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StPO III: Absehen von der Zeugenvernehmung, oder: Beanstandung der Vorsitzendenentscheidung erfolgt?

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Und dann zum Tagesschluss noch der BGH, Beschl. v. 12.09.2023 – 4 StR 179/23.

Das LG hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung verurteilt. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg:

„2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Näherer Erörterung bedarf lediglich die Rüge, die Strafkammer habe unter Verstoß gegen § 55 Abs. 1, § 244 Abs. 2 StPO von der Sachvernehmung der Zeugin E. abgesehen.

a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Nachdem sich der Angeklagte zu Beginn der eintägigen Hauptverhandlung durch Verteidigererklärung zur Sache eingelassen hatte, wurde die Zeugin E. in den Zeugenstand gerufen. Dort berief sie sich über den ihr als Zeugenbeistand bestellten Rechtsanwalt auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO. Sodann wurde die Zeugin im allseitigen Einverständnis von der Vorsitzenden entlassen.

b) Die Rüge ist unzulässig, weil der verteidigte Angeklagte nicht vom Zwischenrechtsbehelf nach § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht hat. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang ein Zeuge durch seine Aussage eine Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 Abs. 1 StPO begründen kann und daher die Auskunft verweigern darf, unterliegt als Maßnahme der Sachleitung weitgehend der wertenden Beurteilung des Vorsitzenden. Hält ein Verfahrensbeteiligter dessen Entscheidung für rechtsfehlerhaft und damit für unzulässig, hat er gemäß § 238 Abs. 2 StPO die Möglichkeit, hiergegen den gesamten Spruchkörper anzurufen. Unterlässt der verteidigte Angeklagte dies, kann er in der Revisionsinstanz mit einer entsprechenden Rüge, durch die er sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzen würde, nicht mehr gehört werden. Auch liegt hierin keine unzulässige Einschränkung der Rüge, das Gericht habe durch das teilweise oder völlige Unterlassen der Sachvernehmung des Zeugen seine Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO verletzt. Denn da durch die Anordnung des Vorsitzenden die Beschränkung der gerichtlichen Sachaufklärung zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wird, kann der Verstoß gegen die Pflicht zur Erforschung der Wahrheit über § 238 Abs. 2 StPO bereits dort beanstandet werden. Wird dies – wie vorliegend – unterlassen, muss daher nicht zusätzlich und unabhängig davon die Aufklärungsrüge im Revisionsverfahren eröffnet sein (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 ‒ 3 StR 139/06, BGHSt 51,144 Rn. 22, 26; Schmitt in Meyer-Goßner, 66. Aufl., § 55 Rn. 16; KK-StPO/Bader, 9. Aufl., § 55 Rn. 19 mwN).“

StPO II: Zeugenvernehmung zu dem Tatgeschehen, oder: Ausschluss des Vorsitzenden als Richter

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Und dann die zweite Entscheidung des Tage, der BGH, Beschl. v. 12.09.2023 – 5 StR 251/23 – ein „Ausschlussfall“ – Ausschluss eines Richters

Das LG hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hatte mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Er beanstandet nach Auffassung des BGH zu Recht, dass an der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung seines Richteramts gemäß § 22 Nr. 5 StPO kraft Gesetzes ausgeschlossen war:

„1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Der Beschwerdeführer war wegen der Raubtat zunächst mit zwei Tatbeteiligten vor einer allgemeinen Strafkammer angeklagt. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass er zur Tatzeit womöglich noch Heranwachsender war, trennte die Strafkammer das Verfahren gegen ihn ab und legte es der Jugendkammer vor, die es übernahm. Die Hauptverhandlungen beider Spruchkörper fanden zeitgleich statt; in beiden wurde der Geschädigte als Zeuge vernommen. In der Hauptverhandlung vor der allgemeinen Strafkammer beantragten die Verteidiger der gesondert Verfolgten, den Jugendkammervorsitzenden zu den Angaben des Geschädigten in der gegen den Angeklagten geführten Hauptverhandlung zeugenschaftlich zu vernehmen, um vermeintliche Widersprüche in den Aussagen nachzuweisen. Nach einer kurzen Unterbrechung wurde der sogleich herbeigerufene Jugendkammervorsitzende zu dem beantragten Beweisthema förmlich vernommen. Die Jugendkammer setzte ihre Hauptverhandlung in unveränderter Besetzung bis zur Urteilsverkündung fort, nachdem der Angeklagte nunmehr einem bereits zuvor gemachten Verständigungsvorschlag zugestimmt hatte.

