Zum Tagesschluss komme ich dann noch einmal auf den KG, Beschl. v. 18.08.2020 – 3 Ws (B) 152/20 – zurück. Über den hatte ich ja schon einmal in Zusammenhang mit der dort angesprochenen Verjährungsfrage berichtet (vgl. OWI III: Nochmals Verjährungsunterbrechung?, oder: Die nicht zugegangene Anhörung).
Heute will ich auf die Ausführungen des KG zur „Fahreridentifizierung“ anhand eines Lichtbildes von dem Verkehrsverstoß hinweisem. Dazu das KG:
„a) Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung beruhenden tatrichterlichen Feststellungen genügen den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Urteilsgründe.
(1) Die Beweiswürdigung ist hinsichtlich der festgestellten Fahrereigenschaft des Betroffenen rechtsfehlerfrei.
Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht hat aber auf die Sachrüge zu prüfen, ob ihm hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters zwar nicht zwingend zu sein. Es genügt grundsätzlich, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Das Gericht muss je-doch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Erfahrungssätze des täglichen Lebens und die Gesetze der Logik beachten. Um dem Rechtsbeschwerdegericht diese Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachen-grundlage beruht und dass die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa lediglich eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen – wenn auch möglicherweise schwerwiegenden – Verdacht zu begründen vermag (vgl. Senat, Beschlüsse vom 24. Juli 2020 – 3 Ws (B) 135/20 –, 19. Februar 2020 – 3 Ws (B) 25/20 –, 14. Februar 2020 – 3 Ws (B) 6/20 –, 27. September 2019 – 3 Ws (B) 297/19 – und 19. Februar 2014 – 3 Ws (B) 67/14 – m.w.N.).
Die Feststellung, ob eine auf einem Foto abgebildete Person mit dem Betroffenen identisch ist, unterliegt zwar im Prinzip nicht der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. BGH NJW 1996, 1420; Brandenburgisches OLG DAR 2016, 282). Der freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter sind indessen auch hinsichtlich der Identifizierung eines Betroffenen Grenzen gesetzt. So kann sich die Überzeugungsbildung hinsichtlich der Identifizierung durch den Vergleich mit dem Erscheinungsbild des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen anhand eines unscharfen oder das Gesicht des Fahrers nur zu einem geringen Teil abbildenden Fotos als willkürlich erweisen (BGH NJW 1996 a.a.O.). Die Urteilsgründe müssen vor diesem Hintergrund so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (BGH NJW 1996 a.a.O.). Insoweit reicht die deutlich und zweifelsfrei (BGH NStZ-RR 2016, 178) zum Ausdruck gebrachte Bezugnahme auf das in den Akten befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG aus, um dem Rechtsbeschwerdegericht zu ermöglichen, die Abbildung aus eigener Anschauung zu würdigen (vgl. BGH StraFo 2016, 155; Senat, Beschlüsse vom 30. April 2020 – 3 Ws (B) 84/20 –, 27. November 2019 – 3 Ws (B) 380/19 –, 18. Juni 2019 – 3 Ws (B) 186/19 – und 1. August 2017 – 3 Ws (B) 158/17 –; OLG Hamm NZV 2006, 162). Bestehen danach Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, so müssen die Urteilsgründe aufzeigen, warum dem Tatrichter die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für die richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, sind zu benennen und zu beschreiben (BGH NJW 1996 a.a.O.; Senat, Beschluss vom 1. August 2017 a.a.O.; OLG Hamm NZV 2006 a.a.O.; OLG Rostock VRS 108, 29).
Das Amtsgericht hat diesen Maßstäben entsprechend durch genaue Bezeichnung der Seitenzahlen in den Akten die in Bezug genommenen Messbilder zum Inhalt des Urteils gemacht und dabei maßgeblich auf das Lichtbild Bl. 3 der Akten abgestellt, das eine Ausschnittsvergrößerung des Lichtbildes Bl. 2 darstellt.
Das Lichtbild Bl. 3 der Akten weist eine mäßige Qualität auf. Es ist verhältnismäßig unscharf und kontrastarm. Die Körnung der Aufnahme ist grob. Das Tatgericht hat sich zwar sehr knapp aber noch hinreichend mit der Ergiebigkeit dieses Lichtbildes auseinandergesetzt. Es hat hierzu ausgeführt, dass die Qualität des Lichtbildes aus-reichend sei und ist in nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass es den Betroffenen zeigt. Dies hat es unter Darlegung und Beschreibung verschiedener Identifikationsmerkmale (wie Dichte und Farbe des Haares, Farbe der Augenbrauen, Bartwuchs, Gesichtsform, Nasen- und Augenpartie, Größe der Ohrläppchen) begründet. Zwar sind die Augen der Person auf dem Lichtbild durch eine Spiegelung nicht deutlich abgebildet. Auch die Größe des – allein zu sehenden – rechten Ohrläppchens ist mangels tiefergehender Konturen nur schemenhaft zu er-kennen. Deshalb ist das Messfoto jedoch nicht generell ungeeignet zur Fahreridentifizierung (vgl. Senat, Beschlüsse 6. August 2018 – 3 Ws (B) 168/18 – und 26. Januar 2018 – 3 Ws (B) 11/18 –, beide bei juris). Angesichts der übrigen vom Amtsgericht hervorgehobenen Merkmale und aufgrund des Umstandes, dass auf dem Foto weitestgehend das ganze Gesicht der Person uneingeschränkt zu sehen ist, erweist sich das zum Inhalt der Urteilsurkunde gemachte Lichtbild auf dieser Grundlage als zur Identifizierung geeignet, so dass Zweifel dahingehend, dass das Tatgericht anhand des Lichtbildes einen Vergleich auf Übereinstimmung der darauf abgebildeten Person mit dem äußeren Erscheinungsbild des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen vorzunehmen vermochte, nicht bestehen.“
Wie gehabt 🙂 .