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„Der Angeklagte begann geräuschvoll zu onanieren….“

© Dan Race - Fotolia.com

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„Der Angeklagte begann geräuschvoll zu onanieren…“, so heißt es in den Feststellungen des Urteils des LG Stuttgart, das dem BGH, Beschl. v. 21.102.2014 – 1 StR 79/14 – zugrunde liegt. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen:

„Der Angeklagte hielt gezielt nach Zeitungsinseraten Ausschau, aus denen sich ergab, in welchem Haushalt Mädchen unter 14 Jahren lebten. Dabei stieß er im November 2010 auf die von der Mutter der späteren Geschädigten E. S. in Auftrag gegebene Anzeige zum Verkauf von Mädchenkleidung. Noch im November 2010 wählte er erstmals die in der Anzeige genannte Festnetznummer der Familie S. . Wie von ihm erhofft, nahm die Tochter E. S. das Telefonat entgegen. Der Angeklagte begann geräuschvoll zu onanieren und fragte das Mädchen, ob sie es auch hören könne und es ihr gefalle. Tatsächlich nahm das Mädchen die Geräusche wahr. Der Ablauf des Telefonats diente seiner sexuellen Befriedigung, die er durch das Zuhören einer weiblichen Person am Telefon erlangte.

Solche Anrufe bei Familie S. wiederholte der Angeklagte bei 23 Gelegenheiten bis Ende Januar. Legte E. auf, bevor der Angeklagte zu seiner sexuellen Befriedigung gelangt war, rief er sofort wieder an, gegebenenfalls auch mehrmals hintereinander. Das Mädchen E. nahm auf diese Weise 40 Telefonate entgegen.

Der BGH verwirft die Revision und trägt die rechtliche Würdigung des LG mit. Dazu macht er folgende beiden Kernaussagen:

a) Durch die Telefonanrufe hat E. S. die Handlungen des Angeklagten wahrgenommen.

aa) Auf eine körperliche Nähe zwischen dem Täter und dem wahrnehmenden Kind kommt es dabei nicht an (BGH, Beschluss vom 21. April 2009 – 1 StR 105/09, BGHSt 53, 283, 286; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 176 Rn. 9; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 176 Rn. 12; ders. aaO § 184g Rn. 20; Hörnle in LK, 12. Aufl., § 176 Rn. 74; Renzikowski in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 176 Rn. 32; Wolters in Satzger/Schluckebier/Widmaier, 2. Aufl., § 176 Rn. 16). Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen „vor“ einem anderen ist gemäß § 184g Nr. 2 StGB auf solche Handlungen beschränkt, die vor einem anderen vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt. Dies bedeutet aber nicht, dass sich Täter und Opfer bei der Tatbegehung zwangsläufig in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander befinden müssen. Für die Verwirklichung des Straftatbestandes ist nicht die räumliche Gegenwart des Opfers bei Vornahme der sexuellen Handlungen ausschlaggebend, sondern dessen Wahrnehmung von dem äußeren Vorgang der sexuellen Handlung, die angesichts moderner Übermittlungsformen von der bloßen Gegenwart des Betrachters nicht abhängig ist. Allein dieses soll durch das Erfordernis des Handelns „vor“ einem anderen zum Ausdruck gebracht werden. ……

cc) Es ist zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ausreichend, dass die sexuelle Handlung von dem Kind zeit- gleich akustisch wahrgenommen wird (Hörnle in LK, 12. Aufl., § 176 Rn. 74; Renzikowski in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 176 Rn. 32; vgl. auch Laufhütte/ Roggenbuck in LK, 12. Aufl., § 184g Rn. 18; Hörnle in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 184g Rn. 13 f.; Wolters in Satzger/Schluckebier/Widmaier, 2. Aufl., § 176 Rn. 16, der allgemein das Zurückgreifen auf Hilfsmittel für die Wahrnehmung genügen lässt).

Anhaltspunkte dafür, die tatbestandsmäßige Wahrnehmung auf eine optische zu beschränken, ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch lassen sie sich aus einer teleologischen Auslegung gewinnen. Der Gesetzgeber hat zudem deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch Telefonanrufe, mithin akustische Vermittlungen ausreichen können (BT-Drucks. 13/9064 S. 11 zu § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB aF, heute § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB). Bereits bei der Schaffung der Vorschrift durch das 4. StrRG (BGBl. I 1973 S. 1727) hat er zur Ausfüllung des Begriffs der Vornahme einer sexuellen Handlung vor einem anderen ausgeführt, dass die Wahrnehmung derselben nicht notwendig auf das Visuelle beschränkt ist (BT-Drucks. VI/3521 S. 25 zu § 174 Abs. 2 StGB)…..“

 

Die schweren Folgen beim sexuellen Missbrauch; wohin damit bei der Strafzumessung

