Archiv für den Monat: November 2022

Beweisanzeichen für eine Unfallmanipulation, oder: Unfall auf einem Parkplatz ohne Zeugen

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Die zweite Entscheidung des Tages, der OLG Schleswig, Beschl. v. 12.10.2022 – 7 U 62/22 – äußert sich mal wieder zur sog. „Unfallmanipulation“.

Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf materiellen Schadenersatz aufgrund eines behaupteten Verkehrsunfallgeschehens vom 12.01.2021 gegen 18:00 Uhr auf dem Parkplatz eines X-Marktes in Y. in Anspruch. Inzwischen ist unstreitig, dass es zu einer Kollision zwischen dem dort abgestellten Pkw Mercedes-Benz S 320 CDI des Klägers und einem von der Beklagten zu 1) gehaltenen, von dem Zeugen Ü1 geführten und bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflichtschäden versicherten Transporter Mercedes-Benz Vito gekommen ist. Dies soll beim Einfahren des Transporters in die Parklücke neben dem klägerischen Fahrzeug geschehen sein. Der Kläger hat behauptet, es könne Bodenglätte geherrscht haben und der Zeuge Ü1 habe beim Einparkversuch die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Anschließend sei er wieder aus der Parklücke herausgefahren und dabei erneut an das klägerische Fahrzeug gestoßen. Am Kollisionsort habe er nur einen Zettel mit einer Telefonnummer vorgefunden.

Der Kläger hat einen Schaden in Höhe von 9.723,31 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Darüber hinaus hat er die Feststellung begehrt, dass für den Fall der Instandsetzung seines Fahrzeugs die Beklagten zur Zahlung von Nutzungsausfall und Mehrwertsteuer, soweit angefallen, verpflichtet sind. Die Beklagte ist dem entgegengetreten mit der Behauptung, es habe sich um ein manipuliertes Geschehen gehandelt.

Das LG hat abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Beschädigungen des klägerischen Fahrzeuges nicht einem Unfall im Rechtssinne geschuldet seien, sondern es sich vielmehr um ein verabredetes Geschehen gehandelt habe. Dagegen dann die Berufung, die beim OLG keinen Erfolg hatte:

„Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Dort hat der Senat (u.a.) ausgeführt:

„Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO

Mit der Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur geltend gemacht werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers zeigt weder das Vorliegen des einen noch des anderen Berufungsgrundes auf.

Vielmehr hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, der der Senat beitritt, die Klage abgewiesen.

Das Landgericht hat sich davon überzeugt gezeigt, dass es sich bei dem streitigen Geschehen nicht um einen Unfall im Rechtssinne – also ein plötzliches, von außen kommendes Ereignis – gehandelt hat, sondern die Beschädigung des klägerischen Pkws mit dessen Einverständnis erfolgte, so dass die – zweitinstanzlich unstreitige – Kollision der beteiligten Fahrzeuge nicht geeignet war, Schadenersatzansprüche zugunsten des Klägers zu generieren.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landgericht den anzulegenden Beweismaßstab, nämlich die Überzeugung i.S.v. § 286 ZPO davon, dass – und warum – ein manipuliertes Geschehen vorliegt, nicht verkannt. In der gebotenen Gesamtschau der für oder gegen ein manipuliertes Geschehen sprechenden (Indiz-)Tatsachen ist „das Gericht bei lebensnaher Betrachtung von dem Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls überzeugt“ (S. 5 vorletzter Absatz VU). Auch auf Seite 7 (Mitte VU) weist das Landgericht auf seine Überzeugung im Rahmen der Gesamtschau nach dem Maßstab des § 286 ZPO hin. Es ist auch tatsächlich nicht zu erkennen, dass das Landgericht – entgegen der Auffassung des Klägers – einen anderen als den Beweismaßstab des § 286 Abs. 1 ZPO angelegt hat. Vielmehr hat sich das Landgericht objektiv von der Wahrheit der Behauptung der Beklagten überzeugt gezeigt, worauf sich auch die persönliche Gewissheit des Landgerichts bezieht. Dies ist nötig, aber auch ausreichend, denn zur Überzeugungsbildung i.S.v. § 286 ZPO von einer Unfallmanipulation bedarf es dabei (lediglich) einer Gewissheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, nicht hingegen einer mathematisch lückenlosen Gewissheit (OLG Schleswig, Urteil vom 15.06.2021, Az. 7 U 204/21, juris Rn. 33 m.w.N.).

