Archiv für den Monat: August 2019

Einziehung I: Steht ein Verzicht der Einziehung entgegen?, oder: Anfragebeschluss

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Heute bringe ich dann drei Einziehungsentscheidungen, die mit der Einziehung zusammenhängenden Frage spielen ja nach der Reform des Rechts der Vermögensabschöpfung in der Praxis eine erhebliche Rolle.

An erster Stelle steht die Anfrage des BGH im BGH, Beschl. v. 20.03.2019 – 3 StR 67/19. Der 3. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:

Ein Verzicht des Angeklagten auf die Herausgabe sichergestellter Bargelderlöse aus Betäubungsmittelgeschäften hindert deren Einziehung gemäß § 73 Abs. 1, § 73a Abs. 1 StGB nicht.

Er hat deshalb bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob an (ggf.) entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Die Problematik, die hinter der Anfrage steht, hat der 3. Strafsenat wie folgt im Beschluss dargestellt:

„a) Zum alten Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung war anerkannt, dass der Verzicht auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände durch den Angeklagten die Anordnung der Einziehung oder des Verfalls entbehrlich machte; eine gerichtliche Einziehungs- bzw. Verfallsentscheidung wurde in solchen Fällen als überflüssig angesehen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 1965 – 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257; vom 27. Juli 2005 – 2 StR 241/05, juris Rn. 13; Beschlüsse vom 18. November 2015 – 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83; vom 6. Juni 2017 – 2 StR 490/16, juris Rn. 2; vom 11. Oktober 2017 – 2 StR 365/17, juris Rn. 5).

Erklärt sich der Angeklagte mit einer „außergerichtlichen“ Einziehung sichergestellter Gegenstände einverstanden bzw. verzichtet er auf deren Herausgabe, so wird darin auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ein unwiderruflicher Verzicht auf etwaige Herausgabeansprüche gesehen, woraus auch immer diese sich ergeben könnten. Der Angeklagte gibt eine etwaige ihm zustehende Rechtsposition auf, um den Strafverfolgungsbehörden unter Verzicht auf alle Förmlichkeiten sofort eine Verwertung der betreffenden Gegenstände zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1965 – 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257; BayObLG, Beschluss vom 8. Juli 1996 – 4 St RR 76/96, NStZ-RR 1997, 51; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. September 1992 – 2 Ws 405/92, NStZ 1993, 452; KG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 5 Ws 256/05, NStZ-RR 2005, 358, 359).

Die danach für zulässig erachtete „außergerichtliche“ bzw. „formlose“ Einziehung von Gegenständen im Wege einer Verzichtserklärung seitens des Angeklagten hat erhebliche praktische Bedeutung erlangt (BT-Drucks. 18/9529, S. 61; Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 422); sie gehört mittlerweile „zum Gerichtsalltag“ (Thode, NStZ 2000, 62). Denn die „formlose“ Vermögensabschöpfung stellt aus Sicht des erkennenden Gerichts in verschiedener Hinsicht eine beachtliche Verfahrensvereinfachung dar (vgl. Rönnau, aaO Rn. 425). Insbesondere bedarf es, falls – wie hier in Bezug auf den Angeklagten O. – die erweiterte Einziehung von Geldbeträgen in Betracht kommt, keiner Überzeugungsbildung des Gerichts, ob die Erlöse, auf deren Herausgabe der Angeklagte verzichtet hat, überhaupt aus einer anderen rechtswidrigen Tat herrühren (§ 73a Abs. 1 StGB). Dadurch wird unter Umständen eine umfangreiche Beweisaufnahme entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1965 – 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257).

Die Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) hat an der Zulässigkeit der gerichtlichen Praxis nichts geändert, im Falle einer Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Einziehungsentscheidung abzusehen. Dies lässt sich dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers entnehmen.

