Und dann zum Schluss noch etwas vom BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 15.01.2025 – 3 StR 435/24 – mal wieder zum Pflichtverteidigerwechsel.
Das LG hat den Angeklagten wegen Untreue sowie veruntreuender Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und vier Monate der Strafe für vollstreckt erklärt. Der jetzige Pflichtverteidiger des Angeklagten Rechtsanwalt D. hat gegen das Urteil Revision eingelegt und diese im März 2024 mit Verfahrensbeanstandungen und einer ausgeführten Sachrüge begründet. Der Angeklagte beantragt, die Bestellung seines Pflichtverteidigers D. wegen „erheblicher Störung“ des Vertrauensverhältnisses aufzuheben. Zuvor hatte ihm das LG am 12. 07.2019 zunächst Rechtsanwalt K., nach dessen Ausscheiden aus der Anwaltschaft am 14.09.2021 Rechtsanwalt E. und statt seiner am 16.05.2023 konsensual Rechtsanwalt Dr. W. als Pflichtverteidiger bestellt. Ferner hatte es am 29. 08.2023 Rechtsanwältin Dr. L. zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet und am 15.12.2023 die Bestellung der beiden letztgenannten Verteidiger aufgehoben sowie Rechtsanwalt D. für die Revisionsinstanz zum Pflichtverteidiger bestellt. Der BGH hat den „Wechselantrag“ abgelehnt:
„2. Der Antrag auf Aufhebung der Bestellung bleibt ohne Erfolg, da ein Grund hierfür nicht vorliegt. Insbesondere ist eine endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Angeklagtem (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alternative 1 StPO) nicht gegeben. Eine solche ist aus Sicht eines verständigen Angeklagten zu beurteilen und von diesem oder seinem Verteidiger substantiiert darzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2021 – StB 24/21, juris Rn. 4 mwN). Die vom Angeklagten angeführten Gesichtspunkte betreffen im Wesentlichen von ihm begehrten Zugriff auf Aktenbestandteile sowie die Kommunikation mit seinem Verteidiger; sie genügen nicht, um das Vertrauensverhältnis als endgültig zerstört anzusehen.
a) Nach der Konzeption des § 147 Abs. 1 und 4 StPO erhält bei einem verteidigten Angeklagten der Verteidiger Akteneinsicht. In welcher Weise er die so erlangten Kenntnisse mit dem Mandanten teilt, ist gesetzlich nicht vorgegeben und liegt – unter Beachtung sonstiger, etwa grund- und datenschutzrechtlicher Anforderungen – in der Hand des Verteidigers. Dass der Pflichtverteidiger der danach notwendigen Information des Angeklagten nicht gerecht geworden ist, erschließt sich nicht. Soweit der Angeklagte beanstandet, von ihm begehrte Aktenbestandteile in einer Cloud nicht zur Verfügung gestellt bekommen zu haben, besteht hierauf kein Anspruch.
b) Im Übrigen liegt es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Verteidigers, in welchem Umfang und auf welche Weise er mit dem Angeklagten Kontakt hält, sofern die unverzichtbaren Mindeststandards gewahrt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2023 – StB 49/23, juris Rn. 10 mwN). Daher führt es unter den hier gegebenen Umständen nicht zu einer endgültigen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses, wenn der Verteidiger nicht auf umfangreiche Fragen- und Aufforderungskataloge des Angeklagten antwortet und mit Blick auf den konkreten Verfahrensstand die Ansicht vertritt, die Nachfragen seien nicht mandatsbezogen und lediglich im Rahmen eines neuen, gesondert gebührenpflichtigen Mandatsverhältnisses zu beantworten.“