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Einsicht in Messunterlagen: „Ich will alles, und zwar sofort – LG Trier: „Brauchst du und bekommst du“

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Die zweite OWi-Entscheidung stammt dann aus dem Bereich der Akteneinsicht. Es handelt sich um den LG Trier, Beschl. v. 14.09.20187 – 1 Qs 46/17, über den ja auch schon der Kollege Gratz in seinem VerkehrsrechtsBlog berichtet hat. Es geht um die Frage der Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsrichters betreffend Akteneinsicht. Dazu wird ja – auf der allgemeinen Ansicht der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Rechtsmittel gegen Akteneinsichtsentscheidungen – unter Hinweis auf § 305 Satz 1 StPO vertreten, dass ein Rechtsmittel nicht zulässig sei. Ich halte diese Auffassung schon deshalb für falsch, weil m.E. die Frage des rechtlichen Gehörs nicht erst mit der Rechtsbeschwerde/Revision geklärt werden darf.

So sieht es auch das LG Trier zutreffend in seiner schön und ausführlich begründeten Entscheidung und hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, auf einem von der Verteidigern bereitgestellten Speichermedium digitale Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten der gesamten Messserie und Statistikdatei zur Messserie zur Verfügung zu stellen. Ferner zur Verfügung zu stellen Wartungs- und Instandsetzungsnachweise des Messgeräts seit der letzten Eichung, Eichnachweise seit der ersten Inbetriebnahme und der “Public Key” des Messgeräts. Also: Alles 🙂 . Begründung:

„Der Beschwerdeausschluss in § 305 S. 1 StPO ist vorliegend nicht einschlägig. Nach dieser Vorschrift unterliegen Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde.

Entsprechend dem Zweck der Bestimmung, Verfahrensverzögerungen zu verhindern, die eintreten würden, wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl auf eine Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil überprüft werden müssten, gilt dieser Ausschluss nur für Entscheidungen, die in innerem Zusammenhang mit der Urteilsfällung stehen, ausschließlich ihrer Vorbereitung dienen, bei der Urteilsfällung selbst der nochmaligen Prüfung des Gerichts unterliegen und keine weiteren Verfahrenswirkungen äußern (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StGB, 59. Aufl., § 305 Rn 1 mwN; OLG Saarbrücken, Beschluss v. 21.05.2015 – 1 Ws 80/15, BeckRS 2015, 11166).

Anfechtbar mit der Beschwerde sind hingegen Entscheidungen, bei denen die Beschwer des Betroffenen durch Anfechtung des Urteils nicht mehr beseitigt werden kann (KK-StPO/Zabeck, StPO, 7. Aufl., § 305 Rn. 12). Die Aufzählung in § 305 S. 2 StPO ist insoweit nicht abschließend (Zabeck aaO).

Ob die Nichtherausgabe von Messdaten, Lebensakte und ähnlichem nach Verurteilung des Betroffenen in einem Rechtsbeschwerdeverfahren überprüft werden kann, ist derzeit sehr umstritten. So hat das OLG Bamberg mit Beschluss vom 04.04.2016 (3 Ss OWi 1444/15, BeckRS 2016, 06531) ausgeführt, dass die Ablehnung eines Antrags der Verteidigung auf Einsichtnahme in die digitale Messdatei und deren Überlassung einschließlich etwaiger sogenannter Rohmessdaten dann nicht gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens verstößt, wenn sich der Tatrichter aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung davon überzeugt hat, dass die Voraussetzungen eines sogenannten standardisierten Messverfahrens im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eingehalten wurden (FD-StrVR 2016, 377672). Der Betroffene hat damit keine Möglichkeit, mit der Rechtsbeschwerde die Nichtherausgabe der Lebensakte zu rügen.

Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz zu dieser Frage ist nicht bekannt. Zur Vermeidung eines später nicht mehr zu beseitigenden rechtswidrigen Zustands ist der Betroffenen daher die Überprüfung im Wege des Beschwerdeverfahrens zu ermöglichen, zumal es sich bei dem Antrag auf Herausgabe der Messdaten etc. nicht um einen – nicht der Beschwerde zugänglichen – Beweisantrag handelt, sondern um einen Antrag auf Akteneinsicht. Die Entscheidung über die Akteneinsicht steht insoweit nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem späteren Urteil (vgl. OLG Brandenburg Beschluss v. 20.9.1995, Az. 2 Ws 174/95, BeckRS 9998, 94876, mwN). Ihre Rechtmäßigkeit wird nämlich weder bei der Urteilsfällung überprüft, noch wäre eine zuvor getroffene Entscheidung gegebenenfalls rückwirkend korrigierbar (OLG Brandenburg aaO).

Gegen die Statthaftigkeit der Beschwerde ergeben sich vorliegend auch keine Bedenken im Hinblick auf § 147 Abs. 4 S. 2 StPO, da sich der Antrag nicht auf die Modalität der Akteneinsicht bezieht, sondern deren Substanz betrifft (OLG Brandenburg aaO).“

Und in der Sache meint das LG:

„Bei dem Geschwindigkeitsmessverfahren mittels des Messgeräts ESO 3.0 handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, bei dem durch die PTB im Wege antizipierten Sachverständigengutachtens die grundsätzliche Zuverlässigkeit der Messung festgestellt wurde.

Der Betroffene muss daher, wenn er die Richtigkeit der Messung angreifen will, im jeweiligen Verfahren konkrete Anhaltspunkte darlegen, die für eine Unrichtigkeit der Messung sprechen. Eine pauschale Behauptung, mit der die Richtigkeit der Messung angezweifelt wird, genügt nicht.

Ein solcher dezidierter Vortrag ist dem Betroffenen jedoch nur dann möglich, wenn er – bzw. sein Verteidiger – auch Zugang zu den entsprechenden Messunterlagen hat. Die Verwaltungsbehörde hat dem Betroffenen daher bereits vor Erlass des Bußgeldbescheides Zugang zu Informationen zu gewähren, die für seine Verteidigung von Bedeutung sein können. Dies folgt aus dem Recht auf Akteneinsicht (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO) in Verbindung mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG).

Der Grundsatz der Verfahrensfairness und das hieraus folgende Gebot der Waffengleichheit erfordern nämlich, dass sowohl die Verfolgungsbehörde wie auch die Verteidigung in gleicher Weise Teilnahme-, Informations- und Äußerungsrechte wahrnehmen kann. An der dadurch garantierten “Parität des Wissens” fehlt es jedoch, wenn die Bußgeldbehörde, nicht aber der Betroffene Zugang zu den für die Beurteilung des Messwerts relevanten Unterlagen hat (Praxishinweis zu OLG Celle, Beschluss vom 26. 3. 2013 – 322 SsBs 377/12, NJW-Spezial 2013, 522; vgl. auch EGMR Entscheidung vom 04.05.2010, Az. 11603/06 Rn 53 bei juris).

Vorliegend hat das Polizeipräsidium Rheinpfalz den Public Key, die einzelne Falldatei, Bild mit Schlüsselsymbolen und entschlüsselte/konvertierte Bilder auf CD zur Verfügung gestellt, eine Herausgabe weiterer Unterlagen jedoch verweigert. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz verweist hierzu in seinem Schreiben vom 1. Februar 2017 darauf, dass für das gegenständliche Messgerät keine Lebensakte geführt werde und dies auch nicht vorgeschrieben sei.

Aus § 31 MessEG ergebe sich lediglich die Pflicht, Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät bis zur jeweils nächsten Eichung aufzubewahren, nicht jedoch dauerhaft vorzuhalten. Darüber hinaus seien die in § 31 MessEG genannten Nachweise für die Eichbehörden bestimmt und keine geeigneten Beweismittel, um tatsachenbegründete Zweifel an der Messrichtigkeit und Messbeständigkeit des geeichten Messgerätes wecken zu können.

Ferner verweist das Polizeipräsidium Rheinpfalz darauf, dass eine Statistikdatei bei dem konkreten Archiv leider nicht vorhanden sei.

