Archiv für den Monat: August 2012

Wochenspiegel für die 33. KW, das war die Fotofalle, der Zickzackkurs des BGH und der Bischofsstab in der Anwaltskanzlei

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Nach dieser Sommerwoche und an dem dann wohl zunächst mal heißesten Tag des Jahres folgender Überblick/Hinweis auf Beiträge der vergangenen Woche, nämlich auf:

  1. die Fotofalle im Walde,
  2. den Schadensersatz für „Sturmklingeln„,
  3. die Äußerungen über Arbeitgeber auf Facebook, vgl. auch hier,
  4. die Erstattung von rund 4.000 Farbkopien,
  5. den Zickzackkurs des BGH bei der Schwellengebühr,
  6. die Verdachtsberichterstattung und damit zusammenhängende Kostenfragen,
  7. die Frage, ob Jobcenter für juristische Literatur aufkommen müssen, vgl. auch hier,
  8. die Halterhaftung bei Geschwindigkeitsverstößen,
  9. die Flensburger Punktereform.
  10. und dann war da noch der Bischofsstab des Kardinal von Galen, was einen Münsteraner natürlich besonders interessiert.

 

Pyrotechnik in der Unterhose

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Morgen Nachmittag findet hier in MS im Preußenstadion das Pokalspiel SC Preußen Münster/Werder Bremen statt. 18.000 Zuschauer im Stadion. Das ist für Münster Rekord. Als ich das eben in der Tagespresse gelesen habe, fiel mir die Nachricht ein, auf die LTO vor einigen Tagen hingewiesen hatte: Nämlich unter der Überschrift: „Geldstrafe für Pyrotechnik in der Unterhose“ auf eine Entscheidung des AG Düsseldorf. Darin heißt es:

Der Versuch, eine Handfackel ins Stadion zu schmuggeln, hat für einen Anhänger des Bundesligaaufsteigers Fortuna Düsseldorf Folgen. Der Elektriker wurde dafür am Freitag vom AG zur Zahlung von 1.500 Euro an die Kinderkrebshilfe verurteilt.

Trotz eines gegen ihn verhängten bundesweiten Stadionverbots, hatte der damals 19-jährige eine Eintrittskarte für ein Zweitliga-Auswärtsspiel im Oktober 2011 in Braunschweig erlangt. „In der Unterhose hatte ich einen Bengalo versteckt“, gab der Elektriker vor Gericht zu. „Ich habe mir nichts dabei gedacht.“

Bei der Kartenkontrolle fanden Ordner die Handfackel. Gegen den Düsseldorffan wurde ein weiteres bundesweites Stadionverbot verhängt. Dieses gilt bis zum 30. Juni 2015, für die ersten vier Fußball-Ligen. Das sei, angesichts des Erstligaaufstiegs der Düsseldorfer Fortuna eine harte Strafe, meinte auch die Richterin am Amtsgericht (AG).

Der Anwalt des Mannes bezeichnete die Tat als unüberlegte Jugendsünde. Vor allem die Handfackel so ins Stadion schmuggeln zu wollen, sei nicht ungefährlich gewesen. „Das hätte auch in die Hose gehen können.“

Hoffentlich haben wir morgen Nachmittag nicht auch solche Schmuggler in Münster.

Ach so: Das Bild zeigt natürlich das Preußenstadion.

Bisschen knapp die Feststellungen zur gefährlichen Körperverletzung – „nicht nachzuvollziehen“

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Das LG verurteilt den Angeklagten u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung trifft dazu – man muss schreiben: „aber nur “ folgende Feststellungen:

Nach den Feststellungen schlug und trat der Angeklagte die Nebenklägerin am Morgen eines Tages im Zeitraum zwischen dem 30. August und Anfang September 2008 aus nichtigem Anlass. Sie flüchtete ins Badezimmer und kauerte sich am Boden zusammen. Der Angeklagte setzte ihr nach und trat ihr mehrfach gegen den Kopf, so dass diese gegen die Badewanne stieß. Dadurch wurde es der Nebenklägerin schwindelig und sie erlitt eine blutende Verletzung am Ohr. Es folgten weitere Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht der Geschädigten (Fall B.I.4 der Urteilsgründe). Am 5. Oktober 2008 prügelte der Angeklagte im Schlafzimmer auf die Nebenklägerin ein und trat sie. Dadurch wurde sie mehrfach mit dem Kopf gegen die Metallverstrebung des Bettes und gegen die Wände des Schlafzimmers gestoßen. Außerdem riss der Angeklagte ihr Haare aus (Fall B.I.10).“

Dem BGH reicht das nicht:

1. Es ist nicht nachzuvollziehen, welchen Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 StGB das Landgericht in den Fällen B.I.4 und B.I.10 heranziehen wollte, weil das Landgericht keine ausdrückliche Subsumtion vorgenommen hat. Das Wertungsergebnis liegt auch nicht ohne weiteres auf der Hand.

