Die zweite Entscheidung kommt dass vom AG Calw. In dem AG Calw, Beschl. v. 12.03.2025 – 3 Ls 51 Js 21072/24 jug. – geht es dann auch um einen Ablehnungsgrund. Und zwar geht es mal wieder um die Frage der Handynutzung durch den Richter in der Hauptverhandlung, und zwar:
„Die Verteidigung des Betroffenen hat im vorliegenden Verfahren den Vorsitzenden Richter am Amtsgericht pp. abgelehnt.
Dem Verfahren liegt die Anklage der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 19.12.2024 wegen eines sexuellen Übergriffs gern. § 177 StGB Abs. 2 Ziffer 3 StGB, Vergewaltigung gern. § 177 Abs. 1, Abs. 5 Ziffer 1 und 3, Abs. 6 Ziffer 1 StGB und Beleidigung gern. §§ 185, 194 StGB zugrunde. Die Anklage wurde mit Beschluss vom 30.1.2025 zur Hauptverhandlung zugelassen. Gleichzeitig wurde Termin zur Hauptverhandlung auf den 12.02.2025 und Fortsetzungstermine auf den 25.2., 4.3., 5.3. Und 6.3.2025 bestimmt. Für den 4.3.2025 und 5.3.2025 wurde die Sachverständige Dr. med. pp. geladen die auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft ein schriftliches aussagepsychologisches Sachverständigengutachten über die Angaben der Zeugin pp. erstattet hat.
Am 5.3.2025 ging ein unter dem Datum 11.02.2025 abgefasstes Schreiben der Wahlverteidigerin des Angeklagten ein, in welchem der vorsitzende Richter am Amtsgericht pp. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde.
Begründet wurde dies damit, dass der vorsitzende Richter während die Sachverständige am 5.3.2025 auf sein Verlangen ihr Zwischengutachten erstattete, in der Zeit zwischen 10:16 und 10:19 Uhr mit seinem privaten Mobiltelefon beschäftigt war. Dabei sei er den Ausführungen der Sachverständigen nicht gefolgt und habe daher beim Angeklagten den Eindruck erweckt, er habe sich mangels uneingeschränktem Interesse an der den Kernbereich der richterlichen Tätigkeit unterfallenden Beweisaufnahme bereits auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.
Der Vorsitzende Richter hat sich am 6.3.2025 dazu dienstlich erklärt. Darin gibt er an, dass private Handy zur Recherche einer verfahrensrelevanten Vorschrift über dejure.org benutzt zu haben. Die Stellungnahme ist den Beteiligten, namentlich dem Betroffenen und seinen Verteidigern zur Stellungnahme zugeleitet worden.
Die Wahlverteidigerin hat dazu binnen der gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 10.3.2025, eingegangen am 12.3.2025, Stellung genommen und am Befangenheitsantrag festgehalten. Der Angeklagte ist der Auffassung, dass es aus seiner Sicht keinen Unterschied machen könne, ob das Handy während der Hauptverhandlung für private oder dienstliche Zwecke verwendet werde.
B.
Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richter am Amtsgericht pp. wird als jedenfalls unbegründet zurückgewiesen gem. § 24 StPO. Ein Grund für eine Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes besteht bei Richter am Amtsgericht pp. im vorliegenden Verfahren nicht. Ebenfalls liegt auch nach dem Vorbringen der Verteidigung kein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Diese folgt insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Vereidigung hinsichtlich der Ablehnung, nämlich der kurzfristigen Handynutzung durch den abgelehnten Richter während der mündlichen Gutachtenerstattung.
Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten zu beurteilen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2004 – 1 StR 574/03, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 24 Rn. 6 und 8 mwN; BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 — 2 StR 228/14 —, Rn. 7, juris). Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen (möglicherweise einseitigen) subjektiven Eindruck und seine unzutreffenden Vor-stellungen vom Sachverhalt (Meyer-Goßner, aaO Rn 8). Daher ist es nicht entscheidend, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Handynutzung nicht wissen konnte, dass der vorsitzende Richter das Handy zu dienstlichen Zwecken genutzt hat.
Zwar vermag die private Nutzung eines Handy die Besorgnis der Befangenheit begründen, da damit in der Tat zum Ausdruck kommen kann, dass sich der entscheidende Richter nicht dem Kernbereich seiner richterlichen Tätigkeit widmet, weil er sich bereits auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt hat (BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 — 2 StR 228/14 —, Rn. 7, juris). Dies kann aber nicht auf die dienstliche Nutzung übertragen werden. Denn hierbei erfüllt der Richter gerade die ihm im Verfahren obliegenden Aufgaben. Ob er sich dabei einer Gesetzessammlung in Schriftform bedient oder digitale Quellen heranzieht, macht aus Sicht des verständigen Ablehnenden keinen Unterschied. Würde der Richter, wie andere Beteiligte über einen Laptop verfügen, hätte er über diesen den Zugang zu den Gesetzestexten in digitaler Form und müsste nicht das private Handy benutzen.
Soweit der Ablehnende die Nutzung des privaten Handy für diesen Zweck als nicht vergleichbar ansieht, weil die Möglichkeit besteht, dass während der dienstlichen Nutzung auch private Nachrichten eingehen könnten, handelt es sich hierbei nur um eine abstrakte Möglichkeit ohne Bezug auf die konkrete Situation. Dass gerade während der nur dreiminütigen Nutzung zur Informationsbeschaffung solches geschehen sein soll, dafür bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Aus der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters ergibt sich hierfür nichts.
Auch kann aus dem Umstand, dass bei der Überprüfung von verfahrensrelevanten Vorschriften während der mündlichen Erstattung eines Gutachtens, die Aufmerksamkeit vorübergehend geteilt ist, nicht der Schluss gezogen werden, man habe sich auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt. So kann gerade nicht erwartet werden, dass der vorsitzende Richter sich jeglicher anderer Tätigkeit während der Gutachtenerstattung enthält. So fordert gerade die Auseinandersetzung mit dem Gehörten dazu auf, dies auf seine strafrechtliche bzw. strafprozessuale Relevanz zu überprüfen, damit die Hauptverhandlung sachgerecht geführt werden kann, weshalb die parallele Überprüfung von Gesetzesvorschriften oder auch sonstigem schriftlich vorliegenden Vortrags nicht zu beanstanden ist. Bei einer insgesamt nur 3 Minuten andauernden parallel geführten Ge-setzesrecherche ist nicht zu erwarten, dass der Inhalt eines bereits in der schriftlichen Form vor-liegenden Gutachtens nicht erfasst werden kann bzw. sich bei der mündlichen Erstattung erge-bende Widersprüche nicht erkannt werden.“
Na ja, überzeugt mich nicht so richtig……