Archiv für den Monat: Juli 2022

U-Haft I: Nachlässigkeiten begründen keine Flucht, oder: (Hohe) Straferwartung reicht allein nicht

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Ich habe seit längerem keine Beschlüsse zur U-Haft mehr vorgestellt. Jetzt hat sich einiges angesammelt, das ich heute vorstellen möchte.

An der Spitze der („schöne“) OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.07.2022 – 4 Ws 302/22, den mir der Kollege Stehr aus Göppingen geschickt hat.

Der Kollege verteidigt in einem Verfahren wegen eines Vergewaltigungsverdachts. Der Angeklagte hat sich zunächst aufgrund eines auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehls vom 03.07.2019 bis zum 02.09.2019 in Untersuchungshaft befunden.

Im ersten Rechtsgang hat das LG den Angeklagten mit Urteil vom 09.12. 2020 der Vergewaltigung schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung anderweitig verhängter Geldstrafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, sechs Monaten und zwei Wochen verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der BGH das Urteil des LG mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen. Mit Beschluss vom 29.10.2021 hat die nunmehr zuständige Strafkammer des LG den Haftbefehl vom 03.07.2019 mangels dringenden Tatverdachts sowie aus Verhältnismäßigkeitserwägungen aufgehoben. In der Folge wurde zur Vorbereitung der neuen Hauptverhandlung ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches dann am 09.05.2022 bei Gericht einging.

Am 02.06.2022 beantragte die Staatsanwaltschaft, gegen den Angeklagten einen neuerlichen Haftbefehl zu erlassen. Der Angeklagte sei aufgrund des zwischenzeitlich vorliegenden Gutachtens dringend tatverdächtig. Zudem bestehe der Haftgrund der Flucht. Der Angeklagte sei seit dem 07.03.2022 nicht auffindbar. Das LG hat sodann am 09.06.2022 gegen Angeklagten einen auf den Haftgrund der Flucht gestützten Haftbefehl erlassen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das LG zudem das Verfahren wegen unbekannten Aufenthalts des Angeklagten vorläufig eingestellt. Zugleich verfügte der stellvertretende Kammervorsitzende die formlose Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Verfahrensbeteiligten. Diese Verfügung wurde am 13.06.2022 ausgeführt.

Nur zwei Tage später, am 15.06.2022, hat der Kollege dann der Strafkammer telefonisch mitgeteilt, dass es eine ladungsfähige Anschrift des Angeklagten gebe, unter der dieser auch erreicht werden könne. Diese Anschrift hat der Verteidiger sodann noch am selben Tag schriftsätzlich übermittelt. Daraufhin hat die Strafkammer eine polizeiliche Überprüfung der vom Verteidiger mitgeteilten Anschrift in Auftrag gegeben. Die Überprüfung hat ergeben, dass der Angeklagte dort tatsächlich wohnhaft war. Am Briefkasten war sein Name angebracht und eine Hausmitbewohnerin hat gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten seine regelmäßige Anwesenheit bestätigt. Am 23.06.2022 nehmen Polizeikräfte den Angeklagten an der zuvor von seinem Verteidiger mitgeteilten Adresse fest. Der Angeklagte wurde zunächst dem AG vorgeführt, welches den Haftbefehl aufrecht erhielt und in Vollzug setzte. Nachdem der Angeklagte dies beantragt hatte, wurde er in der Folge am 01.07.2022 dem LG vorgeführt. Die Strafkammer hat Haftfortdauer angeordnet.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde, der die Strafkammer nicht abgeholfen hat. Das Rechtsmittel hatte beim OLG Erfolg. Das OLG bejaht den dringenden Tatverdacht, hat aber das Vorliegen eines Haftgrundes verneint. Der Angeklagte sei nicht flüchtig im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO (gewesen):

„2. Es fehlt jedoch an einem Haftgrund. Der Angeklagte war nicht flüchtig im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO.

a) Zwar war der Angeklagte nicht nur in vorliegender Sache, sondern auch in weiteren Verfahren für die Strafverfolgungsbehörden einige Zeit nicht erreichbar. Auch hat er es versäumt, seine aktuelle Anschrift mitzuteilen bzw. sich ordnungsgemäß umzumelden. Dies rechtfertigt die Anordnung bzw. Fortdauer der Untersuchungshaft jedoch nicht.