2. Die zulässig erhobene Verfahrensrüge ist begründet. Sie nötigt zur Aufhebung des Urteils mitsamt den Feststellungen.

a) Der Jugendkammervorsitzende war nach seiner Vernehmung kraft Gesetzes von der weiteren Ausübung seines Amtes in dem Verfahren ausgeschlossen. Denn er hat „in der Sache“ im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO als Zeuge ausgesagt.

aa) Sachgleichheit setzt keine Verfahrensidentität voraus. Sie ist auch dann gegeben, wenn ein Richter in einem anderen Verfahren zu demselben Tatgeschehen förmlich vernommen worden ist, das er jetzt abzuurteilen hätte. Die Vernehmung muss sich nicht auf eigene Wahrnehmungen zum Tatgeschehen beziehen. Es genügt, wenn sie Umstände thematisiert, die der Richter auch in dem ihm vorliegenden Verfahren im Hinblick auf Schuld- und Straffrage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bewerten muss (BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2008 – 4 StR 507/07, StV 2008, 283; vom 22. Mai 2007 – 5 StR 530/06, NStZ 2007, 711; vom 27. September 2005 – 4 StR 413/05, NStZ 2006, 113, 114).

bb) So liegt es hier. Die Vernehmung des Jugendkammervorsitzenden als Zeuge zu den Angaben des Geschädigten betraf das auch in der von ihm geleiteten Hauptverhandlung zu beurteilende Raubgeschehen. Die Aussage des Geschädigten musste der Vorsitzende auch in seinem Verfahren bewerten.

b) Das Urteil unterliegt nach § 338 Nr. 2 StPO der Aufhebung, weil ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter daran mitgewirkt hat. Denn die Hauptverhandlung ist auch nach der Zeugenvernehmung des Vorsitzenden unter seiner Leitung fortgesetzt und das Urteil mit ihm verkündet worden. Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob er der Ansicht folgen könnte, wonach allein das Unterzeichnen der Urteilsurkunde durch einen gemäß § 22 Nr. 5 StPO ausgeschlossenen Richter einen Revisionsgrund nach § 338 Nr. 7 StPO begründen soll (so aber BGH, Beschlüsse vom 11. November 2020 – 2 StR 241/20, NStZ 2021, 751, 752; vom 13. Oktober 2021 – 2 StR 418/19, StV 2022, 794).

Die Frau des Vorsitzenden als Zeugin

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Eine in der Praxis sicherlich nicht so häufige Konstellation, die aber zu interessanten verfahrensrechtlichen Fragestellungen führt, hat dem BGH, Beschl. v. 06.08.2014 – 1 StR 333/14 – zugrunde gelegen. In der Hauptverhandlung ist nämlich die Ehefrau des Vorsitzenden der Strafkammer als Zeugin vernommen worden. Während der Vernehmung der Zeugin hat dann aber nicht der Vorsitzende, sondern der Berichterstatter die Verhandlungsleitung übernommen. Das wird mit der Revision beanstandet, allerdings ohne Erfolg. Der BGH behandelt – auf der Grundlage der Stellungnahme des GBA, die er einrückt – folgende Punkte:

  • Verstoß gegen § 338 Nr. 1 StPO?
    • Nein, denn „Die zeitweise Übertragung der Verhandlungsführung auf ein anderes Mitglied des Spruchkörpers ändert nichts an der Tatsache, dass die Strafkammer durchgängig mit dem Vorsitzenden Richter K. und den beisitzenden Richtern P. und Ku. besetzt war und diese auch durchgängig verhandlungs- und erkenntnisfähig waren.“
  • Mitwirkung des Vorsitzenden, obwohl er sich offenbar selbst als befangen angesehen hat?
    • Nein, der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO scheitert „daran, dass keine gerichtliche Entscheidung über die (Selbst-)Ablehnung erfolgt ist. Die Rüge kann nicht damit begründet werden, dass einer der mitwirkenden Richter seine Selbstablehnung nach § 30 StPO hätte erklären müssen (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 59).Nachdem dem Verteidiger des Angeklagten bereits vor der Hauptverhandlung mitgeteilt worden war, dass es sich bei der Zeugin H. um die Ehefrau des Vorsitzenden Richters K. handelt, hätte ein diesbezügliches Ablehnungsgesuch gem. § 25 Abs. 1 StPO bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen erfolgen müssen.“
  • Relativen Revisionsgrund gem. § 337 Abs. 1 StPO in der gewählten Verfahrensweise bei der Vernehmung der Zeugin?
    • Nein bzw.: „Zwar ist darin ein Verstoß gegen § 238 Abs. 1 StPO zu sehen; der Angeklagte hat jedoch von der Möglichkeit des Zwischenrechtsbehelfs nach § 238 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht gemacht, weshalb er mit einer entsprechenden Rüge präkludiert ist.

