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StPO III: Abgelehnte Terminverlegung ==> Befangen?, oder: Ja, wenn die Richterin unverständlich stur ist

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Und als drittes dann der – wenigstens für mich – Aufreger des Tages. Es handelt sich um den AG Wuppertal, Beschl. v. 21.11.2024 – 24 Cs 224/24. Allerdings ist nicht der Beschluss, durch den einem Befangenheitsantrag eines Verteidiger statt gegeben worden ist, der Aufreger, sondern das Verhalten der im Verfahren agierenden Amtsrichterin.

Es geht um die Frage der Besorgnis der Befangenheit wegen Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags. In dem Verfahren, in dem dem Angeklagten unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) zur Last gelegt wird, hat der Verteidiger im Namen des Angeklagten die zuständige Amtsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dies hat er u.a. damit begründet, dass eine abgelehnte Terminverlegung gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoße, die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus der Beschlussbegründung.

Das Ablehnungsgesuch hatte Erfolg:

„Allgemein sind Gründe für ein solches Misstrauen gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter oder die Richterin nicht unvoreingenommen entscheiden werde, mithin eine innere Haltung eingenommen hat, die ihre Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könnte. Dabei kommt es darauf an, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung dieses objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten. Dementsprechend dient das Verfahren allein dazu, die Beteiligten vor der Unsachlichkeit der Richterin oder des Richters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren.

Die Ablehnung einer beantragten Terminverlegung, um die es hier geht, begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (OLG Brandenburg, 07. Juli 2017, 10 WF 34/14 in Juris m.w.N., OLG Rostock, Beschluss vom 20.05.2022, NJOZ 2022, 978)

So liegt der Fall hier.

Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 23.10.2024 ist Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung auf Dienstag, den 12.11.2024 bestimmt worden. Hierbei hat die Abteilungsrichterin das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet. Erst am 04.11.2024 ist ihm auf seinem Antrag vom 23.09.2024 Akteneinsicht in die seinerzeit über 250-seitige Akte gewährt worden. Mit Schriftsatz vom 04. November hat der Verteidiger sodann beantragt, den Termin zu verlegen. Zur Begründung hat er vorgetragen und anwaltlich versichert, die Ehefrau des Angeklagten habe ihm mitgeteilt, Ihr Mann befinde sich seit dem 03.11.2024 im Klinikum in stationärer Behandlung. Wann er entlassen werde, sei unklar. Zugleich wies der Verteidiger darauf hin, dass eine angemessene Vorbereitung der Akte und eine Besprechung mit dem Mandanten vor dem Termin nicht möglich sei. Dem Schriftsatz war eine Bescheinigung des Krankenhauses über die stationäre Aufnahme des Angeklagten zum 03.11.2024 beigefügt.

Mit Verfügung der Abteilungsrichterin vom 05.11.2024 wurde dem Verteidiger mitgeteilt, dass der Termin bestehen bleibe. Eine Verlegung könne nur erfolgen bei Vorlage eines Attestes über die Verhandlungsfähigkeit am Terminstage.

Ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle vom 06.11.2024 hat der Verteidiger mitgeteilt, dass die Klinik auf seine Anfrage mitgeteilt habe, dass diese keine Bescheinigung über die Verhandlungsunfähigkeit ausstellen würde. Eine vom Verteidiger angekündigte Rücksprache kam in der Folge nicht zustande, da die Abteilungsrichterin nicht erreichbar war.

Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 08.11.2024 bat er um Aufhebung des Termins mit dem Hinweis, dass eine Entlassung des Angeklagten bis zum Terminstage nicht erfolgen könne. Hierzu reichte er eine weitere Bescheinigung des Heliosklinikums ein, aus der sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass eine rechtzeitige Entlassung vor dem Termin nicht erfolge. Auch wies er in diesem Schriftsatz auf den Grundsatz des fairen Verfahrens hin, da er den Sachverhalt mit dem Mandanten vor dem Termin nicht besprechen könne. Mit Beschluss der Abteilungsrichterin vom 08.11.2024 wies die Abteilungsrichterin den Verlegungsantrag zurück. Im Wesentlichen erfolgte die Begründung dahingehend, es liege immer noch kein Attest für den Terminstag vor.