Zutreffend ist, dass die Verwaltungsbehörde nicht verpflichtet ist, eine sog. Lebensakte für das hier zum Einsatz gekommene Messgerät zu führen. Gibt es keine “Lebensakte”, kann sie selbstverständlich auch nicht eingesehen werden. Die Verwaltungsbehörde hat jedoch Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Messgerät aufzubewahren (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. September 2016, Az. (2 Z) 53 Ss-OWi 343/16 (163/16)). Dies folgt aus § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG: Wer ein Messgerät verwendet, hat sicherzustellen, dass Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät, einschließlich solcher durch elektronisch vorgenommene Maßnahmen, für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten nach Ablauf der nach § 41 Nummer 6 bestimmten Eichfrist, längstens für fünf Jahre, aufbewahrt werden.

Werden dem Betroffenen solche Unterlagen nicht zugänglich gemacht, hat er keine Möglichkeit, konkrete i Anhaltspunkte für eine der Gültigkeit der Eichung entgegenstehende Reparatur oder einen sonstigen Eingriff in das Messgerät aufzufinden (Brandenburgisches Oberlandesgericht aaO; vgl. auch FD-StrafR 2012, 332318).

Die Betroffene hat vorliegend über ihre Verteidigerin ausreichend detaillierten und tatsachenfundierten Vortrag dazu gehalten, warum es zur effektiven Verteidigung erforderlich ist, Einsicht in die komplette Messreihe zu nehmen und nicht lediglich in die konkrete Falldatei. Darüber hinaus kann nicht verlangt werden, dass bereits vor Einsicht in die Messserie konkrete Mängel vorgetragen werden, da sich bestimmte Fehlerquellen erst aus einem Vergleich der eigenen Falldatei mit den anderen im Messzeitraum durchgeführten Messungen ergeben können. Zudem können ggf. erst anhand der weiteren Falldaten der Messreihe Fehler aufgedeckt werden, die allen Messungen der Messserie anhaften, aber aus der konkreten Messung beim Betroffenen nicht ersichtlich sind. Ferner besteht die Möglichkeit, durch Aufzeigen mehrerer Fehlerquellen bei anderen Messungen die aus dem standardisierten Verfahren folgende Vermutung korrekter Messungen der gesamten Messserie zu erschüttern (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 16.12.2014, Az. 2 Ws 96/14).

Der Verteidigerin sind daher die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten der gesamten Messserie auf einem von ihr bereitgestellten Speichermedium zur Verfügung zu stellen.

Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Zwar sind bei Zurverfügungstellung der gesamten Messreihe auch die Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer betroffen. Dieser Eingriff ist jedoch hinzunehmen. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist insoweit höherrangig, zumal es sich um einen relativ geringfügigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Dritter handelt. Mit der Zurverfügungstellung der gesamten Messserie werden zwar Foto und Kennzeichen übermittelt, nicht aber die Fahrer- oder Halteranschrift. Zudem besteht bei der Übermittlung an den Verteidiger als Organ der Rechtspflege grundsätzlich auch keine Gefahr der Weitergabe der Daten an Dritte (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.01.2017, Az. 1 Ws 348/16).

Darüber hinaus hat die Betroffene Anspruch auf Zurverfügungstellung der Wartungs- und Instandsetzungsnachweise des Messgeräts seit der letzten Eichung.

Soweit sie Einsicht in Wartungs- und Instandsetzungsnachweise seit der ersten Inbetriebnahme beantragt, besteht indes kein Anspruch. Die Verwaltungsbehörde ist nämlich nicht verpflichtet, sämtliche seit der ersten Inbetriebnahme angefallenen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten durch Nachweise zu dokumentieren und zu belegen. Eine Aufbewahrungspflicht für Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Messgerät ergibt sich, wie bereits dargelegt, aus § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG lediglich für zwischen den jeweiligen Eichungen durchgeführte Wartungen, Reparaturen und sonstigen Eingriffen. Hierdurch sollen Eichämter anlässlich der Vorstellung des Messgerätes zur Eichung einen Überblick über zuvor erfolgte Reparatur- und Wartungsmaßnahmen erhalten. Die Betroffene hat auch Anspruch auf Übermittlung des aktuellen Eichscheins sowie der früheren Eichscheine seit der ersten Inbetriebnahme, da sich aus der Häufigkeit der Eichungen, insbesondere vor Ablauf der Eichfrist, möglicherweise Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit des Messgeräts ergeben können.

