Archiv für den Monat: Mai 2019

Wochenspiegel für die 21. KW./2017, das war Deniz Yuecel vor dem EGMR, Kopftuch bei Gericht, Facebook und unflätiger Kommentar

So, ich war in der vergangenen Woche ja ein paar Tage nicht „vor Ort“ und müsste – wenn alles glatt gegangen ist – beim Erscheinen dieses Postings in der Luft = auf dme Heimflug sein. Daher gibt es heute mal wieder keinen aktuellen Wochenspiegel, sondern einen Rückblick. Und zwar habe ich mir das Jahr 2017 ausgesucht und geschaut, was „damals“ aktuell war.

Und das waren folgende Beiträge:

„Die 21. KW. läuft ab. Aus ihr ist zu berichten. Allgemein war politisch eine Menge los. Wie nicht anders zu erwarten, wenn sich Donald Trump(el) auf den Weg macht und nach Möglichekit so viele Fettnäpfchen mitnimmt, wie sich ihm bieten. Daneben hat es auch aber noch andere Themen gebeten, über die ich dann hier berichte:

    1. Deniz Yuecel vs Türkei vor dem EGMR,
    2. Kein Kopftuch bei Gericht,
    3. Genauer hinschauen: Der Beschluss des BVerfG zu einer Abschiebung nach Griechenland,
    4. Polizei sucht auch auf Facebook nach Verkehrssündern,
    5. BGH: Keine Berücksichtigung der Betriebsgefahr beim Sicherungseigentümer, der nicht Fahrzeughalter ist,
    6. Wer betrunken fährt oder wild herumböllert, darf vorerst nicht Polizist werden,
    7. OLG Dresden: Leivtec XV3 mit zu lan­gem Kabel nicht stan­dar­di­siert – aber laut PTB trotz­dem zu­ver­läs­sig, solche Entscheidungen überraschen nicht mehr,
    8. Verteidigung gegen Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB),
    9. Straftatbestände im Dutzend billiger?,
    10. und dann war da noch: Unflätiger Kommentar 🙂 .W

Und nochmals der Hinweis: Dies war kein aktueller Rückblick, sondern die Rückschau auf die 21. KW. des Jahres 2017.

Fahrstreifenwechsel auf der Autobahn, oder: Dashcam und Haftungsabwägung

entnommen wikimedia.org
Urheber Mediatus

Und als zweite Entscheidung des Tages dann das AG Duisburg Ruhrort, Urt. v. 05.03.2019 – 9 C 434/18, das (noch einmal) zur Zulässigkeit der Verwertung einer Dashcamaufnahme im Zivilprozess Stellung nimmt. Gegenstand des Verfahrens war ein Verkehrsunfall, der sich im Baustellenbereich einer BAB ereignet hat. Zwischen den Parteien war streitig, welcher der beiden Fahrzeugführer durch ein Abkommen auf die jeweilige Fahrbahn des anderen die entscheidende Unfallursache gesetzt hatte. Im Verfahren wurde dann erstmalig von der Beklagtenseite eine entsprechende Aufnahme aus der Dashcam zu Beweiszwecken vorgelegt, auf der ein Abkommen der Klägerin von der eigenen Fahrbahn in die linke Fahrspur gut erkennbar war, welche der Beklagte zu 2) für ein Überholmanöver genutzt hat. Die Klägerin stellte nach der vorgelegten Aufnahme ein Verlassen der eigenen Fahrspur und einen damit verbundenen Fahrstreifenwechsel unstreitig, behauptete aber, der Beklagte zu 1) habe durch eine schnelle Reaktion die Kollision noch vermeiden können.

