Archiv für den Monat: Juni 2024

StPO I: Anspruch auf schriftliche Übersetzung, oder: Reicht mündliche Übersetzung des Anklagesatzes?

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Ich stelle heute drei Entscheidungen des BGH zur StPO vor, zwei befassen sich mit der Übersetzung der Anklage. Beide Entscheidungen können m.E. bei der Verteidigung eines ausländischen Mandanten, der der deutschen Sprache nicht hinreichen mächtig ist, von Bedeutung sein.

Die erste Entscheidung stammt vom 1. Strafsent. Der hat im BGH, Beschl. v. 05.03.2024 – 1 StR 366/23 – noch einmal zu den Fragen Stellung gemommen, die mit der schriftlichen Übersetzung der Anklageschrift zusammenhängen.

Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen versuchten Mordes verurteilt. Der der deutschen Sprache nur rudimentär mächtige Angeklagte bean­tragte erfolglos zu Beginn der Hauptverhandlung deren Aussetzung. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass er, auch wenn er die kurdische Sprache besser spreche als die türkische, geschriebene Texte nur auf Türkisch verstehen könne. Eine türkische Übersetzung der Anklageschrift sei ihm nicht ausgehändigt wor­den. Eine schriftliche Übersetzung der Anklageschrift in die türkische Spra­che erhielt der Angeklagte bis zum Schluss der Hauptverhandlung nicht. Am 6. Verhandlungstag gab der Angeklagte eine bestreitende Einlassung ab. Der An­klagesatz war für den Angeklagten während seiner Verlesung mündlich über­setzt worden, ebenso der weitere Verlauf der Hauptverhandlung. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg:

„2. Die zulässig erhobene (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Verfahrensrüge ist begründet. Der Angeklagte wurde in seinem Recht aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK verletzt, innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihm verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden.

a) Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK gewährt dem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Beschuldigten grundsätzlich das Recht auf Übersendung einer Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache. Dies hat in aller Regel schon vor der Hauptverhandlung zu geschehen. Denn ein Angeklagter kann auf die das Strafverfahren abschließende Entscheidung nur dann hinreichend Einfluss nehmen, wenn ihm der Verfahrensgegenstand in vollem Umfang bekannt ist, was nicht zuletzt die Kenntnis der Anklageschrift einschließlich des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen voraussetzt. Die mündliche Übersetzung allein des Anklagesatzes genügt nur in Ausnahmefällen, namentlich dann, wenn der Verfahrensgegenstand tatsächlich und rechtlich einfach zu überschauen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 457/14, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. a Anklageschrift 1 Rn. 23 f.; Beschluss vom 10. Juli 2014 – 3 StR 262/14, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. a Unterrichtung 1 Rn. 4).

b) Letzteres trifft auf den dem Angeklagten zur Last gelegten Vorwurf des Mordes, zumal unter Annahme von zwei Mordmerkmalen, nicht zu. Jedenfalls angesichts der Schwere und Komplexität des konkret erhobenen Tatvorwurfs genügte auch der Haftbefehl vom 29. Juni 2022, der dem Angeklagten in türkischer Übersetzung ausgehändigt worden war, nicht, um diesen über Art und Grund der in der Hauptverhandlung erhobenen Beschuldigung in allen Einzelheiten zu informieren; der Angeklagte ist nicht gehalten, den Haftbefehl mit der Anklage abzugleichen. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass dem Angeklagten mit dem Haftbefehl – anders als mit dem zu Beginn der Hauptverhandlung verlesenen Anklagesatz (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO) – die Erfüllung von lediglich einem Mordmerkmal angelastet worden war. Ein Angeklagter kann auf die das Strafverfahren abschließende Entscheidung nur dann hinreichend Einfluss nehmen, wenn ihm der Verfahrensgegenstand in vollem Umfang bekannt ist (BGH, Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 457/14, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. a Anklageschrift 1 Rn. 24).

c) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend mit Blick auf die gerügte Verletzung des § 187 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 GVG.

d) Dass der Angeklagte einen Verteidiger hat, führt unter den hier gegebenen Umständen – auch unter Berücksichtigung des § 187 Abs. 2 Satz 5 GVG – zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 457/14 aaO; Beschluss vom 10. Juli 2014 – 3 StR 262/14, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. a Unterrichtung 1 Rn. 4 mwN).

