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Besoffen auf dem Segway, oder: Trunkenheitsfahrt

© skiminok - Fotolia.com

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Heute dann mal wieder ein wenig  Verkehrsrecht. Den Opener macht der OLG Hamburg, Beschl. v. 19.12.2016 – 1 Rev 76/16 -, über den der Kollege Gratz vom VerkehrsrechtsBlog ja auch schon berichtet hat. Der Angeklagte ist wegen (vorsätzlicher) Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt worden, die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde angeordnet und eine einjährige Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis bestimmt. Besonderheit: Der Angeklagte war mit einem Segway gefahren. Das LG hat das „Segway” als Kraftfahrzeug angesehen und die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit hierfür nach dem Beweisgrenzwert von 1,1 Promille bestimmt.

Das OLG tritt dem bei:

„bb) Der für alle Führer von Kraftfahrzeugen geltende Beweisgrenzwert von 1,1 Promille ist auch auf den Führer eines „Segway“ anzuwenden. Hierbei handelt es um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 316 StGB.

(1) Ein „Segway“ wird als elektromotorengetriebenes „Ein-Personen-Transportmittel“ (UA S. 4) von den maßgeblichen gesetzlichen Begriffsbestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes erfasst (ebenso etwa Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 1 StVG Rn. 8; Hentschel/König/Dauer, a.a.O., StVG § 1 Rn. 14; MünchKomm-StVR/Huppertz, StVG § 1 Rn. 14, jeweils m.w.N.). Kraftfahrzeuge sind nach § 1 Abs. 2 StVG durch Maschinenkraft bewegte und nicht an Gleise gebundene Landfahrzeuge (vgl. auch BGH, Urt. v. 24. Juni 1993 – 4 StR 217/93, BGHSt 39, 249, 250). Das „Segway“ unterfällt auch nicht den im Zusammenhang mit dem Thema Elektromobilität neu eingeführten Maßgaben des § 1 Abs. 3 StVG (vgl. hierzu BT-Drucks. 17/12856, S. 11). In Kenntnis einer bereits zuvor allgemeinkundigen Teilhabe auch des „Segway“ am Straßenverkehr, sah der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit allein Regelungsbedarf bei sogenannten Elektrofahrrädern (vgl. BT- Drucks. a.a.O.).

(2) Dieses Begriffsverständnis wird weiter durch die Maßgaben der Straßenverkehrsordnung gestützt. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr vom 16. Juli 2009 (MobHV; BGBl. I S. 2097) gelten etwa zweispurige Kraftfahrzeuge mit zwei parallel angeordneten Rädern und integrierter elektronischer Balance-, AntriebsLenk- und Verzögerungstechnik, die eine Gesamtbreite von 0,7 m nicht überschreiten, eine Plattform als Standfläche für einen Fahrer, eine lenkerähnliche Haltestange, über die der Fahrer durch Schwerpunktverlagerung die Beschleunigung, das Abbremsen sowie die Lenkung beeinflussen kann (vgl. ferner § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 MobHV), als Kraftfahrzeuge. Überdies bestimmt § 7 MobHV, dass der Führer elektronischer Mobilitätshilfen auch ansonsten den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung unterliegt (vgl. auch Hentschel/König/Dauer, a.a.O., StVO § 2 Rn. 71a).

(3) Auch die – hiermit inhaltsgleiche (vgl. Hentschel/König/Dauer, a.a.O., FZV § 2 Rn. 3) – Begriffsbestimmung aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 FZV stützt diese Einordnung. Hiernach darf auch ein grundsätzlich zulassungsfreies „Segway” (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1g FZV) auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie etwa eine nationale Typengenehmigung oder eine Einzelgenehmigung haben (vgl. nur Hentschel/König/Dauer, a.a.O., FZV § 3 Rn. 16a; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, a.a.O., § 1 StVG Rn. 8).

(4) Schließlich wird vor diesem rechtlichen Hintergrund konsequent auch für ein „Segway” eine durch § 1 PflVG begründete Versicherungspflicht anerkannt (vgl. MünchKomm-StVR/Kretschmer, PflVG § 6 Rn. 8; Hentschel/König/Dauer, a.a.O., FZV § 3 Rn. 16a; ferner Wilke, DAR 2016, 482, 484). Daher ist – bußgeldbewehrt (vgl. Hentschel/König/Dauer, a.a.O., FZV § 3 Rn. 16a) – weitere Voraussetzung für das Führen im öffentlichen Straßenverkehr stets auch das Vorhandensein eines entsprechenden Versicherungskennzeichens (§§ 26, 27 FZV; § 2 Abs. 1 Nr. 2 MobHV).“

Wird man wohl nicht dran vorbei kommen. Was mich erstaunt: Kein Wort zum Vorsatz, obwohl „nur“ 1,5 Promille festgestellt worden sind. Allerdings – das räume ich ein -: Man kennt die land-/amtsgerichtlichen Feststellungen nicht.