In der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich klargestellt worden, dass die „in der Praxis verbreitete ‚formlose‘ Vermögensabschöpfung“ durch die Neuregelung nicht eingeschränkt werden sollte. Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung sollte vielmehr von „rechtlichen Unwägbarkeiten“ und „zeitraubenden zivilrechtlichen Fragen“ entlastet werden, die aus der Sicht des Gesetzgebers maßgeblich dazu beigetragen hatten, dass das bisherige Recht die wirksame Abschöpfung strafrechtswidrig erlangter Vermögenswerte nur unzureichend gewährleistete (BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 46, 61). Die mit dem Reformmodell verbundenen Vereinfachungen entsprechen Sinn und Zweck des Gesetzes, die in erster Linie darin bestehen, eine effektive Vermögensabschöpfung sicherzustellen. Die Vermögensabschöpfung sollte dem Tatgericht möglichst einfach gemacht werden, damit sie tatsächlich praktiziert und damit klargestellt wird, dass Straftaten „sich nicht lohnen“ dürfen (Köhler, NStZ 2017, 497, 498). Diesem Anliegen dient auch die „formlose“ Vermögensabschöpfung, weshalb es ohne Weiteres nachvollziehbar ist, dass der Gesetzgeber sie nicht einschränken wollte (s. dazu im Einzelnen BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 3 StR 307/18, juris Rn. 10 ff., zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).

b) Daraus folgt indes nicht, dass es dem Tatgericht im Falle einer Verzichtserklärung verwehrt ist, die Einziehung anzuordnen. Die vom Gesetzgeber intendierte möglichst effektive strafrechtliche Vermögensabschöpfung spricht vielmehr dafür, dass es dem Tatgericht auch bei einem Verzicht des Angeklagten auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände unbenommen sein soll, eine Einziehungsanordnung zu treffen, falls es die gesetzlichen Voraussetzungen dafür als erfüllt ansieht. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist darin nicht zu erkennen, selbst wenn der Einziehungsentscheidung im Einzelfall lediglich klarstellende Bedeutung zukommen mag.

Das gilt jedenfalls in den hier in Rede stehenden Fällen einer Einziehung sichergestellter Bargelderlöse aus Betäubungsmittelgeschäften gemäß § 73 Abs. 1, § 73a Abs. 1 StGB, auf deren Herausgabe der Angeklagte verzichtet hat. In solchen Fällen hat eine Einziehungsanordnung in der Regel nicht nur klarstellende Funktion, ihre Rechtswirkungen gehen vielmehr über diejenigen der Verzichtserklärung hinaus. Denn der Angeklagte kann durch seine Verzichtserklärung regelmäßig nur seinen Besitz, nicht jedoch das Eigentum an dem Bargeld auf den Staat übertragen. Eigentum an dem Geld hat er selbst nicht erworben, weil beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht nur das Verpflichtungsgeschäft gemäß § 134 BGB nichtig ist, sondern auch die der Erfüllung dienenden Verfügungsgeschäfte, also die Übereignung der betreffenden Drogen und – falls nicht die Voraussetzungen der §§ 946 ff. BGB vorliegen – die Übereignung des als Kaufpreis gezahlten Geldes (vgl. Staudinger/Sack/Seibl, BGB [2017], § 134 Rn. 222 mwN). Eigentümer des Geldes ist in der Regel nach wie vor der Käufer der Betäubungsmittel.

Demgegenüber stellt die gerichtliche Einziehungsanordnung in jedem Fall sicher, dass der Staat das Eigentum an sichergestellten Bargelderlösen aus Betäubungsmittelgeschäften erlangt. Das ergibt sich aus § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB nF. Danach geht das Eigentum an einem Gegenstand, dessen Einziehung angeordnet worden ist, mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, falls der Gegenstand – wie hier – nicht dem Betroffenen, sondern einem anderen gehört, der ihn in Kenntnis der Tatumstände für die Tat gewährt hat. In Anbetracht der weitergehenden Rechtsfolgen, die mit einer Einziehungsentscheidung verbunden sind, stellt es sich nicht als unverhältnismäßig dar, wenn das Tatgericht ungeachtet einer Verzichtserklärung des Angeklagten gemäß § 73 Abs. 1 bzw. § 73a Abs. 1 StGB die Einziehung sichergestellter Bargelderlöse aus Betäubungsmittelverkäufen anordnet.“

Schauen wir mal, was die Anfrage bringt. Ggf. ja eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen.

