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Strafe III: Erörterung eines Bewährungswiderrufs, oder: Feststellungen zum Wirkstoffgehalt von BtM

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Und dann zum Tagesschluss noch der KG, Beschl. v. 03.03.2023 – (3) 161 Ss 212/22 (73/22) – u.a. zur Frage der Erforderlichkeit von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt von Betäubungsmitteln im Hinblick auf die Strafzumessung.

Das AG hat den Angeklagten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde dabei nicht zur Bewährung ausgesetzt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das LG verworfen. Die Revision hatte hinsichtlich einer vom LG gebildeten Gesamtstrafe (§ 55 StGB) Erfolg, die Strafzumessung im Übrigen hat das KG nicht beanstandet:

„b) Die dem Tatgericht obliegende Strafzumessung hält sachlich rechtlicher Überprüfung stand.

Es ist grundsätzlich die Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1995 – 3 StR 478/95 –, juris). Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist regelmäßig nur bei beachtlichen Rechtsfehlern in dem Sinne, dass die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen, bestimmende Strafzumessungstatsachen übergangen wurden oder sich die verhängte Freiheitsstrafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs offenkundig löst, möglich (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012  – 3 StR 413/11  –, juris m.w.N.).

(1) Im Hinblick auf § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB und den Strafzweck der Resozialisierung ist der Umstand drohenden Bewährungswiderrufs regelmäßig zu erörtern, wenn auf Grund eines möglichen Widerrufs die gesamte Länge der zu verbüßenden Haft diejenige der neu verhängten Strafe beträchtlich übersteigt (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Februar 2022 – (3) 121 Ss 170/21 (62/21) –, juris m.w.V.). Eine Erörterung oder gar strafmildernde Bewertung eines möglicherweise drohenden Bewährungswiderrufs kann jedoch im Einzelfall dann unterbleiben, wenn ein übermäßiges Gesamtvollstreckungsübel namentlich aus spezialpräventiven Gründen nicht naheliegt (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Februar 2022 , a.a.O.; OLG Hamburg NStZ-RR 2017, 72), etwa bei Intensiv- oder Serientätern, bei hoher Rückfallgeschwindigkeit oder bei einer Tat kurz nach der Haftentlassung, nachdem die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 03. August 2021 – 2 StR 129/20 –, juris; Senat, Beschluss vom 11. Februar 2022 a.a.O.).

Den vorstehenden Anforderungen wird die Strafzumessungsentscheidung gerecht. Das Landgericht hat zutreffend auf den Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG abgestellt und seine umfassenden Strafzumessungserwägungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung den infolge der erneuten Verurteilung drohenden Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aus der Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. August 2021 – Az. 260 Ds 96/20 – nur im Zuge der Prognoseentscheidung nach § 56 Abs. 1 StGB explizit erwähnt hat. Denn ungeachtet des Umstandes, dass die Urteilsgründe eine Einheit bilden (vgl. BGHSt 65, 75; Senat, Beschluss vom 29. April 2022 – (3) 161 Ss 51/22 (15/22) –, juris m.w.V.), sind im vorliegenden Fall ausführliche Erörterungen zum möglichen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nicht angezeigt. Zwar droht dem Angeklagten bei Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in dem Verfahren 260 Ds 96/20 die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat, die die hier verhängte Strafe von sechs Monaten beträchtlich übersteigt. Jedoch hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Intensivtäter handelt und die früheren Verurteilungen im notwendigen Umfang geschildert. Vor diesem Hintergrund konnte eine ausführliche Erörterung des Bewährungswiderrufs oder gar dessen strafmildernde Bewertung unterbleiben.

(2) Die Strafzumessung hält auch insoweit der rechtlichen Überprüfung stand, als dass das Landgericht keine Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Buprenorphin in den Subutex-Tabletten getroffen hat. Der Wirkstoffgehalt des gehandelten Rauschgifts ist grundsätzlich für die Bestimmung des Unrechts- und Schuldgehalts einer Straftat rechtlich belangvoll (vgl. BGH NStZ 2023, 46; KG, Beschluss vom 4. Januar 2012 – (4) 1 Ss 466/11 (322/11), BeckRS 2012, 12416; OLG München Beschluss vom 6. August 2009 – 4 St RR 113/09, BeckRS 2010, 30585). Von genaueren Feststellungen kann aber ausnahmsweise abgesehen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass eine genaue Angabe des Wirkstoffgehalts das Strafmaß im Rahmen des § 29 Abs. 1 und 3 BtMG zu Gunsten des Angeklagten beeinflussen kann. Dies kann insbesondere bei Kleinstmengen der Fall sein, da der Schuldgehalt der Tat durch die Qualität des Rauschgifts nicht wesentlich geprägt wird (vgl. BGH NStZ-RR 2022, 250, Patzak, NStZ 23,17; BeckOK BtMG/Becker, 16. Ed. 15.9.2022, BtMG § 29 Rn. 145g).

