Archiv für den Monat: Januar 2015

„Schmerzhafte anale Penetrationshandlungen gegenüber Kindern“ als körperlich schwere Misshandlung

© reeel - Fotolia.com

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Das zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmte BGH, Urt. v. 09.12.2014 – 5 StR 422/14 – enthält einen „sehr schönen Gang“ duch das Gestrüpp der Vorschriften der §§ 176, 176a StGB. Das LG hatte den Angeklagten wegen verschiedener Missbrauchstaten verurteilt, und zwar: „Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Angeklagte die am 22. Oktober 1999 geborene Nebenklägerin, für die er Erziehungsaufgaben übernommen hatte, ab ihrem 11. Lebensjahr in acht Fällen, davon in einem Fall nach Vollendung ihres 14. Lebensjahres. Fall 3 liegt zugrunde, dass er an der unbedeckten Scheide der Nebenklägerin leckte (Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen). Im Fall 4 ergriff er die Nebenklägerin an den Unterarmen, warf sie aufs Bett und hielt sie fest. Er rieb ihren After mit einem Gel ein und vollzog gewaltsam den Analverkehr bis zum Samenerguss, obwohl die Nebenklägerin vor Schmerzen schrie. Um die „Geräusche“ zu ersticken, drückte er ihren Kopf in ein Kissen (Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen).“

Das BGH, Urteil sieht beide Schuldsprüche als rechtsfehlerhaft an:Im Fall 3 beanstandet er, dass nicht festgestellt sei, dass der Angeklagte beim Oralverkehr in den Körper der Nebenklägerin eindrang. Mithin sei ein Fall des nicht qualifizierten sexuellen Missbrauchs eines Kindes nach § 176 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen gegeben. Der Senat hat dann zwar den Schuldspruch zugunsten des Angeklagten entsprechend abgeändert, was aber – entgegen dem Antrag des GBA-  nicht zur Herabsetzung der insoweit verhängten Einzelstrafe (§ 354 Abs. 1 StPO) geführt .

Zum zweiten Fall betreffend den Analverkehr heißt es:

„…Zwar vermochte die Jugendkammer in Abweichung von den Anklagevorwürfen eine Fesselung der Nebenklägerin nicht festzustellen. Das Urteil weist jedoch zugleich einen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf. Denn das Landgericht hat nicht erwogen, dass die Qualifikationstatbestände der schweren körperlichen Misshandlung nach § 176a Abs. 5 und § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a StGB verwirklicht sind. Der Senat kann deswegen offen lassen, ob der Angeklagte wegen Verwendung eines gefährliches Werkzeugs (auch) den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB erfüllt hat, indem er den Kopf der Nebenklägerin in ein Kissen drückte, um deren Schreie zu unterbinden.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt das Merkmal der schweren körperlichen Misshandlung einerseits nicht den Eintritt der in § 226 Abs. 1 StGB (schwere Körperverletzung) bezeichneten gravierenden Folgen; andererseits genügt eine „nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung“ der körperlichen Unversehrtheit nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1993 – 4 StR 717/93, bei Miebach NStZ 1994, 223). Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die körperliche Integrität des Opfers in einer Weise verletzt wird, die mit erheblichen Schmerzen verbunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1998 – 5 StR 216/98, NStZ 1998, 461; BGH, Urteile vom 13. September 2000 – 3 StR 347/00, BGHR StGB § 177 Abs. 4 Misshandlung 1; vom 13. Februar 2007 – 1 StR 574/06; vom 15. September 2010 – 2 StR 395/10NStZ-RR 2011, 337, 338; vgl. zu § 176a Abs. 3 Nr. 2 StGB aF BGH, Urteil vom 11. August 1993 – 3 StR 325/93). Dabei schadet es nicht, wenn die Misshandlung nicht gerade als Nötigungsmittel eingesetzt wird, sondern im Zuge der sexuellen Handlungen erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 4 StR 464/00, BGHSt 46, 225, 229).

b) Daran gemessen ist das Merkmal hier gegeben. Der Angeklagte erzwang an der zur Tatzeit allenfalls zwölfjährigen Nebenklägerin den (erstmaligen) Analverkehr bis zum Samenerguss. Hierdurch fügte er ihr derart gravierende Schmerzen zu, dass er sich veranlasst sah, ihre lauten Schreie (vgl. auch UA S. 23: „… dass sie vor Schmerzen gebrüllt habe“) zu ersticken, indem er ihren Kopf in ein Kissen drückte. Den Ausführungen der Jugendkammer ist zu entnehmen, dass sich die Misshandlung über geraume Zeit erstreckte.