Denn der Haftgrund der Flucht ist nicht schon dann gegeben, wenn sich der Beschuldigte von seinem bisherigen Lebensmittelpunkt absetzt. Vielmehr muss in subjektiver Hinsicht hinzukommen, dass der Wechsel des Wohn- oder Aufenthaltsortes erfolgt, um zumindest auch in einem Strafverfahren unerreichbar zu sein und sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen (BeckOk StPO/Krauß, 43. Ed., § 112, Rn. 18). Es muss sich aus den Gesamtumständen der Wille des Angeklagten ergeben, sich dem Verfahren nicht stellen zu wollen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Dezember 2016 – 2 Ws 343/16, BeckRS 2016, 110810, Rn. 42). Bloße Nachlässigkeit, und sei sie auch noch so unverständlich, begründet den Haftgrund der Flucht dagegen nicht.

b) Gemessen hieran erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtsfehlerhaft.

Gegen ein zielgerichtetes Untertauchen spricht schon, dass der Angeklagte an seiner neuen Wohnung sowohl am Klingelschild als auch auf dem Briefkasten jeweils seinen Namen anbrachte. Dies ergibt sich zum einen aus den vorgelegten Lichtbildern, zum anderen aber auch aus den im Rahmen der polizeilichen Anschriftenüberprüfung gewonnenen Erkenntnissen. Dass es sich nicht um eine Scheinanschrift handelte, belegen überdies die Angaben einer von den Polizeibeamten befragten Hausbewohnerin, die die regelmäßige Anwesenheit des Angeklagten in seiner Wohnung ausdrücklich bestätigte. Weiter konnte der Angeklagte problemlos und ohne dass es besonderer Fahndungsmaßnahmen bedurft hätte zeitnah an seiner Wohnanschrift festgenommen werden.

Hinzu kommt, dass der Angeklagte über seinen Verteidiger unmittelbar nach dem Erlass des Einstellungsbeschlusses sowohl telefonisch als auch schriftsätzlich seine neue Anschrift mitteilen ließ. Er hat seine Wohnanschrift gegenüber dem Landgericht also nicht länger verschwiegen oder gar zu verheimlichen versucht, sondern diese im Gegenteil sogar aktiv offenbart.

All dies spricht gegen die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass das Verfahren gegen ihn aufgrund seines Wohnsitzwechsels nicht durchgeführt werden kann, zumal sein Aufenthaltsort vor Erlass des Haftbefehls leicht über eine Anfrage bei seinem Verteidiger hätte abgeklärt werden können.

3. Darüber hinaus sind auch keine anderen Haftgründe ersichtlich.

Verdunkelungsgefahr liegt ersichtlich nicht vor und es sind auch keine hinreichend konkreten Tatsachen ersichtlich, auf die die Annahme von Fluchtgefahr im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gestützt werden könnte. Zwar hat der Angeklagte im Fall der Verurteilung eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe zu gewärtigen, wenngleich dann im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen wäre, dass die Tat zwischenzeitlich mehr als drei Jahre zurückliegt. Zudem vermag die Straferwartung alleine Fluchtgefahr ohnehin nicht zu begründen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 112, Rn. 24). Darüber hinaus hat sich der Angeklagte — wohl wissend, dass ihm eine erhebliche, nicht mehr bewährungsfähige Freiheitsstrafe droht — dem bisherigen Verfahren gestellt. Insbesondere ist er zu den Hauptverhandlungsterminen jeweils erschienen, ohne dass dies durch Zwangsmaßnahmen sichergestellt werden musste. Der Umstand, dass er sich an zwei Verhandlungstagen nicht unerheblich verspätete, rechtfertigt die Annahme von Fluchtgefahr nicht.

