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Entweder-Oder – „Grenzwert“ nicht erreicht? Dann ist es kein § 24a Abs. 2 StVG.

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Nach der Änderung der Rechtsprechung des BVerfG zu § 24a Abs. 2 StVG aus Dezember 2012 kommt es für die Erfüllung des Tatbestandes der „Drogenfahrt“ auf das Erreichen des sog. analytischen Grenzwertes an. Ist der nicht erreicht, liegen die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG – jedenfalls nach h.M. – nicht vor. Maßstab für den Grenzwert sind die von der sog. Grenzwertekommission ermittelten Werte. Auf diese h.M. hat noch einmal der – schon etwas ältere – OLG Jena, Beschl. v. 23.02.2012 – 1 Ss Bs 92/11 – hingewiesen:

Gleichwohl ist der Schluss gerechtfertigt, dass auf eine unterhalb des analytischen Grenzwerts und damit auf eine nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand unterhalb der Grenze sicherer Nachweisbarkeit liegende Konzentration einer berauschenden Substanz eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG nicht gestützt werden kann. Dies gilt nicht deshalb, weil bei Feststellung von Wirkstoffkonzentrationen unterhalb der jeweiligen analytischen Grenzwerte eine Rauschwirkung ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist in diesem Fall ein nach wissenschaftlichen Maßstäben hinreichend zuverlässiger Nachweis der Substanz im Blut, der eine Verurteilung tragen könnte, nicht erbracht.

Und es gilt das „Entweder-oder-Prinziop“. Es „helfen“ dann auch keine Ausführungen zu Ausfallerscheinungen.

Diese Ausführungen sind schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil sie die Funktion der analytischen Grenzwerte als Qualitätsstandards verkennen, welche die jeweilige Untergrenze sicherer Nachweisbarkeit von Substanzen beschreiben. Ist der analytische Grenzwert einer Substanz nicht erreicht, ist ein nach derzeitigen wissenschaftlichen Maßstäben zuverlässiger und damit eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG tragender Nachweis der Substanz im Blut nicht erbracht. In diesem Falle sind weitere Ausführungen über Anzeichen für eine persistierende Drogenwirkung weder veranlasst noch zulässig, was teilweise auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung, welche die Funktion der analytischen Grenzwerte als bloße Qualitätsstandards betont, außer Acht gelassen wird (vgl. OLG München, aaO.).

Eine Entscheidung nach dem Prinzip des „Entweder-oder“ in Bezug auf das Erreichen der analytischen Grenzwerte ist darüber hinaus deshalb geboten, weil es unterhalb dieser Grenzwerte – anders etwa als bei Alkohol im Bereich zwischen 0,3 und 1,1 Promille – keine Erfahrungssätze des Inhalts gibt, dass bestimmte (Ausfall-)Erscheinungen Folge fortbestehender Rauschmittelwirkung sind.“

Das war es dann beim OLG – Freispruch.

1 Jahr 9 Monate minus 10 Monate = noch 11 Monate = Fluchtgefahr?

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Die Frage, ob die der Straferwartung so hoch, dass sie einen Beschuldigten/Angeklagten zur Flucht führt und damit die Annahme von Fluchtgefahr i.S. des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gerechtfertigt ist, stellt sich insbesondere häufig dann, wenn die Strafe nicht (sehr) hoch ist, aber der Beschuldigte/Angeklagte bereits einige Zeit in U-Haft verbracht hat, was dann über § 51 StGB angerechnet werden muss. Dann geht es um die Reststrafenerwartung und darum, ob die noch so hoch ist, dass die Annahme von Fluchtgefahr begründet ist. In meinen Augen tun sich die OLG damit schwer, die Frage zu verneinen. So auch der OLG Jena, Beschl. v.25.06.2012 – 1 Ws 291/12.

Das LG hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Es sind bereits mehr 10 Monate U-Haft vollzogen worden, so dass noch eine Reststraferwartung von unter 11 Monate besteht. Die reicht dem OLG aber aus, um Fluchtgefahr anzunehmen.

Auch wenn zurzeit bereits mehr als 10 Monate Untersuchungshaft anzurechnen sind, geht von der Gesamtstraferwartung, die sich durch das Urteil des Amtsgerichts Weimar auf 1 Jahr und 9 Monate konkretisiert hat, weiterhin ein ganz erheblicher Fluchtanreiz aus. Dass es bei Durchführung der Berufungshauptverhandlung zu einer deutlichen Reduzierung der erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe kommen könnte, ist derzeit nicht zu erkennen. Dafür, dass es sich bei dem Angeklagten hinsichtlich der Tat vom 10,8.2011 um eine unverdächtige und zunächst nicht tatgeneigte Person gehandelt hat, die durch eine von einem Amtsträger geführte Vertrauensperson in einer dem Staat zuzurechnenden Weise zu einer Straftat verleitet worden ist, so dass ein in den Urteilsgründen ausdrücklich festzustellender und bei der Festsetzung der Rechtsfolgen zu kompensierender Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 MRK vorliegt (vgl. BGHSt 45, 321 ff), ist angesichts der Einlassungen des Angeklagten im Termin zur Verkündung des Haftbefehls, im Haftprüfungstermin und in der Hauptverhandlung nicht zu erkennen. Die derzeitige Beweislage spricht vielmehr dafür, dass der Angeklagte sich völlig unabhängig von jeglicher Beeinflussung durch die Vertrauensperson „Paulus“ bereits zuvor das später an diesen abgesetzte Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs von einem Dritten verschafft hatte. Der Angeklagte war mithin bereits grundsätzlich bereit, den Straftatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu begehen, bevor die Vertrauensperson „Paulus“ bei ihm am 10.8.2011 24,2 Gramm Methamphetamin gekauft hat, hatte also bereits mit Erlangen des Methamphetamins zum Zwecke des Weiterverkaufs den Straftatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllt.

