Archiv für den Monat: Mai 2012

Sonntagswitz: Dämliche Diebe VIII

Aus der Sammlung „Dämliche Diebe“ das ein oder andere zum Schmunzeln:

Ungeschicklichkeit bewies ein Einbrecher in Berlin –
Um an der Rückseite eines Juweliergeschäftes einsteigen zu können, balancierte er über die mit Drahtgeflecht gesicherte Krokodilhalle des Berliner Zoos – und rutschte ab. Zwar landete er nicht zwischen den Alligatoren, aber von dem Baum, auf dem er landete, kam er auch nicht mehr herunter, weil unter ihm die „lebenden Handtaschen“ erwartungsvoll auf einen Mitternachtssnack warteten. Erst am nächsten Morgen wurde er von der Polizei „errettet“.

————————————————————–

Eine Bankräuberin wurde ein Opfer ihrer Nervosität.
Die 41jährige überfiel mit einer Stan Laurel-Karnevalsmaske eine Bank und erbeutete 42 000 DM. Nach „getaner Arbeit“ vergaß sie jedoch, die Maske wieder abzunehmen und wurde auf der Straße von Passanten bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten.

————————————————————–
Ein 17jähriger Einbrecher aus Michendorf/Berlin wurde gefasst, weil er beim Aufschweissen eines Tresors einen an die Potsdamer Verkehrsbetriebe adressierten Fahrscheinantrag mit Adresse und Passbild verlor.

—————————————————————-

Und schön ist auch noch diese Geschichte:

Selten dämlich waren Einbrecher, die in Schwerin ein Fotogeschäft ausraubten.
Noch am Tatort fotografierten sie sich gegenseitig mit einer Polaroidkamera. Das Ergebnis konnte sie nicht zufriedenstellen, die Fotos kamen schwarz heraus. Enttäuscht warfen sie diese in den Papierkorb. Später konnte die Polizei drei gelungene Schnappschüsse von den Galgenvögeln auf den Fotos, die nur einige Minuten zur Entwicklung brauchten, bewundern.

Wochenspiegel für die 20 KW., das war die polizeiliche Verfolgungsfahrt, eine Pauschgebühr und das Mitschreiben im Gerichtssaal..

Wir berichten aus der 20 KW., über

  1. das Mitschreiben im Gerichtssaal,
  2. einen Diebstahl mit nicht festzustellender Beute,
  3. einen Amtsrichter, der die Vorschrift des § 257c StPO ablehnt,
  4. hohen Stromverbrauch und einen Anfangsverdacht,
  5. Beleidigung im Straßenverkehr,
  6. die polizeiliche Verfolgungsfahrt und ihre Folgen,
  7. die Angaben von Verena Becker im Stuttgarter Buback-Verfahren, vgl. auch hier,
  8. das Nichterscheinen in der Hauptverhandlung,
  9. die Pauschgebühr im Bußgeldverfahren bei hohem Bußgeld,
  10. und dann war da noch die unerwünschte Werbung mit der Plastikfolie.

Glück gehabt: „A……loch, A….loch“ bleibt ungesühnt – wegen Strafklageverbrauch

© lassedesignen - Fotolia.com

Glück hatte ein Betroffener, dem u.a. in Zusammenhang mit einer Verkehrskontrolle auch Beleidigung vorgeworfen worden war. Ausgangspunkt war folgender Sachverhalt: Der geschädigte Mitarbeiter des Ordnungsamtes führte am 31. 10. 2008 von 13.08 bis 14.45 Uhr in der Sch. eine Geschwindigkeitsüberwachung durch. Im landgerichtlichen Urteil heißt es dann weiter:

„Gegen 14.31 Uhr sei ein Lieferwagen der Marke Opel mit dem amtlichen Kennzeichen R… an dem Messwagen vorbeigefahren. Dieses Fahrzeug habe ca. drei bis vier Meter davor komplett auf dem Gehweg im absoluten Halteverbot gehalten. Da es sich an dieser Stelle um einen Schulweg handele, habe er den Fahrer auf sein Fehlverhalten angesprochen und gebeten, das Fahrzeug woanders zu parken. Darauf habe dieser geantwortet: „Wen stört das und was geht dich das an, ich muss liefern.“ Daraufhin habe er – der Geschädigte – von dem Fahrzeug Fotos gefertigt und eine Mitteilungskarte ausgefüllt. Als er die Karte an dem Lieferwagen festklemmen wollte, sei der Fahrer zurückgekommen. Er habe diesem die Karte überreicht. Der Fahrer habe kurz darauf geschaut und gesagt: „Was soll ich damit, Arschloch“, die Karte auf den Boden geworfen und sei dann zu seinem Fahrzeug gegangen. Dabei habe der Fahrer sich mehrfach zu ihm umgedreht und noch drei- bis viermal Arschloch gerufen.

Das Verfahren entwickelt sich wie folgt:

  1. Verwarnung wegen Parkens im absoluten Halteverbot. Der Angeklagte zahlte das Verwarngeld in Höhe von 25 €, womit dieses Verfahren abgeschlossen war.
  2. Desweiteren erließ die Oberbürgermeisterin unter dem 12. 12.2008 wegen Verschmutzung einer Straße durch Wegwerfen von Papier (Verstoß gegen § 3 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 2 der Ordnungs- und Sicherheitsverordnung der Stadt R.) einen Bußgeldbescheid über 30 €. Dagegen legte der Angeklagte Einspruch ein. Das Verfahren wurde in der Hauptverhandlung nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.
  3. In einem getrennten Verfahren Strafbefehl wegen Beleidigung. In dem ist der  Angeklagten zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt worden.

Dagegen die erfolgreiche Revision des Angeklagten. Der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.03.2012 – III-3 RVs 28/12 – geht von Strafklageverbrauch aus:

„Durch die im Bußgeldverfahren … Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG ist Strafklageverbrauch eingetreten. Denn das vorgenannte Verfahren hatte dieselbe Tat zum Gegenstand wie das vorliegende Strafverfahren. Gem. Art. 103 Abs. 3 GG darf niemand wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden („ne bis in idem“-Grundsatz). Dabei entspricht der Tatbegriff des Art. 103 GG dem des § 264 Abs. 1 StPO (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 264 Rn. 1). Die Sperrwirkung reicht allerdings nur so weit, wie die Sachentscheidung durch ein deutsches Strafgericht auf Grund des Bußgeldbescheides geboten war (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Einl. Rn. 173 zur Anklage und zum Eröffnungsbeschluss). Die Verfahrenseinstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG durch Beschluss vom 27. März 2009 bezog sich auf dieselbe Tat, die auch Gegenstand dieses Strafverfahrens ist. Denn das gesamte, dem Angeklagten angelastete Verhalten – Wegwerfen der Mitteilungskarte unter mehrfachem Ausruf des Wortes „Arschloches“ gegenüber dem Mitarbeiter des Ordnungsamtes – stellt sich als historisch einheitlicher Vorgang dar. Dies war für den Bußgeldrichter auch aufgrund der in der Akte befindlichen Anzeige des Zeugen R. ersichtlich, auch wenn der Bußgeldbescheid den Tatbestand der Beleidigung nicht erwähnt.

In der in Literatur und Schrifttum umstrittenen Frage, inwieweit ein Beschluss nach § 47 Abs. 2 OWiG als Opportunitätsentscheidung ebenso wie die in § 84 Abs. 2 OWiG genannten Entscheidungen Bindungs- und Sperrwirkung für ein nachfolgendes Strafverfahren entfalten kann, schließt sich das OLG der h.M. an, die für die Verfolgung derselben Tat auch unter dem Blickwinkel einer möglichen Straftat unter Bezugnahme auf § 211 StPO mindestens das Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel verlangt, die dem Einstellungsbeschluss die Grundlage entziehen. Mehr dazu im Beschluss.