Mit weiterem Schriftsatz des Verteidigers vom 11.11.2024 lehnte dieser sodann im Namen des Angeklagten die zuständige Abteilungsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Nachdem er den bereits skizzierten Sachverhalt erneut zusammenfassend vorträgt, führt er umfangreich und sachlich aus, dass die abgelehnte Terminverlegung gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstoße. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Schriftsatz sowie die weitere Verteidigerschrift vom 13.11.2024 Bezug genommen. Die dienstliche Äußerung der Abteilungsrichterin vom 12.11.2024, in der keine Stellungnahme zur Frage der Besorgnis der Befangenheit formuliert worden ist, ist dem Angeklagten übermittelt worden.

Bei einer Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung dieses Sachverhaltes liegt ein oben beschriebener Ausnahmefall vor, bei dem wegen verweigerter Terminverlegung die Besorgnis der Befangenheit der Abteilungsrichterin zu bejahen ist.

Der Verteidiger hat erhebliche und nachvollziehbare Gründe für seinen Terminverlegungsantrag vorgetragen und die Tatsachen anwaltlich versichert. Es ist nach Akteninhalt zweifelsfrei, dass der Angeklagte ab dem 03.11.2024 in stationärer Behandlung im Krankenhaus lag. Auch hat die Klinik mitgeteilt, dass eine rechtzeitige Entlassung nicht erfolgen könne. Hinzukommt, dass der Verteidiger erst nach über 6 Wochen am 04.11.2024 Akteneinsicht bekommen hat. Eine Besprechung mit dem Mandanten, dessen persönliches Erscheinen durch die Abteilungsrichterin angeordnet war, war vor dem Termin daher nicht möglich. Unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens und des Rechts des Betroffenen, sich von einem Verteidiger sachgemäß vertreten zu lassen, war die Zurückweisung des – erstmaligen – Antrags auf Terminverlegung für den Angeklagten schlechthin unzumutbar, wodurch sein Grundrecht auf rechtliches Gehör und das auf ein faires Verfahren verletzt worden ist.

Dies begründet die Besorgnis der Befangenheit der zuständigen Abteilungsrichterin.“

Was soll man dazu sagen? Besser schweigt man zu einem so unverständlichen Richterverhalten und schüttelt nur den Kopf über so viel Unverständnis und Gezerre um das Attest, und zwar auch noch, nachdem die Klinik erklärt hatte, dass sie ein Attest über die Verhandlungsfähigkeit nicht ausstellen werde. Und das alles, nachdem der Verteidiger auf eine 250 Blatt starke Akte sechs Wochen hat warten müssen bei einem erstmaligen Terminsverlegungsantrag. Gründe, die die Amtsrichterin zu diesem sturen Verhalten nachvollziehbar veranlasst haben könnten, sind nicht erkennbar und sind von ihr offenbar auch nicht geltend gemacht worden.

Es wäre sicherlich zu begrüßen gewesen, wenn die Amtsrichterin mal in einen gängigen Kommentar geschaut und sich über die Rechtsprechung zu den Terminsverlegungsfragen informiert hätte (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl., 2025, Rn 43 u. 4597 ff. und Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 11. Aufl., 2025, Rn 107 u. 3159 ff.). Dann hätte sie unschwer festgestellt, dass die Rechtsprechung gerade bei erstmaligen Terminsverlegungsanträgen „großzügig“ ist, vor allem, wenn eine Terminsabsprache nicht erfolgt ist (s. LG Wuppertal, Beschl.- v. 24.11.2023 – 23 Qs 130/23). Das gepaart mit der hier viel zu späten Übersendung der 250 Blatt starken Akte hätte dann dazu führen müssen, dem Antrag aus Fairnessgründen statt zu geben. Von daher ist zu Recht Besorgnis der Befangenheit angenommen worden.

