Archiv für den Monat: Juni 2012

Pauschgebühr im Bußgeldverfahren über Geldbuße von 18.5 Mio €, ja, aber..

Eine Pauschgebühr im Bußgeldverfahren? Ja, aber nicht nach § 51 RVG, sondern nach § 42 RVG für den Wahlanwalt – sicherlich ebenso ungewöhnlich. Wenn man sich allerdings den Sachverhalt des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.04.2012 – III 3 RVGs 11/12 – ansieht, dann dürfte die Entscheidung in Ordnung gehen.

Der Rechtsanwalt hatte eine Nebenbetroffene in einem Kartellbußgeldverfahren als Wahlverteidiger vertreten. In dem Verfahren hatte das Bundeskartellamt durch Bußgeldbescheid eine Geldbuße in Höhe von 18,5 Mio € sowie eine weitere in Höhe von 350.000 € gemäß § 30 OWiG festgesetzt. Tatvorwurf war, dass die damals verantwortlichen Vorstandsmitglieder der Nebenbetroffenen ab 1999 bis 2002 an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen im Rahmen eines Kartells zur Festsetzung von Maßnahmen zu Prämienerhöhungen in der industriellen Sachversicherung bzw. Transportversicherung beteiligt gewesen seien. Das Bußgeldverfahren gegen die Nebenbetroffene war aus einem Verfahren abgetrennt worden, welches sich gegen 17 Beteiligte richtete. Die Nebenbetroffene ist vom OLG  frei gesprochen worden. Die dagegen von der GStA eingelegt Rechtsbeschwerde hat der BGH als unbegründet verworfen.

Und der Rechtsanwalt beantragt  nun,  „die notwendigen Auslagen der Nebenbetroffenen mit 2.319,43 € festzusetzen und ihm darüber hinaus eine Pauschvergütung in Höhe von zusätzlich 4.426,80 Euro zu bewilligen“. Das OLG  hat dem Rechtsanwalt anstelle der gesetzlichen Gebühren nach § 42 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 2.740 Euro „bewilligt“. Soweit – so gut. Die Begründung des OLG Beschlusses ist zutreffend.

Nur: Der Tenor der Entscheidung des OLG hat mich dann doch erstaunt/irritiert. Das OLG hat dem Verteidiger nämlich  „anstelle der gesetzlichen Gebühren …. eine Pauschgebühr in Höhe von 2.740 Euro bewilligt“. Wieso „bewilligt“? Im Verfahren nach § 42 RVG wird vom OLG keine Pauschgebühr „bewilligt“, sondern durch unanfechtbaren Beschluss „festgestellt“. Der ist dann Grundlage für das (anschließende) Kostenfestsetzungsverfahren und hat dort nach § 42 Abs. 4 RVG bindende Wirkung. Das hatte aber auch der Verteidiger wohl schon nicht richtig gesehen, da er beantragt hatte, „die notwendigen Auslagen der Nebenbetroffenen mit 2.319,43 € festzusetzen und ihm darüber hinaus eine Pauschvergütung in Höhe von zusätzlich 4.426,80 Euro zu bewilligen“. Es wird im Verfahren nach § 42 RVG nämlich nicht „zweispurig gefahren“ sondern: Die Pauschgebühr wird vom OLG „festgestellt“ und muss dann vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 42 Abs. 4 RVG festgesetzt werden. Es handelt sich bei der Pauschgebühr nach § 42 RVG nicht um eine dem Verteidiger besonders zustehende Gebühr wie die Pauschgebühr nach § 51 RVG, sondern es sind die dem Betroffenen/Angeklagten aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen in Höhe der vom OLG festgestellten Gebühr festzusetzen.

Na ja, macht das OLG ja auch nicht jeden Tag: Pauschgebühren nach § 42 RVG.

Dazu dann wie meist der Hinweis auf unseren Kommentar zurm RVG. Da kann man das bei § 42 RVG alles nachlesen.

