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Verurteilung wegen Drogenhandels, oder: Gewogen und erheblich zu leicht befunden

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Und vom hohen Norden dann in den Süden zum OLG Karlsruhe und dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2017 – 3 RV 5 Ss 519/17. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtM. Vorgeworfen wird dem Angeklagten unerlaubter Handel. Beim Einstellen des Beschlusses habe ich länger nach einer Überschrift gesucht. Das war nicht ganz einfach, da dem OLG im Grunde genommen gar nichts an dem AG-Urteil gepasst hat:

1. Den äußerst knappen, schon in Bezug auf die Tatzeiten und Tatörtlichkeiten kaum aussagekräftigen Feststellungen zur Sache lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang heraus und angesichts der Mengen der Betäubungsmittel, mit denen der Angeklagte Umgang gehabt haben soll, zwar noch ausreichend entnehmen, dass der Erwerb der Drogen (Taten Ziffern 1. bis 13.) zum Weiterverkauf bestimmt und wie letztlich auch der Verkauf (Taten Ziffern 14. bis 15.) darauf gerichtet war, ebenfalls nicht näher konkretisierten, Gewinn zu erzielen. Dies führt zur Annahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Im Hinblick auf die Tat Ziffer 1. mangelt es aber an ausreichenden Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Ecstasy-Tabletten. Sollte sich der am Ende des Gesamtsachverhaltes erwähnte Gehalt von 5 % ohnehin nicht nur auf die Taten Ziffern 2. bis 15. bezogen haben, die Marihuana zum Gegenstand hatten, sondern auch auf die Tat Ziff. 1, lässt sich den Feststellungen gleichwohl mangels Gewichtsangaben keine konkrete Wirkstoffmenge entnehmen, zumindest keine solche, aus der sich das ErreiChen der nicht geringen Menge i.S.d. dem Schuldspruch für die Tat Ziff. 1 zugrunde liegenden § 29 a Abs. I Nr. 2 BtMG ergibt. Insbesondere können insoweit allein aus der Zahl der Tabletten keine tragfähigen Schlussfolgerungen gezogen werden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., Rdnr. 114 zu S 29 a BtMG).

2. Auch die Beweiswürdigung weist durchgreifende Fehler auf.

Wie die Revision zutreffend geltend macht, ermöglichen die Ausführungen des Amtsgerichts zu seiner Überzeugungsbildung keine revisionsrechtliche Überprüfung, ob es auf tragfähiger Grundlage das materielle Recht richtig angewendet hat.

Schon angesichts der Anzahl der festgestellten Taten und des schon mehrere Jahre zurückliegenden Tatzeitraums versteht sich nicht von selbst, dass das Geständnis des Angeklagten, auf welches das Gericht gänzlich ohne Wertung hinweist, den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der getroffenen Feststellungen zur Sache erfüllt, stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (vgl. BGH, B. v. 13.9.2016 – 5 StR 338/16). Letzteres gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Wirkstoffgehalt, da es vorliegend lebensfern anmutet, dass der Angeklagte die genaue Prozentangabe zuverlässig angegeben bzw. bestätigt haben sollte.

Schon aufgrund der vorgenannten Gesichtspunkte ist das Urteil des Amtsgerichts samt den getroffenen Feststellungen aufzuheben und, da kein Fall vorliegt, in dem der Senat in der Sache selbst entscheiden könnte (§ 354 Abs. 1 StPO), die Sache an eine andere schöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen zurückzuverweisen (§§ 353 Abs. I, 354 Abs. 2 StPO).

3. Im Hinblick auf die neu zu treffenden Feststellungen weist der Senat darauf hin, dass der Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel gegebenfalls auch mittels Schätzung ermittelt werden kann.

Zur Strafzumessung ist anzumerken, dass vorliegend der im aufgehobenen Urteil herangezogenen strafschärfende Umstand, der Angeklagte habe mit „erheblicher krimineller Energie unerlaubt mit Drogen Handel getrieben“ in dieser Pauschalität ohne Konkretisierung, woraus sich diese Wertung ergibt, schon vor dem Hintergrund, dass – ebenfalls ohne Begründung – minder schwere Fälle i. S.d § 29 a Abs. 2 BtMG zu Grunde gelegt worden sind, nicht trägt.

Letztlich bedarf es auch bei der Gesamtstrafenbildung eines eigenständigen gesamtstrafenspezifischen Zumessungsaktes, bei der die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl, Rdnr. 6 zu § 54). Auch dies lässt das aufgehobene Urteil vermissen.“

Also: Gewogen und erheblich zu leicht befunden….