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VerfG I: BVerfG ist ab heute – 01.08.2024 – digital, oder: beA/elektronisches Dokument jetzt auch beim BVerfG

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In den neuen Monat – 01.08.2024 – starte ich mit Entscheidungen/Mitteilungen zu verfassungsgerichtlichen Entscheidungen und was damit zu tun hat.

Hier dann zunächst etwas, „was damit zu tun hat“. Denn heute ist eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die man im Verfassungsbeschwerdeverfahren beachten muss. Denn das BVerfG ist digital geworden.

Ab heute, dem 01.08.2024, haben Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts nämlich nicht mehr die Möglichkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beim BVerfG verfahrensbezogene Dokumente per Post oder Telefax in analoger Form einzureichen. Die §§ 23a ff. BVerfGG sehen vielmehr jetzt für den Kreis der „Nutzer“ die „digitalen Verfassungsbeschwerde“ vor, und zwar in § 23c BVerfGG. Das elektronische Dokument muss – wie auch sonst – mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von ihr signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Sichere Übermittlungswege sind beispielsweise das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBo), der Dienst „Mein Justizpostfach“ oder der Postfach- und Versanddienst eines absenderbestätigten De-Mail-Kontos. Per E-Mail können verfahrensbezogenen Dokumente nicht rechtswirksam eingereicht werden.

Informationen rund um die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs hat das BVerfG in einem Frage-Antwort-Katalog (FAQ) auf seiner Homepage bereit gestellt.

Also: Augen auf, sonst kann es Probleme bei der Verfassungsbeschwerde geben.

Unterbringung II: Erstes zur Neuregelung des § 64 StGB, oder: Neufälle/Altfälle – anwendbares Recht

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Und im zweiten Posting geht es dann auch noch einmal um das anwendbare Recht in sog. Altfällen.

Dazu bin ich u.a. auf den BGH, Beschl. v. 25.10.2023 – 5 StR 246/23 – und den BGH, Beschl. v. 04.10.2023 – 6 StR 405/23 – gestoßen. In beiden Fällen hat der BGH im Erkenntnisverfahren die Anwendung des neuen Rechts auf „Altfälle“ „gefordert.

In dem dem Beschluss vom 25.10.2023 zugrunde liegenden Verfahren hatte das LG den Angeklagten wegen 21 Fällen des schweren Bandendiebstahls, wobei es dreimal beim Versuch blieb, und zwei weiteren Fällen des Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt, eine Einziehungsentscheidung getroffen, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Die mit der allgemeinen Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat zur Aufhebung der Unterbringungsentscheidung geführt:

„Die Ausführungen des Landgerichts belegen nicht, dass die Voraussetzungen der seit 1. Oktober 2023 geltenden und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle maßgeblichen Neufassung des § 64 StGB vorliegen, was der Senat nach § 354a StPO zu beachten hat. Beim Angeklagten liegt zwar ein langjähriges Abhängigkeitssyndrom hinsichtlich „Crystal“ (Metamphetamin) vor, das den von der Neufassung des § 64 Satz 1 StGB vorausgesetzten Begriff einer Substanzkonsumstörung erfüllt (vgl. näher BT-Drucks. 20/5913 S. 69). Die bisherigen Feststellungen belegen aber nicht, dass die Taten des Angeklagten im Sinne der Neuregelung „überwiegend“ hierauf zurückgehen.

Der Gesetzgeber hat hierzu ausgeführt (BT-Drucks. 20/5913 S. 69 f.): „Durch die Ergänzung des Wortes ‚überwiegend‘ soll nunmehr gesetzlich konkretisiert werden, unter welchen Voraussetzungen ein kausaler Zusammenhang zwischen ‚Hang‘ und ‚Anlasstat‘ angenommen werden kann. Nur für den Fall, dass die rechtswidrige Tat überwiegend auf den Hang der Person, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zurückgeht, ist ein solcher künftig anzunehmen. ‚Überwiegend‘ ursächlich ist der ‚Hang‘ für die ‚Anlasstat‘, wenn dieser mehr als andere Umstände für die Begehung der Tat ausschlaggebend war … Die Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat ist für die Annahme der Kausalität also nur noch dann ausreichend, wenn sie quantitativ andere Ursachen überwiegt. Eine Mitursächlichkeit des ‚Hangs‘ für die ‚Anlasstat‘ unterhalb dieser Schwelle reicht für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals nicht mehr aus. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht – ggf. unter sachverständiger Beratung – positiv festzustellen.“