Dabei ist ergänzend zu den Ausführungen des Landgerichts, die Überzeugungsbildung von einer Unfallmanipulation noch unterstreichend, darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dipl.-Ing. H1 in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.01.2022 ausgeführt hat, dass sich das gesamte Anstoßgeschehen nahezu längsachsenparallel zugetragen hat mit einer Schrägstellung zwischen den Längsachsen der beteiligten Fahrzeuge von maximal 2 Grad, wobei auffällig ist, dass nach einer Trennung der Fahrzeuge infolge des Radanstoßes die Anstoßschäden etwa in Höhe der Mitte der rechten Fondtür wieder einsetzen und an Intensität bis zur Annäherung an die B-Säule zunehmen. Dies spricht ganz offensichtlich für ein bewusstes Weiterfahren nach der Kollision und lässt sich mit einem vom Kläger und auch vom Zeugen Ü1 behaupteten „Ausrutschen“ infolge Glätte überhaupt nicht erklären. Vielmehr (S. 16 des Gutachtens) bedurfte es zur Generierung des vorliegenden Schadenbildes einer fortgesetzten Lenkbewegung des Vito nach links durch den Zeugen Ü1.

Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei den beteiligten Fahrzeugen um die geradezu klassische Konstellation für ein manipuliertes Unfallgeschehen handelt.

Die Schäden am klägerischen Fahrzeug lassen sich mit Spachtel und Farbe für „kleines Geld“ unproblematisch durch Privatreparaturen beseitigen. Der mögliche Gewinn – bei erfolgreicher Manipulation – liegt als Motiv auf der Hand.

Dass es schon ungewöhnlich erscheint, dass in einer kleinen Ortschaft südlich von I. zwei Npp.er auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes Beteiligte eines „Unfalles“ werden, sei nur am Rande – und ohne dass es die beabsichtigte Entscheidung trägt – angemerkt.“

Die im Anschluss daran erfolgten Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.09.2022 führen zu keinem anderen Ergebnis.

Maßgeblich für die Überzeugungsbildung davon, dass es sich um einen manipulierten Unfall handelt – wobei es nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht des Nachweises der Bekanntschaft der Beteiligten bedarf – ist die Gesamtschau der (Indiz-) Tatsachen.

Dazu gehört auch eine wenig plausible Fahrtstrecke des zum Unfallzeitpunkt offenbar in N. wohnenden Klägers, der auf dem Weg von I. nach E. in Y. zum Einkaufen angehalten haben will. Abgesehen einmal davon, dass es sowohl in I. als auch in E. hinreichend Gelegenheiten zum Einkaufen gibt, liegt Y. nicht auf dem üblichen Weg von I. nach E., der über die A pp. führt.

Auffällig ist – wie schon vom Landgericht ausgeführt – auch das Verhalten des Klägers nach dem vermeintlichen Unfall; er fotografiert zwar einen Zettel, der in der Folge nicht mehr auffindbar ist, nicht aber die Örtlichkeiten, insbesondere die Stellung seines Fahrzeuges.

Die vom Kläger vermissten Zahlen, die die finanzielle Motivation darstellbar machen, lassen sich anhand des Gutachtens der S GmbH unschwer nachvollziehen. Der Sachverständige legt für eine fachgerechte Reparatur den Stundenverrechnungssatz einer Markenwerkstatt mit 131,40 € netto zugrunde; die Lohnkosten belaufen sich insgesamt auf 3.915,90 € netto. Zudem setzt der Sachverständige eine neue Tür hinten rechts mit 1.600,64 € netto an, zudem UPE-Aufschläge auf Ersatzteile mit 10%.

Bei einer „Reparatur“ unter der Hand bzw. in einer nicht markengebundenen Werkstatt dürfte sich allein bei diesen Positionen ein „Gewinn“ von ca. 4.000,- € erzielen lassen. Fiktiv abgerechnet kann man deshalb von einem „lukrativen Seitenschaden“ sprechen (vgl. auch LG Essen, Urteil vom 18.08.2022, 3 O 67/19, Juris, bei einer ähnlichen Konstellation).

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass er weder das Aussageverhalten des Zeugen Ü1 noch dessen Fahrweise beeinflussen könne, mag dies vordergründig zutreffen; typisch für manipulierte Unfälle ist aber nun einmal, dass sie auf erste Sicht „normalen“ Unfällen entsprechen, sich aber im Detail Ungereimtheiten zeigen, die in ihrer Summe schließlich die Überzeugung von einem manipulierten Geschehen zulassen. So eben auch hier.“

Besitzverlust durch unbegleitete Probefahrt ?, oder: Überwachungsmöglichkeit durch SIM-Karte?