Anwalt III: Terminverlegung wegen Anwaltsurlaub?, oder: Nicht beim Kurzurlaub „ins Blaue“

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Und dann als drittes Posting heute etwas aus einem finanzgerichtlichen Verfahren. Ok, ok, aber das, was der BFH im BFH, Beschl. v. 22.04.2024 – III B 82/23 – ausführt, kann auch in anderen Verfahren von Bedeutung sein/werden. Es geht nämlich um eine Terminverlegung wegen eines (Kurz)Urlaubs des Rechtsanwalt „ins Blaue“

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Im ersten Rechtsgang hatte der Bundesfinanzhof (BFH)  die Vorentscheidung aufgehoben und das Verfahren gemäß § 116 Abs. 6 FGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da das FG trotz eines dargelegten und glaubhaft gemachten wichtigen Grundes für eine Terminsverlegung in der Sache verhandelt und entschieden hatte.

Im zweiten Rechtsgang stellte der Kläger/Beschwerdeführer zunächst erfolgreich zwei weitere Anträge auf Terminsverlegung. Bei der streitgegenständlichen dritten Ladung im zweiten Rechtsgang (der vierten Ladung unter Berücksichtigung des ersten Rechtsgangs) wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 22.02.2023 – Aschermittwoch – bestimmt. Der ordnungsgemäß geladene Prozessbevollmächtigte, ein selbständiger Einzelanwalt mit Kanzleisitz in Sachsen, nicht in Köln 🙂 , beantragte mit Schreiben vom 31.01.2023 Terminsverlegung mit der Begründung, dass er sich vom 16.02.2023 bis zum 22.02.2023 im Urlaub befinde.

Das FG lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 03.02.2023 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 16.10.2020 – VI B 13/20 (BFH/NV 2021, 434) ab, da der Prozessbevollmächtigte nicht dargetan ? ?und erst recht nicht glaubhaft gemacht ?? habe, dass der Klägervertreter infolge eines bereits vor Anberaumung des Termins geplanten Urlaubs ortsabwesend sei.

Weder der Kläger noch der Prozessbevollmächtigte erschienen zur mündlichen Verhandlung. Das FG verhandelte in Abwesenheit der Klägerseite und wies die Klage ab. In den Urteilsgründen legte es die hierfür maßgeblichen Gründe dar. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (§ 116 Abs. 1 FGO), die er mit einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) und damit mit einem Verfahrensfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begründet. Die Beschwerde Antrag hatte keinen Erfolg:

„Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann das Vorgehen des FG, die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Klägerseite durchzuführen und eine verfahrensabschließende Entscheidung zu treffen, nicht beanstandet werden. Der rechtskundig vertretene Kläger hat gegenüber dem FG schon keinen erheblichen Grund im Sinne des § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO dargelegt, der eine Terminsverlegung gerechtfertigt hätte, obwohl er hierzu Anlass hatte.

a) Der Kläger hat vor der mündlichen Verhandlung weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass die Urlaubsplanung des Prozessbevollmächtigten bereits vor Zugang der Ladung so ausgestaltet war, dass diesem unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser Zeit nicht zumutbar ist.

Der Vortrag im Schreiben vom 08.02.2023, der Prozessbevollmächtigte habe sich vor Zugang der Ladung mit seiner Frau darauf verständigt, am Sitzungstag Urlaub zu machen, sie wüssten aber nicht, wohin die Reise gehen solle, genügt nicht, um eine Terminsverlegung zu erreichen. Bei einem derartigen Urlaub „ins Blaue“ liegt die Erheblichkeit des Grundes im Sinne des § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht auf der Hand, sondern kann sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ergeben.