Weiter kommt hinzu, dass der Angeklagte auch dann keine Fluchtvorbereitungen traf, als der stellvertretende Vorsitzende in einem mit dem Verteidiger geführten Telefonat am 1. Ju-ni 2022 signalisierte, dass eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich aus Sicht der Straf-kammer wohl nicht in Betracht komme. Dennoch ließ der Angeklagte, unmittelbar nachdem der Einstellungsbeschluss ergangen war, von seinem Verteidiger seine aktuelle Anschrift mitteilen. Auch blieb er in der Folge dort aufhältig. Fluchtgefahr scheidet deshalb aus.“

Der Entscheidung ist nichts hinzuzufügen, außer, dass sie zutreffend ist. Sie ist zudem ein schöner Beweis, dass die Kontrollmechanismen auch im Haftrecht (noch) funktionieren. Man ist zudem erfreut über den Hinweis des Senats an die Strafkammer, dass man die Anschrift des Angeklagten beim Verteidiger hätte abklären können. Das OLG geht also wohl von der Notwendigkeit eines solchen Anfrage aus, wobei dahin gestellt bleiben soll, ob darauf eine Antwort erfolgt. Aber: Fragen kann man ja mal.

Zu begrüßen ist auch die Auffassung des OLG, dass alleine die – eine „hohe“ – Straferwartung nicht ausreicht, um die Fluchtgefahr zu begründen. Dabei geht es hier – die Vorstellungen der Strafkammer als richtig unterstellt – um ein Strafe von mehr als zwei Jahre bis zu der im ersten Rechtsgang verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, sechs Monaten und zwei Wochen. Das ist eine Strafhöhe, bei der andere Gerichte ohne Probleme Fluchtgefahr angenommen hätten. Dazu nachher mehr.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Bei mehreren Nebenklägern ggf. nur die 0,3 Erhöhung oder ggf. auch mehr?

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Am Freitag hatte ich nach der Antwort auf:  Ich habe da mal eine Frage: Bei mehreren Nebenklägern ggf. nur die 0,3 Erhöhung oder ggf. auch mehr?,  gesucht.

Ich hatte dem Fragesteller auf seine Frage wie folgt geantwortet:

„Vorab: Für die HV stellt sich die Frage der Erhöhung um 0,3 nicht, da nach der Nr. 1008 nur die „Verfahrens- oder Geschäftsgebühr“ erhöht werden.

Wegen der Erhöhung der „Verfahrens- und Geschäftsgebühr“ verweise ich auf den RVG-Kommentar Teil A Rn 1585 m.w.N. Danach sieht es nicht so gut aus.

Aber machen sie doch Folgendes: Schließen Sie sich der bei Rn. 1587 zitierten Gegenauffassung an und schauen dann, was passiert. Mehr als absetzen kann der Rechtspfleger ja nicht.“

Und wenn schon ein Hinweis auf den RVG-Kommentar, 6. Auflage, 2021, dann auch der Hinweis <<Werbemodus an>> auf die Bestellmöglichkeit hier. <<Werbemodus aus>>

Corona II: Quarantäne wegen positivem PCR-Test, oder: Kein Schmerzensgeld bei ggf. falschem Test

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Als zweite Entscheidung zu der Thematik aus dem Bereich „Corona“ stelle ich ein Verfahren vor, in dem das OLG Naumburg im OLG Naumburg, Beschl. v. 08.06.2022 – 5 U 35/22 – die Berufung gegen ein Urteil des LG Magdebrug zurückgewiesen hat. Die OLG Naumburg-Entscheidung habe ich im Volltext noch nicht gefunden, über sie haben bisher nur LTP und beck-online berichtet. Das zugrunde liegende LG Magdeburg, Urt. v. 01.92.2022 – 10 O 715/21 – habe ich aber vorliegen. Daher stelle ich das vor.