 

Ist der sog. „Admin C“ auch „Anbieter“?

© froxx - Fotolia.com

Der KG, Beschl. v. 30.09.2011 1 Ws (B) 179/09 – mir erst jetzt bekannt geworden – befasst sich mit der Frage, wer „Anbieter“ von Telemedien i.S. des Jugendmedienststaatsvertrages ist. Das AG hatte folgende Feststellungen getroffen:

„Der Betroffene war seit dem 11.03.2008 bis zumindest 16.06.2008 administrativer Ansprechpartner (Admin-C) der Domain s.n.de. Domaininhaberin ist W. mit Sitz in Spanien.

 Die Website s.n.de ist ein kommerzielles Erwachsenensexangebot, das im kostenpflichtigen Bereich pornografische Drittinhalte ohne Altersüberprüfung zugänglich macht. Mindestens von März 2008 bis zum 16.06.2008 konnten die dortigen Angebote ohne Zugangsbarrieren für Personen unter 18 Jahren in Anspruch genommen werden, da kein zureichendes Programm zur Altersverifikation vorgeschaltet war. Obwohl der Betroffene dies wusste – er war sowohl mit Schreiben vom 01.03.2008 als auch mit Schreiben vom 25.03.2008 von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg darauf hingewiesen worden – traf er keine entsprechenden Vorkehrungen.

Am 16.06.2008 wurde von dem Zeugen B., Mitarbeiter der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, u. a. folgender Verstoß festgestellt: Über die Verlinkung des Buttons „Telefonsex mit gratis Webcam“ auf der linken Seite des Angebotes www.s.n.de gelangt der Nutzer auf die Seite www.T.-C.net. Diese Seite enthält pornografische Inhalte im Sinne des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ohne ein ausreichendes Altersverifikationssystem. Bezüglich des Inhaltes der Seite wird auf das in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Foto Blatt 56 d. A. gemäß §§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen. Auf diese Seite gelangt man nach dem Kauf von sog. Coins über das Internetabrechnungssystem klick and by. Die Coins fungieren als virtuelle Währung und werden als Zahlungsmittel für den Aufruf von Memberinhalten benötigt. Die Bezahlung erfolgt per Bankeinzug oder durch Angabe von Kreditkartendaten. Dafür ist nur die Angabe des Namens sowie eine Kontoverbindung erforderlich. Es erfolgt keine Frage nach dem Geburtsdatum bzw. dem Alter.“

Das AG hatte wegen einer Zuwiderhandlung gegen die §§ 24 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JMStV in Verbindung mit § 8 OWiG veruurteilt. Der KG, Beschl. hebt auf. Der durch den Domainanmelder bei der Registrierungsstelle Denic e. G. bezeichnete administrative Ansprechpartner – sog. „Admin-C“ – sei nicht ohne weiteres Anbieter von Telemedien im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Aus der Begründung:

„2. Das angefochtene Urteil trägt den Schuldspruch auch deshalb nicht, weil es keine Feststellungen dazu enthält, dass der Betroffene im Sinne des § 24 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV „Anbieter von Telemedien“ war.

Adressat des Ordnungswidrigkeitentatbestands ist der „Anbieter“. Anbieter ist nach der (teiltautologischen) Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV ein Rundfunkveranstalter oder ein Anbieter von Telemedien. Die in Rede stehende Internetseite ist ein Telemedium im Sinne des § 1 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG).