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Und heute im „Kessel Buntes“ mal wieder etwas (Verkehrs)Zivilrecht, und zwar zunächst das OLG Celle, Urt. v. 12.10.2022 – 7 U 974/21 – zum gutgläubigen Erwerb eines bei einer unbegleiteten Probefahrt entwendeten Kf. Also mal ein wenig Sachenrecht.

Folgender Sachverhalt: Die Beklagte handelt gewerblich mit Kraftfahrzeugen. Sie überließ einen Audi Q5 an einen angeblichen Kaufinteressenten für eine einstündige Probefahrt. In dem Fahrzeug waren zwei Sim-Karten verbaut, die eine Ortung durch die Polizei mit Unterstützung der Herstellerin grundsätzlich ermöglichen. Die Beklagte behielt die Zulassungsbescheinigung Teil II und einen Zweitschlüssel. Der Interessent, der falsche Personalien angegeben hatte, kehrte mit dem Fahrzeug von der Probefahrt nicht zurück.

Rund zwei Wochen später erschien der Kläger bei der Polizei und legte gefälschte Zulassungspapiere vor. Die StA gab das in Verwahrung genommene Fahrzeug an die Beklagte heraus, die es sodann für 35.000 €, worin 16 % von der Beklagten abgeführte Umsatzsteuer enthalten waren, an einen Dritten veräußerte. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung jenes Betrags.

Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug sei über Ebay für 32.550 EUR zum Verkauf angeboten worden. Mit dem Anbieter habe er ein Treffen in H. vereinbart. An dem von dem Anbieter genannten Treffpunkt in einem Wohngebiet sei er wegen des Verkehrs zu spät angekommen. Der Anbieter habe ihm telefonisch erklärt, nun nicht mehr in H. zu sein und nicht persönlich kommen zu können. Seine Partnerin würde aber kommen. Er habe sich von ihr den Personalausweis vorlegen lassen. Dabei handelte es sich – unstreitig – um einen echten, der eingetragenen Person entwendeten Personalausweis. Die Verkäuferin habe der Frau auf dem Lichtbild ähnlich gesehen, auf diesem sei sie etwas pummeliger gewesen. Zweifel an der Identität habe er nicht gehabt. Wegen Abweichungen zu der in dem Inserat angegebenen Ausstattung habe er sich mit der Frau bzw. telefonisch mit dem Mann auf 31.000 EUR geeinigt. Die übergebenen Fahrzeugpapiere hätten auf ihn echt gewirkt. Ein fehlender Zweitschlüssel, den der Mann dabei gehabt haben solle, habe ihm nachgesandt werden sollen. Das Geld habe er in bar übergeben.

Die Beklagte hat den von dem Kläger geschilderten Erwerbsvorgang mit Nichtwissen bestritten. Sie hat behauptet, die Fälschung der Papiere sei erkennbar gewesen.

Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von 35.000 EUR nebst verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Besitz an dem Fahrzeug freiwillig aufgegeben. Der Kläger habe das Eigentum daran gutgläubig erlangt. Die Fälschung der Fahrzeugpapiere sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen. Die verdächtigen Umstände reichten weder für sich noch in der Gesamtschau aus, dem Kläger grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Ein gutgläubiger Erwerb des Klägers scheide aus, weil ihr das Fahrzeug abhanden gekommen sei. Aufgrund der SIM-Karten habe sie Sachherrschaft behalten. Darüber hinaus habe der Kläger die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs nicht bewiesen. In jedem Falle müsse die von ihr abgeführte Umsatzsteuer von dem Verkaufserlös abgezogen werden.

Das LG hat der Klage im Kern stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist bis auf eine Korrektur zur Höhe des Betrags erfolglos geblieben.

Hier die Leitsätze des OLG zur der Entscheidung:

1. Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht durch technische Vorrichtungen, die einer Begleitung vergleichbar sind, gesicherten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine Dauer von einer Stunde ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust (Anschluss an BGH, Urt. v. 18.9.2020 – V ZR 8/19).

2. Die durch den Einbau von zwei SIM-Karten eröffnete Überwachungsmöglichkeit stellt jedenfalls dann keine technische Vorrichtung dar, die einer Begleitung vergleichbar wäre, wenn die eingebauten SIM-Karten nicht dem Eigentümer, sondern nur der Polizei mit Unterstützung der Fahrzeugherstellerin eine Ortung ermöglichen (Fortführung von BGH, Urt. v. 18.9.2020 – V ZR 8/19).