Fahrverbot III: Verfahrensverzögerung von 21 Monaten, oder: Vollstreckungslösung anzuwenden

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Wenn man über Fahrverbotsentscheidungen berichtet, ist schwer, wenn nicht fast unmöglich, mal eine für den Betroffenen positive Entscheidung eines OLG vorzustellen. Denn i.d.R. kann man nur über Entscheidungen berichten, die für die Betroffenen nachteilige AG-Urteil bestätigen, oder die postive AG-Entscheidungen aufheben.

Mit der dritten Entscheidung des Tages, dem OLG Hamburg, Beschl. v. 02.04.2019 – 2 RB 27/17 – kommt dann jetzt aber etwas Licht in den Tunnel. Das OLG hat nämlich die Dauer eines gegen den Betroffenen mit AG-Urteil vom 05.12.2016 verhängten Fahrverbotes wegen Verfahrensverzögerung beim OLG als vollständig vollstreckt angesehen. Der Senat hat nämlich über die im Mai 2017 bei ihm eingegangene Rechtsbeschwerde erst im April 2019 entschieden:.

III.

Das durch das Amtsgericht zum dortigen Entscheidungszeitpunkt rechtsfehlerfrei verhängte Fahrverbot kann aus Gründen des Zeitablaufs unter Berücksichtigung der im Rechtsbeschwerdeverfahren eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung keinen Bestand mehr haben.

1. Die Notwendigkeit der Verhängung eines Fahrverbots kann, da die damit verbundene Warn- und Besinnungsfunktion für den Betroffenen im Laufe der Zeit an Effektivität verliert, durch den Zeitablauf seit der zu ahnenden Ordnungswidrigkeit unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls in Frage gestellt sein. Eine Aufhebung oder Herabsetzung der Dauer des Fahrverbots wird nach verbreiteter Auffassung nach Verstreichen eines Zeitraums von etwa zwei Jahren in Erwägung gezogen (vgl. dazu BayObLG NZV 2004, 210; OLG Köln NZV 2004, 422 f.; OLG Brandenburg NZV 2005, 278 f.; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 25 StVG Rn. 24 m.w.N.), wobei neben weiteren fallbezogenen Umständen insbesondere auch Berücksichtigung finden kann, ob das Ordnungswidrigkeitenverfahren aus Gründen, auf die der Betroffene keinen Einfluss gehabt hat, besonders lange Zeit in Anspruch genommen hat (vgl. OLG Köln a.a.O.; BayObLG NZV 2004, 100).

2. Im vorliegenden Verfahren ist in der Sachbehandlung durch das Rechtsbeschwerdegericht eine erhebliche rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten. Die hierfür im Strafverfahren entwickelten Grundsätze (grundlegend: BGHSt 51, 124 ff.) gelten auch für das Ordnungswidrigkeitenverfahren einschließlich in der Rechtsbeschwerdeinstanz eingetretener Verzögerungen (BVerfG Beschl. v. 2. Juli 2003, Az.: 2 BvR 273/03 (juris); OLG Karlsruhe Beschl. v. 29. Dezember 2016, Az.: 2 (7) SsBs 632/16 (juris) m.w.N.).

Die vorliegende Sache war nach am Eingang des Empfangsbekenntnisses des Verteidigers des Betroffenen über den Erhalt des Antrags der Generalstaatsanwaltschaft ab Beginn des Monats Mai 2017 entscheidungsreif. Unter Abzug einer noch angemessenen Bearbeitungszeit von etwa drei Monaten liegt eine von dem Betroffenen nicht zu vertretende erhebliche rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von annähernd einem Jahr und neun Monaten vor, zu deren Kompensation unter Berücksichtigung der weiteren Umstände, namentlich einerseits der im Vergleich zum Strafverfahren geringeren Eingriffsintensität des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, sowie andererseits der nicht sehr hohen, zugleich aber auch nicht unerheblichen Sanktion in Form der verhängten Geldbuße und des angeordnete Fahrverbots und der vor diesem Hintergrund von dem Verfahren ausgehenden Belastung des Betroffenen über die – hiermit erfolgte – Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hinaus ein Ausgleich im Wege entsprechender Anwendung der sog. Vollstreckungslösung (vgl. zur Anwendbarkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren: OLG Saarbrücken Beschl. v. 6. Mai 2014, Az.: Ss (B) 82/2012 (juris); OLG Hamm DAR 2011, 409 ff.) geboten ist, der hier unter ergänzender Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu Ziff. 1. dazu führt, dass der Senat das amtsgerichtlich verhängte Fahrverbot für vollstreckt erklärt hat.“