§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ein, wenn der Täter das Opfer gegen einen unbeweglichen Gegenstand bewegt (vgl. BGHSt 22, 235, 236; BGH NStZ-RR 2005, 75).

Danach kommt als Qualifikationsgrund in den genannten Fällen nur die Begehung der Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 2 StR 105/07). Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen im Einzelfall zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können. Ob das hier der Fall war, wird aus den Urteilsfeststellungen nicht abschließend deutlich.

Erforderlich ist zudem ein Vorsatz des Täters zur Herbeiführung einer derartigen potenziellen Lebensgefahr (vgl. BGHSt 19, 352 f.). Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen.

Nachzulesen im BGH, Beschl. v. 11.07.2012 – 2 StR 60/12. „Nicht nachzuvollziehen“ liest sich nicht so gut, obwohl: Reichen mehrere Tritte gegen den Kopf nicht?

Der Geisterkletterer in der Turborutsche

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Der nachfolgende Hinweis auf das OLG Koblenz, Urt. v. 21.06.2012 – 2 U 271/11 – passt zum Wetter. Es geht darin u.a. um die Haftung nach einem Unfall in einer Turborutsche in einem Freizeitbad und das Verschulden eines Badegastes bei der Kollision mit einem anderen Badegast auf einer Turborutsche. Ein Besucher war in einem Freizeitbad im Auslaufbereich von unten in eine Wasserrutsche geklettert und blockierte damit deren Auslauf. Dazu das OLG:

Wer in einem Freizeitbad in einem Auslaufbecken von unten in die Röhre einer Turborutsche klettert und für den ordnungsgemäß die Röhre benutzenden Badegast eine Blockade darstellt, ist für die infolge einer Kollision entstandenen Körperverletzung des anderen Badegastes verantwortlich, weil grundlegende Regeln und Sicherheitsvorkehrungen infolge des Blockierens des Rutschenlaufs missachtet werden.

Das OLG hat außerdem zur Höhe des Schmerzensgeldes für den Bruch des äußeren Schienbeinkopfes mit drittgradigem Knorpelschaden mit Einschränkungen der Beweglichkeit eines Knies Stellung genommen und ein Schmerzensgeld von 5.000 € als angemessen angesehen.

 

Die Kuh ist vom Eis – Einspruchsverwerfung auch noch nach Aufhebung und Zurückverweisung

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Die Kuh ist vom Eis bzw. ein Streit in der oberlandesgerichtlichen Rechsprechung jetzt durch den BGH entschieden.Gestritten wurde nämlich zwischen den OLG, ob dann, wenn durch das Rechtsbeschwerdegericht nur der Rechtsfolgenausspruch eines Urteils mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben worden ist und der Betroffene in der neuen Hauptverhandlung nicht erscheint, eine Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG noch oder nicht (mehr) in Betracht kommt. Darum haben das OLG Celle und das OLG Hamm gestritten. Auf Vorlage des OLG Celle  hat der BGH die umstrittene Frage i.S. des vorlegenden OLG entschieden, und zwar wie folgt:

Das Amtsgericht hat den Einspruch des nicht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen und unentschuldigt ausgebliebenen Betroffenen auch dann nach § 74 Abs. 2 OWiG zu verwerfen, wenn das voraus-gegangene Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen worden war.

Das BGH bezieht sich im BGH, Beschl. v. 18.07.2012 – 4 StR 603/11 –  zur Begründung im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 74 Abs. 2 OWiG. Der Eintritt der Teilrechtskraft des Schuldspruchs bei Aufhebung nur des Rechtsfolgenausspruchs durch das Rechtsbeschwerdegericht steht nach seiner Auffassung der Verwerfung des Einspruchs in der neuen Hauptverhandlung nicht entgegen. Kann man mit leben