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Verurteilt wegen sexuellen Missbrauchs – dann gibt es keinen „Taxi-Führerschein“

entnommen: openclipart.org

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Beim Schleswig-Holsteinischen VG hat ein zweimal wegen sexuellen Missbrauchs Verurteilter vor einiger Zeit PKH beantragt für eine Klage, mit der er sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Taxen und Mietwagen und für die Fahrerlaubnisklassen D1, D1E, D und DE wenden wollte. Das VG hat den PKH-Antrag abgelehnt, das OVG Schleswig-Holstein hat den Beschluss im OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 12.05.2014 – 2 O 9/14 – bestätigt. Grund:

„Die Gewähr für die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen fehlt im Hinblick auf die nach § 48 Abs. 2 Nr. 2a, § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV zu treffende Prognose bereits dann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung ihm anvertrauter Personen obliegen, künftig missachten werde. Nicht erforderlich ist, dass die Verfehlungen bei oder während der Personenbeförderung begangen worden sind (ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 15. April 2009 a.a.O.). Diese Gewähr kann auch dann fehlen, wenn die Verletzung von Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Raum steht. Die Gefahr der erneuten Begehung solcher Straftaten beeinträchtigt das Sicherheitsinteresse der Fahrgäste, die sich dem Kläger bei einer Fahrt anvertrauen und sich einer etwaigen Gefährdung nicht ohne weiteres entziehen können. Ein gesteigertes Gefährdungspotential ergibt sich hier daraus, dass die vom Kläger begangenen Straftaten gegen Minderjährige gerichtet waren, die auch und gerade bei der Fahrgastbeförderung eines erhöhten Schutzes bedürfen. Unerheblich ist außerdem, dass die vom Kläger begangenen Straftaten – bislang – nicht in der Öffentlichkeit, sondern in seiner Wohnung begangen wurden.

Nach diesem Maßstab ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Klägers in Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht mehr erfüllt. Der Kläger ist zweimal – 1999 und 2006 – rechtskräftig wegen sexuellen bzw. schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bereits diese beiden Verurteilungen und die darauf beruhende Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers rechtfertigen die Prognose, dass er nicht mehr die Gewähr dafür bietet, der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht zu werden.

Die Gewähr für die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen fehlt im Hinblick auf die nach § 48 Abs. 2 Nr. 2a, § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV zu treffende Prognose bereits dann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung ihm anvertrauter Personen obliegen, künftig missachten werde. Nicht erforderlich ist, dass die Verfehlungen bei oder während der Personenbeförderung begangen worden sind (ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 15. April 2009 a.a.O.).“

Und: Ein SV-Gutachten braucht das VG für die Ablehnung nicht. Alleine die Verurteilungen reichten, so das OVG.

Strafabschlag für den „Kronzeugen“ bei BtM-Taten…

© Dan Race - Fotolia.com

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In der Praxis macht die Anwendung der §§ 31 BtMG, 46b StGB, also der sog. Kronzeugenregelung, immer wieder Schwierigkeiten, wie gerade auch der BGH, Beschl. v. 0.3.2014 – 3 StR 429/13 – zeigt. Da ging es sowohl um die Anwendung des § 31 BtMG als auch bei einem anderen Teil der Taten um die des § 46b StGB. Der BGH hat dazu Stellung genommen. Das Ergebnis lässz sich in etwa folgenden Leitsätzen zusammenfassen:

„1. Der Tatbegriff im Sinne von § 31 BtMG umfasst auch die Betäubungsmitteltaten anderer Personen, die als rechtlich selbständig zu werten und nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind, sofern ein innerer und verbindender Bezug zwischen der eigenen und der offenbarten Tat besteht.

2. Die Anwendung der allgemeinen Kronzeugenregelung nach § 46b StGB ist durch die bereichsspezifische Kronzeugenregelung in § 31 BtMG nicht ausgeschlossen. Unter der Geltung des alten Rechtszustands war es ausreichend, dass sich die Aufklärungshilfe nur auf eine von mehreren, dem „Kronzeugen“ zur Last liegenden Taten bezog.

3. Zur Aufklärung der Tat „über den eigenen Tatbeitrag hinaus“ ist ein umfassendes Geständnis nicht erforderlich; ein nur teilweises Einräumen des eigenen Tatbeitrags ist ausreichend; auch ein Leugnen des eigenen Tatbeitrags ist für die Annahme einer Aufklärungshilfe unschädlich.“

Ergebnis dieser Stellungnahme: Aufhebung des Strafausspruchs und Zurückverweisung.

