Archiv für den Monat: März 2017

Was Fachanwälte manchmal so alles machen, oder: Straflose Anstiftung zur (falschen) Selbstbezichtigung?

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Mein Tippgeber des Vertrauens 🙂 – Oliver Garcia vom Blog delegisbus – hat mir gestern mal wieder einen Tipp gegeben, der dann heute gleich zu diesem Posting führt. Es war der Hinweis auf den LG Heilbronn, Beschl. v. o9.03.2017 – 8 KLs 24 Js 28058/15. In ihm hat das LG die Eröffnung des Hauptverfahrens in einem Strafverfahren abgelehnt, in dem dem angeklagten Rechtsanwalt, einem „Fachanwalt für Strafrecht, insbesondere Ordnungswidrigkeiten- und Fahrerlaubnisrecht“ (?), falsche Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft vorgeworfen worden ist. Grundlage für die Anklage war das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15 (siehe dazu: Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen).

Gegenstand des Verfahrens beim LG Heilbronn war folgender Sachverhalt:

„Der Angeschuldigte, Fachanwalt für Strafrecht, insbesondere Ordnungswidrigkeiten- und Fahrerlaubnisrecht, riet jeweils aufgrund neuen Willensentschlusses in seiner Kanzlei in Heilbronn in der pp. seinen Mandanten, die einer Verkehrsordnungswidrigkeit verdächtig waren, den Zeugenfragebogen der Bußgeldbehörde einer ihnen ähnlich sehenden Person zu überreichen und diese dazu anzuhalten, sich fälschlicherweise als Fahrzeugführer zur Tatzeit anzugeben. Der Angeschuldigte wollte auf diese Weise erreichen, dass das Bußgeldverfahren zunächst gegen den angeblichen Fahrzeugführer geführt und dass sodann, nach Einlegung des Einspruchs über den Angeschuldigten beim Amtsgericht unter Angabe des wahren Fahrzeugführers, das Bußgeldverfahren eingestellt bzw. ein Freispruch erfolgen würde, während das Verfahren gegen den tatsächlichen Fahrzeugführer in der Zwischenzeit verjährt wäre, sodass seine Mandanten diesbezüglich nicht mehr verfolgt werden konnten. So geschehen aufgrund der Rechtsberatungen 1. im Dezember 2011, nachdem ein Zeugenfragebogen der Bußgeldbehörde pp. hinsichtlich einer Ordnungswidrigkeit wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen pp., an den Fahrzeughalter pp. versandt worden war, woraufhin sich am pp. als angebliche Fahrzeugführerin bezeichnete, obwohl tatsächlich pp. das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hatte und 2. im Dezember 2012, nachdem der Zeugenfragebogen der Bußgeldstelle Esslingen am Neckar vom pp. hinsichtlich eines Rotlichtverstoßes mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen pp., an die Fahrzeughalterin, die pp., versandt worden war, woraufhin sich am pp. als angeblicher Fahrzeugführer bezeichnete, obwohl tatsächlich pp., dem das Fahrzeug als geschäftlicher Dienstwagen zugeteilt war, Fahrzeugführer zum Tatzeitpunkt gewesen war.“

Die Staatsanwaltschaft hatte das Verhalten unter Hinweis auf das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15 als strafbar angesehen: Das LG Heilbronn sagt nein, und zwar:

„Diese Selbstbezichtigung ist jedoch straflos, da dadurch weder der Straftatbestand des § 164 Abs. 2 StGB, noch der des § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht wird.

164 Abs. 2 StGB setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Behauptung in Bezug auf eine andere Person voraus, namentlich die Verdächtigung eines anderen. Die in der Anklageschrift benannten Zeugen ( pp. Tat Nr. 1) und pp. (Tat Nr. 2) haben ausschließlich über sich selbst bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen gegenüber der Ordnungswidrigkeitenbehörde abgegeben, indem sie sich jeweils selbst des Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit bzw. eines Rotlichtverstoßes bezichtigten. Damit ist der objektive Tatbestand des § 164 Abs. 2 StGB nicht erfüllt.

145d Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt eine rechtswidrige Tat im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB voraus. Vorliegend wurde seitens der Zeugen jedoch lediglich über eine angeblich von Ihnen begangene Ordnungswidrigkeit getäuscht, sodass auch der Tatbestand des Vortäuschens einer Straftat objektiv nicht erfüllt ist.

Damit fehlt es an einer vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Haupttat, zu der der Angeschuldigte jeweils hätte anstiften können.“

Und: Entgegen dem OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15 ist das nach Auffassung des LG auch keine falsche Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft:

„Die dem entgegenstehende Argumentation, die fehlende Absicht des Werkzeuges sei ein zwingendes Indiz für seine Unterordnung unter den Willen des Täters und somit für dessen Tatherrschaft ist verfehlt, da sie die dogmatisch saubere Trennlinie zwischen Täterschaft und Teilnahme aufgibt und bei praktisch jedem fremdnützigen Handeln des Ausführenden eine Tatherrschaft des Hintermannes begründen will, was schlicht der Interessentheorie entspräche.

