Archiv für den Monat: März 2013

Dauerbrenner: Vorsätzliche Trunkenheitsfahrt

© ExQuisine – Fotolia.com

Im Bereich des § 316 StGB gibt es einen Dauerbrenner, der immer wieder zu Aufhebung amtsgerichtlicher Urteile führt. Das ist die Frage nach den Anforderungen an das Urteil, wenn der Angeklagte wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt verurteilt wird. In diese Serie der Aufhebungen reiht sich der OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.02.2013 –  (2) 53 Ss 1/13 (4/13) – ein. Das AG hatte den Angeklagten bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,51 Promille wegen eines vorsätzlichen Verstoßes verurteilt. Seine „nicht ganz unerheblichen Ausfallerscheinungen“ seien dem Angeklagten nicht entgangen, so dass er zumindest billigend in Kauf genommen habe, zum sicheren Führen seine Motorrades nicht mehr in der Lage gewesen zu sein. Er habe „erhebliche Ausfallerscheinungen“ gehabt, die „dem lebenserfahrenen, 62jährigen Angeklagten nicht entgangen“ sein können. Ihm sei auch bei Antritt der Fahrt bewusst gewesen, „dass er noch am Vormittag weiteren Alkohol zu sich genommen“ habe, der einen „Abbau des Restalkohols vom Vorabend zumindest verlangsamte“.

Dem OLG reicht das für den Vorsatz nicht.

„Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt. Allein die hohe Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit rechtfertigt anerkanntermaßen nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Tatbegehung; vielmehr müssen weitere auf einen Vorsatz hindeutende Umstände hinzutreten. Zu würdigen sind dabei insbesondere — soweit feststellbar — die Täterpersönlichkeit, der Trinkverlauf, der Zusammenhang zwischen Trinkverlauf und Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters vor und während der Fahrt (vgl. Senat, Beschl. vom 13. Juli 2010 — 2 Ss 21/10; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Februar 2012 — 3 RVs 8/12).

Das Amtsgericht hat die insoweit zu berücksichtigenden Umstände nur lückenhaft gewürdigt und zu einseitig auf die — auch erst beim Absteigen vom Motorrad festgestellten — motorischen Unsicherheiten abgestellt. Bei einer hohen Blutalkoholkonzentration treten häufig Ausfallerscheinungen auf, die für eine Kenntnis des Fahrers von seiner Fahruntüchtigkeit sprechen können. Insoweit ist jedoch stets zu beachten, dass bei fortschreitender Trunkenheit das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung abnehmen, das subjektive Leistungsgefühl des Alkoholisierten hingegen infolge der Alkoholeinwirkung häufig gesteigert wird mit der Folge, dass der Fahrer seine Fahruntüchtigkeit falsch einschätzt (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Die Fähigkeit einer entsprechenden Selbsteinschätzung ist dabei regelmäßig umso geringer, je weiter der Entschluss zur Fahrt vom Trinkende entfernt liegt (OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 86).

 Unter diesem Gesichtspunkt hätte das Amtsgericht sich näher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte hier womöglich die Wirkung des auf den Konsum am Vorabend zurückzuführenden Restalkohols verkannt hat. Dazu bestand insbesondere deshalb Veranlassung, weil nach den Urteilsfeststellungen nicht auszuschließen ist, dass die Fahruntüchtigkeit wesentlich auf den Alkoholkonsum am Vortag zurückzuführen ist und der Alkoholgenuss am Vormittag des Tattages „einen Abbau des Restalkohols vom Vorabend“ lediglich verlangsamt hat. …..“

Verfahren kann nicht zeitnah beendet werden – es gibt den Führerschein zurück

© J. Steiner – Fotolia.com

Folgender Verfahrensablauf in einem Verfahren wegen Straßenverkehrsgefährdung:

