Archiv für den Monat: August 2017

Einholung einer amtlichen Auskunft, oder: Beweisantrag oder Beweisanregung?

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Nur in einem Zusatz behandelt der OLG Hamm, Beschl. v. 22.06.2017 – 4 RBs 231/17 – die Frage, wie das Gericht mit einem Antrag auf Einholung einer amtlichen Auskunft umgehen muss. Einen solchen Antrag hatte der Betroffene in einem Bußgeldverfahren gestellt, in dem ihm (offenbar) eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt worden ist. Das AG hatte den Antrag nicht förmlich beschieden. Muss es auch nicht, sagt das OLG, denn:

„Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 31.05.2017, welche dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger bekannt gemacht worden ist und der der Senat sich anschließt, bemerkt der Senat, dass auch in der nicht gesondert durch Beschluss erfolgten Bescheidung des Antrags auf Einholung einer Auskunft der  Straßenmeisterei keine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt. Ein Beweisantrag, welcher einer Bescheidung, die ggf. aber auch noch in den Urteilsgründen erfolgen könnte (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 15.04.1983 – 6 Ss OWi 490/83 – juris LS), liegt schon nicht vor, weil die Einholung einer amtlichen Auskunft kein Strengbeweismittel im Sinne der StPO darstellt. Die Einholung amtlicher Auskünfte ist vielmehr ein Mittel des Freibeweises (OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.2005 – 3 Ss 267/05 – juris m.w.N.). Damit handelt es sich bei dem Antrag tatsächlich – wenn auch womöglich (was letztlich hier aber offenbleiben kann) aus anderen Gründen – um eine bloße Beweisanregung, die keiner förmlichen Bescheidung bedarf (OLG Hamm a.a.O.). Dass das Amtsgericht die Beweisanregung zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat, ergibt sich schon aus den umfänglichen Ausführungen in den Urteilsgründen hierzu.“

Ist also schwierig……..

Sonntagsfahrverbot, oder: Quark hat mit Milch nichts zu tun, sondern ist Käse

entnommen wikimedia.org
Author Elskeletto

Zum Wochenanfang am Montag passt m.E. ganz gut der OLG Celle, Beschl. v. 26.06.2017 – 1 Ss (OWi) 15/17. Denn er behandelt noch einmal eine Frage zum Sonntagsfahrverbot. Dazu hatte sich das OLG Celle ja neulich schon im OLG Celle, Beschl. v. 05.04.2017 – 1 Ss (OWi) 5/17 – geäußert. In dem ging es um Fertig-Lasagne (vgl. Sonntagsfahrverbot, oder: Ist „Fertiglasagne“ ein „frisches Fleischerzeugnis“?).

Im Beschluss vom 26.06.2017 – 1 Ss (OWi) 15/17 – geht es nun um Quark. Eine Spedition hat mit einem ihrer Sattelzüge 20 Tonnen Magerquark an einem Sonntag transportiert, ohne dass eine gültige Ausnahmegenehmigung vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot vorlag. Das AG hat darin einen Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO gesehen. Das Vorliegen eines gesetzlichen Ausnahmetatbestandes vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot hat das AG verneint. Insofern hat es ausgeführt, frische Milcherzeugnisse im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 a) StVO seien lediglich leicht verderbliche Lebensmittel von geringer Haltbarkeit, deren baldiger Transport auch während des an Sonn- und Feiertagen bestehenden Fahrverbots für den Lastwagen-Schwerverkehr erforderlich sei. Davon könne aber bei Lebensmitteln, die – wie dies hier der Fall gewesen sei – Transport am 19.06.2016, Mindesthaltbarkeitsdatum 16.07.2016– noch mehrere Wochen haltbar seien, nicht die Rede sein. Das AG hat den „Verfall“ eines Betrages in der Höhe des ermittelten Frachtlohnes in Höhe von 2048,44 € angeordnet (§ 29a OWiG).

Das OLG hat das amtsgerichtliche Urteil im Eregbnis bestätigt. Die Leitsätze zum „Quark“:

  1. Frische Milcherzeugnisse im Sinne der gesetzlichen Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 a) StVO sind alle nicht wärmebehandelten und damit ständig kühlungsbedürftigen Milcherzeugnisse. Auf die Dauer der Haltbarkeit des konkreten Transportgutes im Einzelfall (Mindesthaltbarkeitsdatum) kommt es nicht an.
  2. Milcherzeugnisse im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 a) StVO sind die in der Anlage 1 zur Milcherzeugnisverordnung (MilchErzV) bezeichneten Produkte. Quark ist daher kein Milcherzeugnis im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 a) StVO, sodass der Transport von Quark nicht der gesetzlichen Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot unterfällt.