Step by Step – der mehraktige Betrug(sversuch)

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In der letzten Zeit haben sich sowohl der BGH (BGH NStZ 2011, 400; NStZ 2002, 433) als auch das OLG Hamm im Beschl. v. 11.08.2011 – III 3 RVs 45/11– mit einem „mehraktigen Betrug“ befasst. Nun auch das KG im KG, Beschl. v. 29.02. 2012 – (4) 121 Ss 21/12 (32/12) . In den Verfahren geht es immer um die Frage des Betrugsversuch bei einem mehraktigen Geschehensablauf . Dazu das KG:

aa) Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Ein unmittelbares Ansetzen liegt bei solchen Handlungen vor, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne wesentliche Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2011, 367 m.w.Nachw.). Erfüllt der Täter bereits Merkmale des Tatbestandes, überschreitet er in der Regel die Grenze zum Versuch (vgl. BGHSt 37, 294).

Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. Beim Betrug ist im Fall eines mehraktigen Geschehensablaufes  erst die Täuschungshandlung versuchsbegründend, welche die zu täuschende Person unmittelbar zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung veranlasst. Maßgebend ist, ob die Täuschungshandlung ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermögensverschiebung mündet oder ob sie diese nur vorbereiten sollte (vgl. BGH, NStZ 2011, 400; Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., § 263 Rn. 196).

bb) Der Angeklagte hat mit dem Einreichen der Gehaltsnachweise das Vorbereitungsstadium verlassen und zum Betrug unmittelbar angesetzt, auch wenn noch nicht alle Detailfragen des Darlehensvertrages fixiert waren und der Angeklagte einen schriftlichen Darlehensantrag noch nicht unterzeichnet hatte.

Zwar ist der Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages ein mehraktiges Geschehen, bestehend aus Verhandlungen über den Vertragsgegenstand, der Bonitätsprüfung und der Unterzeichnung des Vertrages. Aber nach Aufnahme der auf einen sofortigen Vertragsabschluss gerichteten Verhandlungen, dem Benennen der gewünschten Kreditsumme und dem Einreichen der Gehaltsnachweise waren objektiv und aus Sicht des Angeklagten weitere wesentliche Zwischenschritte bis zum Vertragsabschluss und damit der Vollendung des (Eingehungs-) Betruges nicht mehr notwendig, auch wenn das Ergebnis der von der Bank vorzunehmenden Bonitätsprüfung noch ausstand und der Angeklagte nach dieser den Darlehensantrag noch zu unterzeichnen hatte.

Scheppermannfälle – gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

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Man mag schon bald gar nicht mehr darauf hinweisen, auf die Rechtsprechung bzw. die Entscheidungen des BGH zu § 315b StGB. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht auf der HP des BGH eine Entscheidung des i.d.R. zuständigen 4. Strafsenats veröffentlicht wird. Und meist mit einem (Teil)Erfolg, weil der BGH irgendwo das „berühmte Haar in der Suppe“ gefunden hat, dass dann zur Aufhebung bzw. Einstellung oder zur Verurteilung wegen Versuches führt. Meist hapert es nämlich an einer der vom BGH immer wieder entschiedenen Fragen: Entweder ist kein Beinaheunfall festgestellt (vgl. dazu u.a. BGH VRR 2011, 309 = DAR 2011, 398 = StRR 2011, 422; VRR 2011, 388 = StV 2012, 217; VA 2012, 100 = VRR 2012, 226; Beschl. v. 16.04.2012 – 4 StR 45/12) oder es reichen die Ausführungen zur konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen nicht (vgl. dazu u.a. BGH NStZ-RR 2012, 186) oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert (vgl. BGH StraFo 2008, 343 = VRR 2008, 312 = StRR 2008, 353 = DAR 2008, 487 = VA 2008, 143; VRR 2011, 309 = DAR 2011, 398 = StRR 2011, 422). Im Grunde kann sich manchmal der Verteidiger aussuchen, welchen Fehler er mit der Sachrüge geltend machen will.