04.05.2012 vermeintliche Tat
08.05.2012 Anzeige des Zeugen X und dessen polizeiliche Vernehmung
14.06.2012 Anhörung des Angeklagten
27.09.2012 Eingang des Anzeigevorgangs bei der Staatsanwaltschaft
08.11.2012 Auftrag für Nachermittlungen
06.12.2012 Eingang der Ergebnisse
09./11. 01.2013 Antrag auf Erlass eines StB und für den Fall des Einspruchs die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
15.01.2013 Erlass des Strafbefehls
21.01.2013 Einspruch eingelegt
07.,02.2013 vorläufige Entziehung der Fahrererlaubnis

Dem LG Stuttgart reicht der Verfahrensablauf nicht (mehr) um die Verhältnismäßigkeit der weiteren Dauer der vorläufigen Entziehung zu bejahen, zumal eine Hauptverhandlung wegen Verhinderung des Tatzeugen erst im Juni 2013, ggf. Ende April 2013 durchgeführt werden kann. Dazu der LG Stuttgart, Beschl. v. 13.03.2013 – 18 Qs 14/13:

…Unbeschadet des fortbestehenden dringenden Tatverdachts und unabhängig von der Frage, ob der mutmaßliche Eignungsmangel im Sinne des § 69 StGB weiter besteht und deshalb – was zu bejahen ist – gemäß § 111 a StPO dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu entziehen sein wird, erscheint die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegend aber wegen auf einer sachwidrigen Behandlung unter Verletzung des Beschleunigungsgebots beruhenden Verzögerung des Verfahrens unverhältnismäßig (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NStZ 2005, 402 f.).

Die Belastung aus einem Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenen Vorteilen stehen. Das gilt bei der Anordnung, Vollziehung und Fortdauer derartiger Maßnahmen, auch bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis….

Ihn auf – aus derzeitiger Sicht – unabsehbare Zeit auf der Grundlage vorläufiger Erkenntnisse ohne Fahrerlaubnis zu belassen, widerspricht jedenfalls vor dem Hintergrund der bereits vor dem 07.02.2013 zögerlichen Sachbehandlung dem Rechtsstaatsgebot.“

Das LG setzt damit Rechtsprechung, die es im Haftrecht gibt, um, ohne es ausdrücklich auszuführen. Nämlich, dass bereits dann, wenn eine Verfahrensverzögerung absehbar ist, der Haftbefehl ggf. aufgehoben werden muss.

Der Pkw als gefährliches Werkzeug – gefährliche Körperverletzung?

© M. Schuppich – Fotolia.com

Immer wieder hat es der BGH mit Fallkonstellationen zu tun, in denen es um die Frage geht, ob der Einsatz eines Pkws in einer bestimmten Situation, in der ein anderer verletzt worden ist, als Körperverletzung „mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen ist. So auch im BGH, Beschl. v. 20.12.2012 – 4 StR 292/12 -, in dem von folgenden tatsächlichen Feststellungen auszugehen war.

 Gemeinsam mit seinem Sohn, dem Mitangeklagten M. C. , lauerte er [der Angeklagte]den Geschädigten mit dem Pkw des M. C. am Mittag des 11. Oktober 2011 in der Nähe ihrer Wohnung auf. Als diese auf einem von M. A. gelenkten Motorroller das Fahrzeug passierten, nahmen die beiden Angeklagten sofort die Verfolgung auf, was die Geschädigten ihrerseits bemerkten und sofort die Flucht ergriffen. Nachdem die Verfolgten ebenso wie die Verfolger trotz Rotlicht zeigender Ampel eine belebte Kreuzung überfahren hatten, fuhren die Angeklagten erstmals von hinten gezielt auf den Motorroller der Geschädigten auf. Nach kurzer Trennung beider Fahrzeuge beschleunigte der Angeklagte M. C. erneut den Pkw, fuhr wiederum gezielt auf ihn auf und schob ihn über die Fahrbahn sowie über eine Verkehrsinsel quer über den Gehsteig in ein sich daran anschließendes Gebüsch, wo der Motorroller neben einem Hinweisschild zum Stehen kam und umstürzte. Auch der Pkw der Angeklagten kam in unmittelbarer Nähe zum Stillstand. M. A. hatte durch die Anstöße die Kontrolle über den Motorroller verloren und fiel vom Fahrzeug herunter, ebenso die Geschädigte Ha. A. . M. A. , der sich beim Sturz Prellungen an der Hüfte zugezogen hatte, ergriff aus Angst vor einem befürchteten Angriff der Angeklagten die Flucht. A. C. lief zu seiner Tochter, zerrte diese auf die Rückbank des Pkws, woraufhin der Mitangeklagte M. C. sogleich hinter dem Steuer Platz nahm und in Richtung Stadtzentrum davonfuhr.