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf einem etwaigen Informationsdefizit des Angeklagten beruht. Es kann dahinstehen, in welchem Umfang und zu welchen Beweistatsachen zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Angeklagte zur Sache eingelassen hat, die Beweisaufnahme bereits durchgeführt worden war. Denn nach der Wiedergabe seiner Einlassung in den Urteilsgründen hat er das Tatgeschehen in weiten Teilen abweichend vom Anklagevorwurf geschildert. Damit hat er sich in vollem Umfang gegen die ihm angelastete Beschuldigung gestellt, soweit diese sich im bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme bereits abgebildet hatte (insoweit anders: BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 – 3 StR 262/14, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. a Unterrichtung 1 Rn. 5 [umfassendes Geständnis]; vgl. Urteil vom 23. Dezember 2015 – 2 StR 457/14 Rn. 12, 26 [überwiegendes Bestreiten]). Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte insgesamt in anderer Weise als tatsächlich erfolgt auf den Verfahrensverlauf Einfluss genommen hätte, wäre er gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK über Art und Umfang des Tatvorwurfs in allen Einzelheiten frühzeitig informiert worden“.

Ich habe da mal eine Frage: Welche Gebühren erhalte ich als Vertreter des Einziehungsbeteiligten?

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Am Freitag hatte ich gefragt:  Ich habe da mal eine Frage: Welche Gebühren erhalte ich als Vertreter des Einziehungsbeteiligten?

Und hier dann meine Antwort:

„Moin,

Sie brauchen mich ja gar nicht, denn Ihre Annahme ist richtig. Über Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG gibt es Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Nr. 4142 VV RVG.

Dazu aus dem RVG-Kommentar: „ ….. entstehen für den Vertreter des Verfalls-/Einziehungsbeteiligten Gebühren wie die eines Verteidigers. Es entsteht also nicht nur die Gebühr Nr. 4142 VV ([zum Teil für die Nr. 5116 VV]); LG Bremen, Beschl. v. 17.2.2022 – 5 Qs 321/21, AGS 2023, 26 = StV-S 2022, 155; Beschl. v. 17.9.2021 – 5 Qs 98/21; LG Freiburg, AGS 2020, 122 = StRR 6/2020, 31 = JurBüro 2020, 130 = RVGreport 2020, 461; LG Hamburg, Beschl. v. 18.10.2021 – 612 Qs 100/20, AGS 2022, 25 [enger, nicht Gebühren für Tätigkeiten im gerichtlichen Verfahren]; LG Karlsruhe, RVGreport 2013, 235 = DAR 2013, 358 = AGS 2013, 230 = VRR 2013, 238 = StRR 2013, 310; LG Oldenburg, RVGreport 2013, 62 = JurBüro 2013, 135 = VRR 2013, 159 = StRR 2013, 314; LG Stuttgart, RVGreport 2020, 347 = DAR 2020, 358; LG Trier, RVGreport 2016, 385; AG Bremen, Beschl. v. 4.3.2021 – 87 Ds 29/18, AGS 2021, 400 = StV-S 2021, 110; unzutreffend a.A. OLG Karlsruhe, RVGreport 2012, 301 = StRR 2012, 279 = VRR 2012, 319 m. jew. abl. Anm. Burhoff = AGS 2013, 173“.

Wenn ein Beschluss mit Begründung ergeht, hätte ich den natürlich gerne. Und die Frage kommt dann im Rätsel.“

Hier war dann das Rätsel 🙂 . Und, wenn ich schon <<Werebmodus an>> auf Burhoff/Volpert, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, verweise, dann hier auch der Bestelllink 🙂 <<Werbemodus aus>>.