Im vorliegenden Fall kann ausnahmsweise aufgrund der gehandelten Kleinstmenge von der Bestimmung des genauen Wirkstoffgehalts abgesehen werden.

Bezüglich der hier gegenständlichen Tat hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte eine Tablette Subutex für 10,- € an den Zeugen M. verkauft und im Übrigen 12 weitere Subutex-Tabletten bei sich geführt habe, um auch diese gewinnbringend an weitere Abnehmer zu veräußern. Bei dieser Menge an Subutex handelt es sich um eine Kleinstmenge an Rauschgift unabhängig vom Gehalt des Buprenorphin der einzelnen Tablette, wobei eine Tablette eine Konsumeinheit darstellt. Dies ergibt sich auch daraus, dass die geringe Menge an Buprenorphin im Sinne des § 29 Abs. 5 BtMG bei 1-3 Konsumeinheiten Subutex liegt (vgl. Patzak/Volkmer/Fabricius/Patzak, 10. Aufl., BtMG § 29 Rn. 1659; MüKoStGB/O?lakc?o?lu, 4. Aufl., BtMG § 29 Rn. 1680) und die nicht geringe Menge bei einem Wirkstoffgehalt von 416,67 mg Buprenorphin liegt (vgl. BGH NJW 2007, 2054). Auch unter Annahme der höchsten am Arzneimarkt erhältlichen Dosis von 8 mg Buprenorphin pro Subutex-Tablette (vgl. BGH NJW 2007, 2054) übersteigt der Wirkstoffgehalt 104 mg Buprenorphin nicht. Bei einer solchen Sachlage ist der Wirkstoffgehalt kein bestimmender Faktor bei der Strafzumessung im Sinne des § 46 StGB und das Absehen diesbezüglicher Feststellungen – wie vorliegend – ist rechtsfehlerfrei.“

BtM-Verkauf, oder: Bei Kleinstmengen kann der Wirkstoffgehalt geschätzt werden…

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Author Orlan

Und zum Abschluss des heutigen Tages weise ich dann noch auf den OLG Celle, Beschl. v. 25.09.2017 – 2 Ss 104/17 hin. Das LG hat den Angeklagten wegen des Verkaufs von Kleinstmengen BtM verurteilt. Das OLG hebt das Urteil aus anderen Gründen auf, weist aber in der Segelanweisung auf die erforderlichen Feststellungen in diesen Fällen hin und meint/sagt: Feststellungen zum Wirkstoffgehalt tatbetroffener Betäubungsmittel sind bei dem Verkauf oder Besitz von Kleinstmengen von bis zu 3 Konsumeinheiten ausnahmsweise entbehrlich:

„Auch im vorliegenden Fall ist eine solche Feststellung ausnahmsweise entbehrlich. Es handelt sich bei allen drei Taten um den Verkauf von Kleinstmengen von bis zu 3 Konsumeinheiten. In derartigen Fällen erachtet der Senat die Einholung eines Gutachtens über den Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel für unverhältnismäßig, so dass die Bestimmung des Wirkstoffgehaltes grundsätzlich durch Schätzung anhand der Angaben des Angeklagten und unter Zugrundelegung der bekannten Durchschnittswerte der Wirkstoffgehalte für die jeweiligen Betäubungsmittel erfolgen kann. Auch eine Schätzung des Wirkstoffgehaltes erscheint nach Auffassung des Senates vorliegend ausnahmsweise entbehrlich, da bei dem Verkauf oder Besitz von Betäubungsmittelmengen im untersten Bereich die Qualität der Betäubungsmittel selbst bei einer Abweichung von dem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt nach oben oder unten aufgrund der sehr geringen Menge keinen bestimmenden Einfluss auf die Strafzumessung haben kann.“

Verurteilung wegen Drogenhandels, oder: Gewogen und erheblich zu leicht befunden

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Und vom hohen Norden dann in den Süden zum OLG Karlsruhe und dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2017 – 3 RV 5 Ss 519/17. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtM. Vorgeworfen wird dem Angeklagten unerlaubter Handel. Beim Einstellen des Beschlusses habe ich länger nach einer Überschrift gesucht. Das war nicht ganz einfach, da dem OLG im Grunde genommen gar nichts an dem AG-Urteil gepasst hat:

1. Den äußerst knappen, schon in Bezug auf die Tatzeiten und Tatörtlichkeiten kaum aussagekräftigen Feststellungen zur Sache lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang heraus und angesichts der Mengen der Betäubungsmittel, mit denen der Angeklagte Umgang gehabt haben soll, zwar noch ausreichend entnehmen, dass der Erwerb der Drogen (Taten Ziffern 1. bis 13.) zum Weiterverkauf bestimmt und wie letztlich auch der Verkauf (Taten Ziffern 14. bis 15.) darauf gerichtet war, ebenfalls nicht näher konkretisierten, Gewinn zu erzielen. Dies führt zur Annahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Im Hinblick auf die Tat Ziffer 1. mangelt es aber an ausreichenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Ecstasy-Tabletten. Sollte sich der am Ende des Gesamtsachverhaltes erwähnte Gehalt von 5 % ohnehin nicht nur auf die Taten Ziffern 2. bis 15. bezogen haben, die Marihuana zum Gegenstand hatten, sondern auch auf die Tat Ziff. 1, lässt sich den Feststellungen gleichwohl mangels Gewichtsangaben keine konkrete Wirkstoffmenge entnehmen, zumindest keine solche, aus der sich das ErreiChen der nicht geringen Menge i.S.d. dem Schuldspruch für die Tat Ziff. 1 zugrunde liegenden § 29 a Abs. I Nr. 2 BtMG ergibt. Insbesondere können insoweit allein aus der Zahl der Tabletten keine tragfähigen Schlussfolgerungen gezogen werden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., Rdnr. 114 zu S 29 a BtMG).

2. Auch die Beweiswürdigung weist durchgreifende Fehler auf.

Wie die Revision zutreffend geltend macht, ermöglichen die Ausführungen des Amtsgerichts zu seiner Überzeugungsbildung keine revisionsrechtliche Überprüfung, ob es auf tragfähiger Grundlage das materielle Recht richtig angewendet hat.

Schon angesichts der Anzahl der festgestellten Taten und des schon mehrere Jahre zurückliegenden Tatzeitraums versteht sich nicht von selbst, dass das Geständnis des Angeklagten, auf welches das Gericht gänzlich ohne Wertung hinweist, den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zur Sache erfüllt, stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (vgl. BGH, B. v. 13.9.2016 – 5 StR 338/16). Letzteres gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Wirkstoffgehalt, da es vorliegend lebensfern anmutet, dass der Angeklagte die genaue Prozentangabe zuverlässig angegeben bzw. bestätigt haben sollte.

Schon aufgrund der vorgenannten Gesichtspunkte ist das Urteil des Amtsgerichts samt den getroffenen Feststellungen aufzuheben und, da kein Fall vorliegt, in dem der Senat in der Sache selbst entscheiden könnte (§ 354 Abs. 1 StPO), die Sache an eine andere schöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. I, 354 Abs. 2 StPO).

3. Im Hinblick auf die neu zu treffenden Feststellungen weist der Senat darauf hin, dass der Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel gegebenfalls auch mittels Schätzung ermittelt werden kann.

Zur Strafzumessung ist anzumerken, dass vorliegend der im aufgehobenen Urteil herangezogenen strafschärfende Umstand, der Angeklagte habe mit „erheblicher krimineller Energie unerlaubt mit Drogen Handel getrieben“ in dieser Pauschalität ohne Konkretisierung, woraus sich diese Wertung ergibt, schon vor dem Hintergrund, dass – ebenfalls ohne Begründung – minder schwere Fälle i. S.d § 29 a Abs. 2 BtMG zu Grunde gelegt worden sind, nicht trägt.

Letztlich bedarf es auch bei der Gesamtstrafenbildung eines eigenständigen gesamtstrafenspezifischen Zumessungsaktes, bei der die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl, Rdnr. 6 zu § 54). Auch dies lässt das aufgehobene Urteil vermissen.“

Also: Gewogen und erheblich zu leicht befunden….

Klassiker im BtM-Verfahren, oder: Die unzulässige/unrichtige Schätzung des Wirkstoffgehalts

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By Dundak – Own work

Die fehlenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt bei den BtM-Verfahren/-Verurteilungen sind inzwischen ein Klassiker. Ihc habe erst vor kurzem auf die insoweit erforderlichen Feststellungen hingewiesen. Hier dann – zur Festigung 🙂  – noch eine Entscheidung des BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 20.06.2017 – 1 StR 213/17 – betreffend ein Verfahren wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.:

„Die Feststellungen zu den Fällen 1 – 6 sowie 8 und 9 der Urteilsgründe tragen die Schuldsprüche. Der Schuldspruch der Angeklagten für die im Fall 7 der Urteilsgründe festgestellte Tat hat hingegen keinen Bestand.