So argumentiert das OLG Stuttgart (Urteil vom 23. Juli 2015 – 2 Ss 94/15 –, juris), auf dessen Rechtsansicht sich die Anklage stützt, der dort Angeklagte sei „pp. im vorliegenden Fall mittelbarer Täter, weil er im Wege einer wertenden Zuschreibung Tatherrschaft und Wille zur Tatherrschaft hatte und die Tat allein in seinem Interesse begangen wurde“.

Dieser Ansicht folgt die Kammer nicht.

Vielmehr ist in Fällen der Veranlassung zur objektiv tatbestandslosen Selbstschädigung des Geschädigten durch einen Hintermann dessen Strafbarkeit wegen mittelbarer Täterschaft nur dann gegeben, wenn er die Tatherrschaft über die vom Geschädigten vorgenommene Tathandlung tatsächlich aufgrund bestimmter Umstände ausübt (vgl. BGHSt 32, 38; Schünemann, a.a.O., § 25, Rdn. 106ff.; Heine/Weißer a.a.O., § 25, Rdn. 10ff). Dieser Grundsatz gilt – entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart (a.a.O.) – auch dann, wenn der Geschädigte nicht alleiniger Rechtsgutsträger ist, sondern der Schutzzweck der Norm auch andere Rechtsgüter erfasst, wie dies bei § 164 StGB der Fall ist, der auch die inländische staatliche Rechtspflege vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme bewahren will (BGHSt 5, 66ff.; 9, 240ff.; Ruß in Leipziger Kommentar, a.a.O., § 164, Rdn. 1f.; Fischer StGB, 63. Auflage, § 164, Rdn. 2). Denn es erschließt sich in keiner Weise warum die bloße Existenz eines weiteren Rechtsgutes, auf dessen Schutz der „Primärgeschädigte“ tatsächlich nicht wirksam verzichten kann, eine Verantwortlichkeit des Hintermannes im Sinne einer mittelbaren Täterschaft zu begründen vermag, die bei Fehlen eines weiteren Rechtsgutes nur für den Fall einer tatsächlichen und nicht lediglich normativen Tatherrschaft gegeben wäre…..“

Unabhängig von der Frage: Strafbar oder nicht“. Ich war dann doch – gelinde ausgedrückt – sehr „erstaunt“, als ich den Sachverhalt mit dem darin beschriebenen Verhalten des Kollegen gelesen habe. Geht m.E. gar nicht. Und ich kann nur wiederholen: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen.

Im Übrigen: Ich bin gespannt, ob der Beschluss des LG rechtskräftig wird.

Akteneinsicht beim AG Esslingen, da gibt es den kompletten Messfilm, die Rohmessdaten und die Kalibrierungsfotos

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Die mit der (Akten)Einsicht im Bußgeldverfahren zusammenhängenden Fragen betreffend Messunterlagen und Messdaten usw. sind nun wirklich der verfahrensrechtliche Dauerbrenner der letzten Jahre. Los ging es 2012/2013 mit dem Kampf um die Einsicht in die Bedienungsanleitung, jetzt wird um die Messdaten gekämpft. Und zu dem Kampf kann ich dann heute als Munition zwei Entscheidungen des AG Esslingen beisteuern, nämlich den AG Esslingen, Beschl. v. 03.03.2017 – 4 OWi 22/17 und den AG Esslingen, Beschl. v. 02.05.2016 – 3 OWi 829/15. Sie bejahen beide ein Einsichtsrecht des Verteidigers. Dazu dann aus dem Beschluss vom 03.03.2017:

„Aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens und der Gewährung rechtlichen Gehörs folgt, dass dem Betroffenen auf dessen Antrag hin die Rohmessdaten zur Verfügung zu stellen sind. Würde man dem Betroffenen dieses Einsichtsrecht versagen, würde der Betroffene in seinen Verfah­rensrechten eingeschränkt. Ein zentrales Anliegen eines rechtsstaatlich geordneten Bußgeldver­fahrens ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts als notwendige Grundlage eines gerechten Urteils (AG Weißenfels, Beschluss vom 03. September 2015, 10 AR 1/15). Verfahrensentschei­dungen, die die Ermittlung der Wahrheit zulasten des Betroffenen behindern, können daher einen Anspruch auf ein faires Verfahren verletzen. Hiergegen würde es verstoßen, wenn dem Betroffe­nen die Möglichkeit der Überprüfung verfahrensrelevanter Daten versagt wird. Der Betroffene hat daher einen Anspruch auf Überlassung der Rohmessdaten (Im Ergebnis ebenso AG Völklingen 6 Gs 49/16). Einer solchen Datenherausgabe stehen im Fall der Herausgabe lediglich an den Ver­teidiger und von ihr beauftragter Sachverständiger auch eventuelle datenschutzrechtliche Beden­ken nicht entgegen (AG Völklingen aaO m.w.Nw.).

