645 Rn. 13).
Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Der Beschuldigte S. war sowohl für die Firma R. als auch den Verlag J. tätig, und beide Unternehmen waren in denselben Räumlichkeiten untergebracht. Zudem haben diese Unternehmen Bezüge zum K. Nach bisheriger Erkenntnislage war die Firma R. an den Aktivitäten des K. durch den Vertrieb des Heizsystems „pp.“ beteiligt und der Verlag J. bot Bücher des Autors und Mitbeschuldigten F. an. Wegen der Einzelheiten der Einbindung der Unternehmen in das K. wird auf die detaillierten Ausführungen in den Durchsuchungsbeschlüssen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2025 verwiesen.
b) Die Durchsuchung bei einer nichtverdächtigen Person setzt – anders als im Falle des § 102 StPO für die Durchsuchung beim Tatverdächtigen, bei dem eine allgemeine Aussicht genügt, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden – nach § 103 StPO überdies voraus, dass hinreichend individualisierte (bestimmte) Beweismittel für die aufzuklärende Straftat gesucht werden. Diese Gegenstände müssen im Durchsuchungsbeschluss so weit konkretisiert werden, dass weder bei dem Betroffenen noch bei dem die Durchsuchung vollziehenden Beamten Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 – StB 20/01, BGHR StPO § 103 Gegenstände 2). Ausreichend ist dafür allerdings, dass die Beweismittel der Gattung nach näher bestimmt sind; nicht erforderlich ist, dass sie in allen Einzelheiten bezeichnet werden (BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 1999 – StB 9/99, BGHR StPO § 103 Gegenstände 1; vom 28. Juni 2018 – StB 14/18, juris Rn. 16; jeweils mwN).
Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Beschlüsse ebenfalls gerecht.
4. Der Durchsuchung bei dem Verlag J. steht nicht entgegen, dass es sich bei den durchsuchten Räumlichkeiten um einen Verlag handelt und dort verwahrte Printerzeugnisse und damit in Zusammenhang stehende beweiserhebliche Unterlagen gemäß § 97 Abs. 5 StPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StPO dem Grunde nach von einem Beschlagnahmeverbot umfasst sind. Denn es besteht – wie in dem angefochtenen Beschluss vom 7. Mai 2025 im Einzelnen ausgeführt – der Verdacht, dass die mutmaßliche Verlagsinhaberin die Straftat der Beschuldigten unterstützte (§ 97 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 StPO).
5. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung gegenüber der Drittbetroffenen war geeignet und erforderlich, zur weiteren Aufklärung einer Beteiligung der Beschuldigten an dem Tatgeschehen beizutragen. Die Anordnung der Durchsuchung stand zudem in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und Schwere der aufzuklärenden Straftaten.“