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Mal nicht einen der üblichen Strafzumessungsfehler – wie z.B. Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot oder Ähnliches – behandelt das BGH, Urt. v. 09.10.2014 – 2 StR 574/13, sondern einen – zumindest in meinen Augen – Sonderfall. Das LG verurteilt den Angeklagten u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs in 26 Fällen.  Bei der Zumessung der 26 Einzelstrafen (Einzelfreiheitsstrafen zwischen einem Jahr und sechs Jahren und sechs Monaten) hat das LG jeweils zu Lasten des Angeklagten vor allem die erheblichen psychischen Tatfolgen bei allen Geschädigten – den drei Töchtern des Angeklagten – berücksichtigt. Das war nach Auffassung des BGH (vorläufig) rechtsfehlerhaft:

„Die bisherigen Feststellungen, namentlich die näheren Ausführungen zu den seelischen Beeinträchtigungen und Verhaltensauffälligkeiten (UA S. 17), weisen nämlich nicht aus, dass sich diese Folgen bei den Mädchen bereits nach den ersten Taten eingestellt haben. Denn sind die festgestellten psychischen Schäden Folge aller Taten, so können sie dem Angeklagten nur einmal – bei der Gesamtstrafenbildung (vgl. UA S. 42) – angelastet werden. Sind sie dagegen unmittelbare Folge allein einzelner Taten, so können sie mit ihrem vollen Gewicht nur in diesen Fällen, nicht aber in gleicher Weise auch bei der Bemessung sämtlicher anderer Einzelstrafen in Ansatz gebracht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. November 1997 – 4 StR 539/97, NStZ-RR 1998, 107 f. und vom 20. Juli 1993 – 4 StR 316/93, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatauswirkungen 7; Theune in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 46 Rdn. 151; Hörnle in Leipziger Kommentar, aaO, § 176 Rdn. 42; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 46 Rdn. 26; Miebach in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 46 Rdn. 96; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rdn. 34b).

Und für die Frage der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit gibt der 2. Strafsenat dem LG dann gleich noch etwas mit auf den (zweiten) Weg:

„d) Die Erwägung des Landgerichts, wonach die Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten gemäß § 21 StGB (auch) deshalb nicht erheblich eingeschränkt gewesen sei, weil „eine erhebliche Beeinträchtigung … (der) kognitiven Fähigkeiten“ des Angeklagten nicht vorlag, da er „gezielt Situationen geschaffen (habe), in denen er mit den Kindern alleine war, um diese Situationen für die Durchführung der sexuellen Handlungen auszunutzen“ (UA S. 38), ist rechtlich bedenklich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. März 2002 – 3 StR 335/01, NStZ 2002, 476, 477 und vom 7. Januar 1993 – 4 StR 552/92, BGHR StGB § 21, Seelische Abartigkeit 25; Fischer, aaO, § 20 Rdn. 46a mwN). Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird sich auch deswegen erneut umfassend mit der Frage einer eingeschränkten Schuldfähigkeit und der Verhängung einer angemessenen Maßregel zu befassen haben; Schuldunfähigkeit des Angeklagten kann der Senat ausschließen.“

Urinieren in den Mund – beischlafähnliche Handlung

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Der 2. Strafsenat des BGH hatte sich vor kurzem (leider mal wieder) mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zu befassen. Gegenstand des Verfahrens waren sexueller Übergriffe des Angeklagten auf die Tochter einer befreundeten Familie, die sich über einen längeren Zeitraum hinzogen. Dabei kam es auch dazu, dass Angeklagter und Geschädigte jeweils in den Mund des anderen urinierten. Das LG hat diese Handlungen als „beischlafähnlich“ gewertet und deshalb insoweit nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative StGB wegen schweren sexuelle Missbrauch von Kindern verurteilt. Der BGH ist dem im  BGH, Beschl. v. 09.07.2014 – 2 StR 13/14, der zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ist, gefolgt.

Da es sich um einen recht umfangreichen Beschluss handelt hier nur der Leitsatz der Entscheidung:

„Ein zum Zweck sexueller Erregung vorgenommenes Urinieren des Täters in den Mund eines Kindes oder die Veranlassung des Kindes zum Urinieren in den Mund des Täters ist eine sexuelle Handlung, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden und als beischlafähnlich zu werten ist (Fortführung von BGHSt 53, 118).“

Der BGH geht also davon aus, dass sowohl das Urinieren des Angeklagten in den Mund der Geschädigten als auch das Urinieren der Geschädigten in den Mund des Angeklagten, verbunden jeweils mit der oralen Aufnahme, eine sexuelle Handlung gem. § 176 Abs. 1 StGB darstellt, die mit dem Eindringen in einen Körper verbunden und die als „beischlafsähnlich“ zu werten ist. Die Einzelheiten bitte selbst lesen.

…. das Streicheln der weiblichen Brust … wie intensiv war es?

