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Vatertag: „… der Konsum von Alkohol an Ausflügen am Vatertag … weitgehend gesellschaftlich gebilligt“

Vatertag! Ja, heute ist Feiertag/Christ Himmelfahrt und Vatertag. Zwar werden doch viele Leser den morgigen „Brückentag“ zu einem Kurzurlaub nutzen – ich auch, aber nicht kurz, sondern länger: Heute müsste ich in Tallinn sein 🙂 . Aber der ein oder andere Leser wird zu Hause geblieben sein und heute und/oder morgen arbeiten. Daher auch heute ein wenig Jura, und zwar themenbezogen.

Ich habe dazu mal mit dem „Keywort“ „Vatertag“ bei Juris geforscht und hatte immerhin 49 Treffer, die zurückgingen bis Anfang der 70-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Ausgesucht für dieses Posting habe ich mir den OVG Schleswig, Beschl. v. 16.05.2012 – 4 MB 39/12. Da war durch eine Allgemeinverfügung für den Vatertag 2012, den 17.05.2012 das Mitführen und Verzehren von alkoholischen Getränken auf den öffentlichen Flächen an mehreren Stellen in Schleswig-Holstein verboten worden. VG und auch OVG haben diese Allgemeinverfügung als weitgehend rechtswidrig angesehen:

„Die Antragsgegner haben in der streitgegenständlichen Verfügung das Mitführen und Verzehren von alkoholischen Getränken auf bestimmten öffentlichen Flächen untersagt. Das verbotene Tun (das Mitsichführen von Alkohol) ist per se nicht geeignet, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt von Verstößen gegen die öffentliche Sicherheit – gar in Form der Begehung von Straftaten – befürchten zu lassen. Es ist also gerade nicht der Alkoholkonsum an sich, der eine Gefährdung für polizeirechtlich geschützte Rechtsgüter nach sich zieht. Vielmehr müssen dann, wenn Alkohol konsumiert wird, weitere Handlungen des Konsumenten hinzutreten, um Gefahren oder Störungen der öffentlichen Sicherheit zu verursachen (vgl. Albrecht, Alkoholverbote in der kommunalen Praxis, Verwaltungsrundschau 2012, Seite 41 m.w.n.). Die Entstehung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfordert ein weiteres Zutun des Konsumenten. Zahlreiche Menschen trinken allein oder in Gruppen auch in der Öffentlichkeit Alkohol, ohne dass dies Rechtsverstöße nach sich zieht. Dementsprechend wird man den Konsum von Alkohol an Ausflügen am Vatertag auch als weitgehend gesellschaftlich gebilligt ansehen müssen (vgl. Hebeler/Schäfer, Die rechtliche Zulässigkeit von Alkoholverboten im öffentlichen Raum, DVBl. 2009, 1424, 1426 f.). Deshalb begründet die gesicherte Erkenntnis, dass am Vatertag – auch in größeren Mengen – Alkohol konsumiert wird, jedenfalls in der Regel lediglich einen Gefahrenverdacht, welcher für sich genommen den Erlass einer Allgemeinverfügung noch nicht rechtfertigt. In der Regel ist die Vorverlagerung der Gefahrenabwehr dergestalt, dass bereits ein nicht unmittelbar sicherheitsgefährdendes Verhalten generell untersagt wird, nicht zulässig (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 06.10.1998 – 1 S 2272/97NuR 1999, 221; diesem zustimmend Senat, Urt. v. 16.06.1999 – 4 L 2/99 -, NordÖR 1999, 381 Rdnr. 21; dort speziell zum Fall einer polizeirechtlich begründeten Satzungsregelung). „

Verurteilt wegen sexuellen Missbrauchs – dann gibt es keinen „Taxi-Führerschein“

entnommen: openclipart.org

entnommen: openclipart.org

Beim Schleswig-Holsteinischen VG hat ein zweimal wegen sexuellen Missbrauchs Verurteilter vor einiger Zeit PKH beantragt für eine Klage, mit der er sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Taxen und Mietwagen und für die Fahrerlaubnisklassen D1, D1E, D und DE wenden wollte. Das VG hat den PKH-Antrag abgelehnt, das OVG Schleswig-Holstein hat den Beschluss im OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 12.05.2014 – 2 O 9/14 – bestätigt. Grund:

„Die Gewähr für die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen fehlt im Hinblick auf die nach § 48 Abs. 2 Nr. 2a, § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV zu treffende Prognose bereits dann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung ihm anvertrauter Personen obliegen, künftig missachten werde. Nicht erforderlich ist, dass die Verfehlungen bei oder während der Personenbeförderung begangen worden sind (ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 15. April 2009 a.a.O.). Diese Gewähr kann auch dann fehlen, wenn die Verletzung von Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Raum steht. Die Gefahr der erneuten Begehung solcher Straftaten beeinträchtigt das Sicherheitsinteresse der Fahrgäste, die sich dem Kläger bei einer Fahrt anvertrauen und sich einer etwaigen Gefährdung nicht ohne weiteres entziehen können. Ein gesteigertes Gefährdungspotential ergibt sich hier daraus, dass die vom Kläger begangenen Straftaten gegen Minderjährige gerichtet waren, die auch und gerade bei der Fahrgastbeförderung eines erhöhten Schutzes bedürfen. Unerheblich ist außerdem, dass die vom Kläger begangenen Straftaten – bislang – nicht in der Öffentlichkeit, sondern in seiner Wohnung begangen wurden.

Nach diesem Maßstab ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Klägers in Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht mehr erfüllt. Der Kläger ist zweimal – 1999 und 2006 – rechtskräftig wegen sexuellen bzw. schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bereits diese beiden Verurteilungen und die darauf beruhende Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers rechtfertigen die Prognose, dass er nicht mehr die Gewähr dafür bietet, der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht zu werden.

Die Gewähr für die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen fehlt im Hinblick auf die nach § 48 Abs. 2 Nr. 2a, § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV zu treffende Prognose bereits dann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung ihm anvertrauter Personen obliegen, künftig missachten werde. Nicht erforderlich ist, dass die Verfehlungen bei oder während der Personenbeförderung begangen worden sind (ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 15. April 2009 a.a.O.).“

Und: Ein SV-Gutachten braucht das VG für die Ablehnung nicht. Alleine die Verurteilungen reichten, so das OVG.