Die Betroffene hat ebenfalls Anspruch auf Zurverfügungstellung des sog. “Public Key” des Messgerätes. Durch einen Vergleich des von dem Messgerät genutzten Public Key mit dem in der Messdatei abgespeicherten Public Key lässt sich überprüfen, ob die Messdatei tatsächlich von dem Messgerät hergestellt und nicht manipuliert wurde. Der Public Key liegt dem Amtsgericht nach dem Schreiben des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 1. Februar 2017 sowie dem Abgabevermerk vom 26. April 2017 bereits auf CD vor und unterliegt damit dem umfassenden Akteneinsichtsrecht der Betroffenen.

Auch die Statistikdatei zur Messserie ist der Betroffenen bzw. ihrer Verteidigerin zur Verfügung zu stellen. Soweit das Polizeipräsidium Rheinpfalz im Schreiben vom 1. Februar 2017 vorträgt, eine Statistikdatei sei bei diesem Archiv leider nicht vorhanden, fehlt es bereits an einer Begründung hierzu. Die Verteidigerin hat detailliert unter Bezugnahme auf das sachverständige Schreiben der GFU vom 4. Mai 2017 sowie der gültigen Gebrauchsanweisung des Messgeräts vorgetragen, dass bei Messungen mit der Geschwindigkeitsmessanlage Typ ESO 3.0 nach Abschluss eines jeden Messeinsatzes eine Statistikdatei erzeugt wird. Diese liefert Rückschlüsse zur Qualität der Ausrichtung des Sensors und einhergehend zur Annullierungsrate des konkreten Messeinsatzes. Gleichzeitig werden alle Messungen des Messeinsatzes in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen erfasst und die gültigen Messungen angezeigt. Der wesentliche Bestandteil besteht darin festzustellen, ob tatsächlich alle Messfotos zur Auswertung vorgelegen haben oder zwischenzeitig einzelne Messfotos gelöscht wurden. Nur wenn alle Messdateien der kompletten Messserie zur Auswertung vorliegen, kann die Messbeständigkeit des Messgerätes bzw. der Messanlage und damit die Gültigkeit der Eichung nachgewiesen werden. Bereits hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass die Statistikdatei einhergehend mit der kompletten Messserie überprüft werden muss, damit eine klare Aussage zu Messbeständigkeit oder zu Defekten eines Messgerätes bzw. einer Messanlage getroffen werden kann.

Sollte die Statistikdatei tatsächlich nicht (mehr) vorhanden sein, wird sich die Verwaltungsbehörde hierzu erklären müssen.“

Sorry, ist ein wenig umfangreicher, aber der Beschluss ist es auch wert 🙂 .

Klageerzwingungsverfahren: Beschwerde gibt es nicht….

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Im Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) gibt es gegen die Entscheidung des OLG kein Rechtsmittel, und zwar nicht nur gegen die Entscheidung, durch die in der Hauptsache der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt wird, sondern auch gegen Nebenentscheidungen. Das ist – noch einmal – das Fazit aus dem BGH, Beschl. v.  10.08.2016 –  2 ARs 183/16 und 2 AR 97/16 – in einer Klageerzwingungssache wegen des Vorwurfes des Betruges:

„Die weitere Beschwerde des Anzeigeerstatters gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2016 ist unzulässig. Beschlüsse und Verfügungen des Oberlandesgerichts sind nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO grundsätzlich unanfechtbar.