StPO II: Fristversäumung bei der Anhörungsrüge, oder: Wiedereinsetzung, ja aber

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Und als zweite Entscheidung dann etwas vom BayObLG zur Anhörungsrüge.

In dem Verfahren hatte das BayObLG die Revision des Angeklagten verworfen. Der will Anhörungsrüge erheben, versäumt aber die Frist. Er stellt einen Wiedereinsetzungsantrag, der ohne Erfolg bleibt, das BayObLG hat den Antrag im BayObLG, Beschl. v. 26.02.2024 – 203 StRR 511/23 – zurückgewiesen.

„1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 44, 45 StPO hat keinen Erfolg. Der Vortrag des Verurteilten schließt ein eigenes Verschulden an der Fristversäumnis nicht aus. Für die Entscheidung kann der Senat dahin stehen lassen, welcher der sich widersprechenden anwaltlichen Versicherungen Glauben zu schenken ist.

Nach § 356a S. 2 und 3 StPO ist der Antrag auf Zurückversetzung des Verfahrens in die Lage vor der Senatsentscheidung vom 22. Januar 2024 nur zulässig bei Wahrung der dort genannten Frist und Form. Danach ist der Antrag binnen einer Woche nach Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Revisionsgericht anzubringen und zu begründen. Kenntnis von der Gehörsverletzung bedeutet die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Verletzung ergibt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. März 2005 – 2 StR 444/04-, vom 7. März 2006 – 5 StR 362/05 – und vom 16. Mai 2006 – 4 StR 110/05 -, jeweils juris). Der Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung ist vom Antragsteller innerhalb der Wochenfrist glaubhaft zu machen. Ein entsprechender Vortrag im weiteren Verlauf des Verfahrens reicht nicht (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2005 – 2 StR 444/04 –, juris; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 1 StR 633/12 –, juris Rn. 8). Wird die Frist unverschuldet versäumt, ist eine Wiedereinsetzung grundsätzlich möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2021 – 6 StR 238/20 –, juris; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 1 StR 633/12 –, juris). An die Voraussetzungen fehlenden Verschuldens sind im Interesse der Rechtssicherheit bei § 356a StPO hohe Anforderungen zu stellen (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2021 – 6 StR 238/20 –, juris Rn. 6). Der Angeklagte muss sich das Verschulden seines Verteidigers an der Fristversäumung zurechnen lassen (st. Rspr., vgl. BGH a.a.O.; BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 1 StR 633/12 –, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 13. August 2008 – 1 StR 162/08 –, juris; BGH, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 1 StR 381/10 –, juris; Gericke in KK-StPO, 9. Aufl., § 356a Rn. 11; Temming in: Gercke/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 7. Auflage 2023, § 356a StPO Rn. 4).

Danach hat der Verteidiger weder im Schriftsatz vom 8. Februar 2024 noch im Schriftsatz vom 15. Februar 2024 einen Sachverhalt vorgetragen, der ein Verschulden des Verurteilten an der Fristversäumnis ausschließen würde. Der Verteidiger hat es vielmehr vorwerfbar und somit dem Verurteilten zurechenbar versäumt, in seinem Schriftsatz vom 8. Februar 2024 hinreichend dazu vorzutragen, wann der Verurteilte, der selbst Rechtsanwalt ist und den selbst die Pflicht trifft, sich über eröffnete Rechtsbehelfe zu informieren, Kenntnis von dem Senatsbeschluss vom 22. Januar 2024 erlangt hat. Auf diesen Vortrag durfte der Verteidiger bereits in der Antragsschrift vom 8. Februar 2024 nicht verzichten, da es für die Frage der Fristeinhaltung im Sinne des § 356a S. 2 StPO entgegen der Rechtsansicht des Verteidigers nicht auf seine Kenntnis, sondern alleine auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Verurteilten ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2023 – 1 StR 311/23 –, juris Rn. 2).