b) Weitere zu seinen Gunsten zu berücksichtigende Umstände hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen und erst recht nicht glaubhaft gemacht, obwohl das FG mit Schreiben vom 03.02.2023 deutlich gemacht hatte, dass es den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht (ein weiteres Mal) wegen eines nicht näher präzisierten Urlaubs verlegen werde und obwohl sich aus diesem Schreiben in Zusammenschau mit dem vorangegangenen Schriftwechsel ergab, dass das FG auch eine Glaubhaftmachung der erheblichen Gründe verlangt. Dies war dem Prozessbevollmächtigten auch klar, denn er kritisiert, dass der Richter durchwegs Nachweise haben wollte, ob seine (des Prozessbevollmächtigten) Aussagen wahr seien.

Als Rechtsanwalt musste dem Prozessbevollmächtigten bekannt sein, dass er in einem derartigen Fall zusätzlich zu dem angegebenen Verlegungsgrund –dem beabsichtigten Urlaub– Umstände vortragen und glaubhaft machen muss, wonach die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins nach den Gesamtumständen des Einzelfalls als nicht zumutbar erscheint. Auch dem BFH-Beschluss vom 16.10.2020 – VI B 13/20 (BFH/NV 2021, 434, dort insbesondere Rz 28), auf den sich das FG bezogen hatte, ließ sich dies entnehmen.

c) Auch aus den Akten ergeben sich keine Umstände, wonach sich dem FG die Unzumutbarkeit der Terminswahrnehmung geradezu aufdrängen musste.“

StPO II: Sachverständige verhindert – Kammer verlegt, oder: Verteidiger hat Urlaub – Kammer verlegt nicht

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Und als zweite Entscheidung dann der OLG Nürnberg Beschl. v. 26.09.2023 – Ws 846/23. Der Beschluss ist schon etwas älter, was daran liegt, dass das OLG ihn jetzt erst veröffentlicht/versandt hat. Der Beschluss ist aber auf jeden Fall berichtenswert und ein schönes Osterei 🙂 . Denn es ght um eine Problematik, bei der es in der Praxis immer wieder Streit gibt. Nämlich: Terminsverlegung wegen Urlaubs des Verteidigers. So auch hier:

Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger. Der Angeklagte ist vom AG u.a. wegen Beleidigung  zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Dagegen die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft .

Die Vorsitzende der Berufungskammer bestimmt dann am 22.06.2023 Termin zur Hauptverhandlung auf den 26.09.2023. Der Gerichtsärztliche Dienst beim OLG Nürnberg teilt daraufhin mit Schreiben vom 06.07.2023 mit, dass der Sachverständige Dr. S. am 26.09.2023 im Urlaub sei und bat um vorherige Terminabsprache. Nach Absprache mit dem Sachverständigen Dr. S. verlegte die Vorsitzende der Berufungskammer mit Verfügung vom 06.07.2023 den Termin auf den 24.10.2023.

Daraufhin bittet der Verteidiger mit Schreiben vom 17.07.2023  um Terminsverlegung. Begründung: Er habe an diesem Tag bereits Urlaub eingetragen, da er gerne seinen Geburtstag feiern möchte. Er bestätigte auf telefonische Rückfrage der Geschäftsstelle vom 18.07.2023, dass er am 24.10. unter keinen Umständen zum Termin kommen könne.

Die Staatsanwaltschaft A. verweist zum Terminsverlegungsantrag offenabr nur auf die Kommentierung zu § 213 StPO in Meyer-Goßner/Schmitt unter Randnummer 7. Der Vorsitzende lehnt die beantragte Terminsverlegung ab. Dagegen wendete sich der Verteidiger nun mit Beschwerde. Und die hat beim OLG Erfolg

Das OLG sieht die Beschwerde als zulässig an, und zwar weil einer der Ausnahmefälle vorliege, da die Ermessenausübung des LG betreffend die Ablehnung der Terminsverlegung rechtsfehlerhaft sei und eine besondere selbständige Beschwer bewirke.