Das AG hat die Klage abgewiesen:

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus §§ 7 StVG, 115 VVG, 823 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB auf Ausgleich von Bruttoreparaturkosten in Höhe von 3.000,20 EUR, einer merkantilen Wertminderung von 150,00 EUR, Sachverständigenkosten von 577,75 EUR, einer allgemeinen Unkostenpauschale von 25,00 EUR sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 EUR aufgrund des Verkehrsunfalls vom 05.12,2017. Denn sie ist selbst in vollem Umfang einstandspflichtig für die aus dem Unfall entstandenen Schäden.

Die grundsätzliche Haftung der Parteien dem Grunde nach als Halter und Versicherer des beteiligten Fahrzeugs folgt aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG. Denn die Schäden am klägerischen Fahrzeug sind bei Betrieb der beiden Fahrzeuge entstanden. Ein Fall höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs, 2 StVG lag nicht vor. Jedenfalls für die Klägerin war der Unfall zudem nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG. Denn sie ist mit ihrem Fahrzeug aus Unachtsamkeit pflichtwidrig in die Fahrspur des Beklagten zu 2) hineingeraten. Inwieweit der Unfall für den Beklagten zu 2) unabwendbar war, kann dahinstehen. Denn im Rahmen der gern. § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der Verursachungsbeiträge tritt ein etwaiger Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1) vollständig hinter dem groben Verkehrsverstoß der Klägerin zurück.

Die Verpflichtung der Parteien zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängt im Verhältnis der Parteien zueinander hängt gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Umstand allgemein geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Neben der Verursachung ist auch der Grad eines etwaigen Verschuldens eines Beteiligten bei der Schadensverteilung zu berücksichtigen. Bei der nach Maßgabe der § 17 StVG, § 254 BGB vorzunehmenden Abwägung dürfen allerdings zu Lasten einer Partei nur solche unfallursächlichen Umstände berücksichtigt werden, auf die sie sich beruft, die unstreitig oder bewiesen sind (BGH, NJW 2000, 3069; NZV 1995, 145). Ist das Maß der Verursachung auf der einen Seite so groß, dass demgegenüber die von der anderen Partei zu verantwortende Mitverursachung nicht ins Gewicht fällt, kann die Pflicht zum Ersatz des Schadens der einen Partei zur Gänze auferlegt werden. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Unstreitig ist die Klägerin entgegen § 39 Abs. 5 S. 2 StVO nicht den gelben Fahrbahnmarkierungen gefolgt, sondern den durch die gelbe Fahrbahnmarkierung aufgehobenen weißen Markierungen und ist hierdurch entgegen § 7 Abs. 5 StVO ohne auf den Verkehr auf der linken Fahrbahn zu achten und unter Überfahren einer durchgezogenen Linie entgegen § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. lfd. Nr. 68 Anlage 2 zur StVO (Zeichen 295) in die Fahrspur des Klägers hineingefahren. Aufgrund der im Parallelverfahren 9 C 321/18 durch das Gericht, die Klägerin und den Klägervertreter in Augenschein genommenen und auch dem Beklagtenvertreter bekannten Dash­Cam-Aufnahme, die das Gericht im Streitfall unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil vom 15.05.2018, Aktenzeichen VI ZR 233/17, für verwertbar hält, ist partei- und gerichtsbekannt, dass das Klägerfahrzeug unmittelbar vor dem Beklagtenfahrzeug in die linke Fahrspur gefahren ist. Anhaltspunkte für einen Verstoß des Beklagten zu 2) gegen § 1 Abs. 2 StVO liegen nicht vor. Dass der Beklagte zu 2) die Kollision durch leichtes Abbremsen hätte vermeiden können, ist offenkundig nicht der Fall. Doch selbst wenn der Beklagte zu 2) die Kollision durch eine sofortige Reaktion und schärferes Abbremsen und/oder Ausweichen nach links noch hätte vermeiden können, wiegt der Verkehrsverstoß der Klägerin so schwer, dass der Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 2) mit Blick auf das grobe Verschulden der Klägerin hinter deren Mitverursachungsbeitrag vollständig zurücktreten würde, Der von Klägerseite beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Beklagte zu 2) die Kollision durch Abbremsen oder Ausweichen nach links hätte vermeiden können, bedurfte es insoweit nicht.“

