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Ergänzung einer unvollständigen Kostenentscheidung?, oder: Bei Gehörsverstoß ist das möglich

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Und dann als zweite Entscheidung eine richtige Entscheidung, zwar nicht zu Gebühren, aber damit zusammenhängend, nämlich zur Frage der Reparatur einer (unrichtigen) Kostenentscheiung.

Grundsätzlich kann eine (unrichtige) Kostenentscheidung in einem verfahrensabschließenden (strafverfahrensrechtlichen) Beschluss nicht ergänzt bzw. korrigiert werden. Das OLG Zweibrücken weist im OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.04.2025 – 1 ORs 1 SRs 5/24 – jetzt aber noch einmal auf eine  Ausnahme hin

Das OLG hatte durch Beschluss vom 10.05.2024 die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des LG als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels wurden dem Angeklagten auferlegt. Einen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der vom AG gemäß § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zugelassenen Nebenklägerin enthielt der Beschluss nicht. Die Nebenklagevertreterin hatte mit Schriftsatz vom 21.12.2023 beantragt, die Revision des Angeklagten zurückweisen, und ihren Antrag begründet.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Nebenklagevertreterin vom 14.11.2024 hat die Rechts-pflegerin beim AG darauf hingewiesen, dass in dem OLG-Beschluss vom 10.05.2024 der Aus-spruch, dass der Angeklagte die notwendigen Auslagen im Revisionsverfahren zu tragen hat, fehlt und eine entsprechende Auslegung der Kostenentscheidung auch nicht vorgenommen werden könne. Die Nebenklagevertreterin hat daraufhin das OLG „gebeten“, den Beschluss vom 10.05.2024 dahingehend zu ergänzen, dass der Angeklagte auch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im Revisionsverfahren zu tragen hat.

Das OLG ist dem Antrag nachgekommen:

„2. Der vorliegende Gehörsverstoß führt zur Nachholung der Auslagenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO zugunsten der Nebenklägerin.

Im Grundsatz sind rechtskräftige Kostenentscheidungen einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung entzogen (§§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO). Angesichts der Unzulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen die mit dem Verwerfungsbeschluss getroffene Kostenentscheidung (§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO) muss jedoch der Umstand, dass der im Verwerfungsantrag der Nebenklage liegende Antrag auf Überbürdung ihrer notwendigen Auslagen auf den Angeklagten übersehen worden ist, gemäß § 33a StPO berücksichtigt werden (BGH Beschluss vom 10.12.2019 – 5 StR 427/19, BeckRS 2019, 34821 Rn. 2; KG, NStZ-RR 2015, 328 mwN; KK-Gieg, StPO, 9. Aufl., § 464 Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Senats können fehlerhafte Kosten- und Auslagenentscheidungen in verfahrensabschließenden Beschlüssen im Wege der Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO ergänzt werden (Beschlüsse vom 04.12.2009 – 1 Ws 244/09, BeckRS 88517 und 14.02.2024 – 1 Ws 212/23). Die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs liegt in diesen Fällen regelmäßig unter dem Gesichtspunkt einer Überraschungsentscheidung vor. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis seiner Entscheidung keine Rechtsansichten zugrunde legen, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter nicht rechnen muss.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auch auf der Versagung des rechtlichen Gehörs. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 10.05.2024 die Zulassung der Nebenklägerin, die sich mit ihrem Verwerfungsantrag vom 21.12.2023 an dem Revisionsverfahren beteiligt hatte, nicht beachtet. Hätte der Senat auf die beabsichtigte, von der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO abweichende Auslagenentscheidung hingewiesen, hätte die Nebenklagevertreterin mit Sicherheit unter Hinweis auf die eindeutige gesetzliche Regelung Einwendungen erhoben, mit denen sie auch durchgedrungen wäre; mit einer entsprechenden (fehlerhaften) Rechtsanwendung des Senats musste die Nebenklägerin nicht rechnen.“

Passt.

StPO III: Zur Nachholung rechtlichen Gehörs, oder: Nochmalige Anhörung ggf. entbehrlich?

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Die dritte StPO-Entscheidung ist dann noch der KG, Beschl. v. 28.07.2023 – 3 Ws 35/23 – 121 AR 131/23 – zur Nachholung rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO durch ggf. nochmalige Anhörung des Beschwerdeführers.

Dazu meint das KG:

Im Verfahren nach § 33a StPO scheidet ein Gehörsverstoß aus, wenn zwar keine nochmalige Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden ist, es aber ersichtlich ist, dass der Beteiligte die in Rede stehenden (entscheidungserheblichen) Tatsachen zur Kenntnis genommen und er sich bereits vor (erneuter) Beschlussfassung dazu umfassend geäußert hat.