Fazit: Quark hat mit Milch nichts zu tun, sondern ist „Käse und unterfällt der Käseverordnung vom 24. Juni 1965„. Schon interessant, was OLGs alles so wissen/entscheiden müssen.

Sonntagswitz: Heute zur Halbzeit der Skulptur-Projekte noch mal Kunst

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In Münster ist beim SkulpturProjekt 2017 „Halbzeit“, die Ausstellung ist am 10.06.2017 eröffnet worden, sie dauert noch bis zum 01.10.2017. Läuft gut, die Stadt ist voller „kunstinteressierter“ Besucher, die sich von einer Skulptur zur anderen bewegen, zu Fuß oder auch mit dem Rad. Da merkt man dann doch, wer nur „Gelegenheitsradler“ ist. Nun, die Stimmung ist gut. Und ich mache/bringe daher noch einmal „Kunstwitze“, nämlich:

Der Reporter zum Bildhauer: „Es muß ganz schön schwer sein, aus einem so eckigen Stein ein wohlgestalte Dame zu formen, oder?“
Antwortet der Bildhauer: „Nein überhaupt nicht, ich haue einfach alles weg, was nicht nach Dame aussieht.“


Was ist der Unterschied zwischen einem Kritiker und einem Eunuchen?
Da gibts keinen.
Beide wissen genau, wie man es machen muß, können’s aber nicht…


Zwei Kritiker vor dem Gemälde „Weltuntergang“:
„Tja, gut getroffen.“
„Stimmt, das Gemälde ist wirklich eine Katastrophe“


Der Maler zum Modell:
„Heute arbeiten wir nicht. Lassen Sie das Kleid an, wir trinken Sekt.“
Plötzlich geht die Haustür auf.
„Schnell, ziehen Sie sich aus“, erschrickt er, „Meine Frau kommt!“


Und: Hier hatte ich über Das enthauptete Kunstwerk berichtet. Dazu kann ich nachlegen: Der Kopf ist wieder da, bleibt aber ab 🙂 .

Wochenspiegel für die 32. KW., das war Lederoutfit, Hupkonzert, „Kaffeetassenwerbung“, Impotenz und Wildschweine im Pool

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Die 32. KW. war m.E. geprägt von dem verbalen Auf-/Wettrüsten USA/Nordkorea. Wenn man das so alles liest, da kann man schon Angst bekommen, dass der ein oder andere „Heißsporn“ dann doch auf den falschen Knopf drückt. Denn rational handeln die Kontrahenten kaum bzw. und man hat auch nicht den Eindruck, dass sie es könnten. Das „Säbel Rasseln“ hat aber in den Blogs keinen Nachhall gefunden. Und da „bange machen“ nicht gilt :-), wenden wir uns dem wöchentlichen „Blog-Rückblick“ zu. In dem berichte ich heute dann über:

  1. Erzieher: „Lederoutfit? Chic, Steht Dir bestimmt, Denkbar? Mit was drunter? String Strapse Strümpfe … Ok, ausprobieren?“
  2. Hupkonzert und private Knöllchen: Darf Jedermann Verkehrssünder in ihre Schranken weisen?,
  3. OLG Düsseldorf: Keine Mithaftung beim Überholen ei­ner Kehrmaschine mit gel­bem Blinklicht,
  4. Schmerzensgeld für Impotenz des Partners?,
  5. LG München: Mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe für Fake-Shop-Betreiber,
  6. OLG Köln weicht Regeln für Verdachtsberichterstattung auf,
  7. Voraus­setzung­en der körper­lichen Unter­such­ung von Straf­ge­fang­en­en,
  8. Rechtsanwalt kann Verbot unzulässiger Schockwerbung nicht umgehen, – das ist die „Kaffeetassen-Werbung“
  9. und dann waren da noch: Wildschweine im Swimmingpool: Jäger haftet nicht! – über die zugrundeliegende AG-Entscheidung hatte ich ja vor einiger Zeit berichtet,
  10. und gnaz zum Schluss: 13 sichere Wege, wie du deine Prüfungsphase in den Sand setzt.

Organisationsverschulden II, oder: Wie regelt man die Urlaubsvertretung richtig?