Geschwindigkeitsüberschreitung versus Verletzung Wartepflicht beim Linksabbiegen, oder: Haftungsabwägung

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Im Kessel Buntes dann heute nach längerer Zeit mal wieder etwas Zivilrechtliches vom KG,  und zwar das KG, Urt. v. 15.02.2019 – 22 U 122/17. Es geht u.a. um den Anscheinsbeweis beim Linksabbiegen. Der Kläger hatte in Berlin den „den Gosener Damm in südöstlicher Richtung [befahren] und bog nach links in die einmündende Meisenheimer Straße ab. Der Beklagte zu 1. befuhr den Gosener Damm in entgegengesetzter Richtung. Das Fahrzeug des Klägers, ein VW Passat Kombi, wurde hinten rechts von der Front des Fahrzeuges des Beklagten zu 1., einem VW Polo älteren Baujahrs, getroffen. An der Unfallstelle galt die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die Parteien streiten u.a. hinsichtlich der Höhe der Überschreitung dieser Höchstgeschwindigkeit durch den Beklagten zu 1.“

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen, wogegen sich der Kläger Berufung eingelegt hat. Anders als das LG kommt das KG zum Ergebnis, dass der Beklagte haftet, und zwar:

„Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht bereits mangels Haftung der Beklagten abgewiesen, denn dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1. als Halter und Fahrzeugführer sowie den Beklagten zu 2. als Haftpflichtversicherer gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB; §§ 7, 17, 18 StVG; § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG; § 421 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom 27. Februar 2015 auf dem Gosener Damm dem Grunde nach der geltend gemachte Schadenersatzanspruch in Höhe von 2/3 zu.

1. Der Kläger macht zu Recht geltend, dass das Landgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der von dem Beklagten zu 1. gefahrenen Geschwindigkeit offensichtlich unvollständig gewürdigt hat und deshalb zu einem falschen Ergebnis gelangt ist. Vielmehr hat der Beklagte zu 1. zweifelsfrei gegen § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen, weil er mit (mindestens) 80 km/h gefahren ist, obwohl innerorts eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h einzuhalten gewesen wäre. Angesichts der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 30 km/h müssen sich die Beklagten ein grobes (Mit-) Verschulden des Beklagten zu 1. anrechnen lassen………….

2. Durch das Verschulden des Beklagten zu 1. wird allerdings das (Mit-) Verschulden des Klägers wegen der Verletzung der ihm nach § 9 Abs. 3 S. 2 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten nicht beseitigt, denn der Kläger hat das Fahrzeug des Beklagten zu 1. rechtzeitig gesehen bzw. hätte es rechtzeitig sehen und hierauf angemessen reagieren können.

a) Zur Widerlegung des gegen ihn sprechenden Anscheins hat der Abbiegende die Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten konkret darzulegen und zu beweisen. Ein allgemeiner Vortrag genügt nicht. Vielmehr muss u. a. plausibel sein, weshalb trotz Einhaltung der Sorgfaltspflichten das andere Fahrzeug nicht zu sehen gewesen sein sollte (Kuhnke, Darlegungs- und Beweislast bei Schadenersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen, NZV 2018, 447, 451 [6.(1) (c)] m.w.Nw.).

b) Der Anscheinsbeweis der Verletzung der Wartepflicht wird durch die überhöhte Geschwindigkeit des Bevorrechtigten nicht erschüttert und schränkt auch den Vorrang des entgegenkommenden Verkehrs nicht ein (BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 – VI ZR 133/11NZV 2012, 217, 218 [8], BGH, Urteil vom 14.2.1984 – VI ZR 229/82NJW 1984, 1962, 1963 [II.1.b)]; Kuhnke, Darlegungs- und Beweislast bei Schadenersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen, NZV 2018, 447, 452 [(2) zu Fn. 53]).