Insbesondere der letzte Hinweis des BGH ist interessant und führt zu der Folgerung für die Praxis: Auch das ist eine Konstellation, in der man als Verteidiger vom Zwischenrechtsbehelf nach § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch machen sollte. Aber – wie gesagt: So ganz häufig wird es nicht vorkommen.

Ich habe da mal eine Frage/Bitte um Ihre Meinung, oder: Die Zeugenvernehmung durch den Rechtsanwalt im EV

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Vor einigen Tagen erreichte mich die Anfrage eines Kollegen zu folgender Problematik:

„Ich bin Verteidiger eines Mandanten, dessen von ihm getrennt lebende Ehefrau als Zeugin polizeilich vernommen wurde. Ein Protokoll über den Inhalt dieser Vernehmung liegt der Zeugin nicht vor.

Dem Mandanten habe ich eine Kopie der Ermittlungsakte einschließlich dieses Protokolls nach Akteneinsicht zur Verfügung gestellt. Der Mandant geht davon aus, daß die Vernehmung seiner Frau nicht korrekt stattgefunden hat und der Inhalt des Protokolls ihre tatsächliche Aussage verfälscht wiedergibt.

Sehen Sie eine legale Möglichkeit, der Zeugin im Vorverfahren (ohne Einschaltung eines weiteren Rechtsanwalts durch die Zeugin) eine Abschrift ihres Vernehmungsprotokolls zur Verfügung zu stellen oder wenigstens zur Kenntnis zu bringen, damit diese den Inhalt überprüfen und ggfs. berichtigen kann? Falls nicht, wäre ggfs. wenigstens ein Vorhalt des Protokollinhalts gegenüber dem Zeugen im Rahmen von eigenen Ermittlungen des Verteidigers zulässig?“

Ich war mir zunächst nicht gaz sicher, was ich ihm antworte, habe mich dann aber zu folgender Antwort entschlossen:

  1. Das Protokoll über die Vernehmung wird nicht herausgegeben.
  2. Einen Vorhalt können Sie daraus bei einer Vernehmung der Zeugin machen.
  3. Aber: Wenn Sie sich zu einer Vernehmung der Zeugin im Zuge „eigener Ermittlungen“ entschließen, dann vermeiden Sie alles, aus dem die Zeugin den Eindruck gewinnen könnte, Sie wollten Druck auf sie ausüben. Ich würde die Vernehmung in Abwesenheit des Mandanten führen, allerdings durch einen unbeteiligten Dritten (Kanzleiangestellte als Protokollführerin) sicher stellen, dass über die Umstände der Vernehmung später berichtet werden kann. Ggf. Tonbandprotokoll der gesamten Vernehmung. Wie Sie bei der Vernehmung vorgehen müssen (Belehrung usw.), finden Sie in meinem Handbuch Ermittlungsverfahren. Denken Sie bitte immer daran: Derzeit scheinen sich der Mandant und die Zeugin = als getrennt von ihm lebende Ehefrau gut zu verstehen. Das kann sich aber schnell ändern und dann haben Sie ggf. eine Zeugin, die über versteckten Druck berichtet bzw. so etwas andeutet. Dem müssen Sie begegnen können.“

Ich denke, damit kann er „leben“. 🙂

 

Wehret den Anfängen – Eingriff in das Beweisverwertungsverbot des § 252 StPO?

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Jeder Jurist, der sich zumindest ein wenig im Strafverfahrensrecht auskennt, kennt das Beweisverwertungsverbot, das aus § 252 StPO folgt, wenn ein zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge in der Hauptverhandlung das Zeugnis verweigert. Dann darf das sich aus § 252 ergebenden Verlesungs-/Verwertunsgverbot nicht dadurch umgangen werden, dass Vernehmungsbeamte vernommen oder Vernehmungsprotokolle verlesen werden. Nur eine Ausnahme macht man: Der Zeuge ist richterlich vernommen worden. Aber auch dann ist eine Verwertung der früheren Angaben nur unter Einschränkungen möglich/zulässig. Die kennt – natürlich – auch der 1. Strafsenat des BGH. Auf die weist er im BGH, Beschl. v. 21.03.2012 – 1 StR 43/12 – auch ausdrücklich im Hinblick auf eine erfolgte Vernehmung des Ermittlungsrichters hin:

a) Allerdings trifft es zu, dass frühere Vernehmungen eines die Aussage gemäß § 52 StPO verweigernden Zeugen grundsätzlich nicht verwertet werden dürfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf dann nur das herangezogen werden, was ein vernehmender Richter über die vor ihm gemachten Angaben des über sein Zeugnisverweigerungsrecht ordnungsgemäß belehrten Zeugen aus seiner Erinnerung bekundet. Hierzu darf ihm sein Vernehmungsprotokoll – notfalls durch Verlesen – vorgehalten werden. Dies darf allerdings nicht dazu führen, den Inhalt der Niederschrift selbst für die Beweiswürdigung heranzuziehen. Verwertbar ist vielmehr nur das, was auf den Vorhalt hin in die Erinnerung des Richters zurückkehrt, und es genügt nicht, wenn er lediglich erklärt, er habe die Aussage richtig aufgenommen (BGH, Urteil vom 2. April 1958 – 2 StR 96/58, BGHSt 11, 338, 341; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 – 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 150; BGH, Urteil vom 30. März 1994 – 2 StR 643/93, StV 1994, 413; BGH, Beschluss vom 4. April 2001 – 5 StR 604/00, StV 2001, 386).

