Hilfe II: Mitwirkung des Verteidigers an der Einstellung, oder: Rat zum „gezielten Schweigen“ im OWi-Verfahren

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Im zweiten Posting geht es dann mal wieder um den Rat zum „gezielten Schweigen“ des Betroffenen als Mitwirkungshandlung des Verteidigers an der Einstellung des Bußgeldverfahrens. Dazu hat sich das AG Lampertheim im AG Lampertheim, Beschl. v. 30.05.2025 – 52 AR 19/25 (OWi) – geäußert.

Nach dem Sachverhalt hat das Regierungspräsidium Kassel am 24.10.2024 einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen, mit dem diesem eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt worden ist. Der Bescheid gegen den Betroffenen erging, nachdem der Halter des Fahrzeuges nach Übersendung eines Zeugenfragebogens am 27.09.2024 gegenüber dem Regierungspräsidium Kassel mitgeteilt hatte, das Fahrzeug sei zum Tatzeitpunkt an den Betroffenen überlassen worden.

Weitere Ermittlungen der Verwaltungsbehörde zur Fahreridentität verliefen ergebnislos. So hatte die Verbandsgemeinde Alzey-Land auf ein Ersuchen des Regierungspräsidiums Kassel vom 09.10.2024 mitgeteilt, dass kein Lichtbild des Betroffenen vorhanden sei, da er ausländischer Staatsangehöriger sei. Der Bußgeldbescheid erging demnach auf der Grundlage der Auskunft der Halterin des Fahrzeuges. Der Bußgeldbescheid wurde dem Betroffenen am 26.10.2024 zugestellt. Nach einem Verteidigerwechsel legte der neue Rechtsanwalt mit Schreiben vom 28.10.2024 Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und beantragte Akteneinsicht. Bereits mit Schreiben vom 08.10.2024, vor Erlass des Bußgeldbescheides, hatte der zuvor mandatierte Rechtsanwalt aus demselben Verteidigerbüro mitgeteilt, dass der Betroffene zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wird.

Nach Einspruchseinlegung hat das Regierungspräsidium Kassel erneut Ermittlungen zur Fahreridentität durchzuführen. Da auch diese sämtlich ergebnislos ausgingen, hat das Regierungspräsidium Kassel am 24.04.2025 das eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Betroffenen gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 170 StPO eingestellt und den Bußgeldbescheid zurückgenommen. Die dem Betroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen wurden gemäß §§ 105 Abs. 2 OWiG, 467 a Abs. 1 StPO der Behörde auferlegt.

Der Verteidiger hat auch die Festsetzung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG beantragt. Die ist nicht festgesetzt worden. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte beim AG Erfolg:

„Nach der Rechtsprechung wird der Gebührentatbestand unstreitig ausgelöst, wenn eine Mitwirkung des Rechtsanwalts ersichtlich ist. Welche Tätigkeit der Rechtsanwalt erbringt, ist dabei unerheblich. Es genügt jede auf die Einstellung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwaltes. Eine Mitwirkung im Sinne der Nr. 5115 VV RVG ist bereits dann schon gegeben, wenn sich der Betroffene auf Rat des Verteidigers auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft. Berät der Rechtsanwalt seinen Mandanten nämlich in diese Richtung und wird das Verfahren daraufhin später eingestellt, hat der Verteidiger an der Einstellung mitgewirkt (Gerold/Schmitt RVG-Kommentar, 26. Auflage 2023, Randziffer 6 zu RVG VV 5115).

Im vorliegenden Verfahren hatte die Verwaltungsbehörde lediglich auf der Grundlage der Auskunft der Halterin des Kraftfahrzeuges einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen. Erst nachdem der Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hatte und mit Schreiben vom 08.10.2024 bereits angekündigt hatte, dass der Betroffene von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wird, führte das Regierungspräsidium Kassel erneut verschiedene Ermittlungsersuchen zur Fahrerfeststellung durch, die jedoch innerhalb der Verjährungsfrist ergebnislos verliefen, sodass das Verfahren eingestellt werden musste.

Der Verteidiger hat somit in seinem Schreiben vom 08.10.2024 und dem Einspruch vom 30.04.2025 an der Erledigung des Verfahrens mitgewirkt, sodass ihm die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG zusteht.“

Kurz und zackig und vor allem richtig. Es erübrigt sich jedes weitere Wort, weil die Frage inzwischen schon so häufig in dem für den Verteidiger zutreffenden Sinn entschieden worden ist, dass man das Rattern der Bartwickelmaschine im Keller hört.

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