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Betrunkene Autofahrerin stiehlt eigene Blutprobe, oder: Ganz schön dreist

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Der Tag geht dann weiter, nein, nicht mit R. Wendt bzw. nur mit einem kurzen Hinweis: Humor hat er ja der Mann (?) oder was sollte das sonst sein. Er, wenn er es denn war, hat mich auf Facebook, wohin ich den gestrigen Beitrag Der Vorsitzende der DPolG Rainer Wendt äußert sich zum “Fall Susanna”, oder: Unfassbar, auch geteilt habe – wie alle Beiträge dieses Blogs – aufgefordert/gebeten, seine Seite mit „Gefällt mir“ zu „liken“. Habe ich aber dann doch nicht getan. Ich kann auch so alles lesen, was er schreibt, und manches will ich gar nicht lesen.

Nein, heute eröffne ich mit dem Hinweis auf eine Meldung, die ich bei „ntv“, aber auch in der Tageszeitung gefunden habe:

„Gar nicht einverstanden mit einer angeordneten Blutprobe hat sich eine Autofahrerin im niedersächsischen Uelzen gezeigt. Die 49-Jährige wurde in Lüneburg in der Nacht zum Mittwoch angehalten und zur Bestimmung des Alkoholpegels ins Krankenhaus gebracht. Dort zapfte ihr eine Ärztin Blut ab. Als die Frau entlassen wurde, nutzte sie einen günstigen Moment und nahm die Probe mit. Die Polizei holte sie allerdings ein und nahm das Blut wieder an sich. Im Besitz eines Führerscheins war die Frau ohnehin nicht. „Ganz schön dreist“, finden die Polizisten.“

Auch eine Methode/versuch, ein Strafverfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt zu verhindern. 🙂

Trunkenheitsfahrt, oder: Waren die „Schlangenlinien“ alkoholbedingt?

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Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich um das AG Tiergarten, Urt. v. 30.04.2018 – 312 Cs 3014 Js 13969/17 (13/18). Angeklagt war der Angeklagte wegen einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB). Verurteilt worden ist er wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG. Das AG hat zwar eine BAK von 1,0 Promille zur Tatzeit festgestellt, das hat aber nicht gereicht. Denn: Das AG konnte keine alkoholbedingten Fahrfehler feststellen. Es hatte zwar Folgendes feststellen können:

„Der Angeklagte war während der Fahrt auf der mehrspurigen Straße Alt-Mahlsdorf mindestens zweimal um mindestens 1 m nach rechts in die rechts neben ihm befindliche, etwa 3,5 Meter breite Fahrspur gefahren und hatte sodann zügig, aber ohne Verreißen des Steuers, zurück in seine Spur gelenkt. Auch in dieser Spur bewegte er sich teilweise geringfügig nach rechts oder links, ohne jedoch die Spurbegrenzungslinien zu überfahren. Darüber hinaus bremste der Angeklagte sein Fahrzeug an der Kreuzung zur Hultschiner Straße bei eingetretenem Rotlicht der Lichtzeichenanlage relativ spät ab, ohne jedoch die Haltelinie zu überfahren. Nach Anhalten des Angeklagten durch die Zeugen M. und M. konnten diese lediglich aus dem Fahrzeug heraus Alkoholgeruch (ohne Zuordnung zu einer konkreten Person) und bei dem Angeklagten gerötete Bindehäute feststellen. Weitere alkoholtypische Ausfallerscheinungen zeigte der Angeklagte hingegen nicht.“

Das hat dem AG nach einer umfangreicheren Beweiswürdigung nicht gereicht:

„Insoweit hat die Zeugin M. zwar angegeben, von alkoholbedingten Fahrfehlern während der Nachfahrt ausgegangen zu sein und klassisches Schlangenlinienfahren wahrgenommen zu haben. Diese Einschätzung ist jedoch nach den berichteten Fahrfehlern nicht tragfähig. Ein zwei- bis dreimaliges Überfahren der Spurbegrenzungslinie auf einer Strecke von mehreren Kilometern sowie ein problemloses und zügiges Zurücklenken in die eigene Fahrspur stellen eben kein klassisches Schlangenlinienfahren dar. Dazu wäre ein deutlich häufigeres Überfahren der Spurbegrenzungslinien sowie ein entweder sehr langsames oder ein ruckartiges Zurücklenken zu erwarten gewesen. Auch das nach der subjektiven Einschätzung des Zeugen M. gegebene, einmalige späte Bremsen bzw. vermeintlich zügige anfahren des Angeklagten belegen keine alkoholbedingten Fahrfehler. Dabei ist schon zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Einordnungen eine Wertung darstellen und von dem Zeugen M. nicht konkretisiert werden konnten. Dabei hat er zu den Abständen zu Haltelinie bei Eintritt der Bremsung bzw. des Beschleunigungszeitraums bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h nichts ausführen können.

Darüber hinaus wäre auch ein spätes Bremsen durch die Müdigkeit des Angeklagten bzw. dessen Abgelenktheit erklärbar. Ob ein (vermeintlich) zügiges Anfahren der allgemeinen Fahrgewohnheit des Angeklagten entspricht, ist ebenso unbekannt.“

Schöner Erfolg für den Kollegen Kroll aus Berlin, der das Urteil erstritten hat. Und für seinen Mandanten sicherlich/hoffentlich ein Warnschuß.

Pflichti I: Der betrunkene Ausländer, oder: Aufklärung der polizeilichen Maßnahmen

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Heute dann mal wieder ein (Teil)Thementag. Thema: Pflichtverteidigung, und dazu vorab noch einmal. Ich danke herzlich für alle Entscheidungen, die mir zugesandt werden, nur: Ich kann sie nicht immer alle sofort hier bringen. Daher kann es manchmal etwas dauern, bis sie einem größeren Publikum vorgestellt werden.

Ich eröffne dann mit dem AG Montabaur, Beschl. v. 12.03.2018 – 12 Ds 2020 Js 51899/17, den mir der Kollege T. Scheffler, Bad Kreuznach, zugesandt hat. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt. Der Mandant ist Ausländer und der deutschen Sprache nicht mächtig. Das AG ordnet den Kollegen bei:

Einer Pflichtverteidigung im Sinne des S 140 Abs. 2 StPO bedarf es zwar nicht, wenn die Behinderung in der Verteidigung des Angeklagten allein auf sprachlichen Defiziten beruht und diese bei in tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen durch die Beiordnung eines -für den Angeklagten unentgeltlichen ( § 187 GVG) – Dolmetschers vollständig ausgeglichen werden kann.

Die Verteidigung hat allerdings nachvollziehbar weitergehende Umstände angeführt, die den Angeklagten bei unzureichenden Sprachkenntnissen in seiner Verteidigungsfähigkeit behindern und durch einen Dolmetscher nicht völlig ausgeglichen werden können (Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Auflage, § 140 Rn. 30a m. w. N.). So sind die anfänglichen polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen auch unter Würdigung der Sprachdefizite des Angeklagten schon dort ggf. wegen Alkoholeinfluss des Angeklagten mit weiteren zu berücksichtigenden Erwägungen – in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu hinterfragen. Eine sachgerechte Verteidigung des Angeklagten allein durch die gerichtliche Hinzuziehung eines Dolmetschers ist dabei nicht sicher gewährleistet. Dem Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger war stattzugeben.“

Trunkenheitsfahrt, oder: 0,64 BAK und Unfall beim Ausparken reichen nicht….

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Ich hatte neulich über den LG Darmstadt, Beschl. v. 12.03.2018 – 3 Qs 112/18 berichtet (vgl. dazu: Trunkenheitsfahrt, oder: 0,54 BAK, Vorfahrtsverstoß und Nervosität reichen nicht….). Dazu passt ganz gut der AG Mönchengladbach, Beschluss vom 19.02.2018 – 59 Gs 151/18

„Die für die beantragte Entscheidung erforderliche Voraussetzung der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit ist nicht ausreichend dargelegt oder aus dem Sachverhalt ersichtlich:

Die Höhe der BAK lag wurde mit 0,60 o/oo ermittelt. Der Beschuldigte hat allerdings bereits bei seiner ersten Befragung angegeben, ein Bier gegen Mittag und ein Bier nach der Rückkehr vom Bäcker gegen 16.00 Uhr getrunken zu haben; Nachtrunk kann insoweit nicht ausgeschlossen werden.