Des Weiteren ist Akteneinsicht in die Kalibrierungsbilder und den vollständigen Messfilm zu ge­währen. Der Verteidiger hat gemäß § 46 i.V.m. § 147 StPO ein Recht auf Akteneinsicht, das sich auf alle Schriftstücke, Bild-, Video- und Tonaufnahmen bezieht, die für den Betroffenen belastend oder entlastend sein können. Dies gilt auch für Kalibrierungsbilder, die der Verteidigung zur Verfü­gung gestellt werden müssen (Lüderssen/Jahn in Löwe-Rosenberg, § 147 Rn. 154). Gleiches gilt für den Messfilm. Auch wenn der vollständige Messfilm nicht zu den Akten genommen wird, wird der Vorwurf in tatsächlicher Hinsicht darauf gestützt. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes greifen nicht durch (Vgl. exemplarisch statt vieler AG Fritzlar, 4 Owi 11/14, Beschluss vom 07.10.2014 sowie AG Stuttgart DAR 2014, 406).“

Wie gesagt, Munition im „Kampf um die Messunterlagen/-daten“.

Dreimal KG, oder: Einwilligung in die Blutentnahme/Verfahrensrüge, BAK von 3,64 Promille und Strafzumessung,

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Und zum Abschluss des Tages des Verkehrsstrafrechts 🙂 eine Entscheidung des KG, und zwar das KG, Urt. v. 20.12.2016 – (3) 121 Ss 163/16 (111/16). Es geht auch um eine Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung. Im Verfahren haben die mit der Verletzung des Richtervorbehalts nach § 81a StPO zusammenhängenden Fragen eine Rolle gespielt. Ich stelle die Entscheidung hier heute deshalb vor, weil das KG zu der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Ausführungen macht, die man als Verteidiger im Hinblick auf § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO beachten sollte.

Dazu sagt das KG (noch einmal): Wird mit der Verfahrensrüge die Unverwertbarkeit des Ergebnisses einer Blutprobe gemacht, ist die Rüge nur dann den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt, wenn auch die durch die polizeilichen Zeugen gefertigte Dokumentation zur Belehrung über die Freiwilligkeit der Blutentnahme und die Einwilligung des Angeklagten dargelegt wird.

Das hatte der Kollege nicht getan und deshalb hat das KG seine Rüge als unzulässig angesehen. Vielleicht hat ihn ja ein wenig getröstet, dass das KG seine Rüge dann aber auch als unbegründet angesehen hat. Nun ja, wahrscheinlich nicht 🙂 . Jedenfalls sollte man den Punkt auf der Liste haben.

Im Übrigen ist das Urteil auch noch aus zwei weiteren Gründen von Interesse. Denn das KG hat die Annahme (nur) verminderter Schuldfähigkeit durch den Tatrichter bei einer Tatzeit-BAK von 3,64 Promille „gehalten“. Bei der Höhe der BAK m.E. schon beachtlich.

Aufgehoben hat das KG dann aber den Rechtsfolgenausspruch:

„Der Rechtsfolgenausspruch kann jedoch keinen Bestand haben. Die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht davon abgesehen hat, den Strafrahmen nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mildern, sind unzutreffend. Im Urteil heißt es, von der Milderungsmöglichkeit sei kein Gebrauch gemacht worden, „da es sich vorliegend um eine Verkehrsstrafsache handelt“ (UA S. 6). Eine derartig verkürzte Regel, der zufolge die hohe Alkoholisierung bei Verkehrsvergehen nicht berücksichtigt werden darf, besteht nicht (vgl. OLG Karlsruhe VRS 81, 19). Vielmehr sind keine bestimmten Deliktsarten von der Möglichkeit der Strafmilderung ausgenommen (vgl. BGH NJW 1953, 1760). Dies gilt auch für die Verkehrsvergehen (vgl. LK-Schöch, StGB 12. Aufl., § 21 Rn. 61 m.w.N.; Schönke/Schröder/Perron/Weißer, StGB 29. Aufl., § 21 Rn. 22).“

Auch die beiden Punkte sollte man „auf dem Schirm haben.“

Das Urteil bei Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: Totgesagte BGH-Vorlagen leben länger

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Ich hatte ja gerade über den BGH, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 StR 531/16 und die darin behandelte Problemtaik des Umfangs der tatsächlichen Feststellungen berichtet (vgl. Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: Wie umfangreich muss die Verurteilung begründet sein?) . In dem Zusammenhang hatte ich dann auch auf die Vorlage an den BGH im OLG Nürnberg, Beschl. v. 21. 10. 2015 – 1 OLG 2 Ss 182/15  (dazu Das OLG Nürnberg traut sich: BGH-Vorlage zum Fahren ohne Fahrerlaubnis) hingewiesen.

