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Trunkenheitsfahrt, oder: Waren die „Schlangenlinien“ alkoholbedingt?

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Bei der zweiten Entscheidung handelt es sich um das AG Tiergarten, Urt. v. 30.04.2018 – 312 Cs 3014 Js 13969/17 (13/18). Angeklagt war der Angeklagte wegen einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB). Verurteilt worden ist er wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG. Das AG hat zwar eine BAK von 1,0 Promille zur Tatzeit festgestellt, das hat aber nicht gereicht. Denn: Das AG konnte keine alkoholbedingten Fahrfehler feststellen. Es hatte zwar Folgendes feststellen können:

„Der Angeklagte war während der Fahrt auf der mehrspurigen Straße Alt-Mahlsdorf mindestens zweimal um mindestens 1 m nach rechts in die rechts neben ihm befindliche, etwa 3,5 Meter breite Fahrspur gefahren und hatte sodann zügig, aber ohne Verreißen des Steuers, zurück in seine Spur gelenkt. Auch in dieser Spur bewegte er sich teilweise geringfügig nach rechts oder links, ohne jedoch die Spurbegrenzungslinien zu überfahren. Darüber hinaus bremste der Angeklagte sein Fahrzeug an der Kreuzung zur Hultschiner Straße bei eingetretenem Rotlicht der Lichtzeichenanlage relativ spät ab, ohne jedoch die Haltelinie zu überfahren. Nach Anhalten des Angeklagten durch die Zeugen M. und M. konnten diese lediglich aus dem Fahrzeug heraus Alkoholgeruch (ohne Zuordnung zu einer konkreten Person) und bei dem Angeklagten gerötete Bindehäute feststellen. Weitere alkoholtypische Ausfallerscheinungen zeigte der Angeklagte hingegen nicht.“

Das hat dem AG nach einer umfangreicheren Beweiswürdigung nicht gereicht:

„Insoweit hat die Zeugin M. zwar angegeben, von alkoholbedingten Fahrfehlern während der Nachfahrt ausgegangen zu sein und klassisches Schlangenlinienfahren wahrgenommen zu haben. Diese Einschätzung ist jedoch nach den berichteten Fahrfehlern nicht tragfähig. Ein zwei- bis dreimaliges Überfahren der Spurbegrenzungslinie auf einer Strecke von mehreren Kilometern sowie ein problemloses und zügiges Zurücklenken in die eigene Fahrspur stellen eben kein klassisches Schlangenlinienfahren dar. Dazu wäre ein deutlich häufigeres Überfahren der Spurbegrenzungslinien sowie ein entweder sehr langsames oder ein ruckartiges Zurücklenken zu erwarten gewesen. Auch das nach der subjektiven Einschätzung des Zeugen M. gegebene, einmalige späte Bremsen bzw. vermeintlich zügige anfahren des Angeklagten belegen keine alkoholbedingten Fahrfehler. Dabei ist schon zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Einordnungen eine Wertung darstellen und von dem Zeugen M. nicht konkretisiert werden konnten. Dabei hat er zu den Abständen zu Haltelinie bei Eintritt der Bremsung bzw. des Beschleunigungszeitraums bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h nichts ausführen können.

Darüber hinaus wäre auch ein spätes Bremsen durch die Müdigkeit des Angeklagten bzw. dessen Abgelenktheit erklärbar. Ob ein (vermeintlich) zügiges Anfahren der allgemeinen Fahrgewohnheit des Angeklagten entspricht, ist ebenso unbekannt.“

Schöner Erfolg für den Kollegen Kroll aus Berlin, der das Urteil erstritten hat. Und für seinen Mandanten sicherlich/hoffentlich ein Warnschuß.