BGH, Beschl. v. 2

Neues von der Postbeschlagnahme

© froxx - Fotolia.com

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Es gibt Vorschriften in der StPO, die führen quasi ein Schattendasein = man/die Rechtsprechung hat wenig mit ihnen zu tun. Dazu gehört m.E. § 99 StPO, in dem die sog. Postbeschlagnahme geregelt ist. Die Vorschrift taucht nur selten in der Rechtsprechung. Nun ist sie aber (mal wieder) aufgetaucht, allerdings in einem schon etwas älteren Beschluss der BGH, der aber erst jetzt – warum? – auf der Homepage des BGH eingestellt worden ist, nämlich der BGH, Beschl. v. 11.07.2012 – 3 BGs 211/12. Aber dennoch, eben wegen der Seltenheit, ein Hinweis auf diese Entscheidung-

Ergangen ist der Beschluss in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Mordes und anderer Straftaten gemäß §§ 129a, 211 StGB. In dem wird  u.a. von der für eine Wohnung, in der die/der Beschuldigte gelebt haben soll, zuständigen Postzustellerin Auskunft über die näheren Umstände des Postverkehrs des/der Beschuldigten verlangt. Die Postzustellerin will die Auskunft auch wohl geben, macht die jedoch von einer eine Aussagegenehmigung ihrer Arbeitgeberin abhängig. Die wiederum will diese nicht ohne eine richterliche Anordnung gemäß §§ 99, 100 StPO erteilen.Der BGH hat die richterliche Anordnung erlassen:

Die Voraussetzungen für die Anordnung der Postbeschlagnahme gemäß §§ 99, 100 StPO liegen vor.

2. Es ist anerkannt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Postbeschlagnahme gemäß § 99 StPO statt dieser die – mit einem geringeren Eingriff in das Brief- und Postgeheimnis verbundene – Auskunft über die Postsendungen verlangt werden kann, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von ihm herrühren oder bei denen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sie von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind (vgl. BGH [Ermittlungsrichter], Beschluss vom 31. August 2011 – 2 BGs 458/11, unter II B; LG Hamburg, StV 2009, 404; Nack in KK-StPO, 6. Aufl., § 99 Rn. 11; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 99 Rn. 14; Löwe-Rosenberg/Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 99 Rn. 29; ebenso Nr. 84 Satz 1 RiStBV).

Die Auskunft kann sich in entsprechender Anwendung des § 99 StPO auch auf solche Sendungen beziehen, die sich nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens befinden (BGH [Ermittlungsrichter], Beschluss vom 31. August 2011 – 2 BGs 458/11, aaO; Nack in KK-StPO, aaO; BeckOK-StPO/Graf, Stand 1. Juni 2012, § 99 Rn. 16; ebenso Nr. 84 Satz 2 RiStBV; a.A. LG Hamburg, aaO S. 404 f.; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 99 Rn. 14; Löwe-Rosenberg/Schäfer, aaO Rn. 30).

V. Angesichts der Schwere des Vorwurfs und des Verdachtsgrades ist die angeordnete Maßnahme auch verhältnismäßig, zumal nicht der konkrete Inhalt von Postsendungen, sondern lediglich ihre äußeren Umstände Gegenstand der Anordnung sind. Die Maßnahme ist zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Angesichts der besonders intensiven Abschottung d. B. und der weiteren Mitglieder gegenüber der Außenwelt sind Erkenntnisse über die Art und den Umfang der dennoch erfolgten Kommunikation von hoher Bedeutung, um näheren Aufschluss sowohl über das Verhalten d. B. und der übrigen Mitglieder als auch über das Verhalten und die Kommunikationswege der bereits bekannten und möglicher weiterer Unterstützer der Gruppe zu gewinnen.“

Offener Brief an den 4. Strafsenat des BGH, oder: Bitte spannt mich nicht vor „euren Karren“…

entnommen wikimedia.org Urheber Fotografie: Frank C. Müller, Baden-Baden

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Urheber Fotografie: Frank C. Müller, Baden-Baden

Wer dieses Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich mit den Pauschgebührenentscheidungen des BGH häufig Probleme habe (vgl. dazu zuletzt zum BGH, Beschl. v. 19.06.2012 –   5 StR 307/10 (alt: 5 StR 263/08)  unser Postiung “Nein, m.E. haben die Strafsenate des BGH an Gebührenfragen keine Lust…”). Nun bin ich auf der HP des BGH auf den BGH, Beschl. v. 11.02.2014 – 4 StR 73/10 – gestoßen, der auch/erneut zum Widerspruch herausfordert. Ich versuche es dieses Mal aber mal anders, nämlich mit einem offenen Brief an den BGH. :-), und zwar wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herrn des 4. Strafsenats,

zu Ihrem BGH, Beschl. v. 11.02.2014 – 4 StR 73/10 – erlaube ich mir folgende Anmerkungen:

1. Sie haben im Beschluss die beantragte Pauschgebühr abgelehnt. Dazu führen Sie aus, dass die Bewilligung einer Pauschgebühr die Ausnahme darstelle; die anwaltliche Mühewaltung müsse sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben. Dass das nicht zutrifft, habe ich bereits in RVGreport 2013, 472 = StRR 2014, 39 dargelegt, dort aber beanstandet, dass der BGH seine Auffassung nur mit dem Hinweis auf Beck-OK-RVG belegt. Jetzt haben Sie eine andere Fundstelle angeführt, nämlich Burhoff in. Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 51 Rn. 32. Nur: Das, was Sie meinen/ausführen, steht dort so nicht. Dort heißt es nämlich, ich zitiere:

Nach § 51 Abs. 1 S. 1 ist eine Pauschgebühr zu bewilligen, wenn die gesetzliche Gebühren des Pflichtverteidigers aus VV Teile 4 bis 6 wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit „nicht zumutbar sind“. Diese ausdrückliche Betonung des Zumutbarkeitsgesichtspunkts in § 51 Abs. 1 S. 1 ist gegenüber der früheren Regelung in § 99 BRAGO neu. Sie soll den Ausnahmecharakter der Pauschgebühr betonen, die diese wegen der neu geschaffenen Gebührentatbestände haben soll. Der Gesetzgeber hat mit dieser Formulierung die (ausnahmsweise) Gewährung von Pauschgebühren darüber hinaus aber nicht noch weiter einschränken wollen. Demgemäß wird in der Gesetzesbegründung daher auch ausdrücklich auf die frühere Rspr. des BVerfG zum Sonderopfer hingewiesen.“

Das ist – mit Verlaub –  etwas ganz Anderes: Ausnahme ist nicht „exorbitant“. Wie Sie zu Ihrer Auffassung „exorbitant“ kommen, erschließt sich mir nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass Sie offenbar davon ausgehen, dass für eine Pauschgebühr nach § 51 RVG „ein besonderer Umfang und eine besondere Schwierigkeit der Sache“ erforderlich sei, was man aus einer Formulierung im o.a. Beschluss entnehmen könnte. Das ist aber nach dem Wortlaut der Vorschrift gerade nicht der Fall (vgl. dazu auch Burhoff RVGreport 2013, 472 = StRR 2014, 399).

2. Ihre Ablehnungsentscheidung begründen Sie u.a. auch damit, dass die Dauer des Hauptverhandlungstermins ungeachtet der im Einzelnen streitigen Frage, ob und in welchem Umfang Unterbrechungen bei der Bestimmung der Länge der Hauptverhandlung zu berücksichtigen sind, wegen der Einführung des Längenzuschlags nach Nr. 4134 VV bei der Frage des Umfangs im Sinne von § 51 Abs. 1 RVG nicht mehr berücksichtigt werden könne. Dazu verweisen Sie auf „Burhoff a.a.O, § 51 Rn. 13; ders. a.a.O, VV 4108-4111, Rn. 22, VV 4134, 4135, Rn. 15“. Wenn ich dazu dann – leicht überrascht – an den entsprechenden Stellen nachschaue, finde ich bei den maßgeblichen Ausführungen zu der Frage bei Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 51 Rn. 13 Folgendes:

Darauf muss also die „ältere“ Rechtsprechung, die angewendet werden soll, sorgfältig untersucht werden. Das gilt vor allem, wenn besonderer Zeitaufwand des Pflichtverteidigers zur Gewährung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO geführt hat, wie z. B. bei langen Hauptverhandlungen und/oder der Teilnahme an Vernehmungen und Haftterminen. Für diese Tätigkeiten sind im RVG besondere Gebühren vorgesehen (vgl. die Längenzuschläge für den Pflichtverteidiger z. B. in VV 4116, 417 oder die Vernehmungsterminsgebühr in VV 4102). Diese Tätigkeiten werden daher nur noch eingeschränkt im Rahmen des § 51 RVG herangezogen werden können. Allerdings bleiben diese Tätigkeiten auch nicht völlig außer Betracht. Entscheidend ist ggf. (auch) das Gesamtgepräge des Verfahrens.

Also auch nicht generell keine Berücksichtigung der Länge des Hauptverhandlungstermins, sondern die Länger des Hauptverhandlungstermin beliebt nicht völlig außer Betracht. Das ist für mich etwas anderes, als der BGH in seiner Entscheidung annimmt. Ich fühle mich ein wenig vor einen Karren gespannt, den ich gar nicht ziehen will.