Ich habe da mal eine Frage: Welcher Lohn bei Hilfe bei der „Auskehrung des Verwertungserlöses“?

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Und dann noch die Gebührenfrage, die heute etwas umfangreicher – und auch schwieriger – ist. Da habe ich wegen der Antwort, die dann Montag kommt, mit meinem Co-Autor aus dem RVG-Kommentar, J. Volpert, „konferiert“.

Hier die Frage:

Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

vielleicht können Sie sich der Fragestellung annehmen, welche Vergütung der Rechtsanwalt beanspruchen kann, der als Tätigkeit den Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses gemäß § 459h Abs. 1 i.V.m. § 459k StPO geleistet hat. Für Ihre Einschätzung hierzu wäre ich Ihnen sehr verbunden.

Zum Sachverhalt:

Wir vertreten die rechtlichen Interessen eines Kapitalanlegers, der uns mit der Geltendmachung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen wegen einer von ihm getätigten Anlage in Schuldverschreibungen beauftragt hat. Unser Mandant wurde als Anleger durch sein Investment in die Schuldverschreibungen geschädigt. Den investierten Anlagebetrag hat unser Mandant verloren. Die Anlage war – entgegen der insoweit falschen Prospektierung – wirtschaftlich nie tragfähig. Es stellte sich heraus, dass unser Mandant Opfer eines Kapitalanlagebetrugs wurde.

Wir haben für unseren Mandanten Klage gegen die Verantwortlichen des Kapitalanlagebetrugs erhoben und auf diese Weise die vermögensrechtlichen Schadensersatzansprüche unseres Mandanten in Höhe des Anlagebetrages zivilrechtlich geltend gemacht.

Zwischenzeitlich hat das Strafgericht die Verantwortlichen zu langjährigen Freiheitsstrafen u.a. wegen Kapitalanlagebetruges zum Schaden und Nachteil der Anleger in die Schuldverschreibungen verurteilt. Außerdem wurden rechtskräftige Einziehungen des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c StGB  gegen die Straftäter angeordnet.

Die Staatsanwaltschaft hat die Mitteilung gemäß § 459i StPO veröffentlicht und erklärt, dass die Geschädigten ihre Ansprüche gerichtet auf Auskehrung des Verwertungserlöses im Strafverfahren geltend machen können gemäß §§ 459h Abs. 1, 459k StPO.

Wir wurden deswegen von unserem Mandanten, bei dem es sich um einen Verletzten in dem Strafverfahren handelt, damit beauftragt, gemäß § 459h Abs. 1 i.V.m. § 459k StPO dessen Entschädigungsanspruch bzw. Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses anzumelden und auf diese Weise im Strafverfahren geltend zu machen.

Wir haben entsprechend des erteilten Mandats sodann die den Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses gemäß § 459h Abs. 1 i.V.m. § 459k StPO im Strafverfahren auch geltend gemacht. Unsere anwaltliche Tätigkeit im Strafverfahren war hierauf beschränkt. Wir wurden mit keiner weiteren Tätigkeit im Strafverfahren beauftragt und haben keine weitere Tätigkeit im Strafverfahren geleistet.

Es stellt sich nun folgende Frage: Welche Vergütung kann der Rechtsanwalt für die Anmeldung des Anspruchs auf Auskehrung des Verwertungserlöses gemäß § 459h Abs. 1 i.V.m. § 459k StPO beanspruchen?“

Neufassung der Kostenentscheidung durch den BGH, oder: Wenn der Angeklagte unbillig belastet wird

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In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 27.07.2022 – 1 StR 145/22 – nimmt der BGh zur Frage der Neufassung einer Kostenentscheidung durch ihn und zur Unbilligkeit der Belastung des Angeklagten mit Verfahrenskosten Strellung.

Das LG hatte die – im zweiten Rechtsgang – nicht revidierende Mitangeklagte N. sowie die Angeklagten D. und P. im ersten Rechtsgang wegen versuchten Mordes verurteilt. Gegen die Mitangeklagte N. hatte das LG eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, gegen die Angeklagte D. eine solche von einem Jahr und neun Monaten sowie gegen den Angeklagten P. eine solche von einem Jahr und sechs Monaten verhängt; die Vollstreckung der gegen die Angeklagten D. und P. verhängten Freiheitsstrafen hatte es zur Bewährung ausgesetzt. Auf die Revision der Mitangeklagten N.  hatte der BGH dieses Urteil – unter Erstreckung auf die Angeklagten D. und P. – gemäß § 357 Satz 1 StPO – mit den Feststellungen aufgehoben (BGH, Urt. v. 19.8.2020 – 1 StR 474/19, NJW 2021, 326 = StraFo 2021, 80).