In dem Verfahren geht es um Schadensersatz wegen einer Quarantäneanordnung. Diese war gegen eine vierköpfige Familie aufgrund eines positiven PCR-Testergebnisses im April 2021 angeordnet worden. Alle waren ohne Symptome und haben behauptet, der Test sei falsch gewesen. Sie haben deshalb aus § 839 BGB 3.700 Euro pro Person Schmerzensgeld verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen und führt dazu u.a. aus:

„…. Bei dieser Quarantänemaßnahme handelt es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht etwa um eine Freiheitsentziehung, die in der Tat wohl nur mit richterlicher Genehmigung hätte erfolgen dürfen, sondern lediglich um eine Freiheitsbeschränkung. Denn den Klägern war es gestattet, während der Quarantäneanordnung in ihrer Häuslichkeit alles das zu tun und zu lassen, was sie wollten und über die vorhandenen technischen Medien auch Kontakt zur Außenwelt zu halten.

Eine feste zeitliche Grenze, ab der eine Freiheitseinschränkung als ausgleichspflichtig anzusehen wäre, gibt es nicht. Abzustellen ist vielmehr auf die konkrete Situation des Einzelfalls, bei der es insbesondere auch auf die Ausgestaltung und Intensität des Eingriffs sowie auf herabwürdigende Behandlungen und mögliche rufschädigende Wirkungen ankommt (vgl. LG Göttingen, Urteil vom 30. Januar 1990 – Aktenzeichen: 2 O 322/89 -, NJW 1991, 2.6, beck-online; LG Hannover, Urteil vom 20.08.2021 – Aktenzeichen: 8 O 2/21 -, zitiert nach juris). Daher kann aus dem bloßen Überschreiten der zeitlichen Grenzen, die in der Rechtsprechung als schmerzensgeldbegründend angesehen wurden (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 7. März 2018 – Aktenzeichen: 1 U 1025/17 -, zitiert nach juris: 13 Stunden in psychiatrischem Krankenhaus; Landgericht Göttingen, a.a.O.: 2 Stunden mit 400 weiteren Personen in einem Polizeikessel) nicht abgeleitet werden, dass vorliegend allein wegen der zweiwöchigen Dauer die Billigkeitsschwelle überschritten wurde. Denn die Quarantäne der Kläger unterscheidet sich in gravierender Weise von den genannten Fällen. Die Kläger mussten keine demütigenden Zwangsbehandlungen erdulden. Sie wurden nicht mit psychischen Zwangsmitteln an einem fremden Ort festgehalten, sondern konnten sich innerhalb ihrer Wohnung ohne Überwachung Dritter frei bewegen und ihren Tagesablauf in diesem Rahmen vollkommen frei bestimmen. Schließlich wurde ihre Freiheitsbeschränkung auch auf einen Umstand gegründet, der – anders als bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder bei einer Festnahme als möglicher Straftäter – nicht geeignet war, ihr Ansehen und ihren Ruf in der Gesellschaft zu gefährden.

Die von den Klägern vorgetragenen Beeinträchtigungen durch die Quarantäne sind auch nicht geeignet, einen Schmerzensgeldanspruch unter dem Aspekt des Ausgleichsgedankens zu begründen.

Denn die in der Klageschrift geschilderten Einschränkungen in der Lebensführung der Kläger sind dafür zu pauschal gehalten. Die Kläger haben nicht konkret dargelegt, welche sozialen Einschränkungen und welche psychischen Belastungen sie durch die Quarantäne erlitten haben wollen. Konkret haben die Kläger lediglich vorgetragen, dass sie keinen Zugang zur Natur und keine Möglichkeit gehabt hätten, im Freien sportliche Aktivitäten auszuführen. Diese geschilderten Umstände sind jedoch nicht ausreichend, um ein Überschreiten der Geringfügigkeitsschwelle begründen zu können. Die angeordnete Quarantäne hatte eine Dauer von lediglich 14 Tagen. Die Kläger mussten daher für einen Zeitraum zuhause bleiben, wie er auch unter normalen Umständen, z.B. bei einem hinreichenden Auskurieren einer Grippe, eintreten kann. Zudem hätten die Kläger, da sie ja nach eigenem Bekunden symptomfrei waren, auch sportliche Aktivitäten innerhalb ihrer Wohnung durchführen können.