Das LG hatte das als Körperverletzung „mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen. Dem BGH hat es so nicht gereicht:

„…a) Eine Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5). Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, in der Regel als ein solches gefährliches Werkzeug anzusehen (Senatsbeschluss aaO; Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 30. Juni 2011 sowie vom 16. Januar 2007, jeweils aaO).

b) Danach liegt es im vorliegenden Fall zwar nahe, dass bereits durch den mehrfachen, gezielten Anstoß des Pkws auf den Motorroller der Geschädigten schon für sich genommen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Geschädigten M. A. hervorgerufen worden ist. Zwar reichen Angst- und Panikgefühle als rein psychische Empfindungen regelmäßig nicht aus, um eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB zu begründen. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn diese psychischen Einwirkungen zu einem pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand geführt haben (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34, 36 f.; Senatsbeschluss vom 19. Oktober 1999 – 4 StR 467/99, NStZ-RR 2000, 106). Angesichts der Tatsache, dass sich die auf einem ungeschützten Motorroller fahrenden Geschädigten im belebten Stadtverkehr unversehens dem mit einem Pkw ausgeführten Angriff ausgesetzt sahen, ist es nicht ausgeschlossen, dass bereits das Auffahren auf den Roller unmittelbar Auswirkungen auf die körperliche Verfassung des Geschädigten M. A. hatte, die den Grad einer Gesundheitsbeschädigung im Sinne der §§ 223, 224 StGB erreichten. Ausreichende Feststellungen dazu sind dem angefochtenen Urteil indes nicht zu entnehmen….“

 

Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal

© Klaus Eppele – Fotolia.com

Die Entscheidung des BVerfG zum Deal/zur Absprache liegt vor (vgl. Urt. v. 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 – – 2 BvR 2883/10 – – 2 BvR 2155/11) mit den Leitsätzen:

  1. Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen.
  2. Verständigungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Hauptverhandlung, die dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze zusagen und eine Strafuntergrenze ankündigen, tragen das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber nicht schlechthin verwehrt, zur Verfahrensvereinfachung Verständigungen zuzulassen. Er muss jedoch zugleich durch hinreichende Vorkehrungen sicherstellen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt bleiben. Die Wirksamkeit der vorgesehenen Schutzmechanismen hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen. Ergibt sich, dass sie unvollständig oder ungeeignet sind, hat er insoweit nachzubessern und erforderlichenfalls seine Entscheidung für die Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen zu revidieren.
  3. Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.
  4. Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig.