aa) Der Senat verkennt nicht, dass namentlich anale Penetrationen bei Kindern auf dieser Basis nicht selten den Qualifikationstatbestand des § 176a Abs. 5 StGB (§ 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a StGB) erfüllen werden. Er sieht jedoch keinen Grund, solche schwerwiegenden Taten nicht der verschärften Strafdrohung zu unterwerfen. Dem lässt sich nicht überzeugend entgegenhalten, dass mit dem Eindringen in den Körper von Kindern typischerweise Schmerzen verbunden sein werden, der Gesetzgeber für derartige Taten in § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (§ 177 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 StGB) aber einen günstigeren Strafrahmen vorgesehen hat (vgl. dazu SK-Wolters, StGB, § 177 Rn. 33; LK-Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 176a Rn. 84; Kudlich, JR 2001, 378, 380). Denn es existieren – wie auch die Tatserie des Angeklagten erweist – Vorgänge des Eindringens, die nicht schmerzhaft sind oder insoweit jedenfalls nicht den erforderlichen Erheblichkeitsgrad erreichen. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass die Verursachung beträchtlicher Schmerzen regelmäßige und damit vom Tat-bestand des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (§ 177 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 StGB) abschließend umfasste Begleiterscheinung der darin bezeichneten Tat-handlungen ist. Dass eine Privilegierung schon für sich genommen äu-ßerst schmerzhafter Sexualhandlungen gegenüber sonstigen körperlichen Misshandlungen wie etwa heftigen und mit Schmerzen verbundenen Schlägen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1998 – 5 StR 216/98, aaO) vom Gesetzgeber intendiert gewesen sein könnte, liegt nicht nahe (vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 4 StR 464/00, aaO).“

Hilfe, jetzt habe ich mal eine Frage: „Urkundenfälschung durch Urteilscannen“?

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So, heute habe ich dann mal eine Frage bzw. gebe eine Frage, die nichts mit Gebührenrecht zu tun hat, in die Runde. das Posting/die Frage geht zurück auf eine Email, die ich vor einigen Tagen von einem Kollegen aus Berlin mit dem o.a. Betreff erhalten habe und die zu Emailverkehr zwischen uns geführt hat. Der Einfachheit halber zunächst mal hier die Mail:

„Lieber Herr Kollege,

für Verkehrsrechtler recht unüblich (Unsere Brötchen zahlen eigentlich immer Versicherungen, KH oder RSV) müssen wir in einer Sache (gegen ein Vertragshändlerautohaus eines französischen Autokonzerns!) 178,00 Euro aus einem KFB vollstrecken und haben einen PfüB beantragt.

Als zeitgemäße Kanzlei führen wir (auch) elektronische Akte. Die Eingangspost wird also komplett gescannt und einhergehend alles von Heftklammern etc. enttackert. So auch mit einem Versäumnisurteil, welches hier mit den ZV-Unterlagen nach Scannen ungetackert eingereicht wurde.

Jetzt weist mich die fürsorgliche Rechtspflegerin (neben berechtigten Einwendungen, siehe oben, meine Damen sind da nicht so die Profis), darauf hin, es könne strafbar sein, eine gerichtliche urkundliche Verbindung zu entfernen, ich hätte ja das Versäumnisurteil ungeklammert eingereicht! Siehe anbei.

Hat Schlaubi Rechtspflegerin jetzt die Worte „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ nicht so richtig verstanden oder bin ich jetzt vor lauter Lachen und möglicher Überheblichkeit nicht mehr klar bei Sinnen und übersehe einen Straftatbestand und habe ich mich tatsächlich an einer Urkunde versündigt?“

Der Kollege war ziemlich ratlos. Ich übrigens auch 🙂 . Ich sehe nämlich – ebenso wie der Kollege – nicht so richtig die Strafbarkeit. Die Rechtspflegerin hatte geschrieben:

Ich weise darauf hin, dass es strafbar ist, wenn gerichtliche urkundliche Verbindungen entfernt werden. Sie haben das Versäumnisurteil hier ungeklammert eingereicht.“

Hm, was für ein Straftatbestand soll es sein: § 267 StGB m.E. nein und § 274 StGB m.E. auch nicht. Auch die §§ 133, 136 StGB passen nicht. Also? Ich bin für jeden Hinweis dankbar. Ist ja vielleicht mal was für ggf. mitlesende Studenten oder Referendare. Die Frage in der 1. oder 2. Staatsprüfung – muss nicht sein, oder?