Für den Betroffenen positiv. Ich frage mich bei solchen Sachen immer: Warum merkt eigentlich niemand, dass da noch eine unerledigte Sache rumliegt? Dass der Verteidiger sich nicht meldet, wenn es ihm auffällt, ist klar. Aber beim OLG gibt es doch auch Aktenkontrollen. Oder etwa nicht mehr?

Fahrverbot II: aufgeteilt „auf die Dauer von 4 Wochen, aufgeteilt in 2mal 2 Wochen“, oder: Geht so nicht

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Die zweite Fahrverbotsentscheidung kommt mit dem BayObLG, Beschl. v. 20.05.2019 – 201 ObOWi 569/19 – aus Bayern. Er nimmt u.a. zur Mindestdauer eines Fahrverbotes Stellung.

Das AG hatt gegen den Betroffenen im Rahmen einer Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Fahrverbot „auf die Dauer von 4 Wochen, aufgeteilt in 2mal 2 Wochen“ festgesetzt. Geht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG so nicht, sagt das BayObLG:

„3. Hieraus folgt zwingend, dass das gesetzliche Mindestmaß des bußgeldrechtlichen Fahrver-bots einen Monat beträgt, folglich nicht unterschritten werden darf und eine Bemessung nach Wochen oder Tagen nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens in Betracht kommen kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.12.2010 – 3 RBs 210/10 = DAR 2011, 149 = VRS 120 [2011], 202 = VerkMitt 2011, Nr 42 m. Anm. Rueber, jurisPR-VerkR 3/2011 Anm. 6; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. [2019], § 25 StVG, Rn. 27; Deutscher, in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. [2018], Rn. 1541, 1551; Grube, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. [Stand: 02.01.2018], § 25 StVG Rn. 31; Burmann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. [2018], § 25 StVG, Rn. 35).