Tja, das klingt zunächst mal so ein bißchen wie: Alter Wein in neuen Schläuchen. bzw. das hatten wir doch so schon. Man muss das Urteil allerdings mal ganz lesen und schauen, was das BVerfG aus seinen Obersätzen gemacht hat, in denen es u.a. heißt:

„Nach diesen Maßstäben kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber hat Verständigungen im Strafprozess lediglich in einem begrenzten Rahmen zugelassen und sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die bei der gebotenen präzisierenden Auslegung und Anwendung erwarten lassen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Strafprozesses erfüllt werden (1. und 2.). Eine das Verständigungsgesetz in nicht unerheblichem Umfang vernachlässigende Praxis belegt derzeit noch kein verfassungsrechtlich relevantes Regelungsdefizit (3.). Der Gesetzgeber ist allerdings gehalten, die Wirksamkeit der zur Wahrung eines verfassungskonformen Strafverfahrens vorgesehenen Vorkehrungen zu beobachten und erforderlichenfalls erneut über die Zulässigkeit sowie die Bedingungen von Verständigungen zu entscheiden (4.).“

Ob sich an einer ggf. rechtswidrigen Verständigungspraxis viel ändern wird? Ich wage es zu bezweifeln.

Nachtrag: Und hier ist dann die PM des BVerfG zum „Verständigungs-Urteil“.

 

„Ich habe doch nur eine SMS gelesen.“ = Benutzung eines „Mobiltelefons“?

© akmm – Fotolia.com

Der Betroffene hält während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand und sieht sich eine darin gespeicherte SMS an. Die Frage, die sich AG und OLG Hamm stellte: Ist das Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 Abs. 1a StPO, und zwar ggf. auch dann, wenn zu diesem Zeitpunkt keine SIM-Karte im Mobiltelefon befand?

Der OLG Hamm, Beschl. v. 01.02.2012 – III- 5 RBs 4/12 – also schon etwas älter – hat das bejaht:

„Der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt.  Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Nutzung von Bedienfunktionen, etwa als Organisator oder als Internetzugang (vgl. OLG Hamm NJW 2003, 912), zum Ablesen der Uhrzeit auf dem Display (vgl. OLG Hamm NJW 2005, 2469), zum vergeblichen Versuch der Entgegennahme eines Telefongesprächs (vgl. OLG Hamm NStZ 2006, 358), als Diktiergerät (vgl. Thüring. OLG DAR 2006, 636) oder zum Auslesen einer dort gespeicherten Telefonnummer (vgl. OLG Hamm NJW 2006, 2870). Denn die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i. S. d. § 23 Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht (vgl. OLG Hamm NZV 2003, 98) und die Handhabung des Gerätes – wie hier durch Ablesen einer gespeicherten Nachricht – einen Bezug zu einer der bestimmungsgemäßen Funktionen desselben aufweist (vgl. hierzu auch OLG Köln NJW 2005, 3366). Auch während der Vor- und Nachbereitungsphase einer SMS liegt danach eine Benutzung des Mobiltelefons im Sinne dieser Vorschrift vor, denn bereits hierdurch wird der Zweck der Vorschrift berührt, nämlich der Ablenkung von der Fahrzeugführung entgegen zu wirken (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15. Oktober 2007 – 2 Ss OWi 614/07).

Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 (VBl. 2001, 8) soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gespräch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. 

Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss …”  Es wird demzufolge nicht differenziert, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird, sondern es ist jegliche Nutzung untersagt, soweit das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können. Es war nicht Ziel des Gesetzgebers, die Wahrnehmung bestimmter Funktionsmöglichkeiten eines Mobiltelefons während der Fahrt zu untersagen. So ist es z.B. durchaus zulässig, während der Fahrt mit dem Mobiltelefon zu telefonieren, solange dies mit Hilfe einer Freisprechanlage geschieht.

Vorliegend hat der Betroffene das Mobiltelefon in der Hand gehalten und eines  seiner Funktionen genutzt, indem er eine gespeicherte SMS gelesen und darüber hinaus mit dem Gerät „herumgespielt“ hat.  Auf die Frage, ob sich bei Tatbegehung eine SIM-Karte in dem Mobiltelefon befunden hat, kommt es nicht an. Denn auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, läge eine Benutzung im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO vor.“

Ähnlich hat vor Jahren das OLG Karlsruhe entschieden (vgl. NJW 2007, 240 = DAR 2007, 99 = VRR 2007, 34).