StPO II: Dreimal Akteneinsicht beim BayObLG, oder: Umfang, Einsicht durch Dritte, Rechtsmittel

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Und im zweiten Posting habe ich dann hier drei Entscheidungen des BayObLG zur Akteneinsicht, und zwar zum Umfang der Einsicht, der Einsicht durch Dritte und zu Rechtsmitteln.

Ich stelle jeweils nur die Leitsätze der Entscheidungen vor. Die lauten:

1. Ersucht eine Landeszahnärztekammer zum Zweck der Überprüfung eines berufsrechtlichen Verstoßes eines ihrer Mitglieder um Einsicht in die Akten eines Haftpflichtprozesses, handelt es sich nicht um ein Akteneinsichtsgesuch im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO, sondern um ein Amtshilfeersuchen des Art. 35 Abs. 1 GG.

2. Das um gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG angegangene Gericht hat im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts (§ 28 Abs. 1 Satz 1 EGGVG) auch zu prüfen, ob dieser kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Dabei darf das Gericht allerdings nicht anstelle der zuständigen Justizbehörde eine eigene Ermessensentscheidung treffen (§ 28 Abs. 3 EGGVG).

1. Ist die Art und Weise der Erteilung einer Akteneinsicht gesetzlich nicht geregelt, ist allgemein anerkannt, dass ein Anspruch auf Akteneinsicht keinen Anspruch auf die Ausreichung einer Ablichtung eines Dokuments enthält. Vielmehr liegt die Form der Auskunftserteilung im Ermessen der verantwortlichen Stelle.

2. Grundsätzlich gewährt auch Art. 78 i.V.m. Art. 75 BayStVollzG einem Strafgefangenen im bayerischen Strafvollzug keinen Rechtsanspruch auf die Fertigung und Aushändigung von Ablichtungen von ihn interessierenden Schriftstücken. 

3. Der Vollzugsanstalt steht bei der Frage, wie dem jeweiligen Gefangenen bei einer bedeutsamen rechtlichen Fragestellung zu helfen ist, ein Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung über die Art der Hilfeleistung ist nach Maßgabe der jeweiligen Schwierigkeit und der persönlichen Verhältnisse des Gefangenen zu treffen.

4. Im Einzelfall kann sich der grundsätzlich eröffnete Beurteilungsspielraum, auf welche Weise der Strafgefangene bei seinen rechtlichen Belangen zu unterstützen ist, „auf Null“ reduzieren und insoweit Spruchreife eintreten.

1. Die Führung der Ermittlungsakten durch die Staatsanwaltschaft stellt keinen Justizverwaltungsakt im Sinne der §§ 23 ff. EGGVG dar.

2. Ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG bei einer unzuständigen Justizbehörde eingegangen, ist diese aufgrund der ihr obliegenden dem Gebot des fairen Verfahrens entspringenden Fürsorgepflicht verpflichtet, den Antrag an die zuständige Justizbehörde weiterzuleiten, jedoch nur, wenn die Unzuständigkeit ohne weiteres erkennbar und die rechtzeitige Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang möglich ist. Unterbleibt dies, ist dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

3. Ein eine Wiedereinsetzung hinderndes, dem Antragsteller zuzurechnendes Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten kann auch dann vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Ohne Rechtsbehelfsbelehrung ist kein Vertrauenstatbestand geschaffen; eine rechtskundige Person muss selbst für die Einhaltung gesetzlicher Fristen sorgen.

4. Gewährt die Staatsanwaltschaft vor dem Abschluss der Ermittlungen anderen Mitbeschuldigten unbeschränkte Einsicht in die Ermittlungsakten, kann ein Beschuldigter die Rechtmäßigkeit der Akteneinsichtsgewährung nicht im Wege der §§ 23 ff. EGGVG vom Bayerischen Obersten Landesgericht überprüfen lassen, sondern in analoger Anwendung des § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO nur vom nach § 162 StPO zuständigen Gericht. Das Verfahren ist insoweit von Amts wegen dorthin abzugeben.

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