Abschließend: Nun soll man ja nicht nur meckern, sondern auch die positiven Dinge sehen. Daher: Im Ergebnis ist Ihnen hinsichtlich der Entscheidung, eine Pauschgebühr nicht zu gewähren, zuzustimmen. Das ist m.E. zutreffend. Denn die Hauptverhandlungsdauer hat hier gerade mal – wenn man die „Wartezeit“ berücksichtigt -, etwas mehr als 5 Stunden gedauert. Das ist auch m.E. nun wahrlich kein Fall, in dem man eine Pauschgebühr beantragen sollte. Ihre Antwort im Übrigen dann auch ein weiteres Mal Beweis dafür, dass der Satz „bad cases, makes bad law“ zutrifft.“

Ich weiß nicht, ob es hilft. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Zeugenbeistand – im Zweifel nie/eher nicht

© G.G. Lattek - Fotolia.com

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§ 68b Abs. 2 StPO sieht die Beiordnung eines Zeugen-/Vernehmungsbeistandes vor. Die Frage ist nur, wann gibt es einen Zeugenbeistand. Dazu verhält sich der KG, Beschl. v. 06.12.2013 –  (5) 3 StE 5/13-1 (2/13),  den man kurz dahin zusammenfassen kann: Im Zweifel nie/eher nicht.  Denn:

Die Voraussetzungen des § 68b Abs. 2 Satz 1 StPO sind nicht gegeben. Der begehrten Beiordnung steht schon entgegen, dass dem Zeugen in Gestalt von Rechtsanwältin B. bereits ein Zeugenbeistand zur Seite steht, eine Beiordnung indes nach der genannten Vorschrift nur dann in Betracht kommt, wenn der Zeuge „bei seiner Vernehmung keinen anwaltlichen Beistand hat“.

Vor allem aber liegen keine „besonderen Umstände“ im Sinne des § 68b Abs. 2 Satz 1 StPO vor. Hiervon ist nur auszugehen, wenn ersichtlich wäre, dass der Zeuge „seine Befugnisse bei seiner Vernehmung nicht selbst wahrzunehmen kann.“ Diese Voraussetzungen sind, wie sich schon aus dem Wortlaut der Norm ergibt („besondere Umstände“) nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben. Insbesondere durch die gesetzlich vorgeschriebenen Belehrungen (siehe etwa § 52 Abs. 3 Satz 1, § 55 Abs. 2, § 57 StPO) werden die Zeugen in aller Regel im ausreichenden Maße in die Lage versetzt, ihre Befugnisse bei ihrer Vernehmung selbst wahrzunehmen. Dass die Bestellung eines Zeugenbeistandes nach § 68b Abs. 2 StPO auf wenige Einzelfälle beschränkt ist, entspricht schließlich auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu (BT-Drucks. 16/12098, S. 17 f.):

 „§ 68b Absatz 2 StPO-E ist dabei – wie auch schon derzeit für § 68b StPO anerkannt ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Auflage, § 68b Rn. 1) – seinem Inhalt nach allerdings nur auf Ausnahmefälle anzuwenden. Um dies auch im Gesetzestext deutlich zu machen, wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass für die Anwendung des § 68b Absatz 2 StPO-E besondere Umstände vorliegen müssen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Zeuge bei sachgerechter Belehrung durch die vernehmende Person in der Lage ist, seine Befugnisse eigenverantwortlich wahrzunehmen, also z. B. darüber zu entscheiden, ob er von einem Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen möchte. In Betracht kommt die Anwendung des § 68b Absatz 2 StPO-E daher nur in außergewöhnlichen Situationen, z. B. der Vernehmung von besonders unreifen oder psychisch beeinträchtigten Personen. Aber auch in diesen Fällen ist zunächst zu prüfen, ob sich die vorliegenden Probleme auf die Wahrnehmung der Zeugenbefugnisse auswirken und ob ihnen – abgesehen von den Fällen, in denen sie aufgrund ihrer rechtlichen Natur eine anwaltliche Beratung erfordern – nicht auch durch andere Mittel, insbesondere intensive Erläuterungen oder die Einschaltung von Vertrauenspersonen, abgeholfen werden kann.“

Der – wegen der hier in Rede stehenden Tatvorwürfe bereits nach § 99 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilte – Zeuge B. ist, wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, intellektuell und sprachlich zweifelsfrei in der Lage, seine Rechte aus den §§ 52 ff. StPO vollumfänglich selbst wahrzunehmen. Ebenso wenig sind – entgegen der Antragsbegründung – nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Zeuge durch die Wiederholung früherer Aussagen (so etwa, dem syrischen Geheimdienst Informationen über in Berlin aufhältliche syrische Oppositionelle zukommen lassen) um sein Leben fürchten müsse und sich deshalb in einem Aussagenotstand befinde.