Zwar sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO eine Ausnahme für bestimmte Entscheidungen in Sachen vor, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug für die Verhandlung und Entscheidung der Sache, d.h. die Durchführung der Hauptverhandlung und den Erlass eines Urteils, zuständig sind. Im Klageerzwingungsverfahren ist das Oberlandesgericht zwar als erstes Gericht mit der Sache befasst, jedoch nicht im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO im ersten Rechtszug zuständig. Dies ist vielmehr, wenn das Oberlandesgericht die Klageerhebung anordnet, ein Amts- oder Landgericht. Eine Anfechtbarkeit von Entscheidungen, die das Oberlandesgericht im Klageerzwingungsverfahren trifft, sieht das Gesetz nicht vor (Senat, Beschluss vom 28. Mai 2003 – 2 ARs 82/032 AR 53/03, NStZ 2003, 501). Dies gilt auch für Beschlüsse, durch welche – wie hier – die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig verworfen worden ist.“

Damit bleibt dann ggf. nur die Verfassungsbeschwerde.

4 x innerhalb von 10 Tagen BVerfG zur Durchsuchung – da liegt wohl was im Argen

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Der zweite Beitrag zu BVerfG-Entscheidungen (zum ersten hier: Rechtsbeugung in Erfurt, oder: Wenn der OWi-Richter sauer ist….) betrifft mal wieder Verfahren mit einer Durchsuchungproblematik. In dem Bereich haben wir ja längere Zeit aus Karlsruhe nichts bzw. kaum etwas Neues gehört. Jetzt hat es aber vier Entscheidungen zur Durchsuchung in knapp 10 Tagen gegeben. Auf zwei dieser Entscheidungen hatte ich bereits hingewiesen. Das sind:

Offen sind dann noch zwei weitere Entscheidungen aus dem zeitraum. und zwar:

  • Der BVerfG, Beschl. v. 5. 07. 2016 – 2 BvR 1710/15. In ihm musste das BVerfG einen Durchsuchungsbeschluss als den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügend beanstanden, weil konkrete Angaben zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt und zu der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat vollständig fehlten, obwohl sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne Weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung auch nicht abträglich gewesen wären. Das BVerfG weist zudem darauf hin, dass im Beschwerdeverfahren Mängel bei der Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel nicht mehr heilbar sind.
  • Im BVerfG, Beschl. v. 15.07. 2016 – 2 BvR 857/14 – ging es schließlich um die Frage der Verletzung des Anspruchs des Beschuldigten auf rechtliches Gehör im Beschwerdeverfahren. Das BVerfG hat dies bejaht, wenn dem Beschuldigten vor der Entscheidung über seine Beschwerde gegen einen Durchsuchungsbeschluss die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft nicht zur Kenntnis gegeben worden ist. Dies gelte unabhängig davon, ob die Stellungnahme im konkreten Fall Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnen konnte oder nicht. Der Gehörsverstoß wird nach Auffassung des BVerfG jedoch durch die Entscheidung über eine Anhörungsrüge des Beschuldigten geheilt, wenn das Beschwerdegericht dabei dessen weiteres Vorbringen berücksichtigt.

Innerhalb von 10 Tagen also vier Entscheidungen des BVerfG zur Durchsuchung. Das zeigt, dass bei dieser die Beschuldigten i.d.R. besonders belastenden Zwangsmaßnahme dann in der Praxis doch wohl einiges im Argen liegt.

Und nochmals: Finger weg von Emails beim Rechtsmittel

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Mit fortschreitender Digitalisierung des (anwaltlichen) Arbeitsplatzes stellt sich zunehmend immer wieder auch die Frage, ob Rechtsmittel per Email eingelegt werden können. Ich habe darüber ja auch schon häufiger berichtet. Jetzt hat dann auch (noch einmal) der BFH im BFH, Beschl. v. 19.05.2016 – I E 2/16 – mit der Frage befasst und sie grundsätzlich verneint. Nach dem Sachverhalt hatte die Beschwerdeführerin gegen den Kostenansatz durch die Kostenstelle des BFH Erinnerung gem. § 66 GKG eingelegt, und zwar mit einer Email ohne elektronische Signatur. Der BFH hat die Erinnerung als unzulässig angesehen:

„3. Anträge und Erklärungen können im Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten (schriftlich) eingereicht werden; demgemäß besteht auch vor dem BFH kein Vertretungszwang (Senatsbeschluss vom 20. August 2012 I E 2/12, BFH/NV 2013, 46).