c) Es steht fest, dass der Beklagte zu 1. nicht weit entfernt gewesen sein kann, weshalb der Kläger nicht abbiegen durfte, selbst wenn er von gefahrenen 50 km/h ausgegangen wäre. Da der Wartepflichtige zu erkennen geben muss, seiner Wartepflicht zu genügen, und nur fahren darf, wenn er übersehen kann, dass der Vorfahrtberechtigte weder gefährdet noch wesentlich behindert wird (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 und S. 2 StVO als spezielle Ausformung des allgemeinen aus § 1 Abs. 2 StVO folgenden Grundsatzes), ist es nicht erlaubt, knapp vor dem Herannahen noch abzubiegen. Selbst wenn der Gegenverkehr objektiv betrachtet nicht abbremsen müsste, darf der Abstand nicht so knapp bemessen werden, dass im Hinblick auf ein denkbares verzögertes Anfahren oder erzwungenes Stehenbleiben, bspw. wegen zuvor übersehener Fußgänger oder Radfahrer, das Abbiegen unnötigerweise potenziell riskant und gefährdend ist, zumal selbst bloße Behinderungen oder Belästigungen auszuschließen sind (§ 1 Abs. 2 StVO). Es genügt also nicht, wenn das Fahrzeug im Gegenverkehr unverzögert knapp hinter der Heckstoßstange vorbeifahren könnte; vielmehr bedarf es eines deutlichen Abstandes, denn andernfalls würden verantwortungsbewusste, umsichtige Fahrer dennoch zu einem stärkeren Abbremsen genötigt. Im Übrigen war der Beklagte nicht 150 m entfernt, sondern muss deutlich näher gewesen sein, wie sich berechnen lässt und nach dem Gutachten des Sachverständigen Winninghoff (Gutachten, S. 12 Bildseite 19 B80 = 22 m R80 = 30 m, bei Tempo 80 km/h 22 m/s, d.h. sicherlich keine 100 m) ergibt. Über eine Strecke von unter 100 m bestand keinerlei Sichtbeeinträchtigung, und zwar auch (noch) nicht durch die Kurve.

3. Im Ergebnis der Abwägung der Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteile sowie der Betriebsgefahren nach §§ 17 Abs. 1 und Abs. 2, 9 StVG, 254 BGB haben die Beklagten 2/3 des Schadens zu tragen. Zwar überwiegt das wegen der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung grobe Verschulden des Beklagten zu 1. (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.2.1984 – VI ZR 229/82NJW 1984, 1962, 1963 [III.]; Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 15. Aufl. (2017), Rn. 232), ist jedoch nicht so wesentlich prägend, dass eine Anrechnung des Mitverschuldens des Klägers ausscheiden müsste, zumal davon auszugehen ist, dass der Kläger nicht zügig abbog, obwohl er den Pkw des Beklagten zu 1. gesehen haben muss. Ein geringerer Haftungsanteil der Beklagten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dem Beklagten zu 1. bewusst gewesen sein muss, dass bei Dunkelheit zwar mit Rücksicht auf die Fahrzeugbeleuchtung eine bessere Erkennbarkeit gegeben war, jedoch das Schätzen der Entfernung erschwert wurde.“

Ich habe da mal eine Frage: Kopiekosten und Grundgebühr für den Zeugenbeistand?

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Vor einigen Tagen hatte ich Kontakt mit einem (netten) RiAG, der mir per Mail einen „Beitrag zum Fragen-Fundus Gebührenrecht“ geschickt hat. Wie sich dann herausstellte, war es ein aktueller Fall, derauch wohl schon entschieden war/ist. Auf den Beschluss warte ich noch.

