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Regulierung nach Unfall mit Leasingfahrzeug, oder: Schadensbetrachtung und Darlegungs-/Beweislast

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Und heute im Kessel Buntes zweimal der BGH.

Zunächst hier das BGH, Urt. v. 02.07.2024 – VI ZR 211/22 – zum Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall mit einem Leasingfahrzeug.

Es geht um folgenden Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von dem beklagten Haftpflichtversicherer weiteren Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, bei dem ein von der Klägerin geleaster und zum Zeitpunkt des Unfalls im Eigentum der Leasinggeberin stehender PKW einen Totalschaden erlitten hat. Die volle Haftung der Beklagten für den Unfallschaden steht dem Grunde nach außer Streit.

Die Klägerin beauftragte einen Sachverständigen, der den Wiederbeschaffungswert des Unfallfahrzeugs und unter Berücksichtigung von drei Angeboten regionaler Ankäufer am 10.10.2019 einen Restwert von 13.800 EUR ermittelte. Die Klägerin gab dies der Beklagten zur Kenntnis. Spätestens am 23.10.2019 legte die Beklagte der Klägerin dann ein über eine Internet-Restwertbörse ermitteltes Restwertangebot vom 21.10.2019 über 22.999 EUR vor und rechnete den Fahrzeugschaden – unter Übernahme des von der Klägerin angegebenen Wiederbeschaffungswertes – auf dieser Basis ab. Die Klägerin lehnte das Angebot unter Hinweis auf eine bereits am 22.10.2019 zu dem in dem von ihr eingeholten Schadensgutachten ermittelten Restwert erfolgte Veräußerung des Unfallwagens ab.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Differenzbetrag zwischen dem von der Beklagten angesetzten Restwert und dem tatsächlich erzielten Verkaufserlös, also 9.199 EUR, nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob für das streitgegenständliche Fahrzeug auch bei Abruf von Angeboten überregionaler Ankäufer bzw. von Internet-Restwertbörsen kein höherer Restwert als 13.800 EUR zu erzielen gewesen sei, und die Klage sodann unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiter.

Die Revision hatte beim BGH keinen Erfolg. Hier dann die Leitsätze des BGH zu der Entscheidung:

1.  Macht ein Leasingnehmer nach einem Verkehrsunfall einen an dem Leasingfahrzeug entstandenen Sachschaden allein als fremden Schaden des Leasinggebers in gewillkürter Prozessstandschaft gegenüber dem Unfallgegner geltend, sind im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Leasinggebers maßgeblich.

2. Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des bei der Abrechnung eines Totalschadens zu berücksichtigenden Restwertes des Unfallfahrzeugs.

Unfallmanipulation mit sicherungsübereignetem Kfz, oder: Nachweis der Unfallmanipulation

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Und dann im zweiten Posting das LG Münster, Urt. v. 06.05.2024 – 11 O 1424/21. Es geht auch um Ersatz nach einem Verkehrsunfall. Hier haben wir es aber mit einer sog. Unfallmanipulation zu tun.

Die Klägerin mach einen Schadensersatzanspruch geltend. Sein geparkter PKW soll aufgrund eines unachtsamen Abbiegens durch den Beklagten zu 1) beschädigt worden sein soll. Der Beklagte zu 1) hatte ein solches Unfallgeschehen im Prozess bestätigt, während die weitere Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei dem langgezogenen Streifschaden am PKW des Klägers von einem abgesprochenen Unfallereignis ausgegangen ist. Bei der Überprüfung durch einen Gerichtssachverständigen stellte sich heraus, dass aus technischer Sicht erhebliche Bedenken zum Unfallhergang bestanden. Im Laufe des Prozesses hatte sich zudem noch herausgestellt, dass der Kfz auf der Klägerseite im Rahmen einer Finanzierung sicherungsübereignet worden war.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung, die umfangreiche Begründung des LG bitte ggf. selbst im verlinkten Volltext nachlesen:

