Im zweiten Posting dann hier der BGH, Beschl. v. 24.04.2025 – III ZB 81/24 – noch einmal zum Verschulden des Rechtsanwalts an einer Fristversäumung. Dazu führt der BGH aus:
„2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Annahme eines Verschuldens ihres Prozessbevollmächtigten, das sich die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
a) Danach muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall treffen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Wird er unvorhergesehen krank, muss er nur das unternehmen, was ihm zur Fristwahrung dann noch möglich und zumutbar ist (Senat, Beschluss vom 2. Juni 2016 – III ZB 2/16, NJW-RR 2016, 1022 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 8. August 2019 – VII ZB 35/17, NJW 2020, 157 Rn. 12 und vom 16. April 2019 – VI ZB 44/18, NJW-RR 2019, 1207 Rn. 11). Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Rechtsanwalt die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft und daher wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden hat, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. August 2019 aaO Rn. 13 und vom 22. Oktober 2014 – XII ZB 257/14, NJW 2015, 171 Rn. 18).
Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten (BGH, Beschlüsse vom 8. August 2019 und vom 16. April 2019; jeweils aaO). Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. An einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts fehlt es nur, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 aaO Rn. 19).
Der Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren. Die Vorfrist dient dazu sicherzustellen, dass auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2023 – VI ZB 53/22, NJW-RR 2024, 266 Rn. 9 mwN). Hat ein Rechtsanwalt nicht alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Berufungsbegründungsfrist ergriffen, geht es zu seinen Lasten, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2023 aaO Rn. 12 mwN).
b) Nach diesen Maßgaben ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Wiedereinsetzung abgelehnt hat, weil ein der Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vorliegt….“