 Gewichtige Umstände, die geeignet wären, dem Fluchtanreiz wirksam zu begegnen, sind nicht ersichtlich.  Die Ausführungen der Beschwerde, wonach der Angeklagte sich nur nicht in der Gemeinschaftsunterkunft aufgehalten habe, da er bei seiner Lebensgefährtin gewohnt habe, er sich in der Gemeinschaftsunterkunft wieder anmelden wolle und er im Falle einer Flucht seines Rechtsmittels verlustig ginge, sind nicht geeignet, hinreichend Vertrauen zu begründen, der Angeklagte werde sich dem weiteren Straf- bzw. Vollstreckungsverfahren nicht entziehen. Im Hinblick auf die Vorstrafen des Angeklagten, der schon mehrfach Strafhaft verbüßt hat und ausweislich des Zentralregisterauszugs bereits fünfmal teils erheblich vorbestraft ist, erscheint insbesondere der mögliche Verlust des Rechtsmittels im Vergleich zu der Höhe des bei Eintritt der Rechtskraft noch zu verbüßende Strafdauer als den Fluchtanreiz minderndes Mittel untauglich.

M.E. keine tragfähige Begründung, warum denn nun gerade dieser geringe Strafrest ausreichend für die Annahme sein soll, der Angeklagte werde, wenn er auf freien Fuß kommt, fliehen. Ich verkennen nicht, dass der Angeklagte russischer Staatsangehöriger ist, also vermutlich keine Schwierigkeiten hätte, in seinem Heimatland unterzutauchen und zu leben. Aber wenn das (auch) Grund für die Annahme von Fluchtgefahr sein soll, dann sollte man es auch schreiben.

 

Schaukastenreinigen = Lieferverkehr = kein Knöllchen

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Bei LTO habe ich folgende Meldung gefunden zum OLG Jena Beschl. v. 17.07.2012, Az. 1 Ss Rs 67/12 (146)

Betreiber von Schaukästen dürfen ihr Auto zum Reinigen der Kästen in einer Fußgängerzone abstellen, ohne wegen Falschparkens belangt zu werden. Denn dabei handele es sich um erlaubten Lieferverkehr in einem ansonsten für Fahrzeuge gesperrten Fußgängerbereich, teilte das OLG am Freitag mit.

Das Oberlandesgericht (OLG) gab damit einem Unternehmer Recht, der innerhalb der für den Lieferverkehr vorbehaltenen Zeiten in der Fußgängerzone geparkt hatte und dafür von der Stadt ein Bußgeld von 30 Euro auferlegt bekam.

Das Amtsgericht Jena, vor dem der Mann sich gegen das Knöllchen wegen Falschparken gewehrt hatte, hatte der Stadt Recht gegeben. Der Lieferverkehr umfasse nur solche Waren, die zu schwer oder zu groß sind, um sie über längere Strecken zu tragen. Plakaten, wie sie der Kläger zu befördern hatte, könnten dagegen auch über längere Strecken zu Fuß transportiert werden.“

250 €/500 € – sind das noch geringfügige Geldbußen?

Die Antwort auf die Frage, ob es sich bei Geldbußen von 250/500 € noch um geringfügige Geldbußen handelt, hat Bedeutung für den erforderlichen Umfang zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im Urteil des Amtsrichters. Das OLG Jena, Beschl. v. 01.09.2011 – 1 Ss Bs 66/11 beantwortet die Frage mit „grundsätzlich ja“, und führt dazu aus:

„Es ist auch nicht zu beanstanden, dass in dem Urteil nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen fehlen.
Entbehrlich sind solche Feststellungen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 OWiG in der Regel bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten. Als geringfügig sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung solche Ordnungswidrigkeiten an, die im konkreten Fall mit einer Geldbuße von nicht mehr als 250 € geahndet werden. Nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung des Senats sind konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen ausnahmsweise aber auch bei einer Geldbuße bis zu 500 € entbehrlich, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erkennbar vom Durchschnitt abweichen, weil Anhaltspunkte für außergewöhnlich schlechte oder außergewöhnlich gute wirtschaftliche Verhältnisse fehlen, und es sich bei der festgesetzten Geldbuße um den im Bußgeldkatalog bestimmten Regelsatz handelt (vgl. nur Senatsbeschluss vom 22.12.2004, Az.: 1 Ss 282/04).

Ergebnis/Folgerung: Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen muss also vorgetragen werden.

Manchmal kommt die Rechtsprechung des BGH schnell bei den OLG an…

Manchmal geht es in der Tat schnell mit der Ankunft der Rechtsprechung des BGH bei den OLG. So hat der BGH gerade erst im Urteil v. 02.11.2011 – 3 StR 332/11 – die Frage der Anwendbarkeit des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Videofilme verneint (vgl. hier), da liegt schon kurze Zeit später mit dem OLG Jena, Beschl. v. o5.01.2012 – 1 Ss Bs 112/11, der mir der Kollege, der ihn „erstritten“ hat, hat zukommen lassen, die erste OLG-Entscheidung zu der Thematik vor, die die BGH-Rechtsprechung im OWi-Verfahren umsetzt.

Das OLG Jena verneint mit dem BGH die Anwendbarkeit mit der Folge, dass die tatsächlichen Feststellungen des AG-Urteils nicht ausreichten. War zwar keine Täteridentifizierung, aber für den Bereich gilt die Rechtsprechung natürlich auch.