Im zweiten Rechtsgang hat das LG die Angeklagten D. und P. dann wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt und gegen die Angeklagte D. eine Freiheitsstrafe von vier Monaten und gegen den Angeklagten P.  eine solche von zwei Monaten verhängt, deren Vollstreckung es jeweils zur Bewährung ausgesetzt hat. In der Kostenentscheidung hatte das LG u.a. bestimmt, dass die Angeklagten ihre eigenen notwendigen Auslagen selbst sowie von den übrigen Verfahrenskosten als Gesamtschuldner ein Drittel zu tragen. Dagegen haben die Angeklagten Revision eingelegt, die keinen Erfolg hatte. Die von Angeklagten ebenfalls erhobenen Kostenbeschwerden hatten hingegen teilweise Erfolg:

„1. Der Generalbundesanwalt hat zu der Kostenbeschwerde der Angeklagten D. Folgendes ausgeführt:

„l. Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist die Frist des § 311 Abs. 2 1. Halbsatz StPO gewahrt. Der Senat ist gemäß § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO auch zur Entscheidung berufen.

Il. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

1. Das Landgericht hat im Ansatz zutreffend erkannt, dass bei der Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung und vorläufigen Einstellung des weiteren Verfahrens gemäß §§ 154, 154a StPO aufgrund der zur Hauptverhandlung zugelassenen und den Vorwurf des Mordes durch Unterlassen in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung zum Gegenstand habenden Anklage (SA Bd. Il BI. 455 ff. und SA Bd. IV BI. 957) ob des darin liegenden fiktiven Teilfreispruchs (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juni 1991 – 1 StR 267/91 -, juris Rn. 10) vom gravierenden Verbrechenstatbestand mit allein dazu eingeholten mehreren Sachverständigengutachten eine Entscheidung nach § 465 Abs. 2 StPO veranlasst war (UA S. 131 f.). Im Grundsatz ebenfalls nicht fehlgehend hat es zu einer Bruchteilsentscheidung nach § 464d StPO optiert. In der Sache kann die Entscheidung gleichwohl keinen Bestand haben.

So lässt sie bereits nicht erkennen, dass sich das Landgericht der Regelung des § 465 Abs. 2 Satz 3 StPO bewusst war, welche eine Billigkeitsentscheidung nach § 465 Abs. 2 Satz 1 StPO auch für die notwendigen Auslagen der Angeklagten zulässt. Jene Möglichkeit wurde vom Landgericht nicht erwogen, obgleich dazu wie bei den Verfahrenskosten Veranlassung bestand. Weiter erschließt sich die konkrete Quotierung [1/3 Angeklagte D., P. und N. als Gesamtschuldner und 2/3 Staatskasse] nicht, weil das Landgericht nicht näher erläutert hat, von welchen Eckwerten es bei seiner Schätzung ausgegangen ist. Allein anhand der floskelhaft anmutenden Formulierung, mit der Abänderung des Schuldspruchs vom versuchten Mord durch Unterlassen in unterlassene Hilfeleistung sei ein erheblicher Erfolg erzielt worden (UA S. 132), ist die Ermessensentscheidung des Tatrichters nicht durchschau- und überprüfbar. Insoweit wäre es vielmehr angezeigt gewesen, konkret bezogen auf den Tatvorwurf des versuchten Mordes durch Unterlassen die allein dadurch veranlassten besonderen Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen der Angeklagten festzustellen und diese ins Verhältnis zu denjenigen Auslagen der Staatskasse und notwendigen Auslagen der Angeklagten zu setzen, die bei einer Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht wegen des zur Verurteilung gelangten Straftatbestands angefallen wären (vgl. Gieg in Karlsruher Kommentar, 8. Auflage, § 465 Rn. 5; Schmitt, aaO, § 465 Rn. 7; Bader in Kleinknecht/Müller/Reitberger, StPO, § 465, 103. EL Rn. 11; Degener in Systematischer Kommentar, StPO, 5. Auflage, § 465 Rn. 22 ff.).