Zur Begründetheit führt das OLG dann u.a. aus:

„b) Die Ablehnung der begehrten Terminsverlegung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerhaft.

Zutreffend hat der Verteidiger bereits selbst darauf hingewiesen, dass er zwar als Verteidiger kein Recht auf vorherige Terminsabsprache hat, dass aber eine Terminsverfügung dann prozessordnungswidrig sein kann, wenn das Recht des Angeklagten auf freie Wahl des Verteidigers dadurch eingeschränkt wird, dass dieser die Termine wegen anderer Verteidigungen oder Verhinderung durch Urlaub nicht wahrnehmen kann, ohne dass er Einfluss auf die Terminsanberaumung hätte nehmen können (s.a. OLG Dresden a.a.O., Rn. 10). Dies ist vorliegend der Fall. Während die Verlegung des ursprünglich anberaumten, mit den Verfahrensbeteiligten zuvor nicht abgestimmten Termins vom 26.09.2023 wegen vorgetragenen Urlaubs des Sachverständigen ohne Weiteres vorgenommen wurde, lehnte die Vorsitzende den bereits frühzeitig vom Verteidiger gestellten und mit seinem Urlaub begründeten Antrag vom 17.07.2023 auf Verlegung des (nicht mit ihm abgestimmten) Termins vom 24.10.2023 mit Verfügung vom 27.07.2023 ohne weitere Begründung ab. Auch die Begründung in der Nichtabhilfeentscheidung trägt dem Recht der Angeklagten, durch den Verteidiger ihres Vertrauens, der sie schon seit mehreren Jahren vertritt, in der Hauptverhandlung vertreten zu werden, nicht genügend Rechnung. Das Verfahren unterliegt nicht dem besonderen Beschleunigungsgebot. Es ist nicht erkennbar und auch nicht in der Nichtabhilfeentscheidung dargetan, dass einer erneuten Terminsfindung nach dem 24.10.2023 außergewöhnliche Schwierigkeiten entgegenstehen würden. Der Verteidiger hatte bereits zum Zeitpunkt seines Terminsverlegungsantrags für den 24.10.2023 einen vollständigen Tag Urlaub geplant und in der Kanzlei eingetragen. Die Nichtabhilfeentscheidung lässt keinen nachvollziehbaren Grund erkennen, der einen Verzicht des Verteidigers auf zumindest einen halben Urlaubstag gebietet. Dabei muss es grundsätzlich zunächst dem Verteidiger überlassen bleiben, wie er seinen lange geplanten Urlaubstag verbringt und wann er mit der Feier seines Geburtstags und dem Empfang von Gratulanten beginnt.

c) Die angefochtene Verfügung ist nach alledem aufzuheben. Weil nach dem Vorstehenden nur eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, nämlich die Aufhebung des für den 24.10.2023 anberaumten Termins in Betracht kommt, kann der Senat als Beschwerdegericht diese Entscheidung auch selbst treffen (OLG Dresden a.a.O. Rn. 13)….“

Man fragt sich wirklich, was eine solche Vorgehensweise soll – und das OLG legt ja auch den Finger in die (große) Wunde: Der Terminsverlegungsantrag des Sachverständigen geht ohne Probleme durch und der Verteidigers wird ohne Begründung abgeschmettert. Das ist nicht nachvollziebar. Und die Staatsanwaltschaft als „objektivste Behörde der Welt“ (?). Die sagt dazu offebar nichts, sonder verweist nur auf eine Kommentierung, die die Entscheidung des Vorsitzenden nun wahrlich nicht trägt. Schon schlimm. Beides.

OWi III: Terminsverlegung nach Glatteiswarnung?, oder: Nicht bei mir, sagt das AG Germersheim

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Und dan als dritte Entscheidung des Tages ein AG-Beschluss, den mir der Kollege Gratz aus Bous geschickt hat.