Die Definition des Anbieters in § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV folgt dem Begriff des Angebots nach dem JMStV. Dieses stellt auf den Inhalt der Telemedien ab. Ob die Anbieter des Internetzugangs („Access-Provider“) und des Speicherplatzes („Host-Provider“) als Anbieter erscheinen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls der Inhalteanbieter („Content-Provider“), an den sich die materiellrechtlichen Vorschriften der Abschnitte I bis III des JMStV vorrangig richten (vgl. Erdemir in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 4) unterfällt dem Begriff des Anbieters in § 24 Abs. 1 JMStV. In Übereinstimmung mit dem Begriff des Rundfunkveranstalters ist für den Anbieter von Telemedien zu verlangen, dass er das Angebot unter eigener Verantwortung inhaltlich gestaltet oder verbreitet (vgl. Held/Schulz in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 29); er muss die Struktur des Auftritts festlegen (BVerfGE 97, 298, 310 für den Rundfunkveranstalter), ohne allerdings alle Teile des Angebots selbst gestalten zu müssen (vgl. Held/Schulz in: Hahn/Vesting, aaO). Daher reicht es auch aus, dass der Inhalt nicht vollständig und unmittelbar auf der angebotenen Homepage, sondern nur durch die Setzung eines (direkten) Hyperlinks zugänglich gemacht wird (vgl. BGH NJW 2008, 1882; OLG Stuttgart MMR 2006, 387).

Das angefochtene Urteil erörtert lediglich allgemein, ob der Betroffene als so genannter Admin-C – das ist der durch den Domainanmelder bei der Registrierungsstelle Denic e. G. bezeichnete administrative Ansprechpartner – für den Inhalt der Internetseite „verantwortlich“ war. Es verhält sich aber nicht zu der Frage, ob der Betroffene im Sinne des JMStV „Anbieter“ war. Eine entsprechende Subsumtion erlauben auch die weiteren Urteilsfeststellungen nicht. Denn die durch die Feststellungen dem Betroffenen zugeschriebene technische Möglichkeit, die Inhalte der Website zu verändern, sagt nichts darüber, ob dieser im oben beschriebenen gestalterischen Sinne auch Anbieter des Internetauftritts war. …“

Der Polizeibeamte hat „wohl den Tag über zu lange (…) in der Sonne gestanden oder hat ganz einfach dort mitgefeiert“

© Stefan Rajewski - Fotolia.com

Mit der Bemerkung

Ehrliche Meinung meinerseits: Der Beamte war wohl den Tag über zu lange unten am A. Verkehrskreisel in der Sonne gestanden oder hat ganz einfach dort mitgefeiert. Normal war das jedenfalls nicht und menschlich schon 3 mal nicht!“

hatte ein Betroffener das Verhalten eines Polizeibeamten ihm gegenüber in Zusammenhang mit einer Verkehrskontrolle kommentiert. Die Bußgelbehörde hat (nichts Besseres zu tun) und schickt das Schreiben des Betroffenen dem Polizeibeamten, der Strafantrag wegen übler Nachrede stellt. Das AG verurteilt den Betroffenen, seine Berufung wird vom LG nicht angenommen (die StA hatte sie als nicht völlig unbegründet angesehen). Dagegen legt der Betroffene dann Verfassungsbeschwerde ein. Das BverfG hat sich dazu dann im BVerfG, Beschl. v. 29.02.2012 – 1 BvR 2883/11 – geäußert. Es geht davon aus:

1. Bei der Äußerung des Betroffenen handele es sich im Schwerpunkt um durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Werturteile und damit um Meinungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Dies gelte umso mehr, weil die Äußerung mit dem Halbsatz „Ehrliche Meinung meinerseits:“ eingeleitet wurde

2.Bei der strafrechtlichen Würdigung sei es zugunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit dem Begehren stehe, die Einstellung eines gegen ihn eingeleiteten Bußgeldverfahrens zu bewirken. Hiervon seiinsbesondere dann auszugehen, wenn die Äußerung lediglich seine Darstellung des Sachverhalts zuspitze und abschließe, aus der sich ergebe, dass er die Vorgehensweise des beteiligten Polizeibeamten für unangemessen erachtet; denn damit trage er einen Umstand vor, der nach § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung zu berücksichtigen sein könne.

Man fragt sich wirklich, ob die beteiligten Stellen nichts Anderes/Besseres zu tun haben?

Gefunden u.a. auch bei HRRS. Auch der Lawblog hatte über den Beschluss bereits berichtet.