Die Erinnerung ist jedoch unzulässig, da sie nicht dem Schriftformerfordernis genügt. Grundsätzlich ist nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG eine Erinnerung gegen den Kostenansatz schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen. Dem wird regelmäßig nur entsprochen, wenn der (bestimmende) Schriftsatz unterschrieben, d.h. handschriftlich unterzeichnet ist (Beschlüsse des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. April 1979 GmS-OGB 1/78, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 1980, 172, und vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340, 2341, sowie des Großen Senats des BFH vom 5. November 1973 GrS 2/72, BFHE 111, 278, 285, BStBl II 1974, 242). § 52a Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lässt aber –anstelle der Schriftform– die Übermittlung von elektronischen Dokumenten nach Maßgabe von Rechtsverordnungen des Bundes oder des jeweiligen Landes zu. Nach § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO ist dabei für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz –SigG–) vorgeschrieben. Für den BFH hat die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl I 2004, 3091; geändert durch Verordnung zur Änderung der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 10. Dezember 2015, BGBl I 2015, 2207 –VO–) die Übermittlung elektronischer Dokumente zugelassen. Seit 1. Januar 2016 (vgl. Art. 2 VO) bestimmt § 2 Abs. 2a VO ausdrücklich, dass ein elektronisches Dokument einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück nur dann gleichsteht, wenn es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG versehen ist. Seitdem können mithin Rechtsmittel und bestimmende Schriftsätze an den BFH elektronisch übermittelt werden, sie müssen aber eine elektronische Signatur enthalten (anders noch zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2016 der II. Senat des BFH mit Beschluss vom 30. März 2009 II B 168/08, BFHE 224, 401, BStBl II 2009, 670; a.A., nicht tragend, der VII. Senat des BFH mit Beschluss vom 14. September 2005 VII B 138/05, BFH/NV 2006, 104; ausdrücklich offengelassen vom X. Senat des BFH mit Beschluss vom 19. Februar 2016 X S 38/15 (PKH), nicht veröffentlicht). Da das am 30. März 2016 bei der elektronischen Gerichtspoststelle des BFH eingegangene elektronische Dokument der Kostenschuldnerin nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG versehen ist, war die Erinnerung schon aus diesem Grund als unzulässig zu verwerfen.“

Kurze Anmerkung: Die Rechtslage war vor dem 01.01.2016 für den BFH anders (vgl. BFHE 224, 401). Jetzt ist auch dort, wenn die Erinnerung durch Email eingelegt wird, die elektronische Signatur erforderlich.

Und nochmals und unabhängig davon: Der Rechtsanwalt sollte wegen der unübersichtlichen Rechtslage in allen Fällen die Finger von der Rechtsmitteleinlegung durch Email lassen. Das gute alte Fax ist besser. Denn: Die obergerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass die Einlegung eines Rechtsmittels durch E-Mail so lange unzulässig ist, wie das Einreichen von „elektronischen Dokumenten“ nicht durch eine Verordnung – vgl. für das Strafverfahren § 41a Abs. 2 StPO – geregelt ist (für die Erinnerung gegen den Kostenansatz vgl. BGH NJW-RR 2009, 357; AGS 15, 226; OLG Hamm FGPrax 2013, 84; OLG Hamm, Beschl. v. 16.02.2015 – 1 Ws 677/14; für Rechtsbeschwerde OLG Oldenburg NJW 2009, 536 und NZV 2012, 303; für das Strafbefehlsverfahren LG Gießen, Beschl. v. 20.05.2015 -802 Js 38909/14; LG Magdeburg, Beschl. v. 27.10.2008 – 24 Qs 87/08; LG Zweibrücken VRS 119, 223).