Die Entscheidung hat ihren Ausgang in den Schlechtwetterwarnungen für das Saarland und Rheinland-Pfalz wegen starker Glätte, und zwar Mitte Januar u.a. auf allen Smartphones in der Region durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wegen „extremem Glatteis“. Das nimmt der Kollege zum Anlass die Verlegung einer Hauptverhandlung in einem Bußgeldverfahren zu beantragen, in dem, wie der Kollege mitteilt, dem Betroffenen, der mehr als 100 km vom AG entfernt wohnt, ein Bußgeldvon 160 EUR droht.

Das AG entscheidet dann mit dem AG Germersheim, Beschl. v. 17.01.2024 – 1 OWi 7282 Js 8075/23. Es lehnt den Antrag ab:

„Das Erscheinen ist für den Betroffenen nicht unzumutbar.

Unbestritten sind die Ausführungen des Verteidigers in seinem Schriftsatz vom 16.01.2024 hin-sichtlich Wetterwarnungen. Diese sind jedoch nicht maßgeblich. Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlich herrschenden Verhältnisse, welche sich am Verhandlungstag nach eigener Wahrnehmung des Gerichts – welches ebenfalls aus der Region des Betroffenen an den Verhandlungsort anreiste – als leichten bis mittelmäßigen Schneefall und leichte bis mittelmäßige Glätte einzuordnen sind. Eine enorme Vielzahl an weiteren Reisenden und Arbeitenden war es ohne Beeinträchtigungen ebenfalls möglich – wie dem Gericht auch – die hier in Rede stehende Strecke ohne Wei-teres zu befahren, insbesondere da Räumdienste die Straßen problemlos befahrbar machten. Die mithin in den Wetterwarnungen ausgegebenen Befürchtungen hinsichtlich starken Beeinträchtigungen des Verkehrs sind erst gar nicht eingetreten. Es wäre dem Betroffenen ohne Weiteres möglich gewesen – bei Beachtung der tatsächlich herrschenden Verhältnisse – zu erkennen, dass eine Anreise ohne Weiteres möglich gewesen ist. Dies ist selbstverständlich dann nicht möglich, wenn – ohne den konkreten Verhältnissen Beachtung zu schenken – eine Wetterwarnung vom vorigen Tag als unüberprüften Verhinderungsgrund Glauben bzw. Argumentationsgrundlage geschenkt wird. Somit sind die vorgebrachten Tatsachen nicht geeignet eine Verhinderung zu begründen.

Im Übrigen wäre hierdurch auch keinerlei Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör zu erkennen, da der Betroffene offenkundig durch den Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen – welchem das Gericht nachkommt – verbunden mit der Durchführung des Termins keinerlei Nachteile insoweit erleidet.“

M.E. eine bemerkenswerte Begründung und Diktion, die man kurz auch so fassen könnte: Interessiert mich nicht, ich weiß es besser. Ich lasse das mal so stehen.

Im Übrigen: Ich habe auch Bedenken, ob die Argumentation hinsichtlich des rechtlichen Gehörs so zutreffend ist. Ok, der Betroffene hat den Antrag gestellt. Aber durch die Entbindung hat er doch nicht sein Recht, am Hauptverhandlungstermin teilzunehmen „verwirkt“? oder doch? Jedenfalls offenbar beim AG Germersheim.

StPO III: Terminierung ohne Terminsabsprache, oder: Terminsverlegung ist die Folge

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Und als dritte Entscheidung dann noch etwas zur Terminsverlegung. Der LG Wuppertal, Beschl. v. 24.11.2023 – 23 Qs 130/23 – kommt zwar in einem Bußgeldverfahren ergangen, die vom LG entschiedene Problematik spielt aber nicht nur dort, sondern auch in Strafsachen – beim AG – eine Rolle.