Das Landgericht hat bei seiner Prüfung – zum damaligen Zeitpunkt zutreffend – diesen strengeren Anordnungsmaßstab nicht vor Augen gehabt und deshalb seine Feststellungen nicht daran ausgerichtet. Die vom Landgericht getroffene Feststellung, der offenbar über keine nennenswerten anderweitigen Einkünfte im Tatzeitraum verfügende Angeklagte habe die Taten „(auch) zur Finanzierung seines … Betäubungsmittelkonsums begangen“, belegt – auch wenn sie nach dem damaligen Rechtszustand ausreichend war – ein solches Überwiegen nicht. Soweit das Landgericht darauf verwiesen hat, der Angeklagte habe das Metamphetamin gezielt vor Tatbegehung eingenommen, um Hemmungen zu beseitigen, bleibt unberücksichtigt, dass ein symptomatischer Zusammenhang fehlen kann, wenn sich der Täter ohne Rauschmitteleinfluss zur Tat entscheidet und erst anschließend gezielt durch Einnahme von Rauschmitteln enthemmt, um die Tat leichter begehen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NJW 1990, 3282; Beschluss vom 30. Juni 2016 – 3 StR 231/16; LK-StGB/Cirener, 13. Aufl., § 64 Rn. 39).

Weil das Landgericht den durch die Neufassung des § 64 StGB veränderten und für die Senatsentscheidung nach § 2 Abs. 6 StGB und § 354a StPO maßgeblichen Anordnungsmaßstab noch nicht berücksichtigen konnte, bedarf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.“

Gesetze II: Was der Gesetzgeber geschafft hat, oder: Neuregelung der Unterbringung in der Entziehung

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Und im zweiten Posting dann auch etwas zu neuen Gesetzen, aber nicht zu Gesetzesvorhaben, sondern zu gesetzlichen Neuregelungen, die die „Ampel“ geschafft hat.

Und zwar: Am 02.08.2023 ist das „Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ (BGBl. 2023 I Nr. 203) in Kraft getreten. Das Gesetz bringt zahlreiche Neuregelungen. Kurz gefasst (vor allem):

  • Die in § 64 StGB geregelten Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sind mehrfacher Hinsicht verschärft worden.
  • Überdies ist die in § 67 Abs. 5 Satz 1 a.F. noch gegebene Möglichkeit, im Falle eines erfolgreichen Therapieabschlusses bereits nach Verbüßung der Hälfte der ausgeurteilten Strafe eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung zu erhalten, massiv eingeschränkt bzw. für die allermeisten Verurteilten praktisch abgeschafft worden.

Das Gesetz tritt am 01.10.2023 in Kraft. Bis dahin ist ja noch ein wenig Zeit. Aber: „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Und daher hatten wir bereits in der aktuellen Ausgabe des StRR einen Beitrag eines meiner Coautoren aus den Handbüchern Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung RiLG T. Hillenbrand aus Stuttgart mit dem Titel:

Die Neuregelung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

Kollege Hillenbrand stellt in dem Beitrag – sicherlich der erste zu der Thematik – die Neuregelungen vor. Und als besonderen Service das ZAP-Verlages, von StRR und vom BOB ist der Volltext hier verlinkt.

Viel Spaß 🙂 beim Lesen.

Neues Spurengutachten 40 Jahre nach Freispruch, oder: Wiederaufnahme zu Ungunsten verfassungmäßig?

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Zum Wochenauftakt dann zwei aktuelle(re) Entscheidungen, und zwar:

Zunächst: Ich erinnere: Am 30.12.2021 ist das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gemäß § 362 StPO und zur Änderung der zivilrechtlichen Verjährung (Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit) , das im Juni 2021 vom Bundestag und im September 2021 im Bundesrat beschlossen worden war in Kraft getreten (vgl. dazu noch einmal hier:  Wiederaufnahme zuungunsten des Freigesprochenen kommt, oder: Ist das “materielle Gerechtigkeit”?). Dieses Gesetz hat die Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungusten des Freigesprochenen gebracht. In der Literatur wird die Verfassungsmäßigkeit dieser Neuregelung bezweifelt.

Nun liegt inzwischen mit dem OLG Celle, Beschl. v. 20.04.2022 – 2 Ws 62/22 – die erste Entscheidung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung vor, über die ja schon an verschiedenen Stellen berichtet worden ist.

Ergangen ist der Beschluss in einem beim LG Verden anhängigen Wiederaufnahmeverfahren. Das LG hatte nach fast 40 Jahren in einem Verfahren, in dem der Angeklagte von der Tötung einer 17-jährigen frei gesprochen worden war, den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig erklärt und Untersuchungshaft angeordnet.

Grundlage für den Wiederaufnahmeantrag war ein im Jahr 2012 erstelltes molekulargenetischen Gutachten des LKA Niedersachsen zu einer Spermaspur am Slip der Getöteten. Nach dem Gutachten kann der Angeklagte als Verursacher dieser Spermaspur in Betracht kommen.

Auf dieses neue Beweismittel hat das LG Verden den neuen § 362 Nr. 5 StPO angewendet und die Wiederaufnahme für zulässig erklärt. Dagegen dann die Beschwerde. Das OLG hat sich in dem umfassend begründeten Beschluss eingehend mit der Neuregelung auseinander gesetzt.