    1. Es ist von einem abgesprochenen, absichtlich durch den Schädiger herbeigeführte Schadensereignis auszugehen, wenn bei einem Abbiegemanöver aus einer Grundstücksausfahrt im Rahmen einer Streifkollision bei geringer Geschwindigkeit und einem nicht plausiblen Unfallhergang ein lukrativ abzurechnender Seitenschaden beim Fahrzeug des Anspruchstellers hervorgerufen wird,
    2. Handelt es sich dabei um ein sicherungsübereignetes Fahrzeug im Rahmen einer Finanzierung, kann keine wirksame Einwilligung der Klägerin in eine Eigentumsverletzung des von ihr unterhaltenen Fahrzeuges bejaht werden.
    3. In einem solchen Fall verstößt aber die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs aus dem weiterhin fremden Recht der ehemaligen Sicherungseigentümerin gegen Treu und Glauben, da die Klägerin wegen einer Unfallmanipulation verpflichtet wäre, den ihr letztendlich zufließenden Betrag nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB an die Beklagte zu 2) als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zurückzuerstatten.
    4. Der Manipulationseinwand der KFZ-Haftpflichtversicherung scheitert auch nicht an den Angaben einen „Unfallbeteiligten“, der ein reales Unfallereignis behauptet hat, da ein etwaiges Geständnis dieses „Unfallbeteiligten“ in der Konstellation, bei welcher die KfZ-Versicherung als Versicherer den Manipulationseinwand erhebt und als Nebenintervenient für den mitverklagten Fahrer auftritt, unbeachtlich ist.
    5. Zum Beweis einer Unfallmanipulation ist eine mathematisch lückenlose Gewissheit nicht erforderlich. Vielmehr ist der Beweis regelmäßig durch den Nachweis einer ungewöhnlichen Häufung typischer Umstände geführt, wenn diese in der Gesamtschau vernünftigerweise nur den Schluss zulassen, der geschädigte Anspruchsteller habe den Unfall fingiert.

Schadensersatz nach einer falschen Verdächtigung?, oder: AG Brandenburg auf mehr als 30 Seiten: Nein.

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Und dann das AG Brandenburg, Ur. v. 08.01.2024 – 30 C 138/23. Es geht um Schadensersatz nach einer (behaupteten) falschen Verdächtigung. Die Parteien streiten darum nach einer Strafanzeige. Der Kläger begehrt von dem Beklagten insofern die Zahlung von Schadenersatz für Rechtsanwaltskosten, die ihm in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entstanden sind.

Das AG hat die Klage abgewiesen und das auf mehr als 30 (!) Seiten begründet. Das kann man nun wirklich hier nicht einstellen. Daher nur der Leitsatz:

Derjenige, der nicht „wider besseren Wissens“ jemanden einer rechtswidrigen Tat verdächtigt handelt grundsätzlich auch noch nicht rechtswidrig, wenn er durch diese Strafanzeige das hierfür gesetzlich geregelte Verfahren in Gang bringt (§ 826 BGB unter Beachtung von § 164 StGB).

Rest dann bitte im Volltext selbst lesen. Viel Spaß 🙂 .

Flug I: Schadensersatz wegen Verspätung bei Flügen, oder: Berechnung des Zeitkorridors

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Und dann – passend zur bald beginnenden Reisesaison – heute zwei AG-Entscheidungen zum Schadensersazu bei Verspätung von Flügen bzw. bei Flugausfal.

ich beginne hier mit der Verspätungsentscheidung, dem AG Köln, Urt. v. 10.04.2024 – 149 C 606/23.

Mehrere Flugäste, die ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten haben, waren auf die von der Beklagten auszuführende Flugverbindung N01, planmäßig 16:00 Uhr – 16:15 Uhr, jeweils Lokalzeit) und N02, planmäßig 18:15 Uhr – 19:50 Uhr, jeweils Lokalzeit) gebucht. N01 wurde pünktlich durchgeführt. N02 wurde von der Beklagten annulliert. Den Fluggästen wurde von der Beklagten eine Ersatzbeförderung angeboten, mit der sie wie folgt reisten: N03, 16:40 Uhr – 18:00 Uhr, jeweils Lokalzeit) und N04, 20:20 Uhr – 21:30 Uhr, jeweils Lokalzeit). Die Entfernung zwischen M., dem Startort, und X., dem Zielort, beträgt, berechnet nach der Großkreismethode, 1.374 Kilometer.

Die Klägerin ist der  Ansicht, aufgrund des Abflugs in R. um 16:40 Uhr – statt um 18:15 Uhr – könne sich die Beklagte nicht auf den Anspruchs-Ausschluss nach Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) der Fluggastrechte-VO berufen. Das AG hat die Klage abgewiesen:

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch in Höhe von 2.000,00 EUR aus Art. 7 Abs. 1 lit. a), Art. 5 Abs. 1 c) Fluggastrechte-VO i.V.m. § 398 BGB aufgrund der Annullierung des Anschlussflugs N02 betreffend die Fluggäste. Denn die Beklagte hat die Fluggäste rechtzeitig i.S.v. Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) der Fluggastrechte-VO ersatzbefördert.

a) Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) der Fluggastrechte-VO wird den betroffenen Fluggästen bei Annullierung eines Fluges vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 der Fluggastrechte-VO eingeräumt, es sei denn, sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. Mit Art. 5 Abs. 1 lit. c) ii) und iii) der Fluggastrechte-VO hat der Unionsgesetzgeber die dem Fluggast zumutbare Verlängerung der Flugzeit bei einer „anderweitigen Beförderung“ (Ersatzbeförderung) auf sechs bzw. drei Stunden begrenzt, jeweils aufgeteilt auf einen bestimmten Zeitraum vor der ursprünglichen Abflugzeit und einen bestimmten Zeitraum nach der ursprünglichen Ankunftszeit (BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, 30. Edition, Stand: 01.04.2024, Art. 5 Fluggastrechte-VO Rn. 40).