a) Daran ändert sich nichts dadurch, dass von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot aus Gründen des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes (vgl. etwa schon OLG Bamberg, Be-schl. v. 14.12.2005 – 3 Ss OWi 1396/05 = ZfSch 2006, 412), infolge Zeitablaufs (vgl. hierzu etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.11.2017 – 1 OWi 2 Ss Bs 48/17 = ZfSch 2018, 113; OLG Naumburg, Beschl. v. 13.06.2017 – 2 Ws 132/17 = Blutalkohol 54 [2017], 314; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 31.03.2014 – Ss [B] 18/14 = VRS 126, 203 und schon OLG Hamm, Beschl. v. 24.01.2012 – 3 RBs 364/11 = DAR 2012, 340 und OLG Bamberg, Beschl. v. 02.01.2018 – 3 Ss OWi 1704/17 = OLGSt StVG § 25 Nr 69 [zur freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Schulung bzw. zum Besuch eines sog. Aufbau- oder Fahreignungs-seminars]) oder aber bei Vorliegen anerkannter privilegierender Fallkonstellationen, insbesondere bei Vorliegen eines sog. ‚Augenblicksversages‘ (vgl. neben BGH, Beschl. vom 11.09.1997 – 4 StR 638/96 = BGHSt 43, 241/249 ff. = NJW 1997, 3252 = NZV 1997, 525 z.B. OLG Bamberg, Beschl. v. 12.02.2018 – 2 Ss OWi 63/18 [bei Juris]; 22.12.2015 – 3 Ss OWi 1326/15 = OLGSt StVG § 25 Nr 64 = VA 2016, 48; 04.01.2016 – 3 Ss OWi 1490/15 = OLGSt StVG § 25 Nr 65 = VA 2016, 47 [m. Anm. Krenberger jurisPR-VerkR 7/2016 Anm. 6] und 17.07.2012 – 3 Ss OWi 944/12 DAR 2012, 528 = ZfSch 2012, 648 = OLGSt StVG § 25 Nr 52 = VM 2013, Nr 3 = VA 2012, 156 und OLG Oldenburg, Beschl. v. 26.09.2013 – 2 SsBs 280/13 = DAR 2014, 99 = VRS 125 [2013], 223 = NZV 2014, 331), eines ‚atypischen Rotlichtverstoßes‘ (vgl. z.B. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.03.2018 – 1 OWi 2 SsBs 107/18 = ZfSch 2018, 290; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.08.2015 – 3 Ss OWi 900/15 = ZfSch 2016, 50 und 24.07.2008 – 3 Ss OWi 1774/07 = DAR 2008, 596 = OLGSt BKatV § 4 Nr 7 = VRR 2008, 433 [m. Anm. Gieg]; 29.06.2009 – 2 Ss OWi 573/09 [‚Frühstarter‘] = NJW 2009, 3736 = NZV 2009, 616 = DAR 2009, 653 = OLGSt BKatV § 4 Nr. 8 = StRR 2010, 403 = VRR 2010, 34 [m. Anm. Gieg]), bei Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums (vgl. hierzu etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 01.12.2015 – 3 Ss OWi 834/15 = StraFo 2016, 116 [m. Anm. Sternberg-Lieben] = OLGSt O-WiG § 11 Nr 5) oder einer sog. ‚notstandsähnlichen Lage‘ (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.11.2004 – 1 Ss 94/04 = NJW 2005, 450 = NStZ 2005, 414 = NZV 2005, 54 = DAR 2005, 46 = VRS 108, 39; OLG Bamberg, Beschl. v. 04.09.2013 – 3 Ss OWi 1130/13 = DAR 2014, 394 = VM 2014, Nr 40 und 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 = NJW 2015, 1320 = NZV 2015, 309 = DAR 2015, 396) oder weiterer besonderer Fallgruppen gänzlich abgesehen oder ein an sich über der Mindestdauer von einem Monat festgesetztes Regelfahrverbot auf dieses abgekürzt (hierzu z.B. OLG Bamberg, Beschl. v. 02.07.2018 – 3 Ss OWi 754/18 = Blutalkohol 55 [2018], 369 = NStZ-RR 2018, 325; 04.05.2017 – 3 Ss OWi 550/17 = OLGSt StVG § 25 Nr 68 und 18.03.2014 – 3 Ss OWi 274/14 = DAR 2014, 332 = VM 2014 Nr 36 = ZfSch 2014, 471) oder das Fahrverbot unter bestimmten Umständen nach § 25 Satz 1 a.E. StVG auf Kraftfahrzeuge bestimmter Art beschränkt (instruktiv etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 09.11.2017 – 3 Ss OWi 1556/17 = DAR 2018, 91 = StraFo 2018, 84 = VM 2018, Nr 18 und schon Beschl. v. 19.10.2007 – 3 Ss OWi 1344/07 = NStZ-RR 2008, 119 = VRS 113, 357 = VRR 2008, 75) wer-den kann.

b) Erst recht ändert sich an der gebotenen Anordnung der einmonatigen Mindestdauer des bußgeldrechtlichen Fahrverbots auch dann nichts, wenn diese aufgrund einer von Amts wegen zu beachtenden rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach Maßgabe der sog. „Vollstreckungslösung‘ mit dem Ergebnis einer faktischen Unterschreitung der (anzuordnenden) Mindestdauer – gegebenenfalls teilweise – zu kompensieren ist (vgl. hierzu schon OLG Bam-berg, Beschl. v. 04.12.2008 – 3 Ss OWi 1386/08 = NZV 2009, 201 = ZfSch 2009, 229 = NJW 2009, 2468 = OLGSt StVG § 25 Nr 44; ferner OLG Hamm, Beschl. v. 24.01.2012 – 3 RBs 364/11 = DAR 2012, 340 und 24.03.2011 – 3 RBs 70/10 = DAR 2011, 409; Deutscher a.a.O. Rn. 1551).“

Fahrverbot I: Selbständiger Taxifahrer, oder: Auch Existenzgefährdung „rettet“ ihn ggf. nicht

entnommen wikimedia.org
Urheber: Dirk

Heute ist dann „OWi-Tag“, und zwar mit drei Entscheidungen zum Fahrverbot.

