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Ist der sog. „Admin C“ auch „Anbieter“?

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Der KG, Beschl. v. 30.09.2011 1 Ws (B) 179/09 – mir erst jetzt bekannt geworden – befasst sich mit der Frage, wer „Anbieter“ von Telemedien i.S. des Jugendmedienststaatsvertrages ist. Das AG hatte folgende Feststellungen getroffen:

„Der Betroffene war seit dem 11.03.2008 bis zumindest 16.06.2008 administrativer Ansprechpartner (Admin-C) der Domain s.n.de. Domaininhaberin ist W. mit Sitz in Spanien.

 Die Website s.n.de ist ein kommerzielles Erwachsenensexangebot, das im kostenpflichtigen Bereich pornografische Drittinhalte ohne Altersüberprüfung zugänglich macht. Mindestens von März 2008 bis zum 16.06.2008 konnten die dortigen Angebote ohne Zugangsbarrieren für Personen unter 18 Jahren in Anspruch genommen werden, da kein zureichendes Programm zur Altersverifikation vorgeschaltet war. Obwohl der Betroffene dies wusste – er war sowohl mit Schreiben vom 01.03.2008 als auch mit Schreiben vom 25.03.2008 von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg darauf hingewiesen worden – traf er keine entsprechenden Vorkehrungen.

Am 16.06.2008 wurde von dem Zeugen B., Mitarbeiter der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, u. a. folgender Verstoß festgestellt: Über die Verlinkung des Buttons „Telefonsex mit gratis Webcam“ auf der linken Seite des Angebotes www.s.n.de gelangt der Nutzer auf die Seite www.T.-C.net. Diese Seite enthält pornografische Inhalte im Sinne des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ohne ein ausreichendes Altersverifikationssystem. Bezüglich des Inhaltes der Seite wird auf das in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Foto Blatt 56 d. A. gemäß §§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen. Auf diese Seite gelangt man nach dem Kauf von sog. Coins über das Internetabrechnungssystem klick and by. Die Coins fungieren als virtuelle Währung und werden als Zahlungsmittel für den Aufruf von Memberinhalten benötigt. Die Bezahlung erfolgt per Bankeinzug oder durch Angabe von Kreditkartendaten. Dafür ist nur die Angabe des Namens sowie eine Kontoverbindung erforderlich. Es erfolgt keine Frage nach dem Geburtsdatum bzw. dem Alter.“

Das AG hatte wegen einer Zuwiderhandlung gegen die §§ 24 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JMStV in Verbindung mit § 8 OWiG veruurteilt. Der KG, Beschl. hebt auf. Der durch den Domainanmelder bei der Registrierungsstelle Denic e. G. bezeichnete administrative Ansprechpartner – sog. „Admin-C“ – sei nicht ohne weiteres Anbieter von Telemedien im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Aus der Begründung:

„2. Das angefochtene Urteil trägt den Schuldspruch auch deshalb nicht, weil es keine Feststellungen dazu enthält, dass der Betroffene im Sinne des § 24 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV „Anbieter von Telemedien“ war.

Adressat des Ordnungswidrigkeitentatbestands ist der „Anbieter“. Anbieter ist nach der (teiltautologischen) Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV ein Rundfunkveranstalter oder ein Anbieter von Telemedien. Die in Rede stehende Internetseite ist ein Telemedium im Sinne des § 1 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG).

Die Definition des Anbieters in § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV folgt dem Begriff des Angebots nach dem JMStV. Dieses stellt auf den Inhalt der Telemedien ab. Ob die Anbieter des Internetzugangs („Access-Provider“) und des Speicherplatzes („Host-Provider“) als Anbieter erscheinen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls der Inhalteanbieter („Content-Provider“), an den sich die materiellrechtlichen Vorschriften der Abschnitte I bis III des JMStV vorrangig richten (vgl. Erdemir in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 4) unterfällt dem Begriff des Anbieters in § 24 Abs. 1 JMStV. In Übereinstimmung mit dem Begriff des Rundfunkveranstalters ist für den Anbieter von Telemedien zu verlangen, dass er das Angebot unter eigener Verantwortung inhaltlich gestaltet oder verbreitet (vgl. Held/Schulz in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 29); er muss die Struktur des Auftritts festlegen (BVerfGE 97, 298, 310 für den Rundfunkveranstalter), ohne allerdings alle Teile des Angebots selbst gestalten zu müssen (vgl. Held/Schulz in: Hahn/Vesting, aaO). Daher reicht es auch aus, dass der Inhalt nicht vollständig und unmittelbar auf der angebotenen Homepage, sondern nur durch die Setzung eines (direkten) Hyperlinks zugänglich gemacht wird (vgl. BGH NJW 2008, 1882; OLG Stuttgart MMR 2006, 387).

Das angefochtene Urteil erörtert lediglich allgemein, ob der Betroffene als so genannter Admin-C – das ist der durch den Domainanmelder bei der Registrierungsstelle Denic e. G. bezeichnete administrative Ansprechpartner – für den Inhalt der Internetseite „verantwortlich“ war. Es verhält sich aber nicht zu der Frage, ob der Betroffene im Sinne des JMStV „Anbieter“ war. Eine entsprechende Subsumtion erlauben auch die weiteren Urteilsfeststellungen nicht. Denn die durch die Feststellungen dem Betroffenen zugeschriebene technische Möglichkeit, die Inhalte der Website zu verändern, sagt nichts darüber, ob dieser im oben beschriebenen gestalterischen Sinne auch Anbieter des Internetauftritts war. …“