Schlagwort-Archive: Verletzung

Darf man sagen: Sandy Meyer-Wölden ist eine „olle Crackbraut“?

Nein, darf man nicht. So das LG Köln, auf dessen PM und Pressemitteilung zum Urteil des LG v. 14.07.2010 – 28 O 857/09, wonach der Rapper Sido keinen Schadensersatz zahlen an die Moderatorin Sandy Meyer-Wölden zahlen muss, ist erst jetzt zufällig gestoßen bin. Das LG Köln hat danach die Klage der Lebensgefährtin von Oliver Pocher abgewiesen, die 25.000 € Entschädigung für eine Beleidigung von dem Rapper gefordert hatte. Im Mai 2009 hatte Sido sich mit Pocher im Rahmen einer Preisverleihung ein Wortgefecht geliefert und dabei die Freundin des Comedian als «olle Crackbraut» bezeichnet. Nach dem Urteil des LG muss Sido aber rund 1.200 € Kosten an den Anwalt zahlen, der den Rapper im Auftrag von Meyer-Wölden abgemahnt hatte. Das LG hat ausgeführt, dass Sido durch seine Beleidigung zwar die Persönlichkeitsrechte von Sandy Meyer-Wölden verletzt hat. Mit ihrer Forderung nach Schadenersatz hatte die Moderatorin aber dennoch keinen Erfolg. 

Das LG: Die im Rahmen einer satirisch-parodistischen Showeinlage bei einer Musikpreisverleihung getätigte Äußerung über die Lebensgefährtin des Moderators in dem Sinne, dass diese eine „olle Crackbraut“ sei, sei als Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu werten. Die Äußerung werde durch den Durchschnittsrezipienten jedoch nicht als Tatsachenbehauptung verstanden, sondern als Meinungsäußerung, da sie eine substanzarme „Blödelei“ sei. Die Empfänger der Mitteilung mögen die Behauptung zwar als beleidigend aufgefasst, auf den Vorwurf, die Moderatorin würde tatsächlich die Droge „Crack“ konsumieren, schlossen die Rezipienten jedoch ersichtlich nicht, wie sich aus dem lauten Gelächter unmittelbar nach der Situation ergab. Bei der Äußerung handele es sich um eine Schmähkritik, die nicht von der Meinungsfreiheit geschützt wird, da keine Meinungsäußerung im Sinne einer Bewertung eines die Öffentlichkeit betreffenden Themas vorliegt.

Also: Ruhe nach dem Sturm? Oder geht es weiter zum OLG?

Verdoppelung der Geldbuße: Rechtlicher Hinweis erforderlich, so OLG Hamm

Ganz interessant für die anwaltliche Praxis ist die Entscheidung des OLG Hamm vom 13. 11. 2009 – 3 Ss OWi 622/09. Dort hat das OLG eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) darin gesehen, dass dem Betroffenen vor der Verdoppelung des Regelsatz der Geldbuße, die im Bußgeldbescheid verhängt worden war, nicht Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist. Interessant deshalb, weil sich daraus dann wohl der Schluss ziehen lässt, dass in den Fällen also ein rechtlicher Hinweis (§ 265 StPO) als erforderlich angesehen wird. Und vor allem. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist oft der einzige Weg, die Zulassung der Rechtsbeschwerde bei den geringfügigen OWi zu erreichen (vgl. § 80 Abs. 2, 1 OWiG). Zudem: Man wird dann jetzt auch die Frage des rechtlichen Hinweises neu diskutieren müssen, wenn es um eine Erhöhung des Fahrverbotes geht.

Verletzung der Grundrechte bei Freispruch wegen Schuldunfähigkeit?

Eine mögliche Verletzung der Grundrechte mangels Widerspruchsmöglichkeit hatte Die Linke in einer Kleinen Anfrage (BT-Drs. 16/11011) thematisiert. Die Antwort der Bundesregierung liegt darauf nun vor. Ein rechtsstaatliches Defizit liegt nach Ansicht der Bundesregierung nicht vor, wenn der Angeklagte bei einem Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen wird und ihm danach keine Rechtsmittel zur Verfügung stehen. Das erklärt sie in ihrer Antwort (BT-Drs. 16/11316). Das freisprechende Urteil ergehe in einem rechtsstaatlichen Verfahren nach einem Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör durch ein unabhängiges Gericht. Verfassungsrechtlich sei es nicht erforderlich, dass gegen ein verfahrensfehlerfrei ergangenes Gerichtsurteil ein Rechtsbehelf gegeben ist. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensrechtes bestünden keine Defizite im Blick auf effektiven Rechtsschutz. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dem Angeklagten ein Rechtsmittel gegen ein freisprechendes Strafurteil nicht gegeben werde. Einen Anspruch darauf, aus einem gewünschten Grunde freigesprochen zu werden, gebe es nicht.

Strafgerichtliche Entscheidungen, durch die ein Strafverfahren wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit durch Freispruch abgeschlossen worden sei, würden in ein Führungszeugnis für private Zwecke nicht eingetragen. Eine unbeschränkte Auskunft erhielten nur Gerichte und eine gesetzlich bestimmte Auswahl von Behörden.

Die Antwort der Bundesregierung BT-Drs. 16/11316 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LNKE BT-Drs. 16/11011 finden Sie im Internetangebot der Deutschen Bundestages.