Die ärztlichen Feststellungen ergaben keine Auffälligkeiten. Allein der Hinweis darauf, dass der Beschuldigte einen Unfall verursacht hat, reicht zur Begründung seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht aus. Der Unfall ereignete sich beim rückwärtigen Ausparken. Dass eine dabei erfolgte Kollision auf die – eher geringgradige – Alkoholisierung zurückzuführen ist, kann nicht festgestellt werden.“

Trunkenheitsfahrt, oder: 0,54 BAK, Vorfahrtsverstoß und Nervosität reichen nicht….

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Und die letzte Entscheidung am heutgen Tag stammt vom Kollegen Sokolowski. Der hat darüber ja in seinem Blog auch schon berichtet. Ich habe mir die Entscheidung dann erbeten und erhalten. Besten Dank.

Es geht in dem LG Darmstadt, Beschl. v. 12.03.2018 – 3 Qs 112/18 – um eine für den Verteidiger im Verkehrsrecht alltägliche/häufige Problematik, nämlich die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt bei relativer Fahruntüchtigkeit. Da spielt dann die Frage eine Rolle, welche Indizien/Tatsachen angeführt werden können, um relative Fahruntüchtigkeit annehmen zu können. Und das müssen, wenn wir nur eine geringe BAK haben – hier waren es nur 0,54 Promille – eine Menge Tatsachen sein. Und die hatte das LG Darmstadt. Ergebnis: Aufhebung des amtsgerichtlichen Entziehungsentscheidung und Freigabe der Fahrerlaubnis:

„Die Kammer sieht derzeit keinen dringenden Tatverdacht, der eine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen würde. So liegen nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt fahruntüchtig gewesen ist.

Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ergab die Untersuchung der um 00:32 Uhr beim Beschuldigten entnommenen Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,54 Promille. Die festgestellte Blutalkoholkonzentration lag damit unterhalb der Schwelle zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Je weiter die festgestellte
Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist, desto höher sind die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen.

Ausweislich des ärztlichen Untersuchungsberichts konnten während der medizinischen Untersuchung in der Tatnacht keine Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Auch der Bericht des Zeuge PKA M vom 24.11.2017 zu auffälligen Merkmalen insbesondere auf Alkohol und Drogen lässt keine Schlüsse auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu.

Soweit der Zeuge PKA M angab, dass der Beschuldigte dem Polizeifahrzeug die Vorfahrt genommen habe, kann der Vorfahrtsverstoß auch als üblicher Verkehrsverstoß gewertet werden und muss keine alkoholbedingte Ausfallerscheinung sein. Auch der Umstand, dass es etwa knapp 5 Sekunden dauerte, bis der Beschuldigte nach dem Aufleuchten des Anhaltesignals „Stop Polizei“ am Fahrbahnrand anhielt, deutet nicht zwingend auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung hin, denn dem Beschuldigten muss eine gewisse Zeit zum Realisieren und Verarbeiten des Anhaltesignals zugestanden werden. Auch die vom Zeugen PKA Müller geschilderte Nervosität des Beschuldigten begründet nicht zwingend eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung, denn eine gewisse Nervosität des Beschuldigten ist vor dem Hintergrund seines Alkoholkonsums nachvollziehbar unabhängig von etwaigen Ausfallerscheinungen, Soweit der Beschuldigte seinen Schlüssel im Auto suchte, obwohl er ihn in der Hand hielt, kann dies auch auf seine Nervosität zurückzuführen sein und lässt nicht zwingend den Schluss auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung zu. Der Hinweis des Beschuldigten, er habe keine Waffen dabei, kann durch die übliche Eigensicherung von Polizeibeamten veranlasst sein.“