Somit war die Gehörsrüge vom 8. Februar 2024 – endgültig – unzulässig, weil der anwaltlich vertretene Antragsteller nicht innerhalb der Wochenfrist mitgeteilt sowie nicht glaubhaft gemacht hat und auch sonst nicht ersichtlich ist, wann der Verurteilte vom Verwerfungsbeschluss des Senats vom 22. Januar 2024, der nach dem Abvermerk der Geschäftsstelle am 24. Januar 2024 an diesen abgeschickt worden war, erstmals Kenntnis erlangt hat. Die Mitteilung dieses Tages in der Antragsschrift vom 8. Februar 2024 war unerlässlich, zumal dem Verteidiger mit der Übermittlung des Senatsbeschlusses, den er nunmehr am 1. Februar 2024 erhalten haben will, auch der Hinweis erteilt worden ist, dass der Senatsbeschluss auch unmittelbar seinem Mandanten bekannt gemacht würde. Der Verteidiger hätte bei dieser Konstellation, seinen krankheitsbedingten Ausfall bis zum 1. Februar 2024 unterstellt, am 1. Februar 2024 von einer früheren Kenntniserlangung des – nicht erkrankten – Verurteilten ausgehen müssen, hätte diesen Zeitpunkt mit dem Mandanten klären müssen und hätte mit der Antragstellung nicht bis zum 8. Februar 2024 abwarten dürfen.

Darauf, dass der Verteidiger, die Richtigkeit des Vortrags vom 15. Februar 2024 unterstellt, in seinem Antrag vom 8. Februar 2024 schuldhaft zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung (25. Januar 2024) falsch vorgetragen hätte, kommt es nicht mehr maßgeblich an. Es spielt auch keine Rolle, dass die nicht mit weiteren Beweismitteln unterlegte anwaltliche Behauptung im Schriftsatz vom 15. Februar 2024, er hätte krankheitsbedingt erst am 1. Februar 2024 von dem Senatsbeschluss Kenntnis erlangt, dem Senat als Mittel der Glaubhaftmachung hier nicht genügt hätte, nachdem diese Erklärung in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu der anwaltlichen Behauptung vom 8. Februar 2024 (Kenntniserlangung bereits am 25. Januar 2024) steht.

StPO I: Auf Stellungnahmen muss man nicht warten, oder: Angekündigte Stellungnahme und Frist

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Und dann geht es auf in die neue Woche, und zwar mit zwei Entscheidungen zum rechtlichen Gehör bzw. zur Anhörungsrüge, und zwar der BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 4 StR 239/23.

In der Entscheidung hat der BGH einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden des 4. Strafsenats, der damit begründet war, dass dem Angeklagten keine Fristverlängerung gewährt und kein weiterer Pflichtverteidiger bestellt wordne ist, zurückgewiesen. Zur Ablehnung hier nur der Leitsatz:

Wird die Richterablehnung mit der Vorbefassung des abgelehnten Richters mit der Sache begründet, ist dieser Umstand regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Anders verhält es sich nurbeim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und der damit verbundenen inhaltlichen Äußerung hinausgehen.

Das ist h.M. in der Rechtsprechung. Und der BGH führt dann zur angelehnten Fristverlängerung aus:

„b) Ausgehend von diesen Maßstäben begründet weder die Ablehnung einer Fristverlängerung durch den Vorsitzenden noch die unterlassene Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers die Besorgnis der Befangenheit.