Die Reihe eröffne ich mit dem OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.04.2019 – 2 Rb 8 Ss 229/19. Ergangen ist die Entscheidung in einem Verfahren gegen einen selbständigen Taxifahrer, der wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden ist. Der Betroffene hatte geltend gemacht, dass mit dem (drohenden) Fahrverbot der Ausfall seines Verdiensts als selbständiger Taxifahrer, mit dem allein der Unterhalt seiner sechsköpfigen Familie bestritten werde, verbunden sei und er hohe Verbindlichkeiten habe.

No Chance beim OLG Karlsruhe, denn:

„Dies wäre allerdings dazu in Beziehung zu setzen gewesen, dass die frühere Anordnung eines Fahrverbots ersichtlich nicht zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz geführt hat und der Mindestunterhalt der Familie jedenfalls durch sozialhilferechtliche Ansprüche gesichert gewesen wäre.“

 

2) Ungeachtet dessen war die Anordnung des Fahrverbots vorliegend – wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausführt – auch bei Annahme einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz geboten.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Gesichtspunkt einer nachhaltigen Existenzgefährdung zurückzutreten hat, wenn sich ein Betroffener gegenüber verkehrsrechtlichen Ge- und Verboten in einschlägiger Weise vollkommen uneinsichtig zeigt. Gerade in diesem Fall muss ein Fahrverbot auch bei erheblichen Härten seine Berechtigung behalten. Andernfalls könnte ein Betroffener – insbesondere als LKW- oder Taxifahrer – die an sich unzumutbaren Folgen als Freibrief für wiederholtes Fehlverhalten ausnutzen (OLG Koblenz a.a.O.; OLG Bamberg NZV 2010, 46; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2004, 313; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 88; OLG Hamm NZV 1995, 498).

Vorliegend können dabei jedoch wegen der unzureichenden Feststellungen zu den Vorverstößen nicht – wie das Amtsgericht dies getan hat – alle im Urteil festgestellten Vorverstöße berücksichtigt werden. Auf der Grundlage der Urteilsausführungen besteht nur hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften vom 7.9.2017 und der mit einer Geldbuße von 90 € geahndeten Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage am 18.12.2017 unzweifelhaft kein Verwertungsverbot. Auch damit liegen aber innerhalb von wenig mehr als einem halben Jahr drei Verkehrsverstöße vor, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht (OLG Düsseldorf VRS 69, 50), wobei die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen als grobe Verstöße i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG einzustufen sind und sich der Betroffene auch durch die Anordnung eines Fahrverbots für die Tat vom 7.9.2017 nicht beeindruckt gezeigt hat. Dies belegt, dass es ihm in besonders hohem Maß an der erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und der Einsicht in früheres Fehlverhalten fehlt (vgl. BGHSt 38, 231, 234), weshalb auch bei der Annahme einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung die Anordnung des Fahrverbots zur Einwirkung auf den Betroffenen unerlässlich ist (OLG Frankfurt a.a.O.).“

Schon hart.

StGB III: Polizeiflucht, oder: Auch das kann ein „Rennen“ sein…

Die dritte und letzte Entscheidung des Tages hat dann einen leicht verkehrsrechtlichen Einschlag. Entschieden hat nämlich das OLG Stuttgart im OLG Stuttgart, Beschl. v. 04.07.2019 – 4 Rv 28 Ss 103/19, über einen weiteren Fall des Rennens i.S. des § 315d StGB.