Betrug im Sozialrecht, oder: Sozialrecht meets Strafrecht

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Bei Verurteilungen wegen Betruges (§ 263 StGB) zu Lasten von Sozialleistungsträger ist die Begründung des Urteils nicht so ganz einfach, wenn man den OLG Koblenz, Beschl. v. 01.12.2014 – 1 Ss 21/13 – liest. Denn da sind dann schon Kenntnisse im Sozialrecht erforderlich, wenn der Tatrichter die Verurteilung „revisionssicher“ machen will. Denn:

„Um eine betrügerische Erlangung von Sozialleistungen annehmen zu können, müssen die Feststellungen in nachvollziehbarer Weise zu erkennen geben, dass und in-wieweit nach den tatsächlichen Gegebenheiten auf die sozialrechtliche Leistung kein Anspruch bestand. Der Tatrichter hat die Voraussetzungen der für die Leistungsbewilligung geltenden Vorschriften vollständig festzustellen und selbstständig zu prüfen. Dies erfordert jedenfalls eine Darstellung der Einkommensverhältnisse des Antragstellers und der darauf gestützten Feststellung, ob und in welcher Höhe nach den sozialrechtlichen Bestimmungen eine Überzahlung der öffentlichen Leistungen er-folgt ist. Nur wenn dies der Fall ist, kann bei dem Leistungsträger ein Vermögensschaden entstanden sein (OLG Dresden, StraFo 2014, 254; KG StV 2013, 637; OLG Nürnberg StraFo 2011, 521; OLG Düsseldorf StV 2001, 354 OLG Hamm, Beschluss vom 16. Mai 2006 — 3 Ss 7/06 [juris]; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rdn. 141; s. auch BGH StV 1986, 251 f.)……..

cc) Schließlich fehlt es an jeglicher Darlegung des Landgerichtes, auf weilcher tat-sächlichen Grundlage und welchem Berechnungsweg es zu der Bewertung eines unberechtigten Bezuges gelangt ist.

Ein unberechtigter Leistungsbezug kann nur dann vorliegen, wenn in den maßgeblichen Leistungszeiträumen das nach den einschlägigen Vorschriften des SGB II ermittelte, eventuell um Freibeträge gekürzte Eigeneinkommen über dem nach denselben Vorschriften errechnete, die individuellen Lebensverhältnisse des Leistungsempfängers berücksichtigenden Bedarf liegt (vgl. §§ 7 ff., 20 ff. SGB 11). Dies gilt auch für den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). Dem Berufungsurteil ist aber nicht zu entnehmen, wie hoch der jeweilige monatliche Bedarf des Angeklagten oder seiner Familie als Bedarfsgemeinschaft im Tatzeitraum gewesen ist, ob ihm Freibeträge zustanden, die von seinem Eigeneinkommen abzuziehen sind (vgl. §§ 11 ff. SGB II), und in welcher Höhe hiernach ein Leistungsanspruch bestand. Die Revision weist im Übrigen zutreffend darauf hin, dass selbst bei Annahme eines verschwiegenen Zusatzverdienstes in Höhe von monatlich 500 nach den einschlägigen Sozialvorschriften nicht feststeht, ob dieser auf die festgestellten Leistungen anzurechnen gewesen wäre. Denn nach § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II deckt zu berücksichtigendes Einkommen zunächst den Regel- und Mehrbedarf nach §§ 20, 21 und 23 SGB II, und erst nachrangig den Bedarf für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Hiernach kommt in Betracht, dass die Angabe eines von dem Zeugen Zimmermann möglicherweise erzielten Einkommens durch Zahlungen des Angeklagten für Renovierungsleistungen an der Übernahme der Unterkunftskosten seitens der ARGE nichts geändert hätte. Eine auf die fehlende Angabe zurückgehende Überzahlung des Regel- und Mehrbedarfs ist nicht festgestellt und von der zugelassenen Anklage auch nicht erfasst (vgl. BI. 117 f. d.A.).“

Also: Zurück und neu ….

Die Nebenklägerrevision: Ist alles kein „Hexenwerk“, oder doch?

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Mein Gott, ist das denn so schwer, eine Nebenklägerrevision ausreichend/richtig zu begründen? Offenbar ja, denn sonst würde man nicht – gefühlt – fast jede Woche eine Entscheidung eines der Strafsenate des BGH auf der Homepage des BGH finden, in der der BGH mal wieder – gebetsmühlenartig – zu der Frage Stellung, sprich eine Revision als unzulässig verwerfen muss. Es kann doch noch so schwierig sein, dass man sich als Rechtsanwalt merkt, dass man die Nebenklägerrevision eben nicht nur mit ein paar dürren Worten begründen kann/darf. Das steht in jedem Anleitungsbuch und eben auch immer wieder in BGH, Beschlüssen, so z.B. mal wieder im BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – 4 StR 361/14:

Die Revision ist unzulässig, weil sich aus dem Vorbringen nicht mit der gebotenen Klarheit ergibt, dass die Beschwerdeführerin ein nach § 400 Abs. 1 StPO zulässiges Anfechtungsziel verfolgt. Im Hinblick auf diese Vorschrift kann der Nebenkläger ein Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird. Deshalb bedarf es bei einer Nebenklagerevision grundsätzlich der Mitteilung, dass das Urteil mit dem Ziel einer Ände-rung des Schuldspruchs hinsichtlich einer zum Anschluss als Nebenkläger be-rechtigten Gesetzesverletzung angefochten wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 459/08, NStZ-RR 2009, 57 mwN). Die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts reicht dafür nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2000 – 5 StR 129/00, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Zulässigkeit 10). Die Absehensentscheidung in Bezug auf ihren Adhäsionsantrag kann die Nebenklägerin nicht mit einem Rechtsmittel angreifen (§ 406a Abs. 1 Satz 2 StPO).

Ist alles kein „Hexenwerk“.

Kofferpacken für den Großen Senat – „wir folgen dem „Rebellensenat“ nicht….

© Blackosaka - Fotolia.com

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Es war m.E. zu erwarten, dass nicht alle Strafsenate der Auffassung des „Rebellensenats“ (doch lieber gestrichen, da es sonst wieder heißt, das sei „nicht angemessen“), also des 2. Strafsenats des BGH im BGH, Beschl. v. 04.06.2014 – 2 StR 656/13 (vgl. dazu 2. Strafsenat des BGH – “Rebellensenat”? – nee, nur “Unruhestifter”) folgen werde. Der 2. Strafsenat hatte in dem Beschluss bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob sie eine vom 2. Strafsenat beabsichtigte Rechtsprechungsänderung „mitmachen“ würden, wonach die Verwertung einer früheren richterlichen Vernehmung eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann zulässig sein soll, wenn dieser Richter den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch qualifiziert über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hat. Dazu liegt jetzt die, wenn ich nichts übersehen habe, erste Antwort eines der anderen Strafsenate vor. Es hat sich der 4. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 16.12.2014 – 4 ARs 21/14 – zu Wort gemeldet. Und er hat „nein“ gesagt, will also an der alten Rechtsprechung festhalten. Begründung:

„Eine solche qualifizierte Belehrung ist in den Vorschriften über die Vernehmung des Zeugen nicht vorgesehen. Für eine entsprechende Belehrungspflicht fehlt es mithin an einer gesetzlichen Grundlage (BGH, Urteil vom 30. August 1984 – 4 StR 475/84, NStZ 1985, 36).

Auch eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes liegt insofern nicht vor. Der Gesetzgeber hat vielmehr Inhalt und Umfang der erforderlichen Belehrungen von Zeugen im Rahmen ihrer Vernehmung ausdrücklich geregelt (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1, § 55 Abs. 2, § 163 Abs. 3 Satz 1 StPO). Eine Belehrung über die Verwertbarkeit der Aussage für den Fall, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, hat er indes nicht vorgesehen. Da der Gesetzgeber aber schon im Jahr 1964 die Belehrungspflichten von Polizeibeamten gegenüber Zeugen im Ermittlungsverfahren in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwertung von früheren Aussagen durch Vernehmung richterlicher Vernehmungspersonen neu geregelt hat, kann vor dem Hintergrund, dass in diesem Zusammenhang  eine weiter gehende Belehrungspflicht durch den Richter nicht in das Gesetz aufgenommen wurde, von einer planwidrigen Regelungslücke nicht ausgegangen werden (vgl. BT-Drucks. IV/178, S. 18, 33; BT-Drucks. 16/12098, S. 26). Dies belegen auch die Neuregelungen in § 255a StPO (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 – 3 StR 185/03, BGHSt 49, 72, 78, 82 ff.; dazu auch El-Ghazi/Merold, StV 2012, 250, 253 f. mwN).

b) Es ist auch nicht geboten, die Einführung oder die Verwertbarkeit der Aussage einer richterlichen Verhörperson über frühere Angaben eines Zeugen, der sich in der Hauptverhandlung berechtigt auf sein gemäß § 52 StPO bestehendes Aussageverweigerungsrecht beruft, von einer schon damals erteilten qualifizierten Belehrung abhängig zu machen….“

Ich gehe davon aus, dass der 2. Strafsenat sich durch die Ausführungen des 4. Strafsenats nicht überzeugen lassen wird. Und damit haben wir dann die Konstellation, dass die Sache über einen Vorlagebeschluss des 2. Strafsenats zum Großen Senat für Strafsachen des BGH kommen wird. Man kann also schon mal die Koffer packen für die Reise dorthin. Aber der bekommt ja wahrscheinlich eh mehr zu tun….