Allerdings hatte das LG diese Grundsätze nicht (vollständig) beachtet. Insoweit stellt der BGH einen Rechtsfehler fest, den im Übrigen der GBA gesehen hatte:

c) Soweit das Landgericht für die vorliegende Fallgestaltung eine diese Erinnerung ergänzende Verwertung der protokollierten Aussage als (zumindest teilweise) zulässig angesehen hat, steht diese Auffassung mit der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar nicht im Einklang.“

Soweit, aber nicht so gut. Denn dann kommt es. Anders als der GBA, der die Verfahrensrüge hatte durchgreifen lassen, sieht der 1. Strafsenat das anders. Nach seiner Auffassung beruht das Urteil nicht auf diesem Fehler.

Der Senat kann aber ausschließen, dass sich dies auf das gefällte Urteil ausgewirkt hat. Denn das Landgericht hat allenfalls die Darstellung M. H.´, nach dem Stich habe er seine Frau zu Boden gerungen und diese habe sich dann in gebückter Haltung vor ihm befunden (UA S. 12; oben 3. b), und somit einen für die Gesamtwürdigung der Beweise wenig bedeutsamen Umstand dem ermittlungsrichterlichen Vernehmungsprotokoll entnommen.

Dem Urteil liegt eine insgesamt sorgfältige und umfassende Beweiswürdigung zugrunde. Das Landgericht hat alle wesentlichen Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Dabei ist es zutreffend von der Einlassung der Angeklagten ausgegangen. Diese hat in ihren Vernehmungen bei der Polizei, beim Ermittlungsrichter und in der Hauptverhandlung sowie gegenüber der Sachverständigen stets eingeräumt, ihren Ehemann mit einem Messerstich verletzt zu haben. Auch das von der Strafkammer festgestellte „Geschehen vor der Tat“ hat sie dabei in den wesentlichen Punkten konstant geschildert (UA S. 15 ff.)….

Angesichts dieser klaren Beweislage besorgt der Senat nicht, dass sich das Nachtatgeschehen maßgeblich auf die landgerichtliche Überzeugungsbildung ausgewirkt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass das Landgericht in diesem Zusammenhang zudem festgestellt hat, M. H. habe wenige Minuten nach der Tat gegenüber der zu Hilfe gekommenen Nachbarin C. M. u.a. geäußert, er habe die Angeklagte nach dem Messerstich „zu Boden gedrückt“ (UA S. 13).

Natürlich setzt der 1. Strafsenat noch einen drauf:

„Ergänzend bemerkt der Senat: Ein zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge wird regelmäßig deshalb durch den Ermittlungsrichter vernommen, weil bei einer späteren – aus welchen Gründen auch immer erfolgten – Zeugnisverweigerung nur die Aussage des Ermittlungsrichters über die Angaben des Zeu-gen verwertbar ist. In derartigen Fällen, erfahrungsgemäß oft Gewalt- und/oder Sexualdelikte zum Nachteil von Frauen oder Kindern, hat der Ermittlungsrichter daher die Pflicht, sich schon während der von ihm durchgeführten Vernehmung intensiv darum zu bemühen, sich den Aussageinhalt einzuprägen. Ausfluss dieser Pflicht des Ermittlungsrichters ist es auch, dann, wenn seine Vernehmung als Zeuge ansteht, die Vernehmungsniederschriften einzusehen, um sich erforderlichenfalls die Einzelheiten ins Gedächtnis zurückzurufen (vgl. hierzu zusammenfassend Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 69 Rn. 8 mwN).“

Ich halte die Entscheidung für falsch – Gott sei Dank ja auch der GBA, der einen Aufhebungsantrag gestellt hatte. Sie geht in die falsche Richtung, denn: Über die Beruhensfrage lassen sich Eingriffe in das Beweisverbot gut heilen. Und was die Hellseher beim BGH alles ausschließen können, wissen wir. Auch die gesteigerte Vorbereitungspflicht des Zeugen ist nicht unproblematisch. Bekundet der Zeuge dann in der Hauptverhandlung noch seine Erinnerung oder bekundet er das, was er in den Ermittlungsakten gelesen hat?