b) Hieran gemessen hat die Beklagte die Fluggäste rechtzeitig ersatzbefördert. Was die Ankunftszeit am Endziel angeht, ist dies unzweifelhaft der Fall. Denn die Fluggäste sollten X. planmäßig um 19:50 Uhr erreichen und kamen dort um 21:30 Uhr – mithin mit einer Verspätung von weniger als zwei Stunden – an. Aber auch hinsichtlich der Abflugzeit sind die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) der Fluggastrechte-VO eingehalten. Denn es kommt im Falle des annullierten Anschlussflugs nicht auf eine „Verfrühung“ am Umsteige-Flughafen, sondern auf eine „Verfrühung“ am Ausgangs-Flughafen an. Für eine solche Betrachtung spricht bereits, dass auch bei der Frage der Anwendbarkeit der Fluggastrechte-VO bei einheitlicher Buchung auf die gesamte Flug-Verbindung abgestellt wird und gerade keine Aufspaltung nach einzelnen Teilflügen stattfindet (EuGH, Urt. v. 24.02.2022 – C-451/20NJW-RR 2022, 563). Auch die Systematik der Vorschrift spricht gegen ein Abstellen auf die „Verfrühung“ am Umsteige-Flughafen. Denn in der Konsequenz müsste dem Fluggast dann auch im umgekehrten Fall der volle Ausgleichs-Anspruch zustehen, wenn also das ausführende Luftfahrtunternehmen den Zubringer-Flug annulliert, der Fluggast aber den deutlich später stattfindenden Anschlussflug noch erreicht, weil der „Ersatz-Zubringerflug“ früher – indes über zwei Stunden nach der planmäßigen Landung des ursprünglichen Zubringerflugs – den Umsteige-Flughafen erreicht als der planmäßig durchgeführte Anschlussflug dort startet. Dies ist allerdings durch das Wort „Endziel“ in der vorgenannten Vorschrift gerade ausgeschlossen. Insbesondere aber sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift gegen eine Auslegung, wie sie die Klägerseite vertritt. Denn wie sich auch aus der von der Klägerseite selbst im Schriftsatz vom 05.03.2024 (Bl. 110 d.A.) angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt, geht es bei der streitgegenständlichen Vorschrift gerade darum, dass eine erhebliche Vorverlegung eines Fluges in gleicher Weise wie dessen Verspätung für die Fluggäste zu schwerwiegenden Unannehmlichkeiten führen kann, da eine solche Vorverlegung ihnen die Möglichkeit nimmt, frei über ihre Zeit zu verfügen und ihre Reise oder ihren Aufenthalt nach Maßgabe ihrer Erwartungen zu gestalten. Dies ist hiernach insbesondere dann der Fall, wenn ein Fluggast, der alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, aufgrund der Vorverlegung des von ihm gebuchten Fluges das Flugzeug nicht nehmen kann. Es ist auch dann der Fall, wenn die neue Abflugzeit den Fluggast zwingt, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um seinen Flug zu erreichen (EuGH, Urt. v. 21.12.2021 – C-146/20 u.a. – NJW-RR 2022, 193 Rn. 76 ff.). Eine solche Unannehmlichkeit besteht aber gerade nicht, wenn es lediglich am Umsteige-Flughafen zu einer Vorverlegung in Form einer Umbuchung kommt. Denn in diesem Fall konnte der Fluggast durch die Vorverlegung keinerlei Schwierigkeiten haben, seinen Flug zu erreichen, denn der Zubringer-Flug ist ja – wie im vorliegenden Fall – gerade pünktlich – und nicht etwa verfrüht – durchgeführt worden. Im Gegenteil verringern sich die Unannehmlichkeiten für den Fluggast durch die „Verfrühung“ des Anschlussflugs sogar, indem er weniger Zeit am Umsteige-Flughafen verbringen muss.“

Schadensersatz II: Missbrauch im Erzbistum Köln, oder: Missbrauchsopfer erhält 300.000 EUR Schmerzensgeld

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In der zweiten Entscheidung des Tages, dem LG Köln, Urt. v. 13.06.2023 – 5 O 197/22 – geht es um die finanziellen Aufarbeitung eines sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, und zwar im Erzbistum Köln.