Das kann man hier nicht alles einstellen. Hier soll der erfrischend kurze Leitsatz reichen, nämlich:

Die Neuregelung des Wiederaufnahmegrundes in § 362 Nr. 5 StPO ist verfassungsgemäß.

Wie gesagt: Das OLG hat die Wiederaufnahme als zulässig angesehen und auch gegen die Anordnung der U-Haft keine Einwände gehabt. Zur Verhältnismäßigkeit der weiteren U-Haft führt es – auch im Hinblick auf eine angekündigte Verfassungsbeschwerde aus:

„Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist unter Berücksichtigung der Schwere des gegen den Beschwerdeführer begründeten Tatverdachts und der bei einer Verurteilung im Raum stehenden Straferwartung nicht unverhältnismäßig (§ 112 Abs. 1, S. 2 StPO). Dies gilt auch im Hinblick auf die bisherige Dauer seiner Inhaftierung. Das vorliegende Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden. Vermeidbare Verfahrensverzögerungen sind weder bei den Ermittlungsbehörden noch bei der Staatsanwaltschaft oder dem Landgericht eingetreten.

Der Einwand der Verteidigung des Beschwerdeführers, die Unverhältnismäßigkeit der Haftfortdauer ergebe sich insbesondere daraus, dass er beabsichtige, im Fall der Verwerfung seines Rechtsmittels durch den Senat eine Verfassungsbeschwerde zu erheben und der Zeitpunkt einer Bescheidung durch das Bundesverfassungsgericht nicht absehbar sei, greift nicht durch. Die Erhebung der Verfassungsbeschwerde hätte keine aufschiebende Wirkung für das weitere Wiederaufnahmeverfahren und für die vom Landgericht insoweit zu treffende Entscheidung über die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags der Staatsanwaltschaft Verden (Aller). Sofern das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des neuen Wiederaufnahmegrundes in § 362 Nr. 5 StPO zu einer anderen Einschätzung als der Senat und das Landgericht kommen sollte, wird es eine vorläufige Anordnung nach § 32 BVerfGG treffen.

Hinweise darauf, dass das weitere Verfahren nicht unter Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen zügig geführt werden wird, liegen nicht vor. Angesichts der im Raum stehenden lebenslangen Freiheitsstrafe für den Beschwerdeführer ist die Fortdauer der Untersuchungshaft des Beschwerdeführers daher verhältnismäßig.

Das OLG Celle hat die Beschwerden gegen die Entscheidung des LG Verden jetzt zurückgewiesen. Der Senat hält die gesetzliche Neuregelung für verfassungsgemäß. Sie verstoße insbesondere nicht gegen das in Art. 103 Abs. 3 GG gewährleistete Verbot der strafrechtlichen Doppelverfolgung. Sie gelte nur für äußerst eng umgrenzte Fallkonstellationen und sehe hohe Hürden für eine Wiederaufnahme vor. Die Entscheidung des Gesetzgebers, für derartige Ausnahmefälle trotz eines vorangegangenen Freispruchs eine schuldangemessene Bestrafung zu ermöglichen, sei vertretbar und durch das Rechtsstaatsgebot gerechtfertigt. Auch das im Grundgesetz verankerte allgemeine Rückwirkungsverbot hält der Senat nicht für verletzt.“

Nun ja: Die Sache wird jetzt mit Sicherheit zum BVerfG gehen. Dort wird man im Hinblick auf die U-Haft (hoffentlich) schnell entscheiden.

Nach der „Effektivierung“ und der „Modernisierung“ kommt die „Fortentwicklung“ der StPO, oder: Warum?

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Es ist mal wieder so weit. Nachdem die StPO 2017 effektiviert worden ist, man sie 2019 modernisiert hat und auch das Recht der Pflichtverteidigung neu geregelt hat, gibt es nun das nächste Gesetzgebungsvorhaben. Man höre und staune: Die StPO wird „fortentwickelt“.

Im Gesetzgebungsverfahren befindet sich nämlich auf Initiative der Bundesregierung ein „Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften  Initiative:Bundesregierung“ (BR-Drs. 57/21). Das steht für kommenden Freitag auf der Tagesordnung der 1.001-Bundesratssitzung. Das spricht dafür, dass man das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode durch den Bundestag bringen will.