Gegenstand der Verurteilung ist ein Fall der so. Polizeiflucht gewesen. Der Angeklagte war nämlich mit seinem PKW vor einer Streifenwagenbesatzung der Polizei, welche ihn einer Verkehrskontrolle unterziehen wollte und ihm deshalb Haltesignal anzeigte, geflüchtet. Das AG hatte dazu festgestellt: Nach Erkennen des Streifenwagens und des Haltesignals beschleunigte er sein Fahrzeug, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen und dadurch die ihn nun mit Blaulicht, Martinshorn und dem Haltesignal „Stopp Polizei“ verfolgenden Polizeibeamten abzuhängen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitend und unter Missachtung der Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer fuhr er mit weit überhöhter Geschwindigkeit durch den Ort E.. Die Gegenfahrbahn nutzend fuhr er über eine „Rot“ anzeigende Ampel und setzte seine Fahrt durch E. bei erlaubten 50 km/h mit mindestens 145 km/h fort, wobei er von einer Geschwindigkeitsmessanlage „geblitzt“ wurde. Nach dem Ortsausgang fuhr er auf der teils kurvenreichen und unübersichtlichen Bundesstraße 313 – bei partieller Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h – mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 bis 180 km/h. Hierbei schnitt er an unübersichtlichen Stellen die Kurven; ihm waren allein um des schnelleren Fortkommens willen die Belange anderer Verkehrsteilnehmer gleichgültig. Die ihn verfolgenden Polizeibeamten konnten die Distanz zum Fahrzeug des Angeklagten nicht verringern, weil dies ohne erhebliches Risiko für sie und andere Verkehrsteilnehmer nicht möglich war. Aus diesem Grund mussten sie nach ca. 13 km Verfolgungsfahrt den Kontakt zum Angeklagten abreißen lassen und die Verfolgung abbrechen, weil dieser auf enger, kurvenreicher und unübersichtlicher Strecke mit oft schlechtem, holprigem Fahrbahnbelag weiter mit angesichts der örtlichen Verhältnisse überhöhter Geschwindigkeit fuhr.“

Das AG hat das als verbotenes Rennen i.S. des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB angesehen:

„a) Die Feststellungen im angefochtenen Urteil tragen den Schuldspruch wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zur äußeren und inneren Tatseite.

Insbesondere hat das Amtsgericht fehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

aa) Dies verlangt nicht die Absicht, das Fahrzeug mit objektiv höchstmöglicher Geschwindigkeit zu führen oder es bis an die technischen bzw. physikalischen Grenzen auszufahren (so aber das LG Stade, Beschluss vom 4. Juli 2018 – 132 Qs 88/18 –, juris). Die Gesetzesformulierung soll vielmehr möglichst viele relevante Komponenten wie fahrzeugspezifische Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung, subjektives Geschwindigkeitsempfinden, Verkehrslage und Witterungsbedingungen auf einen Nenner bringen (vgl. BT-Drucks. 18/12964 S. 5 und 6). Gefordert ist demnach das Abzielen auf eine relative Höchstgeschwindigkeit (Pegel in: Münchner Kommentar, StGB, 3. Aufl., § 315d Rn. 26; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 315d Rn. 17; Kulhanek in BeckOK, StGB, v. Heintschel-Heinegg, 42. Ed. Stand 1. Mai 2019, § 315d Rn. 41 f.; Heger in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 315d Rn. 5; KG Berlin, Beschluss vom 15. April 2019 – 3 Ss 25/19, juris), die sich an den genannten Kriterien orientiert.

Auf diese Absicht hat das Amtsgericht aus der Gesamtschau der Umstände rechtsfehlerfrei geschlossen. Hierbei hat es nicht nur auf die objektiven Feststellungen zur konkreten Fahrweise des Angeklagten abgestellt, sondern auch darauf, dass es den Polizeibeamten – trotz besonderer Fahrschulung und eigener hoher Geschwindigkeit – über mehrere Kilometer hinweg nicht möglich war, zum Fahrzeug des Angeklagten aufzuschließen. Zudem hat es auch die dem Geschehen zugrunde liegende – eingeräumte – Fluchtmotivation des Angeklagten miteinbezogen. Diese umfassende Überzeugungsbildung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

bb) Die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss auch nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein (so aber Hecker in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. § 315d Rn. 3 und 9). Die Auffassung, die Verfolgungsjagd könne bei der Polizeiflucht nicht als Wettbewerb oder Leistungsprüfung eingestuft werden und unterliege deshalb nicht der Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, findet weder einen Anhalt im Wortlaut der Norm noch in der Gesetzesbegründung. Vielmehr sprechen diese wie auch der Sinn und Zweck der Vorschrift auch in Fällen der Polizeiflucht für eine Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, soweit die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen im Einzelfall – wie hier – festgestellt werden können.