Rechtsmittelrücknahme I: Der Beschuldigte hat das Sagen…..

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Heute möchte ich zwei Entscheidungen zur Wirksamkeit der Rücknahme eines Rechtsmittels durch den Verteidiger vorstellen. Zunächst den BGH, Beschl. v. 06.07.2016 – 4 StR 149/16 -, der dem BGH so wichtig ist, dass er ihn in die amtliche Sammlung BGHSt aufnimmt. Das LG hatte im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB angeordnet. Hiergegen die Revision des Pflichtverteidigers des Beschuldigten. Später hat der Pflichtverteidiger dann auf Anweisung des Betreuers des Beschuldigten die Rücknahme der Revision erklärt. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasst auch die Vertretung in Strafsachen.

Der BGH sagt: Die Erklärung der Revisionsrücknahme entfaltet mangels ausdrücklicher Ermächtigung des Beschuldigten zur Rücknahme gem. § 302 Abs. 2 StPO keine Wirksamkeit. Nach der den Vorschriften der §§ 296 ff. StPO zugrunde liegenden Regelungssystematik könne der gesetzliche Vertreter die gem. § 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung zur Rücknahme einer vom Verteidiger für den Beschuldigten eingelegten Revision nicht wirksam für den Beschuldigten erteilen:

b) Ein Recht, für den Beschuldigten von dessen Rechtsmittelbefugnis aus § 296 Abs. 1 StPO Gebrauch zu machen, räumt die Strafprozessordnung dem gesetzlichen Vertreter des Beschuldigten nicht ein. Das Gesetz verleiht dem gesetzlichen Vertreter in § 298 Abs. 1 StPO vielmehr die eigenständige Befugnis, selbst unabhängig vom Willen des Beschuldigten zu dessen Gunsten Rechtsmittel einzulegen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der gesetzliche Vertreter besser im Stande ist, eine den wahren Interessen des unter Vertretungsmacht stehenden Beschuldigten gerecht werdende Entscheidung zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1957 – 2 StR 583/56, BGHSt 10, 174, 176; Jesse aaO § 298 Rn. 1; Frisch aaO § 298 Rn. 1; Radtke aaO § 298 Rn. 1). Die eigenständige Rechtsmittelbefugnis des gesetzlichen Vertreters lässt das sich aus § 296 Abs. 1 StPO ergebende Recht des Beschuldigten, selbst unabhängig vom Willen des gesetzlichen Vertreters Rechtsmittel einzulegen, indes unberührt (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 6; Radtke aaO § 298 Rn. 1). Die Befugnisse des Beschuldigten aus § 296 Abs. 1 StPO und des gesetzlichen Vertreters aus § 298 Abs. 1 StPO stehen selbständig nebeneinander, so dass Erklärungen des Beschuldigten und des gesetzlichen Vertreters jeweils nur für das eigene Rechtsmittel Wirkungen entfalten (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 7; Frisch aaO § 298 Rn. 8 f.; Radtke aaO § 298 Rn. 12; Plöd in KMR § 298 Rn. 2 [Stand: November 2008]). Aus dem Nebeneinander voneinander unabhängiger Rechtsmittelbefugnisse folgt, dass der gesetzliche Vertreter – von Fällen einer neben § 298 StPO möglichen rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung durch denBe-schuldigten abgesehen (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 9; Frisch aaO § 298 Rn. 2; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl., § 298 Rn. 1; Hoch aaO § 298 Rn. 2; Paul in KK-StPO, 7. Aufl., § 298 Rn. 3; Meyer-Goßner aaO § 298 Rn. 4; Plöd aaO) – keine Rechtsmittelerklärungen für den Beschuldigten abgeben kann. Er ist daher we-der befugt, ein vom Beschuldigten selbst eingelegtes Rechtsmittel zurückzu-nehmen, noch kann er die nach § 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung für eine Rücknahme durch den Verteidiger des Beschuldigten erteilen (a.A. – nicht tragend – offenbar BGH, Beschluss vom 2. September 2013 – 1 StR 369/13, StraFo 2013, 469).“