Das Landgericht hat nur im Fall 8 der Urteilsgründe – gestützt auf ein Sachverständigengutachten – konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels getroffen. Im Übrigen hat das Landgericht eine Schätzung „unter Berücksichtigung aller Umstände“, insbesondere der Angaben der Angeklagten zum An- und Verkaufspreis sowie zur Qualität des Methamphetamins („heftige Qualität“), vorgenommen und ist in den Fällen 1 – 7 und 9 der Urteils-gründe jeweils durchgängig von einem Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphe-taminbase ausgegangen.

Das Tatgericht darf allerdings nur dann den Wirkstoffgehalt – notfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes – unter Berücksichtigung der sicher festgestellten Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbe-teiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) durch eine „Schätzung“ festlegen, soweit konkrete Feststellungen zur Wirkstoffkonzentration nicht getroffen werden können, wenn die Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht (mehr) zur Verfügung stehen (BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 und vom 6. August 2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703; Patzak in Körner/ Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 331 ff. mwN).

Die Schätzung des Landgerichts ist zudem nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat bereits nicht geprüft, ob aus dem konkret festgestellten Wirkstoffgehalt in Fall 8 – unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einkaufspreise – Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt der jeweiligen Betäubungsmittel in den anderen Fällen möglich waren. Zudem ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen das Landgericht bei unterschiedlichen Einkaufspreisen immer denselben Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase zu-grunde legt.

Dieser Rechtsfehler betrifft durchgreifend aber lediglich den Schuldspruch in Fall 7, da insoweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei rechtsfehlerfreier Bestimmung bzw. Schätzung des Wirkstoffgehalts die nicht geringe Menge unterschritten wird. In den Fällen 1 – 4 und 6 der Urteilsgründe kann der Senat angesichts des An- und Verkaufs jeweils größerer Mengen von Betäubungsmitteln und der jeweiligen Preise ausschließen, dass im Einzelfall die Grenze zur nicht geringen Menge unterschritten wurde (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93, NJW 1994, 1885; Patzak in Körner/ Patzak/Volkmer aaO, Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 214). In den Fällen 5 und 9 der Urteilsgründe verbleibt es – unabhängig von dem Rechtsfehler – ohnehin jeweils bei dem Schuldspruch wegen unerlaubten Erwerbs in Tateinheit mit uner-laubter Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.

2. Der Strafausspruch hält in den Fällen 1 – 6 sowie 9 der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Wie dargelegt, fehlt es in diesen Fällen an der Feststellung des Wirkstoffgehalts der jeweiligen Betäubungsmittel und damit an der Feststellung eines bestimmenden Strafzumessungsgrundes. Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts bestimmt. Für eine sachgerechte schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf nähere Feststellungen zum Wirkstoffgehalt deshalb regelmäßig nicht verzichtet werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 und vom 6. August 2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703, je mwN).

 

Anfängerfehler: Strafzumessung im BtM-Verfahren ohne Wirkstoffgehalt?

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Der BGH war mit des Strafzumessung in einem landgerichtlichen Urteil, das den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge, und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt hatte, nun gar nicht zufrieden und er es hat im BGH, Beschl. v. 24.10.2012 – 4 StR 377/12 mit dürren Worten aufgehoben.

In den Fällen 1 bis 11 der Urteilsgründe fehlen Feststellungen zum Wirk-stoffgehalt des gehandelten bzw. im Besitz des Angeklagten aufgefundenen Marihuanas. Ohne diese Angabe vermag das Revisionsgericht nicht zu prüfen, inwieweit die Einzelstrafen rechtsfehlerfrei bemessen sind, da die Wirkstoff-menge einen wesentlichen Umstand für die Beurteilung der Schwere der Tat und die Bestimmung des Schuldumfangs darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom  22. Oktober 2002 – 4 StR 345/02 – und vom 27. April 2004 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602).

In den Fällen 12 und 13 der Urteilsgründe rügt die Revision zu Recht, dass das Landgericht den Umstand, dass das Amphetamin und das Kokain sichergestellt worden sind, nicht strafmildernd berücksichtigt hat. Zwar braucht der Tatrichter im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemes-sung der Strafe bestimmend gewesen sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Es stellt aber grundsätzlich einen gewichtigen und deshalb erörterungsbedürftigen Strafmilderungsgrund dar, wenn die Betäubungsmittel sichergestellt werden und es deshalb nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. März 2006 – 4 StR 42/06, NStZ-RR 2006, 220, und vom 7. Februar 2012 – 4 StR 653/11, NStZ-RR 2012, 153). Im Fall 12 der Urteilsgründe kommt hinzu, dass der Drogenversand den Ermittlungsbe-hörden aus der Telefonüberwachung bekannt war.

Zumindest hinsichtlich der fehlenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt m.E. ein Anfängerfehler. Und auch die anderen beanstandeten Punkte sollte man wissen und beachten. Und dann kommt das auch noch vom LG Münster :-(.