Folgende Änderungen kommen da auf uns zu:

Änderungen im Recht des Ermittlungsverfahrens

  • Die Befugnis zur Postbeschlagnahme nach § 99 StPO soll um ein „Auskunftsverlangen“ in einem neuen Abs. 2 ergänzt werden.
  • In 104 Abs. 3 StPO soll der Begriff der Nachtzeit vereinheitlicht werden, und zwar einheitlich auf die Zeit zwischen neun Uhr abends und sechs Uhr (dazu BVerfG, Beschl. v. 12.03.2019 – 2 BvR 675/14, NJW 2019, 1428).
  • In 114b StPO soll in S. 1 die Belehrung des verhafteten Beschuldigten an die Hinweispflichten in §§ 136 Abs. 1, 163a StPO und in S. 3 an die in §§ 186 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 GVG angepasst werden. In § 114b Abs. 2 StPO werden die Belehrungspflichten betreffend Bestellung eines Pflichtverteidigers und der Akteneinsicht erweitert.
  • Bei den Vernehmungen sind folgende Änderungen vorgeschlagen.
    • Die Belehrungspflicht des 136 StPO wird ebenfalls erweitert. Der Beschuldigte soll nicht mehr nur vor der ersten Vernehmung, über den Tatvorwurf, die Aussagefreiheit und die Verteidigerkonsultation hingewiesen, sondern bei jeder Vernehmung.
    • In einem neuen 136 Abs. 3 StPO soll auf § 58b StPO verwiesen und damit ausdrücklich geregelt werden, dass im Ermittlungsverfahren für polizeiliche, staatsanwaltschaftliche wie auch richterliche Vernehmungspersonen die Möglichkeit besteht, einen Beschuldigten in geeigneten Fällen im Wege der Bild- und Tonübertragung zu vernehmen.
  • Schließlich soll in 163a Abs. 5 StPO klargestellt werden, dass hör- oder sprachbehinderten Beschuldigten das Recht zusteht, auch im Rahmen ihrer staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren die in § 186 GVG vorgesehenen Kommunikationshilfen in Anspruch zu nehmen.
  • In einem neuen 163g StPO will man die Befugnis zur „Automatischen Kennzeichenerfassung zu Fahndungszwecken“ im öffentlichen Verkehrsraum schaffen.

Sonstige „Nachjustierungen“/Anpassungen/Ergänzungen

  • Im Recht der Vermögensabschöpfung (§§ 73 ff. StGB) sind etliche Ergänzungen/Klarstellungen vorgesehen.
  • Im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Akte werden Klarstellungen als erforderlich angesehen. So soll z.B. durch eine Streichung in § 32b Abs. 1 S. 2 StPO klargestellt werden, dass auf lediglich schriftlich abzufassenden Dokumenten künftig keine qualifizierten elektronischen Signaturen angebracht werden müssen. Die nach § 32e Abs. 3 S. 2 StPO bei der Übertragung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehenden Schriftstücke sollen künftig ausdrücklich auf handschriftlich unterzeichnete staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Schriftstücke begrenzt werden. Zudem soll § 32f betreffend die Form der Gewährung von AE dahin ergänzt werden, dass künftig gleichrangig neben der Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf über ein Akteneinsichtsportal die Möglichkeit der Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übertragungsweg i.S. des § 32a Abs. 4 StPO tritt.
  • In einem neuen 373b StPO soll in Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/29/EU v. 25.10.2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (Opferschutzrichtlinie, ABI. L 315 v. 14.11.2021, S. 57) der „Begriff des Verletzten“ definiert werden. Vorgesehen ist dort aber nur eine Definition des Verletzten für die StPO. Als Verletzte im Sinne der StPO sollen diejenigen anzusehen sein, „die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben“. Verletzten gleichgestellt werden der Ehegatte bzw. der Lebenspartner, der in einem gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährte, die Verwandten in gerader Linie, die Geschwister und die Unterhaltsberechtigten und eine Person, deren Tod eine direkte Folge der Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, gewesen ist.
  • In 68 StPO wird in S. 1 und 2 klargestellt werden, dass bei der Vernehmung eines Zeugen im Ermittlungsverfahren grds. die vollständige Anschrift festzustellen ist, während in der Hauptverhandlung und in richterlichen Vernehmungen in Anwesenheit des Beschuldigten die vollständige Anschrift von Zeugen grds. nicht (mehr) abgefragt wird, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort.
  • Neu gefasst werden soll in 168 S. 3 StPO bzw. in § 168a StPO die Art der Protokollierung richterlicher und/oder ermittlungsbehördlicher Untersuchungshandlungen).
  • In 68c Abs. 5 S. 3 StPO ist eine Stärkung des Anwesenheitsrechts des Verteidigers vorgesehen. Danach soll die Benachrichtigung des Verteidigers von der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten nur (noch) unterbleiben, wenn sie den Untersuchungserfolg erheblich gefährden würde.
  • Schließlich ist in 74c Abs. 1 Nr. 5a GVG eine Erweiterung der Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer auf die Fälle der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen, der Bestechung im Gesundheitswesen, der Bestechlichkeit und der Bestechung ausländischer und internationaler Bediensteter sowie nach dem Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung erweitert.