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Alleinunterhalter? Eröffnungsbeschluss bei der Strafkammer mit nur einer Unterschrift!

Ich frage mich immer, wie so etwas passieren kann. Ich hatte ja schon über den BGH, Beschl. v. 29.09.2011 – 3 StR 280/11 betreffend einen unwirksamen Eröffnungsbeschluss berichtet. Hier dann der nächste Beschluss, in dem wieder ein nur mit einer Unterschrift versehener Beschluss eine Rolle spielt. Dazu allerdings der 4. Strafsenat in BGH, Beschl. v. 21.12.2011 – 4 StR 553/11:

Die Revisionen der Angeklagten G. , T. und J. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere liegt das Verfahrenshindernis eines fehlenden bzw. unwirksamen Eröffnungsbeschlusses nicht vor.
Ein Eröffnungsbeschluss ist unwirksam, wenn er nicht von der im Gesetz vorgeschriebenen Anzahl an Richtern erlassen wurde, „wobei es nicht auf die Zahl der Unterschriften, sondern nur auf die Zahl der Richter ankommt, die bei der Beschlußfassung mitgewirkt haben“ (so bereits BGH, Urteil vom 14. Mai 1957 – 5 StR 145/57, BGHSt 10, 278, 279 mwN). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Er ist hieran auch nicht durch die im Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2011 (3 StR 280/11) als entgegenstehend zitierte Rechtsprechung gehindert. Denn der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in späteren Entscheidungen eine etwaige entgegenstehende frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 1977 aufgegeben (vgl. Ur-teil vom 8. Juni 1999 – 1 StR 87/99, NStZ-RR 2000, 34; Beschluss vom 6. April 2005 – 1 StR 60/05); der 4. Strafsenat hält an einer etwaigen entgegenstehen-den Rechtsprechung nicht fest.

Da durch die dienstliche Erklärung der drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. September 2011 bewiesen ist, dass die Eröffnung des Hauptverfahrens von diesen Richtern (mündlich) beschlossen und lediglich der schriftliche Beschluss versehentlich von zwei der Richter nicht unterschrieben wurde, liegt ein Verfahrenshindernis nicht vor.

Na ja. Sollte man merken.

Wirksamer Strafantrag? – auch darauf sollte man achten…

Bei den Strafantragsdelikten sollte man als Verteidiger auch mal einen Blick/Gedanken auf die Frage verwenden, ob eigentlich ein wirksamer Strafantrag vorliegt. Fehlt der nämlich, besteht ein an sich von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis. Auf diesen Hinweis hat mich der BGH, Beschl. v. 14.12.2011 -1 StR 532/11 gebracht. Da hat der 1. Strafsenat die Frage geprüft – im Freibeweisverfahren – und es hat gereicht:

„Ein Verfahrenshindernis besteht nicht; der hinsichtlich der Beleidigung nach § 194 StGB erforderliche Strafantrag wurde für die 17-jährige Geschädigte wirksam gestellt. In Fällen gemeinschaftlicher elterlicher Sorge genügt zur Stellung eines wirksamen Strafantrags, wenn ein Elternteil den Antrag in der Form des § 158 Abs. 2 StPO stellt und der andere mündlich zustimmt oder den Handelnden zur Stellung des Strafantrags ermächtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1993 – 1 StR 299/93; BGH, Urteil vom 21. Juli 1981 – 1 StR 219/81; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1956 – 4 StR 292/56, JZ 1957, 67). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann der Senat freibeweislich dem Akteninhalt ent-nehmen (EA S. 11: schriftlicher Strafantrag der Mutter; EA S. 20: polizeilicher Vermerk über ein mit dem Vater geführtes Gespräch betreffend die Strafverfolgung).“

Man versteht es nicht…

jedenfalls ich nicht – es wird sicherlich wieder den ein oder anderen Kommentator geben, der es versteht: Wie kann man als Gericht im Strafverfahren den Eröffnungsbeschluss vergessen oder übersehen, dass nicht eröffnet worden ist und das dann nicht noch in der Hauptverhandlung nachholen/reparieren?

Wird nicht eröffnet, besteht ein Verfahrenshindernis, das von Amts wegen zu beachten ist und auch beachtet wird. Zu meiner Checkliste beim OLG hat daher u.a. auch der Punkt „Eröffnungsbeschluss“ gehört. Man kann dazu übrigens im Moment trefflich nachlesen im Beschl. des BGH v. 11.01.2011 – 3 StR 484/10.

Trotz dauernder Verhandlungsunfähigkeit keine Kostenerstattung

Wenn man den Beschl. des OLG Köln v. 05.08.2010 – 2 Ws 471/10 liest, in dem dem Angeklagten bei Verfahrenseinstellung wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit seine notwendigen Auslagen auferlegt worden sind, fragt man sich: Geht das denn oder steht § 467 Abs. 1 StPO entgegen.

Antwort es geht, vgl. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, ist allerdings im Hinblick auf die Unschuldsvermutung nicht ganz ungefährlich. Ich erinnere mich noch gut daran, dass das BVerfG mal einen Beschluss „meines“ Senats beim OLG aufgehoben hat, weil wir die Unschuldsvermutung nicht genügend beachtet hatten. Das OLG Köln stellt mit der wohl überwiegenden Meinung darauf ab, dass die Erstattungspflicht aus der Staatskasse entfällt, wenn bei dem bei Feststellung des Verfahrenshindernisses gegebenen Verfahrensstand ein zumindest hinreichender Tatverdacht besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei Durchführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen. Auch die Unschuldsvermutung schließe es nicht aus, in einer das Strafverfahren ohne förmlichen Schuldspruch beendenden Entscheidung einen verbleibenden Tatverdacht festzustellen und zu bewerten und dies bei der Entscheidung über die kostenrechtlichen Folgen zu berücksichtigen, da diese Rechtsfolge keinen Strafcharakter hat. Dagegen kann man bei den mitgeteilten Verfahrensumständen nichts einwenden.

Aber wie gesagt: In anderen Fällen ggf. nicht ungefährlich.