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Nur kurz setzt sich der BGH im BGH, Beschl. v. 08.07.2014 – 2 StR 175/14 – mit einer im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in der Praxis immer wieder auftauchen Frage auseinander und kommt zu einer Teilaufhebung:

„Zu Fall II.1. der Urteilsgründe hat das Landgericht hinsichtlich der Tat des Angeklagten zum Nachteil der Nebenklägerin festgestellt: „Als beide abends im Bett lagen, streichelte der Angeklagte mit seiner Hand die mit einem T-Shirt bekleidete Brust des Kindes, die bereits körperlich entwickelt war.“ Berührungen anderer Körperstellen als des primären Geschlechtsorgans stellen nicht ohne Weiteres sexuelle Handlungen „von einiger Erheblichkeit“ dar; zur Beurteilung der Erheblichkeit hätte es näherer Feststellungen vor allem zu Art, Intensität und Dauer dieser Berührungen bedurft (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 1 StR 204/13, NStZ 2013, 708).

Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1. zwingt auch zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe.“

Ist ein „Klassiker“, den man als Strafkammer kennen sollte.

Sex in der Grillhütte – die Schülerin und der Lehrer auf der Abschlussfeier

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Einen Schlussstrich hat das OLG Koblenz jetzt unter inzwischen fast 10 Jahre zurückliegende (behauptete) Geschehnisse auf einer Abschlussfeier einer Schulklasse des Hauptschulzweigs einer regionalen Schule gezogen. An dieser hatten die (ehemalige) Schülerin und einer ihrer ehemaligen Lehrer teilgenommen. Zwischen ihnen soll es zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Es erfolgte Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen. Das eingeleitete Verfahren hat jetzt im sog. Klageerzwingungsverfahren sein Ende gefunden. Der noch gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte dort keinen Erfolg. Kein „Obhutsverhältnis“ sagt das OLG Koblenz im OLG Koblenz, Beschl. v. 17.03.2014 – 1 Ws 56/14:

1. Die am pp. geborene Antragstellerin besuchte im Schuljahr 2004/2005 die 9. und damit letzte Klasse des 5-zügigen Hauptschulzweigs der Regionalen Schule in A.. Einer ihrer Fachlehrer war der Beschuldigte. Das Schuljahr endete offiziell am 24. Juli 2005. Bereits am 14. Juni 2005 hatte die Zeugniskonferenz für die Abschlussklassen der Hauptschule stattgefunden. Mit der Übergabe der Zeugnisse am Freitag, dem 24. Juni 2005 wurden diese aufgelöst. Diejenigen Schülerinnen und Schüler, die sich wie die Antragstellerin mit ihren Leistungen für ein weiteres Schuljahr zur Erlangung der Mittleren Reife qualifiziert hatten, wurden bereits ab dem 27. Juni 2005 bis zum Beginn der Sommerferien in der neuen Klasse 10 V b unterrichtet, und zwar von den Lehrern, die sie auch im Schuljahr 2005/2006 unterrichten sollten. Der dem Hauptschulzweig zugehörige Beschuldigte gehörte, was am 24. Juni 2007 bereits feststand, nicht dazu.

 ……

Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten nach derzeitiger Rechtslage unter keinen Straftatbestand zu subsumieren ist. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 29. Dezember 2011 (1 Ss 213/11) festgestellt hat, ist das nach § 174 Abs. 1 StGB notwendige Obhutsverhältnis nicht ohne weiteres zwischen allen Lehrern und Schülern der Regionalen Schule in A. zu bejahen. Sachlich fundierte Kritik gegen diese Rechtsauffassung gab es nicht; sie wurde inzwischen vom Bundesgerichtshof bestätigt (BGH v. 25.04.2012 – 4 StR 74/12 – juris Rn. 8 – StV 2012, 531).

Es kommt somit darauf an, ob die Antragstellerin dem Beschuldigten in der fraglichen Nacht noch zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut war. Dies ist zu verneinen, weil das Lehrer-Schüler-Verhältnis und damit das Obhutsverhältnis mit der Auflösung des Klasseverbandes am 24. Juni 2005 endete (vgl. BGH v. 30.10.1963 – 2 StR 357/63 – juris n. 17 – BGHSt 19, 163). Allein die theoretische Möglichkeit, der Beschuldigte könne künftig die Antragstellerin als Vertretungslehrer unterrichten, begründet kein tatsächliches Obhutsverhältnis. Das frühere Obhutsverhältnis dauerte nicht allein deshalb fort, weil der Beschuldigte von ehemaligen Schülerinnen und Schülern zu einer privaten Veranstaltung eingeladen wurde. Bei dieser Veranstaltung war er lediglich Gast, aber kein tauglicher Täter eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen.

Über den vom OLG angeführten OLG Koblenz, Beschl. v. 29.12.2011 – 1 Ss 213/11 – haben wir hier unter: Sex in der Schule – der Religionslehrer und die 14-jährige Schülerin – Volltext hier berichtet.