Entgegen meiner Aussage ist die Sache nicht tod. Nun ja, die schon, aber es gibt inzwischen eine neue Vorlage des OLG Nürnberg, und zwar im OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.10.2016 – 1 OLG 8 Ss 173/16. Den hat mir der Kollege VorRiOLG Dr. B. Wankel vom OLG Nürnberg gerade übersandt. Ich kannte den Beschluss bisher nicht, er ist – soweit ich das sehe – bisher auch nicht veröffentlicht. Wir werden dann also doch in der Frage vom BGH etwas hören, und zwar wahrscheinlich bald. Nach Auskunft des Kollegen Wankel hat der GBA nämlich bereits Stellung genommen. Vielleicht war der BGH, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 StR 531/16 – ein erstes Räuspern des BGH? 🙂

Dafür könnte ein Vergleich der Vorlagefrage mit den Ausführungen des BGH sprechen:

„Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

Kann ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist (§ 21 Absatz 1 Nummer 1 StVG) und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug be-stimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen?“

Jedenfalls gilt: Totgesagte leben länger 🙂

Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: Wie umfangreich muss die Verurteilung begründet sein?

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Die zweite verkehrsrechtliche Entscheidung des heutigen Tages (zur ersten BGH, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 StR 597/16 und dazu Nach Drogenkonsum auf Polizeiflucht, oder: Kleiner Grundkurs des BGH zur Straßenverkehrsgefährdung) ist ebenfalls ein Beschluss des 4. Strafsenats, und zwar der BGH, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 StR 531/16. In ihm hat der BGH nach Verwerfung der Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO ergänzend u.a. auch zur Frage Stellung genommen, welche Feststellungen im tatrichterlichen Urteil wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) getroffen werden müssen.

In der Rechtsprechung der OLG ist diese Frage umstritten. Einige OLG verlangen auch Angaben von Zeit und Ort sowie zu den Beweggründen des Angeklagten für die Fahrt, den Verkehrsverhältnissen, der zurückgelegten Strecke (vgl. z.B. OLG Bamberg DAR 2013, 585; OLG München DAR 2008, 533; StraFo 2008, 210). Nicht so streng sind das KG (VA 2015, 155) und das OLG Koblenz (NZV 2013, 411).

Der BGH scheint die Frage auch weniger streng zu sehen, wenn er ausführt:

„3. Die Feststellungen zu der als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bewerteten Tat unter Ziffer II. 2. der Urteilsgründe sind ausreichend. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen in den Urteilsgründen die für erwiesen erachteten Tatsachen angegeben werden, in denen die gesetzlichen  Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter auf der Grundlage einer vorausgegangenen rechtlichen Subsumtion die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objek-tiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 – 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13 mwN). Dem werden die Urteilsgründe gerecht. Denn sie lassen ausreichend erkennen, wann und wo der Angeklagte ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen geführt hat, ohne – wie ihm bekannt war – im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein.“

Ob diese Entscheidung nun allerdings den Streit endgültig klärt, kann man bezweifeln. Denn der BGH nimmt zu den abweichenden Auffassungen der OLG nicht (ausdrücklich) Stellung. Die Antwort ist in der verkehrsstrafrechtlichen Praxis von Bedeutung, denn sie hat Auswirkungen auf die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung. Lässt man die geringen Anforderungen ausreichen, ist eine Berufungsbeschränkung ggf. eher wirksam als in den von den o.a. OLG entschiedenen Fällen.

Zu der Frage hatte es ja vor einiger Zeit eine Vorlage des OLG Nürnberg an den BGH gegeben (vgl. den OLG Nürnberg, Beschl. v. 21. 10. 2015 – 1 OLG 2 Ss 182/15  und dazu Das OLG Nürnberg traut sich: BGH-Vorlage zum Fahren ohne Fahrerlaubnis). Das OLG hatte beim BGH angefragt, ob ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken kann, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug bestimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen. Das OLG Nürnberg wollte die Frage bejahen. Die Vorlage hat sich inzwischen jedoch erledigt, da die Revision beim OLG zurückgenommen und damit das Verfahren, in dem vorgelegt worden ist, beendet ist. In der Sache hören wir also nichts mehr….