Der Wortlaut der Vorschrift – „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ – gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Auslegung, die dem Gesetzgeber mit anderer Formulierung – beispielsweise bei Voranstellen des Wortes „allein“ – ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Vielmehr macht die Gesetzesbegründung deutlich, dass damit insbesondere dem Erfordernis des Renncharakters Rechnung getragen und dieses von bloßen – auch erheblichen – Geschwindigkeitsüberschreitungen abgegrenzt werden soll. Rennteilnehmer würden zusätzlich durch den Wettbewerb bestärkt, Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht zu lassen und für einen Zuwachs an Geschwindigkeit den Verlust der Kontrolle über ihr Fahrzeug in Kauf zu nehmen. Zudem sei ihre Aufmerksamkeit – anders als bei „normalen“ Geschwindigkeitsüberschreitungen – nicht allein auf den Straßenverkehr gerichtet, sondern notwendigerweise – zumindest in den Fällen des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB – auch durch den Mitbewerber gebunden (BT-Drucks. 18/12964 S. 6).

Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Begründung sprechen deshalb dafür, auch die Polizeiflucht als tatbestandsmäßig anzusehen. Schließlich ist sie von einem spezifischen Renncharakter geprägt, in dem sich gerade die in der Begründung genannten besonderen Risiken wiederfinden, auch wenn das Ziel des Wettbewerbs hier nicht im bloßen Sieg, sondern in der gelungenen Flucht liegt. Die risikobezogene Vergleichbarkeit mit den sportlichen Wettbewerben liegt auf der Hand.

Es wäre vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der Vorschrift und der intendierten Abgrenzung zwischen Fahrten mit Renncharakter – und damit abstrakt höherem Gefährdungspotential – und bloßen Geschwindigkeitsüberschreitungen auch sinnwidrig und kaum vertretbar, für eine Strafbarkeit – bei identischer Fahrweise und gleicher abstrakter Gefährdungslage – allein danach zu differenzieren, welche Motive die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, letztlich ausgelöst haben oder begleiten.

Auch deshalb ist die von der Revision ins Feld geführte Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation verfehlt. Eine Aufklärung der konkreten Motivation im Einzelfall sowie deren Einordnung als extrinsisch oder intrinsisch dürfte – nicht zuletzt bei Vorliegen von Motivbündeln – zudem kaum möglich sein. Als Differenzierungskriterium ist sie deshalb untauglich, aber auch gar nicht gewollt. Dies zeigt bereits ein Vergleich mit der Variante des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB; schließlich wird auch das hierunter fallende „klassische“ Rennen zumindest bei einem Teil der Teilnehmer extrinsisch – beispielsweise durch Ansprache oder Provokation – motiviert sein. Letztlich spricht auch ein Vergleich mit anderen Normen, die eine Absicht des Täters fordern, für eine Strafbarkeit. So spielen für die in § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a StGB normierte Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen, weitere Ziele des Täters keine Rolle (Fischer, aaO, § 315 Rn. 22; Hecker in Schönke/Schröder, aaO, § 315 Rn. 22; Kudlich in BeckOK, aaO, § 315 Rn. 23; Heger in Lackner/Kühl, aaO, § 315 Rn. 8; König in Laufhütte u. a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 315 Rn. 112; BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001 – 4 StR 25/01, NStZ-RR 2001, 298, juris). Ähnliches gilt für die Regelung der von der Generalstaatsanwaltschaft ins Feld geführten Besitzerhaltungsabsicht in § 252 StGB und für die Bereicherungsabsicht beim Betrug.

Letztlich muss die vorliegende Konstellation der Polizeiflucht aufgrund ihres klassischerweise vorhandenen Renncharakters mit der vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Erhöhung der abstrakten Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer konsequenterweise der Strafbarkeit des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallen.“

Na ja, ob das mit dem Sinn und Zweck des § 315d StGB übereinstimmt? „Letztlich muss die vorliegende Konstellation der Polizeiflucht aufgrund ihres klassischerweise vorhandenen Renncharakters mit der vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Erhöhung der abstrakten Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer konsequenterweise der Strafbarkeit des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallen.“ ist in meinen Augen nicht unbedingt eine überzeugende Argumentation.