Der Sachverhalt (in Kruzform): Der Kläger wurde von 1972 bis 1979 insgesamt 320 Mal von einem zwischenzeitlich verstorbenen Pfarrer, dessen Dienstherr das beklagte Erzbistum Köln war, sexuell missbraucht. Wegen der Einzelheiten bitte den verlinkten Volltext lesen.

Wegen des Missbrauchs macht der Kläger nun Schmerzensgeld gegenüber dem Erzbistum geltend, und zwar 750.000 EUR.

Das LG sagt: Das Erzbistum haftet. Insoweit beschränke ich mich auf den Leitsatz, der lautet.

In Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche haftet die Anstellungskörperschaft in entsprechender Anwendung von § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG.

Zugesprochen hat das LG dann 300.000 EUR. Auch insoweit verweise ich auf den Volltext. Das LG stellt die Grudnsätze der Berechnung/Bemessung dar und führt dann zum konkreten Fall aus:

„e) Ausgehend von den unter c) dargestellten Grundsätzen und unter Berücksichtigung der unter d) angeführten Entscheidungen hält die Kammer im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000,– € für angemessen.

Dabei hat sich die Kammer insbesondere von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Der Kläger stand unter psychischem Druck und befand sich aufgrund der autoritären Stellung des Pfarrers, aber auch dessen Rolle als „Ersatzvater“ in einer Zwangslage. Sowohl wegen seiner Gläubigkeit als auch aufgrund der ihm eingeräumten engen Vertrauensstellung war der Kläger von dem Pfarrer abhängig.

Die über einen langen Zeitraum und in großer Zahl erfolgten vorsätzlich begangenen Missbräuche, die regelmäßig mit Vergewaltigungen einhergingen, verursachten dem Kläger nicht nur körperliche Schmerzen, sondern er fühlte auch Scham, Erniedrigung, Hilflosigkeit und Angst.

Der Kläger benötigt seit über 30 Jahren ständig therapeutische Hilfe; neben zahlreichen ambulanten Sitzungen nahm er zwischen 2005 und 2019 an insgesamt fünf mehrwöchigen Rehabilitationsmaßnahmen teil. Er leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und mehreren chronischen Krankheiten (Neurodermitis, Migräne, Hypertonie).

Daneben bestehen mannigfaltige psychische Beeinträchtigungen, die auch aus der Belastung der Beziehungen zu den Geschwistern des Klägers herrühren. Das eigene Familienleben des Klägers wurde ebenfalls stark negativ beeinflusst.

Dagegen sieht die Kammer keinen Anlass, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auch das Regulierungsverhalten des beklagten Erzbistums zu berücksichtigen.

Der generelle Umgang der Kirche mit den bekannt gewordenen Missbrauchsfällen kann in diesem Rahmen keine Berücksichtigung finden.

Den hier streitgegenständlichen Schmerzensgeldanspruch hat der Kläger erstmals Ende 2021 geltend gemacht. Substantiierten Vortrag zu konkret erhobenen Ansprüchen vor diesem Zeitpunkt leistet er nicht mit Ausnahme des Jahres 2012, in dem ihm aber auch eine – zu geringe – Entschädigung zugebilligt wurde.

Dass das beklagte Bistum im Rahmen der vorgerichtlichen Gespräche zunächst einen Amtshaftungsanspruch abgelehnt und auf die von ihm eingerichtete Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen verwiesen hat, woraufhin ein weiterer Betrag an den Kläger gezahlt wurde, war zumindest vertretbar.

Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens hat das beklagte Erzbistum dann die Missbrauchstaten nicht bestritten und die Einrede der Verjährung zurückgenommen, wodurch zeitnah die gerichtliche Entscheidung möglich wurde. Dass das beklagte Erzbistum sowohl zur Klageerwiderung als auch zur Duplik jeweils um Fristverlängerungen nachgesucht hat, fällt ebenso wenig maßgeblich ins Gewicht wie der geringe äußere Umfang dieser Schriftsätze.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Schmerzensgeld vorliegend schließlich nicht aus Gründen der Prävention oder Bestrafung zu erhöhen. Da ausschließlich auf die Pflichtverletzungen des Pfarrers abzustellen ist, ist für eine Abschreckung oder Pönalisierung gegenüber dem lediglich nach Art. 34 GG haftenden Erzbistum kein Raum.

Auf die Frage, ob und inwieweit aufgrund der Entwicklungen der vergangenen Jahre davon ausgegangen werden kann, dass dem beklagten Erzbistum die Missbrauchsproblematik nunmehr hinreichend deutlich bewusst ist und deshalb eine Wiederholung von Taten, wie sie dem Kläger widerfahren sind, ausgeschlossen ist, kam es daher nicht an.“

Das Urteil ist (wahrscheinlich) noch nicht rechtskräftig. Ich denke, wir werden dazu noch etwas vom OLG Köln und auch vom BGh hören/lesen.