Der Vortrag der Kläger, die Beklagte habe gegen ihre Amtspflichten verstoßen, da sie auch den positiven PCR-Test an das RKI weitergeleitet habe, obwohl sie wisse, dass bei dem überwiegenden Teil der positiv getesteten Personen keine Infektion vorliege und dennoch den positiven PCR-Test dem RKI übermittelt habe, damit die Inzidenz gefälscht werde, ist nicht geeignet, einen Schmerzensgeldanspruch unter dem Aspekt der Genugtuungsfunktion zu begründen.

Denn die Beklagte konnte aufgrund der Pandemielage und der von Bund und den Ländern deswegen getroffenen Maßnahmen sowie der wissenschaftlichen Expertise beim RKI davon ausgehen, dass ein PCR-Test fundierte Ergebnisse für das Bestehen oder Nichtbestehen einer Infektion liefert und sich auch hierauf ohne weitere ärztliche Untersuchungen des Testergebnisses verlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 20. April 2021 – Aktenzeichen: 1 S 1121/21 -, zitiert nach juris, insoweit ausgeführt:

„Der Senat geht davon aus, dass es sich bei einem PCR-Test um ein geeignetes Instrument handelt, das Vorliegen einer akuten SARS-CoV-2-Infektion zu ermitteln. Bei korrekter Durchführung der Tests und fachkundiger Beurteilung der Ergebnisse ist von einer sehr geringen Zahl falsch positiver Befunde auszugehen, denn aufgrund des Funktionsprinzips von PCR-Tests und hohen Qualitätsanforderungen liegt die analytische Spezifität bei korrekter Durchführung und Bewertung bei nahezu 100 %. Die Herausgabe eines klinischen Befundes unterliegt einer fachkundigen Validierung und schließt im klinischen Setting Anamnese und Differenzialdiagnosen ein. In der Regel werden nicht plausible Befunde in der Praxis durch Testwiederholung oder durch zusätzliche Testverfahren bestätigt bzw. verworfen. Die aufgestellte Behauptung, in 71,12 % der Fälle sei das Testergebnis offensichtlich falsch, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage“.

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg gibt auch die insoweit einhellige Rechtsprechung der übrigen Verwaltungsgerichtshöfe bzw. Oberverwaltungsgerichte der Länder wieder. Die von den Klägern dargelegte gegenteilige Auffassung der Professorin Dr. K. von der Universitätsklinik W.burg stellt insoweit eine absolute Mindermeinung dar und ist daher unbeachtlich……“

Corona I: Geldbuße bei Verstoß gegen Corona-VO, oder: „Gefährlichkeit des Verstoßes ….“

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In die neue Woche starte ich mit einigen Entscheidungen zu Corona.

Den Opener mache ich mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.07.2022 – 1 Rb 34 Ss 398/22. Das AG hat den Betroffenen wegen Betreibens einer Prostitutionsstätte entgegen des Betriebsverbots für eine solche Einrichtung durch Vermietung von Terminwohnungen an mehrere Personen in Tateinheit mit Betreibens einer Prostitutionsstätte ohne Erlaubnis zu einer Geldbuße von 8.000,- EUR verurteilt.dem OLG gefallen die Ausführungen/Feststellungen zur Höhe der Geldbuße nicht:

„1.Zutreffend legt das Gericht bei der Bemessung der Geldbuße ausgehend von § 73 Abs. 1 a Nr. 24 Abs. 2 IFSG einen Bußgeldrahmen von bis zu 25.000,- € zugrunde. Bei den im Folgenden ausgeführten Zumessungserwägungen bewertet das Gericht unter anderem zu Lasten des Betroffenen, dass dieser den Verstoß vorsätzlich beging. Dies ist rechtsfehlerhaft und begründet die Rechtsbeschwerde.

Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind grundsätzlich gern. § 17 Abs. 3 OWiG die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Ergänzend können die wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden. Den Vorwurf, der den Täter trifft, nennt § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG selbständig neben der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit. Hiermit ist der individuelle Schuldvorwurf gemeint. Nicht maßgebend kann sein, ob der Täter vorsätzlich oder nur fahrlässig gehandelt hat; denn davon hängt bereits der Bußgeldrahmen selbst ab (vgl. § 17 Abs. 2 OWiG), so dass diese Umstände nicht nochmals innerhalb des jeweiligen Bußgeldrahmens erschwerend oder mildernd berücksichtigt werden dürfen (Göhler/Gürtler, OwiG, 17. Aufl. 2017, § 17 Rn. 17). Dies stellt einen Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 46 Abs. 3 StGB dar, der auch im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. v. 05.12.2013 – 3 Ss OWi 1470/13 – juris; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.10.1992 – 1 Ws (OWi) 878/91, 5 Ss (OWi) 309/92 – (OWi) 132/92 I VRS 84, 340 – juris). Demnach besteht ein Doppelverwertungsverbot, welches verhindern soll, dass Umstände, die zum Tatbestand der Bußgeldnorm gehören oder die das generelle gesetzgeberische Motiv für die Bußgelddrohung darstellen, bei der Bemessung der Geldbuße noch einmal herangezogen werden. Da das vorsätzliche Verhalten des Betroffenen vorliegend gerade Tatbestandsmerkmal ist und den hohen Buß-geldrahmen — hier des § 73 Abs. 1 a Nr. 24, Abs. 2 IfSG — begründet (vgl. zum Vorsatz als Tatbestandsmerkmal OLG Bamberg, Beschl. v. 01.02.2017 — 3 Ss OWi 80/17 – juris), liegt ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot vor.

2. Was die Strafzumessung anbelangt, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass — sofern das Gericht „die Gefährlichkeit des Verstoßes für das Infektionsgeschehen maßgeblich (…) berücksichtigen“ zu gedenkt – in den Feststellungen nähere Ausführungen zu Art und Ausmaß dieser Gefährlichkeit an den festgestellten Tagen erforderlich sein werden sowie — sofern schärfend eine „nicht unerhebliche Gefährdung der dort Tätigen“ herangezogen werden soll — Feststellungen dazu zu treffen sein werden, wie viele Personen an welchen Tagen auf welche Art und Weise durch das Handeln des Betroffenen gefährdet wurden.

3. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen werden ebenfalls ergänzende Feststellungen zu treffen sein. ……“

Sonntagswitz, heute noch mal zum Sport

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Im Moment Sport, Sport, Sport – Stichwort: Frauenfussbal-EM, Leichtathletik-WM, Fußball-Bundesliga (auch schon wieder). Das ist/war dann die (Steil)Vorlage für Sportwitze. Und da sind:

Beim Sportunterricht liegen alle auf dem Rücken und fahren Rad.

„He Florian! Warum machst du nicht mit? Du liegst ja ganz ruhig da!“, schimpft der Lehrer.

„Sehen Sie nicht. Ich fahre gerade bergab!“


„Vorsicht – Glatt! Ich habe gerade das Wohnzimmer frisch gebohnert!“, sagte die Mutter, als Fritzchen vom Sport nach Hause kam.

„Keine Angst, Mutti, ich hab ja noch meine Spikes an!“


„Gegen Ihr Übergewicht hilft leichte Gymnastik“, mahnt der Doktor.

„Sie meinen Sport, also Liegestütze und so?“

„Nein, es genügt ein Kopfschütteln, wenn man Ihnen etwas zu essen anbietet.“


Trainer zum Stürmer: „Du spielst heute gegen Heinz Hartholz.“

„Das ist ja schrecklich. Der tritt gegen alles, was sich bewegt!“

Darauf der Trainer: „Dann besteht für dich ja keine Gefahr!“