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Die zweite Entscheidung am heutigen Samstag behandelt dann ebenfalls eine Problematik aus dem Bereich der Wiedereinsetzung im Zivilverfahren. Sie passt ganz gut in die Jahreszeit. Es geht im BGH, Beschl. v. 13.07.2016 – IX ZB 110/16 – nämlich um die ordnungsgemäße Organisation der Vertretung des Rechtsanwalts während des Urlaubs. Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem auf Zahlung anwaltlicher Gebühren in Höhe von 36.294,52 € geklagt wurde. Das LG hat die Klage durch Urteil vom 09.06.2016, das der Klägerin am 15.06.2016 zugestellt worden ist, abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 07.07.2016 Berufung eingelegt. Der bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin sachbearbeitende Rechtsanwalt S. hat am 01.08.2016 den weitgehend fertiggestellten Entwurf einer Berufungsbegründung mit der Bitte um Verfeinerung und Verfestigung Rechtsanwalt G. als zuständigem Dezernenten übermittelt. Am 05. oder 06.08.2016 hat sich Rechtsanwalt G. telefonisch bei Rechtsanwalt S. mit Rücksicht auf dessen am 08.08.2016 beginnenden dreiwöchigen Erholungsurlaub nach den erforderlichen Anpassungen erkundigt. Im Anschluss hat Rechtsanwalt S. die für ihn tätige Büroangestellte W. angewiesen, ihn rechtzeitig vor Fristablauf am 15.08.2016 an die Frist der Berufungsbegründung zu erinnern. Am 16.08.2016 ist in der Kanzlei der Klägerin festgestellt worden, dass die bis zum 15.08.2016 laufende Berufungsbegründungsfrist versäumt worden ist. Am 19.09.2016 hat die Klägerin in Verbindung mit der Berufungsbegründung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Das OLG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Das hat beim BGH gehalten:

„Der Klägerin kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten beruht (§ 233 Satz 1 ZPO). Die Büroorganisation der Prozessbevollmächtigten der Klägerin genügte in Vertretungsfällen nicht den insoweit zu beachtenden rechtlichen Anforderungen. Außerdem fehlte es an einer Einzelanweisung der mit der Sache befassten Rechtsanwälte S. und G. , bei deren Befolgung das Fristversäumnis vermieden worden wäre…..

bb) Innerhalb des Büros der Prozessbevollmächtigten der Klägerin war nicht sichergestellt, dass in Vertretungsfällen Fristsachen einem zuständigen Rechtsanwalt rechtzeitig vorgelegt werden.

(1) Die Klägerin hat zur Büroorganisation ihrer Prozessbevollmächtigten folgendes vorgetragen: Der sachbearbeitende Rechtsanwalt habe Fristsachen grundsätzlich vor Urlaubsantritt zu erledigen. Kurzfristig eingehende Fristsachen seien Rechtsanwalt G. als Dezernatsleiter zwecks Auswahl des Sachbearbeiters vorzulegen. Die Vertretung in Terminsachen werde abgesprochen und dadurch vor Urlaubsantritt ein Vertreter bestimmt, so dass betroffene Termine in den Kalender des Vertreters umgetragen würden.

(2) Diese organisatorischen Abläufe sind nicht geeignet, in Vertretungsfällen eine rechtzeitige Vorlage der Akten an einen verantwortlichen Rechtsanwalt und damit die Fristwahrung zu gewährleisten, wenn – wie im Streitfall – der ursprünglich sachbearbeitende Rechtsanwalt eine Terminsache vor seinem Urlaubsantritt nicht abschließend erledigt. In einer derartigen Gestaltung sieht die Organisation der Prozessbevollmächtigten der Klägerin keine allgemeinen Vertretungsregeln vor. Vielmehr hätte, weil es sich nicht um eine kurzfristig eingehende Fristsache handelte, eine Absprache über die Vertretung erfolgen und der Termin im Kalender des Vertreters eingetragen werden müssen. Bei dieser Sachlage konnte die Frist nicht mit Hilfe der allgemeinen Kanzleiorganisation, sondern nur auf der Grundlage einer Verständigung zwischen den Anwälten und einer entsprechenden Einzelanweisung an das Büropersonal gewahrt werden. Die bloße Erinnerung der Mitarbeiter an den Fristablauf durch das von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingesetzte Datenverarbeitungspro-gramm war zur Fristwahrung nicht geeignet, weil entgegen dem Rechtsbe-schwerdevorbringen keine Anweisung an das Büropersonal ergangen war, im Falle der Abwesenheit des sachbearbeitenden Anwalts den Vorgang einem anderen Anwalt vorzulegen (BGH, Beschluss vom 13. November 2007 – X ZR 100/07, GRUR 2008, 280 Rn. 5). Die zentrale Erfassung der Fristen kann einem Fristversäumnis nur vorbeugen, wenn – woran es hier fehlt – das Personal dahin instruiert wird, die Sache im Falle der Abwesenheit des sachbearbeiten-den Anwalts einem anderen Anwalt vorzulegen.“