Der Verteidiger hatte Terminsverlegung beantragt, weil er an dem bestimmten Termin durch eine anderer Hauptverhandlung verhindert war. Das AG lehnt ab, das LG Wuppertal gibt dem Verteidiger im Beschwerdeverfahren Recht:

„Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 305 Satz 1 StPO nicht entgegen, da die Ablehnung, den Hauptverhandlungstermin vom 30.11.2023 (10.20 Uhr) zu verlegen, eine über die bloße Ablehnung hinausgehende selbständige Bedeutung entfaltet, Denn dadurch wird das Recht des Betroffenen, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, berührt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, Aufl., § 213 Rz, 9 mwN). An dem anberaumten Hauptverhandlungstermin ist der Wahlverteidiger des Betroffenen, Rechtsanwalt pp., an der Wahrnehmung des Termins aufgrund eines zeitgleichen (bereits um 10.15 Uhr beginnenden) Termins, den er aufgrund älterer Ladung vor dem Amtsgericht Hattingen wahrzunehmen hat, gehindert.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Generell hat ein Betroffener – wie ein Angeklagter im Strafverfahren (vgl. §§ 137 StPO, 46 Abs. 1 OWIG) – das Recht, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Zwar folgt daraus nicht, dass bei Jeder Verhinderung des gewählten Verteidigers eine Hauptverhandlung gegen den Betroffenen nicht durchgeführt werden könnte. Der Vorsitzende hat indes über die Terminierung (§ 213 StPO) und Anträge auf Verlegungen bzw. Aufhebungen nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten, namentlich also auch des Rechts des Betroffenen, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 213 Rz. 7 f,), Zwar ist der Vorsitzende nicht verpflichtet, einen Termin vor dessen Anberaumung mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten abzustimmen. Hat eine Terminsabsprache nicht stattgefunden, muss sich der Vorsitzende Jedoch bei substantiierten Verlegungsanträgen eines Verteidigers, der das Vertrauen des Betroffenen genießt, Jedenfalls ernsthaft bemühen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten des Spruchkörpers Rechnung zu tragen. Im Beschwerdeverfahren ist lediglich zu überprüfen, ob der Vorsitzende bei seiner Entscheidung sämtliche relevanten Gesichtspunkte eingestellt und rechtsfehlerfrel gegeneinander abgewogen hat oder ob er sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat; die Zweckmäßigkeit seiner Entscheidung ist hingegen der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht entzogen (s. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 213 mwN).

Dieser eingeschränkten Nachprüfung hält die angefochtene Verfügung des Amtsrichters vom 02.11.2023, mit der er den Terminsverlegungsantrag des Verteidigers abgelehnt hat, nicht stand. Die Entscheidung Ist ermessensfehlerhaft! Sie orientiert sich letztlich daran, dass der Termin bereits zuvor einmal wegen einer, Verhinderung des Verteidigers verlegt worden war, nachdem dieser die Verhinderung durch einen anderen Gerichtstermin, zu dem er früher geladen worden war, mitgeteilt hatte, und dass nach derzeitigem Stand keine Verhinderungen der als Zeugen geladenen Polizeibeamten bestünden. Der zugleich vorgetragenen Bitte das. Verteidigers, einen Ausweichtermin abzustimmen, ist der Amtsrichter nicht nachgekommen, sondern hat den Termin auf den 30,11.2023 verlegt. Da der Versuch einer Terminsabsprache nicht stattgefunden hat, hätte sich der Amtsrichter indes bei einem wie hier substantiierten Verlegungsantrag Jedenfalls ernsthaft bemühen müssen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten des Spruchkörpers Rechnung zu tragen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 312), zumal die in Rede stehenden Rechtsfolgen (700,- Euro Geldbuße, dreimonatiges Fahrverbot) belangvoll sind. Dass die Kapazitäten dem durchgreifend entgegenstünden, belegt jedenfalls der formelhafte Hinweis in der Nichtabhilfeentscheidung nicht, zumal die Terminierung mit zeitlichem Vorlauf erfolgt und das Verlegungsgesuch zeitnah angebracht und substantiell begründet worden ist.“

Mit der Entscheidung kann man etwas anfangen – das LG hat im Übrigen ja schon mal ähnlich entschieden.