So jetzt auch wieder im BGH, Beschl. v. 25.04.2012 – 4 StR 667/11. Da waren es die Feststellungen zur konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen bzw. für eine Sache von bedeutendem Wert. Ergebnis für den Scheppemannfall: Nur Versuch des § 315b StGB.

 

Sonntagswitz: Heute mal zu Kreuzfahrten

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Aus gegebenem Anlass :-), man kann sich denken warum, vgl. hier, heute einige“Kreuzfahrtwitze“:

Ein Kreuzfahrtdampfer ist bei stürmischen Wetter in Seenot geraten. Um dies den in der Nähe fahrenden Schiffen anzuzeigen und Hilfe von ihnen zu bekommen, lässt der Kapitän eine Anzahl von Leuchtkugeln in die nächtliche Luft schießen.
Da tritt einer der Passagiere an ihn heran und sagt: Her Kapitän, wir wissen genau, wie es um das Schiff steht. Halten Sie uns nicht für so dumm, dass wir uns jetzt durch die Vorführung eines Feuerwerks von der Gefahr ablenken lassen!

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Ein Snob auf Kreuzfahrt auf dem Amazonas. Das Schiff kentert.
Sofort schwimmen mehrere Krokodile auf den Snob zu.
“Mein Gott wie edel”, ruft der, “sogar die Rettungsboote sind von Lacoste.”

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Ein Magier arbeitet auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik. Weil die Zuschauer jede Woche verschieden sind, führt der Magier jede Woche die selben Tricks vor. Immer und immer wieder.
Doch es gibt ein Problem. Der Kapitän hat einen Papagei und dieser beginnt zu verstehen wie die Tricks des Magiers funktionieren. Wenn er die Tricks verstanden hat ruft er laut in die Show hinein:
“Schaut, es ist nicht der gleiche Hut.”

“Schaut, er versteckt die Blumen unter dem Tisch.”
“Hey, warum sind alle Karten Asse?”
Der Magier ist sauer, aber weil es der Papagei des Kapitäns ist, kann er nichts unternehmen.
Doch dann hat das Schiff eines Tages einen Unfall und sinkt. Der Magier findet sich auf einem Stück Holz mitten im Ozean wieder, zusammen mit dem Papagei. Sie starren sich gegenseitig an, doch keiner spricht ein Wort. Dies geht so einen Tage vor sich, dann noch ein Tag und noch ein Tag.
Nach einer Woche sagt der Papagei schließlich: “OK, ich gebe auf. Wo ist das Schiff?”

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Und der ist auch noch nett:

Bei Windstärke neun schlingert der Musikdampfer auf einer Kreuzfahrt durch das Mittelmeer. Alle Passagiere beugen sich über die Reling.
Da stößt Frau Müller ihren ebenfalls seekranken Mann an und sagt: „Erich, schau dir mal das Gesicht der Frau da drüben an – so zart grün lasse ich mir mein neues Cocktailkleid machen.“

 

Wochenspiegel für die 24 KW, das waren natürlich die EM und das Recht, die Ipods und Montblanc-Füller von Abgeordneten und die Suche nach Unfallzeugen

Aus der 24. KW. berichten wir über mal wieder eine bunte Mischung von Themen, die die Blogs „bewegten“, und zwar über

  1. die Belastungstendenz des Gerichts,
  2. die Anzeige, die gegen die „Krähentheorie“ spricht,
  3. das sicherlich für manchen nicht einfach zu verstehende Urteil des LG Trier, „Freispruch trotz erwiesener Schuld“, vgl. auch hier,
  4. die Plädoyers im Buback-Verfahren, auch schon hier,
  5. „Unfallzeugen suchen/finden“,
  6. die Auskunftspflicht des Fahrzeughalters über den Fahrer gegenüber privaten Anspruchstellern,
  7. den Auskunftsanspruch gegenüber Angeordneten betreffend Ipod und Montblanc-Füller,
  8. Fußball und Recht zur EURO, s. auch hier,
  9. wer die Musik/die Domina bestellt, der muss auch bezahlen,
  10. und dann war da noch: Humor am Freitag.