Hier dann aber die Frage/die Mail:

Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

um Ihre Auswahl möglicher Gebührenfragen und -rätsel um einen interessanten Punkt zu erweitern, ein Beitrag aus meiner Praxis (ich hatte über die Erinnerung zu entscheiden), den ich jüngst zu bearbeiten hatte. Ich stelle bewusst nur die Frage und bleibe die Antwort, die ich für richtig halte, schuldig – sollen sich die Leser erstmal Gedanken machen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen fünf Beschuldigte wegen eines gemeinsam begangenen Wohnungseinbruchsdiebstahls. Vier von ihnen klagt sie an (Schöffengericht), das Verfahren gegen den fünften Beschuldigten stellt sie nach § 154 Abs. 1 StPO ein. Er hatte schon anderweitig „arbeiten lassen“, wie man so schön sagt.

Der vormals Mitbeschuldigte Nummer fünf wird zum HVT als Zeuge geladen. Hierauf reagierend beantragt Rechtsanwalt Z seine Beiordnung nach § 68b StPO (und erhält diese auch) sowie Akteneinsicht, die ihm ebenfalls bewilligt wird. Im HVT betreut und berät er den Zeugen insbesondere im Hinblick auf § 55 StPO. Das Verfahren wird erstinstanzlich durch Urteil abgeschlossen.

RA Z begehrt nunmehr – unter anderem (die übrigen Gebühren sind unproblematisch) – die Erstattung von Kopierkosten (500 Seiten) (Nr. 7000 VV RVG), eine (Mittel-)Gebühr nach Ziffer 4301 Nr. 4 VV RVG sowie daneben die (Mittel-)Gebühr nach Ziffer 4100 VV RVG.

Der Bezirksrevisor steht auf dem Standpunkt, Kopierkosten kriege man als normaler Zeuge in Ermangelung eines eigenen Akteneinsichtsrechts ohnehin nicht und die Nr. 4100 VV RVG sei neben der Nr. 4301 VV RVG für den Zeugenbeistand nicht möglich, weil in letzterer bereits enthalten.

Wer hat Recht? :-)“

Pauschgebühr u.a. wegen umfangreichen Urteils, oder: Es gibt sie doch die Pauschgebühr

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern vom OLG München. Den OLG München, Beschl. v. 03.05.2019 – 1 AR 136/19 – stelle ich u.a. deshalb vor, weil man ihn auch überschreiben könnte: Und es gibt sie doch, die Pauschgebühr beim OLG München, und dann auch noch mit einem Zuschlag von 100 % auf die gesetzlichen Gebühren.

Leider kann man aber aus dem Beschluss nicht so ganz viel Honig saugen, weil das OLG kaum Kriterien mitteilt, die zur Bewilligung der Pauschgebühr nach § 51 RVG wegen besonderen Umfangs geführt haben:

„Gemäß der Stellungnahme der Frau Bezirksrevisorin vom 30.04.2019, die der ständigen Recht¬sprechung des Senats entspricht und mit der sich der Verteidiger einverstanden erklärt hat, war die Pauschgebühr zu bewilligen. Das Verfahren war zweifellos besonders umfangreich und für den Antragsteller – trotz des weiteren Verteidigers – sehr arbeitsaufwändig. Allein das Urteil vom 25.06.2018 umfasste – trotz vorangegangener Verständigung gem. § 257c StPO – 94 Seiten. Ein Zuschlag von ca. 100 % auf die gesetzlichen Gebühren erscheint auch dem Senat daher ausnahmsweise angemessen und erforderlich.

Über den Ersatz von Auslagen, auch Mehrwertsteuer. hat der Senat nicht zu entscheiden.

Bereits ausgezahlte Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KLs 501 Js 38103/17 sind auf die bewilligte Pauschgebühr anzurechnen. Nicht anzurechnen sind Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KIs 501 Js 6403/18 bis zu dessen Verbindung zum vorliegenden Verfahren.“

Und, was man auch nicht übersehen darf: Die Anrechnungsregelung. Allerdings hätte man auch da gern ein paar Informationen mehr gehabt.