2. Eingedenk der vorstehend skizzierten unzulänglichen Tatsachenfeststellung im Urteil ist der Senat nicht gehalten, sich die für eine Kosten- und Auslagenentscheidung nach Bruchteilen maßgeblichen Feststellungen anhand des Akteninhalts selbst zu erschließen und eine neue Bruchteilsentscheidung zu treffen, die sodann den konkreten Umständen des Falls im vorgenannten Sinne Rechnung trägt. Vielmehr könnte er die in Rede stehende Kosten- und Auslagenentscheidung – schlicht – aufheben und an die Vorinstanz zurückverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1974 – 3 StR 298/74 -, juris Rn. 2 ff.).

3. Im Ergebnis erscheint ein Absehen von einer Sachentscheidung jedoch nicht angezeigt, weil der Senat nicht auf eine Bruchteilsentscheidung festgelegt ist. Eine solche nach § 464d StPO zugelassene Verteilung der Auslagen der Staatskasse und der notwendigen Auslagen der Angeklagten ist nicht verpflichtend. Sie steht im pflichtgemäßen Ermessen und erlaubt gerade in Fällen wie dem vorliegenden, bei dem die abgrenzbaren besonderen Auslagen nicht einfach zahlenmäßig zu bestimmen sind, weiterhin die Anwendung der Differenzmethode (vgl. Gieg, aaO, § 464d Rn. 3). Bei letzterer ist – lediglich – die Entstehungsursache der abzugrenzenden besonderen Auslagen im Rahmen der Kostenentscheidung zu benennen, worauf erst im Kostenfestsetzungsverfahren deren zahlenmäßige Bestimmung erfolgt (vgl. Schmitt, aaO, § 465 Rn. 8).

Eine solche Kostenentscheidung nach dem Differenzverfahren ist veranlasst, weil diese ob der im Urteil für die Kostenentscheidung gemäß § 464 Abs. 3 Satz 2 StPO bindend getroffenen Feststellungen – einfach – möglich ist. Eingedenk des eklatanten Auseinanderfallens des Anklagevorwurfs wegen eines der Zuständigkeit des Schwurgerichts unterfallenden Verbrechens und der Verurteilung wegen eines in die Zuständigkeit des Strafrichters fallenden Vergehens sowie der Einholung mehrerer Sachverständigengutachten ausschließlich zu der (für die Angeklagte günstig ausgegangenen) Frage der Kausalität der Medikamentenverwechselung für das Versterben des Geschädigten Pi. liegt es offen zu Tage, dass auf den fiktiven Teilfreispruch sowohl abgrenzbare besondere Auslagen der Staatskasse als auch abgrenzbare besondere notwendige Auslagen der Angeklagten in beträchtlichem Umfang entfallen sind. Ebenfalls unzweifelhaft stellte es eine unbillige Härte (vgl. Degener, aaO, § 465 Rn. 25) dar, wenn die Angeklagte mit jenen belastet würde.“

Dem schließt sich der Senat an.“

Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., oder: Soeben eingetroffen …….

Und da ist es dann. Pünktlich wie angekündigt – gerade eingetroffen. Das erste Exemplar von

Burhoff/Grün (Hrsg.),
Messungen im Straßenverkehr,
6. Aufl. 2023

Es ist immer wieder „bewegend“ 🙂 , das erste Exemplar einer Neuauflage auspacken zu können/dürfen. Steckt ja auch immer eine besondere Mühe/arbeit drin, bis so ein Werk dann endlich gedruckt vorliegt. Obwohl ich dieses Mal weniger Arbeit hatte. Das Schwergewicht lag ja bei den Mitstreitern der VUT aus Saarbrücken. Von denen gibt es übrigens zu der Neuauflage auch noch ein E-Book zu ganz neuen Entwicklungen, die sich nach Redaktionsschluss ergeben haben. Das kann man dann downloaden. Also Dank an die VUT und natürlich an die Produktmanagerin aus dem Verlag – früher sagt man „Lektorin“ 🙂 – Frau Göhring, die auch dieses Werk wieder betreut hat.

Und natürlich gibt es einen Link <<Werbemodus an>>, wo man das Buch bestellen kann. Nämlich hier auf der Bestellseite meiner HP. Preis übrigens 114 EUR – weniger ging wegen der erheblich gestiegenen Kosten nicht. <<Werbemodus aus>>. Und bevor Nachfragen kommen: Ja, die „Buchseite“ auf der HP ist nocht nicht aktualisiert.

So, und nun allen, die mit dem Buch demnächst arbeiten wollen/werden/müssen: Viel Erfolg und Spaß