Die in den Ablehnungsgesuchen thematisierten Mitteilungen des Vorsitzenden an den Angeklagten und an seinen Verteidiger Rechtsanwalt S., wonach eine Fristverlängerung nicht in Betracht komme, entsprechen – sowohl im Hinblick auf die Frist des § 345 Abs. 1 StPO als auch des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO – der Gesetzeslage (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2021 – 2 StR 189/21, juris Rn. 4; Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 447/16, NStZ-RR 2017, 148; Beschluss vom 13. Dezember 2007 – 1 StR 497/07, juris Rn. 4). Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Stellungnahmen zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts nach Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO selbst dann nicht abgewartet zu werden brauchen, wenn sie ausdrücklich in Aussicht gestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2021 – 2 StR 189/21, juris Rn. 3; Beschluss vom 30. Juli 2008 – 2 StR 234/08, NStZ-RR 2008, 352). Dies gilt selbst dann, wenn der Beschwerdeführer gleichzeitig um Überlassung der Akten bittet (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 1990 – 4 StR 263/90, juris Rn. 4; Löwe-Rosenberg/Franke, 26. Aufl., § 349 Rn. 20). Die Ablehnung eines weiteren Entscheidungsaufschubs durch den Vorsitzenden war – zumal nach anfänglichem Zuwarten mit einer Entscheidung auf eine entsprechende Eingabe des Angeklagten hin – in Ermangelung eines sachlichen Grundes hierfür unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes sachgerecht.

Gleiches gilt für die von dem Angeklagten angeführten Erwägungen, der Vorsitzende habe ihm einen oder mehrere weitere Pflichtverteidiger beiordnen und für die Übermittlung des Antrags des Generalbundesanwalts an ihn persönlich Sorge tragen müssen. Der Angeklagte ist durch zwei Pflichtverteidiger vertreten. Anhaltspunkte dafür, dass durch diese eine ordnungsgemäße Verteidigung nicht gewährleistet ist, ergeben sich weder aus dem Vortrag des Angeklagten noch sind solche Umstände sonst ersichtlich. Ob ein Verteidiger von der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Antrag des Generalbundesanwalts Gebrauch macht, obliegt allein seiner Verantwortung (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 349 Rn. 20 mwN). Eine Pflicht des Revisionsgerichts oder des Vorsitzenden, auf die Abgabe einer Stellungnahme nach § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO hinzuwirken, existiert ebenso wenig wie eine solche zur zusätzlichen Übermittlung der Antragsschrift nach § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO an den verteidigten Beschwerdeführer persönlich (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2001 – 5 StR 278/01, juris Rn. 1 mwN).“

Und das hat der BGh dann später noch einmal im BGH, Beschl. v. 14.02.2024 – 4 StR 239/23 – bestätigt.

Wochenspiegel für die 26. KW., mit KI bei FB, DSGVO, Weisheit des Vaters und KCanG/CanG

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Und dann hier der allwöchentliche Spiegel/Überblick, über das, was in anderen Blogs so berichtet worden ist. Das war:

    1. BGH: Für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit ist regelmäßig ein Streitwert von 50.000 EURO angemessen

    2. Chatkontrolle: Massenüberwachung – Nein danke!

    3. OLG Celle: Massenverfahren gegen Musikstreamingdienst wegen DSGVO-Verstößen – Jeweils Streitwert von 300 EURO für Unterlassungsanspruch, Feststellungsanspruch und Auskunftsanspruch

    4. noyb vs. Meta geht in die nächste Runde – Diesmal geht’s um KI

    5. Die Weisheit des Vaters

    6. Plattformen haften für Beleidigungen nur nach konkretem Hinweis

    7. DSGVO-Schadensersatz EuGH stärkt erneut Verbraucherrechte

    8. OLG Bamberg: Keine Eilbedürftigkeit nach Löschung einer negativen Google-Kundenbewertung und Beendigung der Teilnahme am Local Guide-Programm

    9. OLG Bamberg: Bei Fitnessverträgen muss Gesamtpreis für gesamte Laufzeitzeit angegeben werden, Monatspreis unzureichend

    10. und dann hier aus meinem Blog: Neuigkeiten zum CanG/KCanG III: Einziehung, oder: Überschreiten der erlaubten nicht geringen Menge