Und dann heute „Pflichti-Entscheidungen“.
Zu der Thematik stelle ich zunächst den BGH, Beschl. v. 24.02.2025 – 5 StR 531/24 – vor. Es geht zwar nicht um einen Pflichtverteidiger, aber um einen Nebenklägerbeistand.
Folgender Sachverhalt: Dem gegen den Beschuldigten B. geführten Sicherungsverfahren hatte sich der durch die Anlasstat Verletzte A. am 15.03.2024 wirksam als Nebenkläger angeschlossen (§ 395 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Das LG Görlitz hatte ihm anschließend mit Beschluss vom 19.03.2024 – seinem Antrag entsprechend – Rechtsanwalt R. aus W. als Beistand bestellt (§ 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO), der für den Nebenkläger in erster Instanz auch tätig geworden ist.
Mit Urteil vom 17.04.2024 hat das LG Görlitz den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Hiergegen hat der Nebenkläger persönlich mit einem handschriftlich verfassten Schreiben vom 23.04.2024 Revision eingelegt. Die schriftlichen Urteilsgründe wurden ihm am 07.06.2024 zugestellt.
Mit Schreiben vom 28.06.2024 teilte Rechtsanwalt Be. aus D. dem LG mit, dass nunmehr er die Vertretung des Nebenklägers übernommen habe und damit beauftragt sei, diesen im Revisionsverfahren zu vertreten; zugleich beantragte er Akteneinsicht. Mit weiterem Schreiben vom 02.07.2024 reichte er die Kopie einer Vollmacht zur Akte. Unter dem 05.07.2024 begründete er die Revision für den Nebenkläger und erhob die Sachrüge.
Das Revisionsverfahren war sodann seit dem 11.09.2024 beim BGH anhängig, am selben Tage erfolgte auch die Zustellung des Verwerfungsantrags des Generalbundesanwalts an Rechtsanwalt Be. Mit Beschluss vom 18.11.2024 hat der Senat die Revision des Nebenklägers als unzulässig verworfen (§ 349 Abs. 1 StPO).
Erst mit Schreiben vom 19.11.2024 beantragt dann Rechtsanwalt Be. für den Nebenkläger, diesem als Beistand gemäß § 397a Abs. 1 StPO beigeordnet zu werden. Der BGH hat den Antrag abgelehnt:
„Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 397a Abs. 1 StPO liegen nicht vor.
1. Der nunmehr beantragten Beiordnung steht schon entgegen, dass dem Nebenkläger bereits durch das Landgericht wirksam ein Rechtsanwalt als Beistand gemäß § 397a Abs. 1 StPO bestellt worden ist; eine Entpflichtung ist nicht erfolgt. Die Bestellung nach § 397a Abs. 1 StPO wirkt dabei über die jeweilige Instanz hinaus und erstreckt sich auch auf die Revisionsinstanz (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2023 – 5 StR 559/23 mwN).
Die Bestellung zusätzlicher Beistände sieht das Gesetz nicht vor – eine der Regelung des § 144 StPO vergleichbare Vorschrift enthalten die §§ 395 ff. StPO nicht.
2. Der Bestellung steht zudem entgegen, dass der Antrag erst am 19. November 2024 und damit nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beim Senat eingegangen ist. Ein Antrag, der erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gestellt wird, bleibt im Allgemeinen aber von vornherein erfolglos (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2008 – 3 StR 48/08, NStZ-RR 2008, 255, 256; MüKo-StPO/Valerius, 2. Aufl., § 397a Rn. 35). Es handelt sich hier auch nicht um einen Fall, in dem eine rückwirkende Bestellung ausnahmsweise in Betracht kommt, weil der Antrag zwar rechtzeitig gestellt, er jedoch beispielsweise im Geschäftsgang vor der Entscheidung über das Rechtsmittel übersehen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2000 – 2 StR 236/00, NStZ 2001, 106; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 397a Rn. 15 mwN).
3. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass der Nebenkläger diese Beiordnung erstmals im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel begehrte, das im Sinne des § 349 Abs. 1 StPO unzulässig war – in derartigen Fällen scheidet eine Bestellung als Beistand in der Regel ohnehin aus (BGH, Beschluss vom 24. März 1999 – 2 StR 637/98, BGHR StPO § 397a Abs. 1 Beistand 1; yer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 397a Rn. 11,12).“